Mittwoch, 16. Januar 2019

Carl Friedrich von Weizsäcker

Der deutsche Physiker, Philosoph und Friedensforscher Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker wurde am 28. Juni 1912 in Kiel geboren († 28. April 2007 in Söcking am Starnberger See).

Nach eigener Aussage begegnete Weizsäcker der nationalsozialistischen Herrschaft mit "widerstrebendem Konformismus". Er sei mit einem "unverdient sauberen Fragebogen" aus deren Herrschaft herausgekommen. Unter anderem vor dem Hintergrund der eigenen Verstrickungen in die Entwicklung einer deutschen Atombombe rückte nach dem Krieg die Beschäftigung mit Fragen der Verantwortung und Ethik in den Naturwissenschaften sowie politisches Engagement stärker in den Vordergrund.

Nach seiner Emeritierung entstanden die beiden eng aufeinander bezogenen Hauptwerke Aufbau der Physik und Zeit und Wissen.

Für seine Arbeiten zur Energieerzeugung in Sternen wurde er zweimal für den Physiknobelpreis nominiert.

Weiterhin war Weizsäcker Träger des Goethepreises der Stadt Frankfurt, des Prix Arnold Reymond der Universität Lausanne, des Erasmus-Preises der Stadt Herdam, des Hansischen Goethe-Preises und des Karl-IV.-Preises der Stadt und Universität Prag.

Carl Friedrich von Weizsäcker wurden folgende Ehrendoktorwürden verliehen:

Rechtswissenschaften: Vrije Universiteit Amsterdam, University of Alberta, University of Aberdeen
Theologie: Universität Tübingen, Universität Basel
Naturwissenschaften: Karl-Marx-Universität, Leipzig
Philosophie: TU Berlin, Universität Aachen
Er war Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, der Göttinger Akademie der Wissenschaften, der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, der Deutschen Physikalische Gesellschaft, der Académie des Sciences Morales et Politiques, der American Physical Society, der Friedensklasse des Pour le Mérite, der Kroatischen Akademie der Wissenschaften und Künste, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften e. V. und des Hamburg Institut für die Wissenschaften vom Menschen.

Inzwischen sind zwei Gymnasien, in Ratingen und in Barmstedt, nach Carl Friedrich von Weizsäcker benannt worden.

Es gibt eine Carl-Friedrich von Weizsäcker-Stiftung sowie Wissen und Verantwortung – Carl Friedrich von Weizsäcker-Gesellschaft e. V.

Ein 1991 entdeckter Asteroid erhielt den Namen (13531) Weizsäcker.

Leben

28. Juni 1912. Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker wird in Kiel geboren. Er entstammt dem pfälzisch-württembergischen Geschlecht Weizsäcker. Er ist der Sohn von Ernst von Weizsäcker (1882–1951) und Marianne von Graevenitz (1889–1983), der Tochter des königlichen Generaladjutanten Fritz von Graevenitz. Der spätere Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist sein jüngerer Bruder.

Ab 1915. Carl Friedrich von Weizsäcker wächst in Stuttgart auf.

Ab 1922. Die Familie wohnt in Basel.

Ab 1925. Die Familie wohnt in Kopenhagen.

1927. In diesem Jahr lernen sich Werner Heisenberg und der noch jugendliche Carl Friedrich von Weizsäcker in Kopenhagen kennen. Heisenberg überrascht ihn mit der Nachricht, er habe den Philosophen Immanuel Kant widerlegt und Vorgänge entdeckt, die ohne Kausalität ablaufen. Heisenberg erzählt dem Knaben etwas von einer Unbestimmtheit auf der atomaren Ebene, der nun voller Enthusiasmus sieht, wie im 20. Jahrhundert philosophiert werden kann, nämlich nachdem man die neue Physik und das dazugehörige Weltbild verstanden hat. Daraufhin wählt er Physik als Studienfach.

1929. Von Weizsäcker macht das Abitur am Goethe-Gymnasium in Berlin. 

1929 bis 1933. Carl Friedrich von Weizsäcker studiert Physik, Astronomie und Mathematik in Berlin, Göttingen und Leipzig, u. a. bei Werner Heisenberg, Friedrich Hund (Doktorvater) und Niels Bohr.

Ab 1931. Von Weizsäcker arbeitet über philosophische Aspekte der Quantentheorie.

1934. Er lernt die Schweizer Historikerin Gundalena Wille (1908–2000), seine spätere Frau, bei ihrer Arbeit als Journalistin kennen. Sie ist die Tochter des Oberstkorpskommandanten Ulrich Wille. 

1936. Er habilitiert sich und tritt im gleichen Jahr als wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik in Berlin ein. Dort beschäftigt er sich mit der Bindungsenergie von Atomkernen (Bethe-Weizsäcker-Formel, Tröpfchenmodell; 1935) und den Kernprozessen, die im Inneren von Sternen Energie liefern (Bethe-Weizsäcker-Zyklus; 1937/1938). 
In diesem Jahr gelingt dem jungen Carl Friedrich von Weizsäcker, das Phänomen der Kernisomerie als "metastabile Zustände der Atomkerne" theoretisch zu erklären.

