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| Atomkraftwerk Krško |
Das slowenisch-kroatische Atomkraftwerk Krško [ˈkrʃkɔ] (slowenisch Jedrska elektrarna Krško (JEK), auch Nuklearna elektrarna Krško (NEK), kroatisch Nuklearna elektrana Krško) befindet sich in Slowenien an der Save (Nebenfluss der Donau), etwa 20 km von der kroatischen Grenze bzw. ca. 30 km Luftlinie von Zagreb entfernt.
Es wurde in den 1970er Jahren im damaligen Jugoslawien gebaut und gehört jetzt jeweils zur Hälfte Kroatien und Slowenien. Das Atomkraftwerk Krško war das einzige Atomkraftwerk Jugoslawiens.
Das AKW verfügt über einen Block mit einem Druckwasserreaktor (DWR/PWR) von Westinghouse mit einer elektrischen Bruttoleistung von 730 MWe und einer elektrischen Nettoleistung von 666 MWe.
Der Reaktor ist ursprünglich für 40 Jahre Betriebszeit ausgelegt worden.
Das Kraftwerk deckt ca. 40% des slowenischen und ca. 15% des kroatischen Strombedarfs ab.
Offiziell wird das AKW von dem Unternehmen GEN energija d. o. o. in Krško betrieben.
Das Atomkraftwerk ist bei Atomkraftgegnern besonders deshalb umstritten, weil es in einem erdbebengefährdeten Gebiet stehen soll. Nach dem PHARE-Abschlussbericht über die geophysikalische Untersuchung des Gebiets von Krško sollen jedoch im „Standort des Atomraftwerks keine größeren seismogenen Risikofaktoren festzustellen“ sein. Auch nach der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) entspricht die Sicherheit des Atomkraftwerks allen internationalen Standards und höchsten Sicherheitsforderungen. Jedoch werden unter anderem von der Wiener Umweltanwaltschaft schwere Bedenken zur seismischen Stabilität des Standortes geäußert. Insbesondere die zu erwartenden größten Magnituden übersteigen demnach die in der Planung berücksichtigten Werte.
Gegenwärtig werden die verbrauchten Brennelemente noch auf dem Kraftwerksgelände gelagert. Der Bau und die Sicherheit eines atomaren Zwischenlagers (slow. NSRO = Lager für niedrig- und mittel- strahlende radioaktive Abfälle) für abgebrannte Brennstäbe auf dem Gelände des KKW Krško ist auch in Slowenien umstritten. Inzwischen ist geplant ein solches Lager in Vrbina zu errichten. Die Inbetriebnahme war ursprünglich für 2013 vorgesehen, mit dem Bau wurde aber noch nicht (Stand Ende 2013) begonnen. Die Kosten für ein solches Lager werden auf 146 Mio. Euro nur für den slowenischen Anteil geschätzt.
Geschichte
30. März 1975. Baubeginn in Jugoslawien als 50:50-Projekt der beiden jugoslawischen Teilrepubliken Kroatien und Slowenien. Die Planung des Kraftwerks wurde von der US-amerikanischen Gilbert Associates Inc. geleistet. Die Bauausführung wurde von den jugoslawischen Unternehmen Gradis und Hidroelektra erbracht. Die Montage führten die ebenfalls jugoslawischen Unternehmen Hidromotaža und Đuro Đaković durch.
2. Oktober 1981. Der Reaktor wird erstmals mit dem Stromnetz synchronisiert.
1981 bis 1989. Der Reaktorbetrieb wird mehr als 70 Mal unterbrochen.
1. Januar 1983. Das AKW geht in den kommerziellen Leistungsbetrieb.
Ende der 1980er Jahre. Das AKW liefert 20 % des Stromverbrauchs der SR Slowenien und 18 % des Stromverbrauchs der SR Kroatien, insgesamt entspricht dies 5 % des Gesamtverbrauchs von Jugoslawien.
1989. Bis jetzt soll keine Betriebserlaubnis vorgelegen haben.
1989. Als Reaktion auf eine betriebliche Störung wird ein Ventil zur Druckentlastung des Reaktorkreislaufs druckbedingt geöffnet. Nach Abbau der Druck-Transiente bleibt es (wie vor dem Kernschmelzunfall 1979 in Three Mile Island) unvorgesehen in offener Stellung stecken. Aufgrund des damit verbundenen Kühlwasserverlustes schaltet sich die Notkühlung automatisch zu (sie wird hier - im Gegensatz zu Three Mile Island – vom Personal nicht irrtümlich wieder abgeschaltet). Nach zirka fünfzehn Minuten schließt sich das Ventil doch noch und die Notkühlung füllt den Reaktorkreislauf einigermaßen nach. Leicht radioaktives Wasser wird nach dem Störfall aus dem Containment-Sumpf in den benachbarten Fluss Save verklappt.
