Dienstag, 22. Januar 2019

Urenco

Gaszentrifugenkaskade
Der europäische Atomkonzern Urenco Gruppe ist eine Gesellschaft britischen Rechts mit Hauptsitz in Marlow, Großbritannien. 

Die Gruppe ist in zwei Geschäftsbereiche geteilt:

Die Urenco Technologiegruppe produziert Zentrifugenanlagen. Zunächst wurden die Zentrifugen lediglich an die eigene Anreicherungsgruppe verkauft, seit einiger Zeit wird die Technik auch global vermarktet. Standorte sind Almelo, Capenhurst und Gronau (Westf.) im Münsterland.

Die Urenco Anreicherungsgruppe (UEC) betreibt die Anreicherung von Uran nach dem Zentrifugenverfahren und den Vertrieb des Endproduktes. Sie besitzt damit den "Schlüssel zur Atombombe". Beteiligt sind RWE und E.ON. Zurzeit existieren drei Standorte in Europa und ein Standort in den USA:
Die Urenco Deutschland engagiert sich als Sponsor des Kulturprogramms der Stadt Gronau und als Hauptsponsor der Fußballmannschaften Vorwärts Epe 1923 e. V. (Bezirksliga) und Fortuna Gronau 09/ 54 e. V.

Geschichte

1944. Professor Alfred R. Boettcher (ausgebildeter Physiker und Hauptsturmführer SS) bekommt den Auftrag, in den kriegsbesetzten Niederlanden die Labore der Universität Leiden zu plündern und dort Kollaborateur für Adolf Hitlers Atombomben-Forschung zu rekrutieren. Daraus entwickelt sich seine enge Beziehung zum niederländischen Atomwissenschaftler Jakob Kistemaker. Dieser wird von Boettcher und Wilhelm Groth – in den frühen Nachkriegsjahren nun in der Firma Degussa – zum Strohmann des späteren europäischen Urananreicherungs-Unternehmens Urenco aufgebaut um damit die verdächtige Zentrifugen-Entwicklung in ein „Drittland“ auszulagern.

1970. Mit dem "Vertrag von Almelo" zwischen Großbritannien, Deutschland und den Niederlanden wird Urenco gegründet.  Urenco wurde 1970 mit dem 'Vertrag von Almelo' zwischen Großbritannien, Deutschland und den Niederlanden gegründet. Dadurch sollten die Forschungen der drei Länder an der Zentrifugentechnik vereint und kommerziell genutzt werden. Großbritannien und die Niederlande halten je ein Drittel der Anteile. Die deutschen Atomkraftwerksbetreiber RWE und E.ON besitzen jeweils ein Sechstel der Anteile.

Urenco beginnt mit drei Pilotanlagen an den drei europäischen Standorten, bevor die Errichtung der ersten beiden kommerziellen Anlagen an den Standorten Capenhurst (E21) und Almelo (SP3) begann. 

1971. British Nuclear Fuels plc (BNFL), Ultra-Centrifuge Nederland N.V. (UCN) und die deutsche Uranit GmbH gründen zu gleichen Anteilen die Urenco Ltd für die Vermarktung der Produktion ihrer Zentrifugenanlagen.

1972 bis 1976. Abdul Quadeer Khan arbeitet für das Physical Dynamics Research Laboratory (FDO), einen Unterauftragnehmer der niederländischen Niederlassung der Urenco-Gruppe, der Ultra-Centrifuge Nederland (UCN), in der UCN-Anlage in Almelo und hat dank laxer Sicherheitsmaßnahmen Zugang zu den fortschrittlichsten Zentrifugenentwürfen mit denen sich Uran auf waffenfähiges Niveau anreichern lässt. Dort kann er über lange Zeit völlig unbeobachtet Pläne kopieren. Dies ermöglicht ihm später den Aufbau einer pakistanischen Urananreicherung.

1974. Preussenelektra gibt bekannt, dass man Urenco als erstes deutsches Versorgungsunternehmen über eine Absichtserklärung den Auftrag erteilt habe, Uran für den Brennstoff ein neues Atomkraftwerks im hessischen Borken anzureichern.