1937. In Leipzig erscheint sein Buch Die Atomkerne.

30. März 1937. Er heiratet Gundalena Wille. Aus der Ehe gehen drei Söhne, Carl Christian (* 1938), Ernst Ulrich (* 1939) sowie Heinrich Wolfgang (* 1947), und eine Tochter Elisabeth (* 1940) hervor.

Dezember 1938. Otto Hahn entdeckt die Atomspaltung.

1939. Hans Bethe identifiziert die in Sternen wie der Sonne ablaufenden Atomkernreaktionsketten, die Wasserstoff zu Helium verschmelzen, wie den in der Sonne ablaufenden Proton-Proton-Zyklus und den in massereicheren Sternen ablaufenden Kohlenstoff-Stickstoff-Zyklus, der in Anerkennung seiner theoretischen Arbeiten Bethe-Weizsäcker-Zyklus genannt wird.

März 1939. Von Weizssäcker weiß nun bereits vor Beginn des Zweiten Weltkriegs dass man vermutlich eine Bombe bauen kann "die ganz London zerstören kann.

20. September 1939. Kurt Diebner (Fachmann des Heeres für Sprengstoffe und Atomkernphysik) entwirft mit Erich Bagge (Atomphysiker) zusammen ein Programm mit dem Titel "Vorbereitender Arbeitsplan zur Aufnahme von Versuchen für die Nutzbarmachung der Kernspaltung" mit dem die Forschungsarbeiten koordiniert werden sollten. Das Ziel des Programms ist die Erreichung einer kontrollierten Kettenreaktion in einem Atomreaktor. Es folgen zwar nur wenige Physiker (darunter Carl Friedrich von Weizsäcker und Karl Wirtz)  dem Ruf nach Berlin. Alle sind jedoch zur Mitarbeit bereit. Heisenberg stößt erst relativ spät zu dem Projekt, arbeitet jedoch intensiv daran und übernimmt bald eine führende Rolle.

1940. Von Weizsäcker beginnt in Dahlem mit ersten Versuchen an einer "Uranmaschine" - unter militärischer Leitung. "Was mich faszinierte, war, an einen Schalthebel politischen Einflusses zu kommen", gestand er später. Mit einer Atombombe in der Hinterhand habe er mäßigend auf Hitler einwirken wollen. Später gibt er zu: "Ich war verrückt."

Sommer 1940. Er unterrichtet das Heereswaffenamt über die Möglichkeit einer Plutoniumbombe und erstellt Geheimberichte zum Atomprogramm der Vereinigten Staaten.

14. Dezember 1940. Plutonium wird von Glenn T. Seaborg (US-amerikanischer Atomphysiker), J.W. Kennedy, E.M. McMillan, Michael Cefola und Arthur C. Wahl nach dem Beschuss von Uran-238 mit Deuterium in einem Zyklotron entdeckt. Dazu werden zunächst Proben von Uran-238 in Form des Oxids U3O8 (Triuranoctoxid) in dünner Schicht auf einer Kupferplatte aufgetragen. Bei der Reaktion werden zwei Neutronen emittiert. Zwischenzeitlich entsteht Neptunium und zerfällt weiter zu Plutonium-238.
Die Entdeckung wird jedoch während des Zweiten Weltkriegs geheimgehalten weil sich rasch die militärische Brisanz des neuen Elements herausstellt. Carl Friedrich von Weizsäcker hat in Deutschland im Rahmen des Uranprojekts jedoch bereits vorher das Heereswaffenamt auf die Möglichkeit der Energiegewinnung aus Uran-238 hingewiesen. Das durch die Anlagerung eines Neutrons entstehende Element Plutonium-239 – von ihm Eka-Rhenium-239 genannt – könne „zum Bau sehr kleiner Maschinen“, „als Sprengstoff“ und „zur Umwandlung anderer Elemente“ genutzt werden.
1942 sagt auch Friedrich Georg Houtermanns die Existenz von Transuranen in einem Geheimbericht theoretisch voraus. Im Rahmen des deutschen Uranprojekts werden jedoch bis Kriegsende nach bisherigem Kenntnisstand keine signifikanten Mengen an Plutonium hergestellt.

Frühjahr 1941. Carl Friedrich von Weizsäcker setzt im Alter von 29 Jahren eine Patentschrift auf. Diese beinhaltet neben Ansprüchen auf Kernreaktoren ein "Verfahren zur explosiven Erzeugung von Energie und Neutronen", das "in solcher Menge an einen Ort gebracht wird, z. B. in einer Bombe".
Dieser Entwurf hat jedoch keinen Bestand und wird innerhalb der Uranverein-Arbeitsgruppe am Kaiser-Wilhelm-Institut überarbeitet und ausgeweitet.

August 1941. Eine erweiterte Liste der Patentansprüche zu einer "Uranmaschine" gibt keinen Hinweis mehr auf eine Bombe.