1992. Nach dem Zerfall Jugoslawiens kommt es regelmäßig zu Streitigkeiten zwischen den nun selbstständigen Republiken über das Kraftwerk. Dabei geht es um ausstehende Stromzahlungen und Teilübernahme der Betriebskosten von Kroatien.
25. September 1995. Es kommt durch Leittechnikfehler zu einem ungewollten Ventilschluss in einer der beiden Leitungen, die den erzeugten Dampf zur Turbine abführen. Dies führt zu einer nur kurzfristigen Störung des thermischen Gleichgewichtes im Reaktorkreislauf (mit kurzzeitiger Öffnung eines Druckentlastungsventils), weil rund 1,3 Sekunden später die Reaktorschnellabschaltung wirksam wird. Hätte diese allerdings gar nicht oder verspätet funktioniert, wären ernsthafte Probleme aufgetreten: Der genannte Leitungsverschluss verhindert nämlich die normale Vorwärmung des in den Dampferzeuger und via Wärmeaustausch dort in den Reaktorkreislauf führenden Speisewassers aus einem Abzweiger der Dampfleitung. Diese Abkühlung des Speisewassers hat kernphysikalisch zur Folge, dass die Reaktorleistung durch Überkritikalität brüsk gesteigert wird. Daraus kann sich ein auslegungsüberschreitender Unfall entwickeln.
2001. Von den Regierungen werden rechtliche und betriebstechnische Fragen geklärt.
2003. Das AKW beliefert wieder beide Eigentümer.
10. April 2005. Bei einem Turbinenabschalttest unterlaufen dem Personal einige Fehler. Das verursacht einen Turbinenschnellschluss, was wiederum die Schnellabschaltung des Reaktors, die Speisewasserisolation mit Auslösung der Notspeisung und eine kürzerfristige Aktivierung der Hochdrucknotkühlung zur Folge hat.
4. Juni 2008, 15 Uhr 07 Uhr. Es kommt es zu einem Kühlmittelverluststörfall. Im Hauptkühlsystem (Primärkreislauf) tritt Kühlflüssigkeit aus und die Reaktorleistung wird daraufhin gedrosselt. Der Reaktor wird heruntergefahren und um 20 Uhr 10 Uhr komplett abgeschaltet, um die Ursache für das Problem untersuchen zu können. Laut Angaben der slowenischen Atomsicherheitsbehörde wird das ausgetretene radioaktive Wasser durch das so genannte Containment, einen Sicherheitsbehälter, aufgefangen.
Das Leck befindet sich im Isolationsventil einer Sammelleitung für Temperaturmeßstellen, nahe einer der beiden Hauptkühlmittelpumpen, und es treten dort etwa 3 m³/h aus. Um es reparieren zu können, ist ein komplettes Abfahren in den kalten Zustand notwendig. Durch die anfallende Nachzerfallswärme und den anschließenden Anfahrvorgang wird die Stromproduktion für mehrere Tage unterbrochen.
Es soll keinerlei Auswirkungen außerhalb des Atomkraftwerkes gegeben haben. Der Vorfall wird als „ungewöhnlich“, der niedrigsten Gefahrenstufe, eingestuft. Dabei habe keine Gefahr für das Personal des Atomkraftwerks bestanden.
Die slowenische Atomsicherheitsbehörde (SNSA) informiert noch im Laufe des Nachmittags die IAEO, das Notfallsystem zum Informationsaustausch bei radioaktiven Vorfällen ECURIE (European Community Urgent Radiological Information Exchange), sowie die Nachbarstaaten von dem Unfall. Die europaweite Warnung erfolgt über ECURIE, ein europaweites Warnsystem, das die national zuständigen Behörden im Falle eines größeren Atomunfalles alarmiert. Es ist die erste Aktivierung dieses Informationssystems seit seiner Einführung nach Beginn der Atomkatastrophe von Tschernobyl. Im „NEWS-System“ der IAEO hat Slowenien den Vorfall als ein meldepflichtiges Ereignis der Stufe 0 auf der Internationalen Bewertungsskala für atomare Ereignisse eingestuft. Verwirrung herrscht im Informationsfluss, denn während über ECURIE ein Störfall gemeldet wurde, wurden die Nachbarstaaten irrtümlich über einen Übungsfall informiert.
