Mittwoch, 16. Januar 2019

Niels Henrik David Bohr (Physiker)

Niels Henrik David Bohr
Der dänische Physiker Niels Henrik David Bohr wurde am 7. Oktober 1885 in Kopenhagen geboren († 18. November 1962 ebenda).

Sein wichtigster Beitrag zur Physik war das Bohrsche Atommodell, das er 1913 erstmals öffentlich vorstellte. Es stellt einen wichtigen Schritt in der Entwicklung der Quantenmechanik dar. Weitere auf ihn zurückgehende Konzepte sind das Korrespondenzprinzip, das den Übergang der Quantenmechanik zur klassischen Mechanik beschreibt, und das Prinzip der Komplementarität, das besagt, dass die Kenntnis bestimmter Messgrößen notwendigerweise eine totale Unkenntnis bestimmter anderer Größen bedingt. In seinen wissenschaftskritischen Arbeiten vertrat Bohr die Auffassung, dass es von den jeweiligen Beobachtungspraktiken abhängig ist, was eine Apparatur überhaupt ausmacht.

Er war Präsident der Dänischen Königlichen Akademie der Wissenschaften und Vorsitzender der Dänischen Atomenergiekommission. Außerdem war er ausländisches Mitglied der Royal Society in London, der Accademia dei Lincei in Rom, der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und weiterer internationaler wissenschaftlicher Vereinigungen. Daneben erhielt er die Ehrendoktorwürde an zahlreichen Universitäten der Welt. Er war Träger des höchsten dänischen Ordens, des Elefanten-Ordens.

Zahlreiche physikalische Phänomene und Konzepte tragen Bohrs Namen, allen voran das Bohrsche Atommodell (1913) mit den Bohrschen Bahnen. Weiterhin sind das Bohrsche Korrespondenzprinzip, der Bohr-Radius und das Bohrsche Magneton in die wissenschaftliche Terminologie eingegangen.

Der Bohr-Effekt bei Hämoglobin ist allerdings nach seinem Vater, dem Physiologen Christian Bohr benannt.

Leben

7. Oktober 1885. Niels Bohr wird in Kopenhagen geboren. Sein Vater, Christian Bohr, ist Professor für Physiologie, seine Mutter Ellen (geb. Adler) entstammt einer jüdischen Familie. Gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Harald Bohr führt er regelmäßig Gespräche und Diskussionen zu wissenschaftlichen Themen, die bei beiden Brüdern das Interesse für die Naturwissenschaften stärken und das spätere Leben prägen. "Ich wuchs in einem Haus mit einem reichen intellektuellen Leben auf, in dem wissenschaftliche Diskussionen alltäglich waren. In der Tat machte mein Vater kaum eine Unterscheidung zwischen seiner eigenen wissenschaftlichen Arbeit und seinem lebhaften Interesse an allen Problemen des menschlichen Lebens“, urteilt Niels Bohr später rückblickend über sein Elternhaus. Harald Bohr wird später Professor für Mathematik, während sich Niels Bohr der Physik zuwendet. Beide sind darüber hinaus in der Anfangszeit des Fußballs auf dem europäischen Kontinent als Fußballspieler für den Verein Akademisk Boldklub aktiv, Niels Bohr als Torhüter. Sein Bruder schafft sogar den Sprung in die dänische Nationalmannschaft und nimmt am ersten Fußballturnier der Olympischen Sommerspiele 1908 teil. Ob Niels Bohr auch zu den Ehren eines Nationalspielers kommt, ist aufgrund der Quellenlage der frühen dänischen Länderspiele abseits der Olympischen Turniere nicht bekannt.

1903. Nach dem Abitur an der Latein- und Oberrealschule im Kopenhagener Stadtteil Gammelholm studiert Niels Bohr Physik, Mathematik, Chemie, Astronomie und Philosophie an der Universität Kopenhagen. Manche schreiben ihm die "Rolle" als Prüfling in der sogenannten Barometer-Frage zu.

1907. Er erhält die Goldmedaille der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften für seine Arbeit über die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten.

1909. Er macht den Magisterabschluss.

1911. Er schließt sein Studium mit einer Doktorarbeit über die magnetischen Eigenschaften von Metallen ab. Im selben Jahr wechselt er nach Cambridge an das Cavendish Laboratory, das vom Physik-Nobelpreisträger von 1906, Joseph John Thomson, geleitet wird.

1912. Er wechselt nach Manchester in das Labor von Ernest Rutherford, der 1908 den Nobelpreis für Chemie erhalten hat. Hier lernt Niels Bohr auch Margarethe Nørlund kennen, die er später heiratet. Gemeinsam mit ihr hat er sechs Söhne, von denen zwei schon in jungen Jahren sterben.