1976. Die ersten Kundenlieferungen werden aufgenommen.

1978. Gronau wird nach Almelo in den Niederlanden und Capenhurst in Großbritannien als Standort für die dritte Urananreicherungsanlage von Urenco ausgewählt. Der Standort wurde bereits damals für 5.000 Tonnen Urantrennarbeit ausgelegt.

1980. Die Anlagen erreichen mit einer gesamten Urantrennarbeit von 460 Tonnen pro Jahr die volle Kapazität. Die anschließende Produktionsausweitung kann dank des modularen Aufbaus der Zentrifugentechnik gut an die tatsächlichen Lieferverträge angepasst werden, weil sich die Nachfrageprognosen der 1970er Jahre in den 1980er und 1990er Jahren als völlig übertrieben herausstellen.

Mai 1985. Der Namibia-Rat der Vereinten Nationen (UNCN) beschließt gegen Urenco wegen Bruch einer UNCN-Verordnung zu klagen. Nach dieser Verordnung ist der Abbau der natürlichen Ressourcen in Namibia unter der Besatzungsmacht Südafrika verboten, Urenco wird jedoch vorgeworfen Uranerz in Namibia aus der Rössing-Mine importiert zu haben. Der Fall kommt im Juli 1986 vor Gericht, wo die Niederländische Regierung sich der Position Urencos anschließt, dass sie nicht gewusst habe wo das Uranerz gewonnen wurde.

15. August 1985. Die Urananreicherungsanlage Gronau geht als Uran-Trennanlage 1 (UTA-1) in Betrieb. Damit ist Deutschland in der Lage auch ohne zivile Atomkraftwerke das radioaktive Uran militärisch nutzbar zu machen. In der Folge versechsfacht sich der Import von Natururan nach Deutschland.

Mai 1985. Der Namibia-Rat der Vereinten Nationen (UNCN) beschließt gegen Urenco wegen Bruch einer UNCN-Verordnung zu klagen. Nach dieser Verordnung ist der Abbau der natürlichen Ressourcen in Namibia unter der Besatzungsmacht Südafrika verboten, Urenco wird jedoch vorgeworfen Uranerz in Namibia aus der Rössing-Mine importiert zu haben. Der Fall kommt im Juli 1986 vor Gericht, wo die Niederländische Regierung sich der Position Urencos anschließt, dass sie nicht gewusst habe wo das Uranerz gewonnen wurde.

1996. Urenco beginnt mit der Verschiebung von abgereichertem Uranhexafluorid nach Russland.

2005. Die Urenco Deutschland GmbH bekommt das Zertifikat Ethics in Business. Umweltverbände wie der BUND, Eurosolar oder der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz kritisieren die Vergabe des Zertifikates aus Umweltschutz-Gesichtspunkten als nicht gerechtfertigt.

Im selben Jahr lässt Urenco in einem "Legal Memorandum" die Frage klären, ob es gegen geltende Abkommen verstieße, wenn Uran der US-Niederlassung von URENCO zur Herstellung von Atombomben-Tritium eingesetzt würde. Das Ergebnis: Man sehe keine rechtlichen Hindernisse. Tritium sei schließlich nur ein "Abfallprodukt", das bei der Stromerzeugung entstehe. Einstimmig abgesegnet wird diese Einschätzung vom obersten URENCO-Aufsichtsgremium, in dem auch die Bundesregierung vertreten ist.

2006. Urenco beliefert den Weltmarkt für angereichertes Uran mit einem Anteil von 23%. Bei einem Umsatz von knapp 900 Millionen Euro wurde ein Reingewinn von 209 Millionen Euro ausgewiesen.

