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| Marktplatz von Borken |
Das geplante deutsche Atomkraftwerk Borken (Abkürzung KWB) sollte nahe Borken im Bundesland Hessen gebaut werden. Das im Borkener Ortsteil Stolzenbach geplante Werk wurde wegen politischem Widerstand und fehlendem Strombedarf seitens Preussenelektra im Jahr 1988 endgültig zurückgezogen.
Geplant war ein Druckwasserreaktor (DWR/PWR) der KWU-Baulinie '80 mit einer elektrischen Bruttoleistung von 1300 MWe und einer elektrischen Nettoleistung von 1200 MWe.
Bis zur endgültigen Einstellung des Projekts wurde für das geplante Kraftwerk das Kürzel KWB verwendet. Erst seit der Projekteinstellung wird das Kürzel für das Atomkraftwerk Biblis verwendet.
Das Werk sollte in der überarbeiteten Fassung vom November 1985 neben Elektrizität auch Fernwärme ausspeisen.
Geschichte
1973. Preussenelektra kündigt an, ein Atomkraftwerk im hessischen Borken, Bezirk Kassel, errichten zu wollen. Geplant ist ein 1300 MW starker Leichtwasserreaktor, der baulich mit den Anlagen Emden, Cuxhaven und Brokdorf identisch sein soll.
1974. Preussenelektra gibt bekannt, dass man Urenco als erstes deutsches Versorgungsunternehmen über eine Absichtserklärung den Auftrag erteilt habe, Uran für den Brennstoff ein neues Atomkraftwerks im hessischen Borken anzureichern. Die ersten Planungen rechnen mit einer Inbetriebnahme des Werkes frühstens 1982.
11. September 1974. Preussenelektra reicht ein Gesuch für die erste Teilerrichtungsgenehmigung des Werkes beim Hessischen Wirtschaftsministerium ein. Im Laufe des Jahres 1975 soll der Auftrag des Werkes vergeben werden damit der Block frühestmöglich 1976 in Bau gehen könnte.
1975 und 1976. Am Standort werden Bohrungen vorgenommen um ihn auf seine Eignung zu erkunden.
1976. Örtlich kommt es allerdings zu Widerstand gegen das Atomkraftwerk der sich in Form von Protesten widerspiegelt. Daher kann der Auftrag nicht in diesem Jahr vergeben werden, sondern muss auf 1977 verschoben werden. Dies hat zur Folge, dass der Bau erst 1978 beginnen könnte und die Inbetriebnahme frühstens 1984 realisiert werden könnte.
1977. Die Daten für die Vergabe und Baubeginn werden beibehalten, die Inbetriebnahme aber auf 1985 verschoben.
Bis 1978. Preussenelektra lässt Angebote von verschiedenen Lieferanten für einen Druckwasserreaktor zukommen. Die Bürger von Borken mobilisieren sich während dieser Zeit zu Bürgerinitiativen gegen das Atomkraftwerk und veranstalten entsprechende Informationsveranstaltungen, in denen vornehmlich Aktivisten das Wort haben. Auch die Kirchengemeinde von Borken engagiert sich gegen das Atomkraftwerk.
1981. Die Bundesregierung unter SPD-Kanzler Helmut Schmidt macht Druck auf die Betreiber und hält es für erforderlich, dass Borken unter anderem mit den Atomkraftwerken Neupotz-1 und Pfaffenhofen noch innerhalb der laufenden Legislaturperiode eine Baugenehmigung erhalten.
Aufgrund der fortwährenden Verzögerungen und den richterlichen Entscheidungen zum Atomkraftwerk Wyhl verschiebt die Preussenelektra jedoch die Inbetriebnahme und damit den Bau des Werkes auf unbestimmte Zeit. Die Planungen für das Atomkraftwerk werden bis auf weiteres eingestellt.
3. August 1982. Der Standortsicherungsplan von Hessen wird seitens der Landesregierung abgeändert. Danach sind von den zuvor zwölf gelisteten Standorten nur noch Biblis, Borken, Wölfersheim und Großkrotzenburg übriggeblieben. Dies bedeutet für Borken jedoch, dass es für den Bau eines Atomkraftwerks keinen Alternativstandort mehr gibt als die vier gelisteten Anlagen.