1913. Mit Hilfe der von Max Planck und Albert Einstein aufgestellten Theorien zur Quantenphysik, die er mit den Gesetzen der klassischen Physik verbindet, gelingt es Bohr, das Bohrsche Atommodell zu erstellen. Mit dem Modell das auch auf einer früheren Theorie von Ernest Rutherford aufbaut können die Linienspektren des Wasserstoffs erklärt werden. Rutherford hatte gezeigt, dass das Atom aus einem positiv geladenen Kern bestand, mit negativ geladenen Elektronen im Orbit um ihn herum.
Bohr erweitert diese Theorie. Nach seinem Modell kreisen die Elektronen auf festen Bahnen, zwischen denen keine kontinuierlichen Übergänge, sondern lediglich bestimmte Sprünge möglich sind. Dabei ersinnt er eine neue Regel. Demnach sollen den Elektronen nur jene Kreisbahnen erlaubt sein, deren Energieniveaus ganzzahligen Vielfachen des so genannten Planckschen Wirkungsquantums entsprechen. Zwischen diesen Orbits kann ein Elektron hin- und herspringen. Nimmt es Energie auf – etwa durch die Absorption eines Lichtteilchens (Photons), gelangt es auf eine höhere Bahn. Umgekehrt verliert es durch die Aussendung von Licht Energie und fällt auf eine niedrigere Bahn.
Das Modell wird jedoch später durch die Quantenmechanik ersetzt, weil es lediglich für Wasserstoff befriedigende Aussagen macht. Trotzdem wird sein Modell als ein Meilenstein der theoretischen Physik angesehen, da hier zum ersten Mal erfolgreich auf Atom-Niveau die Quantisierung in ein Atommodell integriert wird.

Juli 2013. Bohr veröffentlicht seine neuen Erkenntnisse unter dem Titel „On the Constitution of Atoms and Molecules“ im „Philosophical Magazine“, noch im gleichen Jahr folgen zwei weitere Aufsätze zu dem Thema.

1914. Während des Ersten Weltkrieges nimmt Niels Bohr eine Dozentenstelle in Manchester und kurz danach in Kopenhagen an.

1916. Er wird  Professor für Physik an der Universität in Kopenhagen.

1916 bis 1919. Niels Bohr ist Vorsitzender der Dänischen Physikalischen Gesellschaft.

Ab 1917. Er ist Mitglied der dänischen Akademie der Wissenschaften.

1918. Bohr formuliert das Bohrsche Korrespondenzprinzip, welches den Zusammenhang zwischen der Quantentheorie und der klassischen Physik erklärt und darstellt, dass sich mit steigender Quantenzahl die Gesetze des Planckschen Wirkungsquantums vernachlässigen lassen. 

1920. Bei einem Aufenthalt und Vortrag in Berlin macht er die Bekanntschaft mit Max Planck und Albert Einstein.

1921. Bohr erhält die Hughes-Medaille der Royal Society.

3. März 1921. Das Institut für theoretische Physik an der Universität in Kopenhagen, das er aufgebaut hat, wird eröffnet.

1922. Ihm gelingt auf der Basis des von Arnold Sommerfeld erweiterten Atommodells eine Erklärung für den Aufbau des Periodensystems der Elemente, bei der er ein Schalenmodell annimmt. In den folgenden Jahren werden das Atommodell Bohrs und die Modifikationen der Atomtheorie Arnold Sommerfelds weiter ausgebaut.
Im diesem Jahr kam auch sein Sohn Aage Niels Bohr, der im Jahr 1975 ebenfalls den Nobelpreis für Physik erhält zur Welt.

Sommer 1922. Seine Göttinger Vorträge, die er in diesem Jahr hält, werden international bekannt und gehen als „Bohr-Festspiele“ in die Wissenschaftsgeschichte ein.

10. Dezember 1922.  Bohr bekommt den Nobelpreis für Physik "für seine Verdienste um die Erforschung der Struktur der Atome und der von ihnen ausgehenden Strahlung".

1924. Bohr veröffentlicht zusammen mit Hendrik Anthony Kramers und John C. Slater die philosophisch bedeutsame Arbeit „The quantum theory of radiation“ in der erstmals die strenge Einhaltung des Energieerhaltungssatzes in Frage gestellt und durch statistische Energieerhaltung ersetzt wird.

1925. Er erhält die Barnard-Medaille.

1925 bis 1927. Die Betrachtung der Atomphysik wird durch die Formulierung der nichtrelativistischen Quantenmechanik revolutioniert (Werner Heisenberg, Erwin Schrödinger, Paul Dirac). 