August 2009. Der Eigentümer des Atomkraftwerks möchte einen zweiten Reaktor am Standort errichten. Es wird dabei von Investitionen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro ausgegangen. Der Reaktor soll eine Leistung zwischen 1200 MW und 1500 MW haben. Der Block soll östlich des bestehenden gebaut werden. Für den Bau des Blockes eine italienische Partnerschaft ins Gespräch gebracht. Über das Projekt wird jedoch frühestens 2013 oder 2014 entschieden.
16. Dezember 2009. Vom Kraftwerksbetreiber wird eine Verlängerung der Betriebserlaubnis bis zum Jahr 2043 beantragt.
16. März 2011. Nach Beginn der Atomkatastrophe von Fukushima (Japan) hat Greenpeace Slowenien eine Untersuchung in Auftrag gegeben, welche bestätigt, dass das AKW Krško einem starken Erdbeben, welches in Slowenien ca. alle 200 Jahre auftritt, nicht standhalten würde. In einem offenen Brief an den slowenischen Ministerpräsidenten Borut Pahor sprach sich Greenpeace gegen einen zweiten Reaktorblock (NEK 2) aus.
2013. Es wird bekannt, dass sich das französische Institut für Atom- und Strahlensicherheit IRSN aufgrund der aktiven tektonischen Verwerfung "Libna" gegen den Bau eines zweiten Reaktorblockes ausgesprochen hat. Das IRSN hat auf Veranlassung von GEN energija mehrere Jahre lang geomechnische, geologische und seismische Untersuchungen für möglichen Standorte eines zweiten AKWs durchgeführt. Der slowenische (Geološki zavod Slovenije) und der französische geologische Dienst (Bureau de recherches géologiques et minières), die auch Mitglied des Konsortiums sind, stimmen dieser Beurteilung nicht zu. Mittlerweile hat GEN energija die Zusammenarbeit mit dem IRSN aufgekündigt.
25. Februar 2013. Durch eine Störung bei einem Ventil kommt es zu einer Schnellabschaltung.
Oktober 2013. Während der routinemäßigen jährlichen Überholung werden mechanische Beschädigungen an drei Atombrennstäben entdeckt.
Im Bericht der zuständigen Behörde, der in der Zeitung Dolenjski list zitiert wird heißt es dazu, "dass während des 26. Brennzyklus am 18. Juli 2012 ein sprunghafter Anstieg der Aktivität der Isotopen von Xenon und Jod festgestellt worden sei. Deren Aktivitäten sind bis zum Jahresende 2012 weiter ständig angestiegen". Man wertete den Anstieg der Radioaktivität im Primärkreislauf als Hinweise, dass ein oder zwei Brennstäbe (von insgesamt 235 pro Brennelement; es gibt 121 Brennelemente) undicht geworden seien. Bereits in der Vergangenheit sei es zu mechanischen Beschädigungen von Brennstäben, deren Durchmesser ca. 1 cm beträgt, gekommen, diese seien aber weniger schwerwiegend gewesen. Die Gründe für die geschilderten Beschädigungen sind noch unbekannt, sie liegen möglicherweise am leicht veränderten neuen Reaktordeckel oder an einem Fremdteil, z. B. einem Stück Stahl, das während der regelmäßigen Wartungen im Reaktor vergessen worden ist. Die Brennstäbe sind außerdem einem verhältnismäßig starkem Kühlwasserdruck während des Betriebes ausgesetzt, so dass diese brechen können, wenn sie nicht ordnungsgemäß gefertigt worden sind. Behelfsmäßig wurden alle leckenden Brennstäbe entfernt, vier Brennelemente werden an der Stelle, an welcher der Wasserdruck am stärksten war, mechanisch stabilisiert. Dies geschieht durch den Einbau von vier leeren Brennstäben. Erst bei der nächsten routinemäßigen Überholung im Jahre 2015 wird man das Problem versuchen grundlegend zu lösen.
2023. Der Reaktor wird vielleicht, eventuell, möglicherweise abgeschaltet.
Bilder aus Wikimedia Commons
Atomkraftwerk Krško, Lizenz: Creative-Commons „Namensnennung 3.0 nicht portiert“, Urheber: MORS
Quellen