15. bis 21. September 1941. Nazi-Deutschland ist auf dem Höhepunkt der militärischen Erfolge. Die Diskussion zur Entwicklung einer Uran-Bombe ist jedoch schleppend. Einige der deutschen Wissenschaftler haben Skrupel und sind sich nicht darüber klar, wie weit sie sich im Uranprojekt engagieren sollen.
Werner Heisenberg reist mit Carl Friedrich von Weizsäcker nach in das von Nazi-Deutschland besetzte Kopenhagen. Er möchte mit seinem väterlichen Freund Niels Bohr über die Implikationen einer deutschen Atombombe sprechen und (laut seinen späteren Aussagen) den Physikern in den USA die Botschaft schicken dass von den deutschen Physikern die Arbeit an der Atombombe zurückgestellt wäre. Über den genauen Inhalt des Gesprächs gibt es unterschiedliche Aussagen.
Nach Weizsäckers eigenem späteren Bekunden soll es beiden darum gegangen sein, eine Physiker-Allianz zu schmieden, die über die Grenzen der Kriegsgegner hinweg den Bau von Atomwaffen verhindern soll.
Niels Bohr dessen Mutter jüdischer Herkunft ist reagiert jedoch schockiert. Er versteht die Äußerungen Heisenbergs so, dass Deutschland ernsthaft an einer Atombombe forscht und ihn zur Beteiligung an der Entwicklung auffordern möchte. Er verweigert weitere Gespräche. Kurze Zeit später flieht er über über Schweden in die USA. Dort rekonstruiert er - wie sich Hans Bethe erinnert - den Physikern des US-amerikanischen Atomwaffenprojekts in Los Alamos das Gespräch mit der Skizze einer Bombe, die jedoch in Wirklichkeit ein Atomreaktor war.
Im Nachhinein deutet Heisenberg sein eigenes Vorgehen als naiv und die Schlussfolgerungen Bohrs als auf einem Missverständnis beruhend. Von Weizsäcker und Heisenberg verbreiten beide bis zu ihrem Tod die Version, dass sie deren Entwicklung hätten verhindern wollen und dass Bohrs Interpretation auf einem Missverständnis beruht habe.
Bohr reagiert gereizt, als er diese Darstellung in Robert Jungks Buch Heller als tausend Sonnen liest, das auf Interviews mit Heisenberg beruht. Er entwirft in den 1950er und 1960er Jahren mehrere kritische Briefe an Heisenberg, schickt diese aber nie ab. Sie werden in den 1990er Jahren vom Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen veröffentlicht.
Vielfach wird das Gespräch als historisches Ereignis von außerordentlicher Tragweite interpretiert, da Bohrs Haltung ein starker Einfluss auf die Entscheidung der Physiker in den USA zugesprochen wird, sich verstärkt für die Entwicklung der US-amerikanischen Atombombe (Manhattan-Projekt) einzusetzen. Ob die Interpretation Bohrs tatsächlich auf einem Missverständnis der beiden Physiker beruht, ist ungeklärt.
Heisenbergs früherer Mitarbeiter Edward Teller nimmt seinen Doktorvater später vehement in Schutz und äußert die Ansicht, dass Heisenberg das Atomwaffenprojekt niemals ernsthaft verfolgt hätte.

1942 bis 1944. Weizssäcker kehrt dem Uranprojekt den Rücken und übernimmt den Lehrstuhl für theoretische Physik an der Reichsuniversität Straßburg.

1943. Weizsäcker entwickelt eine Theorie der Planetenentstehung und beginnt sich mit Kosmogonie zu befassen. Dabei entwickelt er auch zum Teil mit Heisenberg (ab 1945) eine Theorie der voll ausgebildeten, homogenen Turbulenz, wie unabhängig und etwa gleichzeitig auch Andrei Kolmogorow (1941) und Lars Onsager.
In diesem Jahr erscheinen die Ergebnisse seiner frühen Überlegungen zu philosophischen Aspekten der Quantentheorie in Zum Weltbild der Physik (letzte geänderte Ausgabe 1957). Ein Schritt im Hintergrund ist eine Arbeit zum Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik (1939), die die besondere Rolle der Zeit für das Denken v. Weizsäckers klärt.

14. Oktober 1943. In einem Brief schreibt Werner Heisenberg an seine Frau dass er sich "im Grunde überhaupt nicht mit" seinem Schüler Carl Friedrich von Weizsäcker festeht.  Der Träger vom Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 1963 lässt offenbar Sätze los wie: "Er wäre in einer total zerstörten Stadt ganz zufrieden, denn dann wisse man sicher, dass das nicht wiederkäme und dass die Menschen aus dem Erlebnis von Schuld und Sühne reif würden zu einer anderen Art zu denken – womit dann der Glaube gemeint ist, zu dem er sich selbst bekennt." Weiter sagt er "dass dieser Glaube natürlich dem der alten Welt, das heißt der Angelsachsen, unversöhnlich feind sei und dass ja auch Christus gesagt habe, er sei nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert – worauf man dann wieder so weit ist, wie am Anfang, das heißt, wer nicht das Gleiche glaubt wie ich, muss ausgerottet werden."