1926/27. Werner Heisenberg doziert am Institut von Niels Bohr. Durch die Diskussionen der beiden Forscher entwickeln sich Heisenbergs Unschärferelation sowie das Komplementaritätsprinzip Bohrs als „Kopenhagener Deutungen“ der Quantentheorie, die beide 1927 publiziert werden. Das Komplementaritätsprinzip solle die Widerspruchsfreiheit zwischen formulierten Theorien und der Abwägung tatsächlicher Beobachtungen gewährleisten. Bohr wendete es später auch auf Prinzipien außerhalb der Physik an.
In den Folgejahren konzentriert sich Bohr weiterhin auf die Fragen der Quantenmechanik, während sein Atommodell den Pionieren der Atomforschung beim Verständnis elementarer Eigenschaften der chemischen Elemente hilft. Das Modell bietet Erklärungen für die Valenzen, den Metall- und Nichtmetallcharakter der Stoffe sowie für die Ioneneigenschaften. Er selbst versucht die durch den Beschuss mit Partikeln ausgelösten Reaktionen der Atomkerne zu erklären und führt zu diesem Zweck den Begriff des „Compoundkernes“ ein.

1936. Er entwickelt zwei neue Atommodelle, die er als Sandsack- und Tröpfchenmodell bezeichnet.

Ende 1938. Otto Hahn und Friedrich Wilhelm Straßmann führen die erste Atomspaltung durch.

Anfang 1939. Lise Meitner formuliert zusammen mit Otto Frisch in dem Aufsatz "Disintegration of Uranium by Neutrons: a New Type of Nuclear Reaction" die erste physikalisch-theoretische Deutung der Atomspaltung. Darauf aufbauend erarbeitet Bohr gemeinsam mit John Archibald Wheeler die Möglichkeit der Energiegewinnung.

Herbst 1939.  Durch eine umfassende Theorie der Atomspaltung (The mechanism of nuclear fission) von Niels Bohr und John Archibald Wheeler wird das Werk von Meitner und Frisch ersetzt.

Ab 1940. Während der deutschen Besatzung Dänemarks engagiert sich Niels Bohr im Widerstand.

15. bis 21. September 1941. Die Diskussion zur Entwicklung einer deutschen Uran-Bombe ist schleppend. Einige der deutschen Wissenschaftler haben Skrupel und sind sich nicht darüber klar, wie weit sie sich im Uranprojekt engagieren sollen. Werner Heisenberg reist mit Carl Friedrich von Weizsäcker nach Kopenhagen. Er möchte mit seinem väterlichen Freund Niels Bohr über die Implikationen einer deutschen Atombombe sprechen und den Physikern in den USA die Botschaft schicken dass von den deutschen Physikern die Arbeit an der Atombombe zurückgestellt wäre. Über den genauen Inhalt des Gesprächs gibt es unterschiedliche Aussagen. Niels Bohr dessen Mutter jüdischer Herkunft ist reagiert jedoch schockiert. Er versteht die Äußerungen Heisenbergs so, dass Deutschland ernsthaft an einer Atombombe forscht und verweigert weitere Gespräche.

1943. Nachdem ihm die Beteiligung am Widerstand zu gefährlich wird gelingt ihm die Flucht nach Schweden. Dort bittet er beim schwedischen König und beim Außenminister erfolgreich um Asyl für seine jüdischen Landsleute. Danach reist er weiter in die USA. Dort rekonstruiert er den Physikern des US-amerikanischen Manhattan-Projekts in Los Alamos das Gespräch von 1941 mit der Skizze einer Bombe, die jedoch in Wirklichkeit ein Atomreaktor war.

1945. Nach dem Krieg kehrt er nach Dänemark zurück und setzt seine Forschung zur Atomenergie auf seiner alten Position fort. Gleichzeitig warnt er jedoch vor deren missbräuchlicher Nutzung, 

1950. Er schreibt einen offenen Brief an die Vereinten Nationen.

1957. Bohr wird Preisträger des "Atoms for Peace Award".

1961. Er bekommt den Sonning-Preis der Universität Kopenhagen.

18. November 1962. Er stirbt in Kopenhagen und wird auf dem Assistenzfriedhof beigesetzt.

1964. Der Mondkrater Bohr wird nach ihm benannt.

1981. Das transurane, nicht natürlich vorkommende chemische Element mit der Ordnungszahl 107 wird nachgewiesen und später Bohrium benannt; als Kürzel im Periodensystem der Elemente wird Bh festgelegt.

1989. Der Asteroid (3948) Bohr wird nach ihm benannt.

1997 bis 2011. Niels Bohr ist auf der Vorderseite der 500-Kronen-Banknote der dänischen Nationalbank abgebildet.

2002. Das Kalium-Uranyl-Arsenat Nielsbohrit wird nach ihm benannt.

Bilder aus Wikimedia Commons
Niels Henrik David Bohr, Lizenz: Public Domain, Urheber: The American Institute of Physics credits the photo to AB Lagrelius & Westphal, which is the Swedish company used by the Nobel Foundation for most photos of its book series Les Prix Nobel.

Quellen