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| Raumtransporter Cygnus dockt an ISS an |
Cygnus ist ein unbemannter, nicht wiederverwendbarer Raumtransporter, der als Teil Commercial Orbital Transportation Services Programm (COTS) der NASA von der börsennotierten Firma Orbital Sciences Corporation (OSC) entwickelt wurde um damit die Internationale Raumstation (ISS) mit Frachtgütern und Ersatzteilen zu versorgen. Damit soll die US-amerikanische Versorgung der Station und damit die Unabhängigkeit von den internationalen Partnern nach der Einstellung der Space-Shuttle-Flüge im Jahre 2011 erreicht werden. Die Cygnus-Raumtransporter starten auf der ebenfalls von OSC entwickelten Antares-Rakete (vormals Taurus II) in die Umlaufbahn.
Die Entwicklung einer bemannten Version wird von Orbital Sciences in Betracht gezogen.
Am 28. Oktober 2014 explodierte eine Antares-130 Trägerrakete mit Cygnus Orb-3 einige Sekunden nach dem Start zur Internationalen Raumstation (ISS) auf der Wallops Flight Facility in Virginia. Die Unfallursache ist nach Angaben der NASA noch unklar. Orbital Science steht vor der Fusion mit dem großen US-Technik- und Rüstungskonzern ATK. Vor dem Hintergrund des Raketenabsturzes brach der Kurs der Orbital-Aktie um rund acht Prozent ein.
Der Raumtransporter Cygnus wird zum Großteil in Italien gebaut. Er ist ähnlich wie andere Raumtransporter in die zwei wesentlichen Baugruppen Servicemodul und Frachtmodul gegliedert. Das Servicemodul basiert auf der ebenfalls von der Orbital Science Corporation entwickelten Satellitenplattform STAR sowie aus Komponenten der Dawn-Raumsonde. Das Gewicht des Servicemoduls wird derzeit auf etwa 1,8 Tonnen geschätzt. Der Antrieb erfolgt mit den hypergolen Treibstoffen Hydrazin und Distickstofftetroxid. Die beiden Solargeneratoren des Servicemoduls liefern rund vier Kilowatt elektrische Leistung.
Für den Transport von Frachtgütern zur ISS sind zwei unterschiedliche Frachtmodule vorgesehen. Zum einen ist ein druckbeaufschlagtes Modul vorgesehen, das auf dem in Italien entwickelten Multi-Purpose Logistics Module basiert. Diese Version wird voll beladen etwa 3,5 Tonnen wiegen und eine maximale Zuladung von 2 Tonnen Fracht in einem 18,7 m³ großen Innenraum transportieren können. Durch die Verwendung des großen Common Berthing Mechanism wird der Transport von kompletten International Standard Payload Racks ermöglicht. Die zweite Version basiert auf dem EXPRESS Logistics Carrier der NASA. Dieses Bauteil wird voll beladen ebenfalls 3,5 Tonnen wiegen und rund 2 Tonnen Außennutzlasten in einem nicht druckbeaufschlagten Transportgerüst aufnehmen können. Diese Version ist insbesondere für den Transport von sperrigen Experimenten und Ersatzteilen wie zum Beispiel Batterien und Gyroskopen vorgesehen, die im Rahmen von Außenbordeinsätzen an der Außenhülle der ISS angebracht werden.
Beide Versionen werden mit Hilfe des stationseigenen Roboterarms Canadarm2 in der Nähe der ISS eingefangen und an einem Common Berthing Mechanism am amerikanischen Teil der ISS angedockt. Dieses Andockmanöver wird auch vom japanischen HTV und dem Transporter Dragon der Firma SpaceX durchgeführt, die letzte Annäherungssteuerung wird von der ISS aus unternommen.
Nach dem Entladen der Fracht wird der Transporter mit Müll und nicht mehr benötigten Gegenständen beladen. Genauso wie das japanische HTV und der europäische Transporter ATV verglüht der Transporter dann bei seinem Wiedereintritt in die Atmosphäre über dem Pazifik.
Cygnus ist auch das lateinische Wort für Schwan und für das gleichnamige Sternbild.
Geschichte
Anfang 2006. Die NASA startet das COTS-Programm um den Transport von Ausrüstungen, Gütern und Besatzungen zur Internationalen Raumstation mit Hilfe von privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren. Für die privat organisierte Entwicklung von Raumfahrzeugen werden hohe Geldpreise sowie lukrative Transportverträge in Aussicht gestellt.
Februar 2008. Nach der Insolvenz des ursprünglichen Favoriten Rocketplane Kistler und dem damit verbundenen Scheitern des Versorgungssystems Kistler K-1 wählt die NASA als Ersatz das Cygnus-Projekt aus. Die Orbital Sciences Corporation erhält für ihren Entwurf ein Preisgeld von 70 Millionen Dollar und einen Vertrag über die Lieferung von annähernd zwanzig Tonnen Versorgungsgüter zur ISS. Dafür ist der Einsatz von acht Raumtransportern vorgesehen. Sollte die Entwicklung und der Einsatz der Transporter erfolgreich sein, ist dafür eine schrittweise Zahlung von 1,9 Milliarden Dollar vorgesehen.
Im Gegensatz zu einigen Mitbewerbern ist die Orbital Sciences Corporation ein etabliertes Unternehmen, das im Rahmen von kommerziellen und militärischen Verträgen bereits mehrere Satelliten und Trägerraketen entwickelt und erfolgreich eingesetzt hat. Für eine beschleunigte und kostengünstige Entwicklung des Cygnus-Raumtransporters ist die Nutzung bereits erprobter Technik geplant.