23. April 1945. Alliierte Spezialeinheiten der Alsos-III-Mission entdecken in Haigerloch die Anlage in der die deutsche Entwicklung zum Bau einer Atombombe unter Werner Heisenberg stattfand. Ein kleines Unternehmen im Vergleich zum Manhattan-Projekt der USA. Die 664 Uranwürfel - zu wenig um einen Forschungsreaktor in Gang zu bringen - werden versteckt. Der Reaktorbehälter strahlt nicht. Es hat dort keine Kettenreaktion stattgefunden. Heisenberg und sein Team haben lange mit falschen Zahlen gerechnet und daher erwartet dass mehrere Tonnen Uran-235 für eine Atombombe notwendig wären. Tatsächlich werden nur wenige Kilo benötigt.
Der Reaktor wird zerstört und alle Materialien und Forschungsberichte beschlagnahmt und zur Analyse in die USA geschafft. Die deutschen Wissenschaftler des Uranprojekts werden verhaftet. Bagge, Carl Friedrich von Weizssäcker und Wirtz werden in Hechingen gefasst, Werner Heisenberg in seiner Heimat Urfeld, Walther Gerlach und Diebner in München und Paul Harteck in Hamburg. In Teilfingen (heute: Albstadt) werden die Chemiker Otto Hahn, Horst Korsching und Max von Laue aufgegriffen.
Über kurze Zwischenaufenthalten in Reims, Versailles und Huy werden sie nach England in das Landhaus Farm Hall, in Godmanchester nahe Cambridge (Südengland) gebracht.

April 1945 bis 1946. Die führenden Wissenschaftler des Uranprojekts  (dabei Otto Hahn, Max von Laue, Werner Heisenberg, Walther Gerlach, Erich Bagge, Horst Korsching, Kurt Diebner, Karl Wirtz Paul Harteck und Carl Friedrich von Weizsäcker) sind in "Farm Hall" in England interniert. Die Gespräche der Wissenschaftler werden durch das englische Militär abgehört und aufgezeichnet.

Walther Gerlach schreibt später:

"Alle hatten in irgendeiner Weise in dem Uran-Verein an der Entwicklung eines Uranreaktors gearbeitet – außer Hahn selbst und Max von Laue. – Warum man sie holte, war und blieb so unklar wie ihr Status – ob gefangen, interniert, in Schutzhaft, sichergestellt: Hahn erfand das Wort die Detainten, die als guests of His Majesty, at the pleasure of His Majesty zu einem, abgesehen von Radio und Zeitungen, weltabgeschlossenen Leben gezwungen waren. Von Anfang an war er ganz selbstverständlich der Doyen der Gruppe; schnelle Erfassung einer Situation, klares Urteil, Menschlichkeit, Humor, Schlagfertigkeit und Standhaftigkeit, alle Register standen ihm für die Verhandlungen mit den ‚Betreuern‘, für die Regelung von Schwierigkeiten zur Verfügung."

6. August 1945. Major Terence H. Rittner (Diensthabender Offizier des Internierungslagers "Farm Hall") erhält aus London den Befehl dass die Gefangenen um 18 Uhr Radio hören sollen. Ritter soll die Reaktionen der Wissenschaftler auf die Meldungen verfolgen. Hahn, Heisenberg und Wirtz hören die Nachricht der BBC von der US-amerikanischen Atombombe die auf die japanische Stadt Hiroshima abgeworfen worden ist. Die Reaktionen der drei Wissenschaftler sind unterschiedlich:
  • Wirtz äußert dass er froh  ist dass sie nicht selbst die Bombe hatten.
  • Heisenberg vermutet zunächst einen "Bluff" und vertritt später die Meinung dass es wohl der schnellste Weg war, den Krieg zu beenden. Er überdenkt dann schnell den wahrscheinlich von den US-Amerikanern eingeschlagenen Weg und die Größenordnung der kritischen Massen und hält am folgenden Tag ein Seminar darüber.
  • Hahn sieht sich in all seinen Befürchtungen bestätigt die ihn seit seiner Entdeckung der Atomspaltung im Dezember 1938 gequält haben. Er ist stark erschüttert, fühlt sich für den Tod von hunderttausenden japanischen Zivilisten verantwortlich und ist dem Suizid nahe. Er ist nur froh dass es den Deutschen nicht gelungen ist. In diesen schweren Stunden erwächst Hahns aktiver Pazifismus, der ihn in den nachfolgenden Jahren zu einem der engagiertesten und bedeutendsten Vorkämpfer für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung werden lässt.
  • Von Weizsäcker sagt dass es schrecklich sei was die Amerikaner getan haben und dass er die Aktion für Wahnsinn halte.
Carl Friedrich von Weizsäcker erinnert sich:

"Otto Hahns Reaktion auf Hiroshima war schrecklich. Denn Hahn war von früh an ein entschlossener Gegner des Nationalsozialismus. Er war ein guter, klassischer Liberaler. Seine ganze Hoffnung hatte er auf einen Sieg des Westens gesetzt, also auf einen Sieg Amerikas. Und nun erfuhr er, dass die Leute, auf die er seine Hoffnung gesetzt hatte, diese Waffe entwickelt und auch tatsächlich eingesetzt hatten. Das hat ihn erschüttert.

Diese Erschütterung von Otto Hahn am Tage von Hiroshima hat ihn mir noch einmal ein ganz großes Stück menschlich nähergebracht, gerade weil evident war, dass er sich für etwas verantwortlich fühlte, das er nach jeder normalen Regel nicht zu verantworten hatte. Denn Otto Hahn war ein wirklich moralischer und reifer Mensch, und so waren die Toten von Hiroshima für sein Empfinden auf seinem Gewissen. Und für dieses Empfinden habe ich ihn verehrt."