1984. Die Preussenelektra rechnet nicht vor 1995 mit der Inbetriebnahme und Notwendigkeit dieses Atomkraftwerks.
November 1985. Die Preussenelektra aktiviert das Projekt wieder weil sie langfristig plant ab 1993 das am Standort befindliche Kohlekraftwerk abzuschalten. Die CDU-Fraktion im Hessischen Landtag spricht sich in der Folge dafür aus das Atomkraftwerk und die Prüfverfahren zügig umzusetzen. Der Zeitraum ist im Schnitt sehr eng berechnet, weil das Kernkraftwerk bereits 1993 zur Verfügung stehen soll, wenn das Kohlekraftwerk vom Netz geht. Das hessische Wirtschaftsministerium möchte allerdings vor der Prüfung des Projekts selbst erst eine Bedarfsprüfung durchführen, ob das Werk überhaupt nötig sein wird. Im Gegensatz zum älteren Projekt wird die benötigte Leistung des Werkes nach oben korrigiert. Damit müsste der Block nach dem Konvoi-Programm ausgelegt werden und mindestens eine Leistung von 1370 MW zur Verfügung stellen.
26. April 1986. Beginn der Katastrophe von Tschernobyl.
18. Dezember 1986. Die rot-grüne Landesregierung versucht das AKW endgültig zu verhindern und lehnt den Prüfantrag nach viermonatiger Prüfung ab. Für Preussenelektra ist das kein Problem, weil bisher kein Bauantrag gestellt wurde und das Kraftwerk nach den letzten Bedarfsrechnungen erst Mitte der 1990er benötigt werden würde. Grund für die Ablehnung ist, dass das Hessische Wirtschaftsministerium errechnete, dass es keinen Zuwachs im Stromverbrauch in Hessen geben werde und daher der Block nach Paragraph 4 des Energiewirtschaftsrechtes überflüssig wäre und die Bedarfsprognose der Preissenelektra falsch berechnet sei. Totzdem klagt die Preussenelektra gegen diese Ablehnung beim hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel und fechtet damit diese Schlussfolgerung des Ministeriums an.
1987. Preussenelektra zieht die Klage zurück. Der SPD-Kandidat auf das Amt des Ministerpräsidents in Hessen, Hans Krollmann, erörtert allerdings noch 1987 den möglichen Bau eines Hochtemperaturreaktors in Borken, während der CDU-Kandidat das Werk für überflüssig hält. weil auch andere Betreiber ihre Atomkraftwerksprojekte bis 1988 zurückstellen wird auch Borken bis zum entsprechenden Bedarfsmoment zurückgestellt.
Langfristig erwartet man allerdings aufgrund der wohl in Zukunft nötigen Dimensionen, dass sowohl die Größe des Projekts, als auch der Kraftwerkstyp sich unterscheiden werden. Die Zeitschrift Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 33 aus dem Jahr 1988 geht deshalb nicht mehr von einem Atomkraftwerk aus, sondern einem konventionellen Großkraftwerk.
Ab 1990. Als Alternative zum Atomkraftwerkslock erwägt Preussenelektra den Bau eines Steinkohlekraftwerks.
Ab 1990. Als Alternative zum Atomkraftwerkslock erwägt Preussenelektra den Bau eines Steinkohlekraftwerks.
Atomkraftwerke in Deutschland
BASF, Biblis, Borken, Brokdorf, Brunsbüttel, Cuxhaven, Emden, Emsland, Grafenrheinfeld, Greifswald, Grohnde, Großwelzheim, Gundremmingen, Hamm, Hamm-Uentrop, Isar, Jülich, Kahl, Kalkar, Kirschgartshausen, Krümmel, KNK Karlsruhe, Lingen, MFZR Karlsruhe, Mühlheim-Kärlich, Neckarwestheim, Neupotz, Niederaichbach, Obrigheim, Pfaffenhofen, Philippsburg, Rheinsberg, Stade, Stendal, Unterweser, Vahnum, Würgassen, Wyhl
Bilder aus Wikimedia Commons
Marktplatz von Borken, Lizenz: Gemeinfrei, Urheber: Axel Hindemith
Quellen