2007. Urenco gerät in die öffentliche Kritik, als ein Beitrag der ZDF-Sendung Frontal21 berichtet, das Unternehmen verbringe abgereichertes UF6 nach Russland zur Wiederaufbereitung, ohne sich um die dort vorherrschenden mangelhaften Sicherheitszustände und die damit verbundenen Gesundheitsrisiken für die russischen Arbeiter zu kümmern. Seit 1996 und zuletzt im August 2008 wurde der als „Wertstoff“ deklarierte Abfall der Urananreicherung von Gronau auf dem Schienenweg in das sibirische Sewersk an den dortigen Vertragspartner Tenex geliefert und dort unter freiem Himmel in Stahlfässern gelagert. Lediglich 10 bis 15 Prozent kamen nach Firmenangaben in Form von Brennstoff zurück nach Deutschland, der Rest verblieb in Russland, wie die Fernsehdokumentation Albtraum Atommüll enthüllt.

Oktober 2009. Durch die Filmdokumentation "AlptraumAtommüll" wird bekannt, dass Frankreich seit den 90er-Jahren heimlich einen Teil seines Atommülls aus den Anlagen der Électricité de France (EDF) in Sewersk lagert. Knapp 13 Prozent des französischen radioaktiven Abfalls liegen hier in Containern unter freiem Himmel auf einem Parkplatz.
Kurz danach wird öffentlich, dass von der Firma Urenco zwischen 1996 und 2008 27.300 Tonnen Uranhexafluorid (UF6) aus Gronau (Westf.) auf dem Schienenweg angeliefert wurden und nun in gleicher Weise gelagert werden. Nur ein Bruchteil von bis zu 15 Prozent wurde als Brennstoff zurückgesandt. Weitere Firmen die an den UF-6-Exporten beteiligt sind: Intermexco (Tochterfirma der russischen Tenex AG) GKN und das französische Unternehmen Cogema. Deutscher Müll geht vor allem an das Elektrochemische Kombinat in Novouralsk - vormals Swerdlowsk-44, eine weitere Anlage zur Anreicherung.
An den Exporten verdient vor allem die russische Firma Techsnabexport, die als Zwischenhändler fungiert. Techsnabexport hat rund 1,7 Milliarden Euro mit der Anreicherung von Uran verdient. Ein Teil dieses Geldes wird dazu verwendet, russische Anreicherungsanlagen zu bezahlen. Man kann jedoch davon ausgehen, dass eine Defluorination mit anschließender Einlagerung Russland in den nächsten Jahrzehnten zwei Milliarden kosten wird.
Transportiert werden die Atomabfälle per Schiff von der nordfranzösischen Stadt Le Havre über die Nord- und Ostsee nach Petersburg. Von dort gelangen sie im Zug nach Sibirien. Unter welchen Sicherheitsvorkehrungen bleibt geheim.

16. Oktober 2009. Die einzige deutsche Atomreicherungsanlage Gronau stoppt die Verschiebung von Atommüll nach Russland. Insgesamt wurden nach eigenen Angaben von Urenco 27.300 Tonnen abgereichertes Uranhexafluorid nach Russland, unter anderem nach Angarsk transportiert. Angeblich zur Wiederanreicherung des "Wertstoffs". Mindestens 90% der Menge bleibt jedoch dabei als Müll zurück der jedoch bei Temperaturen um 57°C giftige Flussäure bildet. Wieviel von dem Uranhexafluorid in Russland wirklich wieder Angereichert wurde ist unbekannt. Weder Urenco, noch die russische Atomwirtschaft gibt dazu Zahlen heraus. Es muss daher angenommen werden dass der Uranmüll einfach billig nach Russland entsorgt wurde.

2008. Die Kapazität der Urenco-Anlagen beträgt 2008 mehr als 10.000 Tonnen Trennarbeit im Jahr und soll weiter ausgebaut werden.

2010. Mit der Inbetriebnahme des Werkes in Eunice, NM im Juni 2010 wird seit über 50 Jahren erstmals wieder ein neue Anlage zur Uran-Anreicherung in den Vereinigten Staaten errichtet. Vorher war nur eine Anlage in Paducah, Kentucky in Betrieb, die auf Technologie der ersten Generation beruht und aus dem Jahr 1954 stammt.

21. Januar 2010. Bei einem Zwischenfall in der von Urenco betriebenen Urananreicherungsanlage Gronau wird ein Arbeiter kontaminiert. Er wird erhöhter ionisierender Strahlung ausgesetzt. Die durch den Unfall verursachte Dosis beträgt 1,1 mSv.