Werner Heisenberg schreibt in seinen Erinnerungen:

"Am tiefsten getroffen war begreiflicherweise Otto Hahn. Die Uranspaltung war seine bedeutendste wissenschaftliche Entdeckung, sie war der entscheidende und von niemandem vorhergesehene Schritt in die Atomtechnik gewesen. Und dieser Schritt hatte jetzt einer Großstadt und ihrer Bevölkerung, unbewaffneten Menschen, von denen die meisten sich am Kriege unschuldig fühlten, ein schreckliches Ende bereitet. Hahn zog sich erschüttert und verstört in sein Zimmer zurück, und wir waren ernstlich in Sorge, dass er sich etwas antun könnte."

Der Wissenschaftshistoriker Friedrich Herneck fasst in einer historischen Analyse die wesentlichen Punkte zusammen:

"Dass die von Hahn erschlossene Einsicht zunächst nicht zum Nutzen der Menschheit, sondern zu ihrem Verderben, zur Schaffung von Massenvernichtungsmitteln, ausgewertet wurde, ist den politischen Verhältnissen zuzuschreiben, in die diese Entdeckung zeitlich fiel. Den Gelehrten trifft daran keine Schuld. Aber gerade durch diese tragische Verkettung von Wissenschaft und Gesellschaft wurde Otto Hahn zu einer einzigartigen weltgeschichtlichen Gestalt, zu einem jener Naturforscher, die in ihrer Bedeutung hoch hinausragen über den Bereich ihres fachwissenschaftlichen Sondergebietes, wie – auf andere Weise – Galilei oder Darwin."

Die Interpretation der Farm-Hall-Protokolle ist umstritten, da einige der inhaftierten Physiker ahnten, dass sie abgehört wurden.

9. August 1945. Über Nagasaki wird die zweite US-amerikanische Atombombe abgeworfen.

Ab 1946. Von Weizsäcker leitet eine Abteilung des Max-Planck-Instituts für Physik in Göttingen. Er ist Honorarprofessor an der Georg-August-Universität Göttingen.

1947/48. Von Weizsäcker nimmt an Treffen der Gesellschaft Imshausen teil, die über eine Erneuerung Deutschlands berät. 

1949. Sein Vater Ernst von Weizsäcker wird in Nürnberg wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Mitwirkung an den Deportationen französischer Juden nach Auschwitz als Kriegsverbrecher verurteilt. Er war deutscher Marineoffizier sowie Diplomat, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes und Brigadeführer der Allgemeinen SS.

1950. Er wird in die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen aufgenommen. Zusammen mit Gerard Peter Kuiper arbeitet er an der Protoplanetaren Hypothese der Entstehung des Sonnensystems und an der Theorie der Turbulenz.

1954. Er stellt drei Hypothesen auf, deren Ausarbeitung seine physikalische Arbeit der nächsten 30 Jahre bestimmen:
  • Der Kern der Quantentheorie ist eine nichtklassische Logik.
  • Die Anwendung dieser Logik auf ihre eigenen Aussagen definiert das Verfahren der sogenannten zweiten und mehrfachen Quantelung.
  •  Die Anwendung dieses Verfahrens auf die formal einfachste mögliche Frage, die binäre Alternative, gibt eine quantentheoretische Erklärung der Dreidimensionalität des Ortsraums (sowie der relativistischen Raum-Zeit-Struktur und der relativistischen Quantenfeldtheorie) („Ur-Hypothese“). 

Einen ersten Abschluss erreicht er 1958 zusammen mit Erhard Scheibe und Georg Süßmann. Insbesondere gelingt es auf Grundlage der Ur-Hypothese, die kräftefreie Quantenfeldtheorie axiomatisch zu rekonstruieren. Über zehn Jahre vergehen danach, ehe mit der Aufsatzsammlung Die Einheit der Natur (1971) ein „Zwischenbericht“ der Fortschritte vorgelegt wird. Hier führt er die Idee weiter, die Quantenphysik axiomatisch aus der Unterscheidung empirisch entscheidbarer „Ur-Alternativen“ aufzubauen. Insgesamt werden von v. Weizsäcker bzw. den Mitgliedern seiner Arbeitsgruppe vier Rekonstruktionen der abstrakten Quantentheorie entwickelt, u. a. von Michael Drieschner. Auf dieser Grundlage gelingt es Weizsäcker in Zusammenarbeit mit Thomas Görnitz, die Größenordnung der Entropie abzuschätzen, die frei wird, wenn ein Proton in ein Schwarzes Loch stürzt.


1956. Die Aufrüstung der Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen wird diskutiert.

1957. Er wird auf einen Lehrstuhl für Philosophie der Universität Hamburg berufen. Neben wissenschaftstheoretisch-physikalischen Fragen im Umkreis der Quantentheorie bearbeitet er Probleme des biologischen und sozialen Ursprungs des Menschen.
In diesem Jahr sagt Weizsäcker in einem Interview, illusionäre Hoffnungen auf politischen Einfluss hätten ihn damals bewegt, an der Erforschung von Atomwaffen zu arbeiten. "Nur durch göttliche Gnade" sei er vor der Versuchung bewahrt worden, die deutsche Atombombe tatsächlich zu bauen. Diese Gnade habe darin bestanden, "dass es nicht gegangen ist". Die deutsche Kriegswirtschaft habe die erforderlichen Ressourcen nicht bereitstellen können. Zu den wissenschaftlich-technischen Ambitionen der Gruppe sagte er: "Wir wollten wissen, ob Kettenreaktionen möglich wären. Einerlei, was wir mit Kenntnissen anfangen würden – wissen wollten wir es."
Von Weizsäcker wird in diesem Jahr die Max-Planck-Medaille verliehen. 