Ende 2010. Geplanter Flug einer Attrappe an Bord einer ebenfalls von der Orbital Sciences Corporation entwickelten Antares-Rakete.
April 2013. Der für 2010 geplante Flug einer Attrappe findet nach mehreren Verzögerungen statt.
18. September 2013. Der erste Demonstrationsflug Cygnus 1 startet ins All und koppelt an der ISS an.
12. Januar 2014. Cygnus 2 dockt mit 1.260 kg Material - insbesondere für Forschungszwecke, darunter auch Ameisen - erfolgreich an der ISS an.
27. Oktober 2014. Der Start der vollbetankten Rakete mit Cygnus Orb-3 an Bord wird nur zehn Minuten vor dem Start abgebrochen. Laut NASA soll ein Segelboot der Abschussrampe am Atlantikufer zu nahe gekommen sein.
Dienstag, 28. Oktober 2014, 18 Uhr 22 (23 Uhr 22 MEZ). Eine Antares-130 Trägerrakete startet mit etwa 2300 Kilogramm Nutzlast (Vorräte, wissenschaftliches Material, ein Teil der Ladung war offenbar geheim, es soll sich um "Crypto Equipment", also Ausrüstung zum Ver- und/oder Entschlüsseln handeln) auf der Wallops Flight Facility in Virginia mit Cygnus Orb-3 zur Internationalen Raumstation (ISS).
Unmittelbar nach dem Abheben erklärt ein Sprecher, dass alles nach Plan verläuft. Die beiden Triebwerke würden mit 108 Prozent Schub arbeiten, also am oberen Limit.
6 Sekunden nach dem Start explodiert die Rakete in einem riesigen Feuerball. Es gibt weder Tote noch Verletzte. Die Rakete und der Transporter kosteten mehr als 157 Mio. Euro. Zudem wurden auch an der Startrampe schwere Schäden angerichtet.
Laut Frank Culbertson (Ex-Astronaut der NASA) ist bei dem Unglück nach einer ersten Explosion der Befehl zur völligen Zerstörung des Fluggeräts gegeben worden um zu verhindern, dass Raketenteile auf bewohntem Gebiet einschlagen.
An Bord waren auch zwei von der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Ein Gerät sollte den Wissenschaftlern helfen, besser zu verstehen, die die Motorik der Astronauten in der Schwerelosigkeit funktioniert. Ein weiteres Gerät war für eine Versuchsreihe zum Verhalten von Flüssigkeiten bestimmt. Zur Nutzlast gehörten auch auch 26 Mini-Kamerasatelliten von Space Labs, die von der Raumstation ausgesetzt werden sollten.
29. Oktober 2014. Orbital Science kauft möglichst viel für seine Antares-Rakete von Zulieferfirmen ein. Die erste Raketenstufe, in der jetzt der Fehler aufgetreten sein soll, stammt aus ukrainisch-russischer Produktion.
Angetrieben wird die erste Raketenstufe von zwei großen Triebwerken vom Typ NK-33, die aus 40 Jahre alten russischen Beständen stammen. Sie werden in den USA von der Firma Aerojet Rocketdyne aufgearbeitet und leicht modifiziert. Dieser Antrieb (AJ26) wurde von Experten wiederholt als Schwachpunkt der Rakete ausgemacht. Erst im Mai 2014 gab es bei einem Bodentest einen Zwischenfall. Erst vor zwei Wochen hat Orbital Science bekanntgegeben, dass man möglicherweise ab 2017 den Lieferanten der Triebwerke wechseln wolle.
Die NK-33-Motoren wurden in den 1960er Jahren entwickelt und sollten ursprünglich sowjetische Kosmonauten auf den Mond bringen. Dieses Vorhaben wurde von Moskau jedoch Mitte der 1970er Jahre aufgegeben. Daraufhin sollten die Motoren zerstört werden. Doch Nikolai Kusnezow (Chefkonstrukteur) widersetzte sich dem Befehl indem er einige Vertraute beauftragte, die Motoren in einem Lagerhaus im russischen Samara zu verstecken. In den 1990er Jahren wurden diese Motoren auf dem Gelände wiedergefunden. Die russische Firma Aerojet kaufte dann rund 40 der Motoren, für etwa eine Million Dollar pro Stück. Aerojet verkaufte die Triebwerke wiederum an Orbital Science.
1. April 2015. Geplante Mission von Cygnus Orb-4 auf einer Antares-130 Rakete. Das soll auch der Erstflug der vergrößerten Version des Transporters werden.
24. Juli 2015. Geplante Mission von Cygnus Orb-5 auf einer Antares-130 Rakete.
4. Januar 2016. Geplante Mission von Cygnus Orb-6 auf einer Antares-130 Rakete.
22. Juni 2016. Geplante Mission von Cygnus Orb-7 auf einer Antares-130 Rakete.
6. Oktober 2016. Geplante Mission von Cygnus Orb-8 auf einer Antares-130 Rakete.
Bilder aus Wikimedia Commons
Raumtransporter Cygnus dockt an ISS an, Lizenz: Gemeinfrei, Urheber: National Aeronautics and Space Administration (NASA)
Quellen
29.10.2014, Focus, US-Raumfrachter „Cygnus“ explodiert, Diese Forschungsgeräte gingen in Flammen auf