5. April 1957. Bundeskanzler Konrad Adenauer sagt auf einer Pressekonferenz in Köln: "Die taktischen atomaren Waffen sind im Grunde genommen nichts anderes, als eine Weiterentwicklung der Artillerie, und es ist ganz selbstverständlich, dass bei einer so starken Fortentwicklung der Waffentechnik wir nicht darauf verzichten können, dass unsere Truppen auch die neuesten Typen haben und die neueste Entwicklung mitmachen...". Es kommt zu lautstarkem öffentlichen Protest. Die Mehrheit der Deutschen hat 12 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit militärischen Angelegenheiten nicht viel im Sinn. Man befürchtet nach Hiroshima und Nagasaki den Einsatz von Atomwaffen in Europa. Bis dahin wurde von den regierenden Politikern auch der Eindruck erweckt worden dass sie atomares Teufelszeugs zur Verteidigung ablehnen würden.

12. April 1957. Carl-Friedrich von Weizsäcker gehört zu Initiatoren und Verfassern der "Göttinger Erklärung". In dieser spricht er sich mit 17 führenden westdeutschen Atomwissenschaftlern gegen die atomare Aufrüstung der deutschen Bundeswehr aus:

"Die Pläne der atomaren Bewaffnung der Bundeswehr erfüllen die unterzeichnenden Atomforscher mit tiefer Sorge... Die Unterzeichner fühlen sich daher verpflichtet, öffentlich auf einige Tatsachen hinzuweisen, die alle Fachleute wissen, die aber der Öffentlichkeit noch nicht hinreichend bekannt zu sein scheinen... Jede einzelne taktische Atombombe ...hat eine ähnliche Wirkung, wie die erste Atombombe, die Hiroshima zerstört hat...Heute kann eine taktische Atombombe eine kleinere Stadt zerstören, eine Wasserstoffbombe aber einen Landstrich von der Größe des Ruhrgebiets zeitweilig unbewohnbar machen. Durch Verbreitung der Radioaktivität könnte man mit Wasserstoffbomben die Bevölkerung der Bundesrepublik wahrscheinlich heute schon ausrotten ... Gleichzeitig betonen wir, dass es äußerst wichtig ist, die friedliche Verwendung der Atomenergie mit allen Mitteln zu fördern, und wir wollen an dieser Aufgabe wie bisher mitwirken."

Unter den 18 Unterzeichnern die auf Anraten des Religionsphilosophen Martin Buber eine Selbstverpflichtung abgaben, in der sie versicherten dass keiner der Unterzeichner "sich an der Herstellung, Erprobung oder Einsatz von Atomwaffen in irgendeiner Weise beteiligen werde" sind neben Otto Hahn auch Werner Heisenberg, Karl Wirtz, Otto Hahn und Carl-Friedrich von Weizsäcker die an der Göttinger Georg-August-Universität lehren und forschen. Carl-Friedrich von Weizsäcker hatte bei einem gemeinsamen Frühstück mit seinem Kollegen Walter Gerlach (Experimentalphysiker) in der Morgenzeitung eine Äußerung des Bundeskanzlers gelesen. Daraufhin telefonierte er die Prominenz der deutschen Atomphysik zusammen und verfasste einen Entwurf für das Manifest.

Neben der pazifistischen Einstellung einiger der 18 Wissenschaftlern  spielte möglicherweise auch ein interessenpolitisches Vorgehen eine Rolle. Die hervorgehobene Beschränkung auf ausschließlich zivil genutzte Atomenergie bot den Wissenschaftlern in Deutschland die einzige Möglichkeit wieder in größerem Rahmen Atomforschung zu betreiben.

Franz Josef Strauß (Bundeskriegsminister), der die atomare Bewaffnung energisch vorantreibt, äußert sich daraufhin vor Journalisten abfällig und beleidigend über Hahn ("Ein alter Trottel, der die Tränen nicht halten und nachts nicht schlafen kann, wenn er an Hiroshima denkt!"). Bundeskanzler Konrad Adenauer entschärft die Situation einige Tage später bei einer Aussprache mit Otto Hahn und vier führenden Wissenschaftlern der Göttinger Achtzehn im Kanzleramt.

Die Göttinger Erklärung findet in der öffentlichen Meinung, nicht nur in Deutschland, ein unerwartetes Echo, vor allem aber bei den Gewerkschaften und an Universitäten, wo sich eine starke studentische Opposition daran anlehnt.

Die Göttinger Erklärung und alle von ihr angeregten und beeinflussten Kampagnen sind fast erfolgreich, denn die deutsche Bundeswehr verbleibt bis zum heutigen Tage von den US-amerikanischen Atomwaffen abgesehen atomwaffenfrei, und es ist wohl kaum anzunehmen, dass sich an diesem Zustand etwas ändern dürfte.

1961. Weizsäcker initiiert mit dem Tübinger Memorandum ein weiteres Manifest, in dem er sich mit anderen evangelischen Wissenschaftlern und Prominenten gegen atomare Aufrüstung und für eine Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze ausspricht.
In diesem Jahr erfolgt seine Aufnahme in den Orden Pour le mérite für Wissenschaft und Künste. 

1963. Er wird mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. 

1964 bis 1970. Von Weizsäcker leitet von  die in Hamburg ansässige Forschungsstelle der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW), die von Mitgliedern der Göttinger Achtzehn gegründet wird. Erarbeitet werden dort Studien zur „Ernährungslage in der Welt“ und „Kriegsfolgen und Kriegsverhütung“. In „Kriegsfolgen und Kriegsverhütung“ werden die Folgen eines möglichen Atomkriegs in Deutschland erstmals in einer frei zugänglichen Arbeit detailliert abgeschätzt. Weiterhin werden die Eskalationsgefahren der damaligen Militär- und Abschreckungsstrategien von Warschauer Pakt und NATO dargestellt. Aus dem Erfordernis, „mit der Bombe“ leben zu müssen, entwickelt von Weizsäcker praktisch-philosophische Ansätze einer „Weltinnenpolitik“.

1. August 1968. In der Göttinger Universitätskirche St. Nicolai findet die Trauerfeier für Otto Hahn statt, an der rund 600 Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur teilnehmen, darunter der Bundespräsident, der Bundesratspräsident, der niedersächsische Ministerpräsident und mehrere Bundesminister als Vertreter der Bundesregierung der großen Koalition unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und Außenminister Willy Brandt, die Bürgermeister von Frankfurt am Main, Göttingen und Berlin, die Präsidenten zahlreicher Akademien und Universitäten, die Botschafter von Belgien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Schweden und den USA, zwei Gesandte der israelischen Regierung und des Weizmann-Instituts, sowie der Apostolische Nuntius Erzbischof Corrado Bafile als Vertreter von Papst Paul VI., ferner Max Born, Manfred Eigen, Walther Gerlach, Werner Heisenberg, Fritz Strassmann, Carl Friedrich von Weizsäcker und zahlreiche mit Hahn befreundete Wissenschaftler, Bankiers und Industrielle, unter ihnen Hermann Josef Abs, Clemens Plassmann und Karl Winnacker. Das Zweite Deutsche Fernsehen überträgt die Feier ungekürzt in seinem Abendprogramm.

1969 bis 1974. Weizsäcker hat den Vorsitz im Verwaltungsrat des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED).  Ende der 1960er Jahre kommtes im Rahmen einer Dienstreise für den DED zu einer Begegnung mit dem indischen Pandit Gopi Krishna, die zur Gründung der „Forschungsgesellschaft für westliche Wissenschaft und östliche Weisheit“ führt. Die Forschungsgesellschaft organisiert regelmäßige Veröffentlichungen und Treffen über noch wenig in der Öffentlichkeit behandelte Themen wie östliche Mystik und deren Verhältnis zu westlichen Rationalitäts­vorstellungen.

1969. Weizsäcker reist durch Indien und hat im Ashram von Sri Ramana Maharshi in Tiruvannamalai ein spirituelles Erlebnis, in dem „alle Fragen beantwortet sind“ und dessen Substanz nach eigenen Worten immer bei ihm ist.

1970. Für Weizsäcker wird das Starnberger Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt gegründet. Weizsäcker wechselt zusammen mit mehreren Mitarbeitern der Forschungsstelle des VDW, die an der Studie zu Kriegsfolgen und Kriegsverhütung arbeiteten. Zu diesen Mitarbeitern gehörten Horst Afheldt, Utz-Peter Reich und Philipp Sonntag. Themen wie die Gefahr eines Atomkrieges, die Umweltzerstörung und der Nord-Süd-Konflikt standen im Mittelpunkt der Forschungen, die versuchten, sich jenseits der Tagespolitik zu halten.
Bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1980 wird das Institut von ihm gemeinsam mit dem Philosophen Jürgen Habermas geleitet.
In diesem Jahr erhält er das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, 

1973. Er bekommt das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland.

1979. Von Weizsäcker lehnt die von Willy Brandt vorgeschlagene Kandidatur zum Bundespräsidenten ab. Sein Bruder Richard wird von 1984 bis 1994 deutscher Bundespräsident.

1980. Von Weizsäcker wird emeritiert. Danach vertritt der evangelische Christ Weizsäcker als Vortragsreisender und Autor einen „radikalen Pazifismus als das christlich einzig Mögliche“. Er ruft zu einer Weltversammlung der Christen auf und ordnet in zahlreichen Büchern seine Wahrnehmung der Neuzeit (Buchtitel). In den Büchern äußert sich ein immer stärker religiös – jedoch nicht traditionell christlich – werdendes Bemühen, die Einheit einer Welt zu denken, die in egoistischen Interessen und widerstreitenden Kulturen auseinanderzufallen droht. Wissenschaft und politische Moral sind nach seiner Ansicht im Zeitalter der Atombombe, der Informationstechnik und der Genmanipulation untrennbar miteinander verbunden. Sie ruhen für ihn auf dem „Quellgrund religiöser Erfahrung“: „Nicht Optimismus, aber Hoffnung habe ich zu bieten.“ Eines der Werke dieser Schaffensperiode trägt den Titel Bewußtseinswandel.

1980er und 1990er Jahre.  Er trifft mehrmals mit Tendzin Gyatsho, dem 14. Dalai Lama, zusammen. Im Gedankenaustausch erkennen der Physiker und der Buddhist deutliche Parallelen zwischen den beiden Lehren, und es wird von beiden als sehr fruchtbar betrachtet.

1982. Er bekommt den Ernst-Hellmut-Vits-Preis der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster (Westfalen)

1983. Er erhält den Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf.

1987. Von Weizssäcker schreibt an Erich Honecker (Staatsratsvorsitzender der DDR) einen Brief in dem er erklärt, "dass bei der bestehenden Struktur der Menschheit" der Bau von Atomwaffen "praktisch nicht würde verhindert werden können" und "auf die Dauer die Überwindung der Institution des Krieges als die einzige Lösung zu sehen" ist.

1988. Der Widerstand gegen die geplante Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Wackersdorf erreicht seinen Höhepunkt. Von Weizssäcker tritt auf Einladung der Naturschützer beim Erörterungstermin in Neunburg auf. Zuvor hat der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß erklärt, die Atomanlage in der Oberpfalz produziere vor allem Arbeitsplätze und sei technisch so „harmlos wie eine Fahrradspeichenfabrik“.
In der brodelnden Stadthalle, abgeschirmt von einem riesigen Polizeiaufgebot, "tritt Weizsäcker ans Mikrofon und hält ein fulminantes Grundsatzreferat, wonach die WAA im Kern den Einstieg in die Plutoniumswirtschaft und den Polizeistaat bedeutet" wie Hubert Weiger (später Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND)) die Szene beschreibt. Der Auftritt hatte demnach "ungeheure Folgen“. Durch die Autorität seiner Person „war die Axt an die WAA gelegt“ – mit Erfolg. Wenige Monate später zog die Energiewirtschaft ihren Bauantrag zurück.
Von Weizssäcker wird in diesem Jahr mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa ausgezeichnet.

1989. Er erhält den hoch dotierten Templeton-Preis für „Progress in Religion“. Ebenfalls in diesem Jahr bekommt er „für seine weltweit anerkannten, vielfältigen und engagierten Beiträge zu den Menschheitsthemen: Frieden – Gerechtigkeit – Bewahrung der Schöpfung“ (Konziliarer Prozess) den Theodor-Heuss-Preis.

Juli 1995. Er erklärt dem französischen Präsidenten Jacques Chirac nicht nur, warum sein Land auf die geplanten Atomwaffenversuche im Pazifik verzichten soll, sondern auch, worum es allgemein geht:
  1. Wenn Atombomben möglich sind, so wird es in der heutigen Menschheit jemanden geben, der sie herstellt.
  2. Wenn Atombomben hergestellt sind, so wird es in der heutigen Menschheit jemanden geben, der sie militärisch einsetzt.
  3. Die Atombombe ist ein Weckersignal; sie ist das deutlichste Beispiel moderner Waffentechnik. Der Menschheit wird damit auf die Dauer nur die Wahl bleiben, entweder die Institution des Krieges zu überwinden oder sich selbst zugrunde zu richten."
1998. Das Gespräch mit Bohr wird von Michael Frayn unter dem Titel Kopenhagen (1998) in einem bekannten Theaterstück dramatisiert, das die Diskussion um das Kopenhagener Gespräch nochmals belebt und zu der Veröffentlichung von Bohrs Briefen führt. Verschiedene Spekulationen zum Gesprächsinhalt werden dort aus der Sichtweise der Beteiligten (Heisenberg, Bohr, Bohrs Frau) durchgesprochen und mögliche Motive analysiert.

28. Juni 2002. Edward Teller, der sogenannte Vater der Wasserstoffbombe, schreibt seinem etwas jüngeren Studienfreund Carl Friedrich von Weizsäcker zu dessen 90. Geburtstag: "Wenn ich Deinen religiösen Glauben teilen könnte, würde ich mir wünschen, dass Du mich einmal im Purgatorium von einem höheren Himmel besuchen würdest."

28. April 2007. Carl Friedrich von Weizsäcker stirbt in Söcking am Starnberger See.

Ab 2009. Der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft verleiht zusammen mit der Leopoldina alle zwei Jahre den mit 50.000 € dotierten Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Preis für „herausragende wissenschaftliche Beiträge zur Bearbeitung gesellschaftlich wichtiger Probleme“.

Sommer 2012. Die beiden Söhne der großen Physiker, Martin Heisenberg und Ernst Ulrich von Weizsäcker erinnern an die Mitarbeit am „Uranprojekt“ ihrer Väter während des Zweiten Weltkriegs in einem beeindruckenden szenischen Gespräch, das sie im Rahmen einer Konferenz der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) in Berlin vortragen.

Quellen
15.03.2010, Spiegel, Carl Friedrich von Weizsäcker, Werbetrommler für die Superbombe