2011.  Im Zusammenhang mit dem der Katastrophe von Fukushima gerät die Firma in die Schlagzeilen, weil Urenco mehrere Kunden in Japan hat und angereichertes Uran zur Herstellung von Brennstäben nach Japan exportiert hat.

17. März 2011, 18 Uhr 40 MEZ. Soeben erreicht mich ein interessantes eMail zum Thema von Urgewald. Da steht der Hinweis drin dass der Brennstoff für Fukushima unter anderem von der Firma Urenco produziert wurde.

18. Mai 2011. An Brasiliens bisher einziger Uranmine Caetité (auch "Lagoa Real" genannt) im Bundesstaat Bahia haben mehr als 3000 Anwohner einen Atomtransport mit Urankonzentrat aus dem Forschungsreaktor Aramar in Sao Paulo vorübergehend blockiert. Laut einer Untersuchung von Greenpeace aus dem Jahr 2008 verseucht die Mine das Trinkwasser von 3000 Menschen mit Uran das bis zu siebenfach über den Grenzwerten liegt. Das Uran sollte in Caetité neu verpackt und zur Aufbereitung nach Europa in eine Anlage von Urenco verschoben werden. Es soll später im AKW Angra zum Einsatz kommen. Im Forschungsreaktor Aramar wird von der Marine Brasiliens Zentrifugentechnik entwickelt.

8. Mai 2012. Ein Zug mit 450 Tonnen abgereichertem Uranhexafluorid ist von der Urananreicherungsanlage Gronau zur Atomfabrik in Pierrelatte unterwegs. Er wurde gestern 8 Stunden lang bei Münster blockiert. Am Urenco-Standort in Jülich betreibt Urenco zusammen mit Areva ein Joint Venture zur Entwicklung von Gaszentrifugen.

22. Januar 2013. Eon, RWE und die britische Regierung wollen sich von ihren Anteilen an der Atomfirma Urenco trennen. Patrick Upson (Ex-Manager von Urenco) sagt, ein Firmenkonsortium mit Partnern aus der Industrie und Finanzwirtschaft wolle ein Gebot für 66 Prozent der Anteile abgeben, wenn von deutscher und britischer Seite ein Verkaufsverfahren eröffnet werde. Namen nennt er nicht. Der Manager bewertet das Unternehmen nach eigenen Worten mit etwa zehn Milliarden Euro.

Als Interessenten werden in Branchen- und Finanzkreisen neben dem französischen Atomkonzern Areva auch die Finanzinvestoren CVC und KKR gehandelt. Aus Industriekreisen war zudem verlautet, dass auch der japanische Toshiba -Konzern ein Gebot erwäge.

18. September 2014. Das Bundeswirtschaftsministerium unter Sigmar Gabriel (SPD) betreibt die vollständige Privatisierung der Urananreicherungsfirma Urenco ohne das Parlament und die Öffentlichkeit über Details zu informieren. Selbst Bundestagsabgeordnete können wegen "Geheimschutzbedingungen" keine Einzelheiten zum Verkauf von Urenco erfahren. 

31. Oktober 2014. Derzeit gehört Urenco mit Weltmarktanteil von 31 Prozent zu den wichtigsten Ausstattern von Atomanlagen.

In der Zwischenzeit ist klar dass alle 3 Eigentümer zu einem Komplettverkauf von Urenco bereit sind. Dabei geht es um maximale Profitmaximierung  Jeroen Dijsselbloem (Finanzsminister der Niederlande) schreibt an Anouchka van Miltenburg dass sich beim "Verkauf der Kontrollbeteiligung ein höherer Preis erzielen lässt als bei einer Minderheitenbeteiligung ... Dem Wert sei zudem vermutlich am besten dadurch gedient, dass parallel an einem Privatverkauf und einem Börsengang gearbeitet werde".

Interessenten wurden bis Jahresende um Geboten gebeten "um den Markt auszuloten". Man erhofft sich offenbar einen Verkaufspreis von bis zu 10 Mrd. Euro. Interessenten sind Cameco (Uranhändler aus Kanada), Toshiba/Westinghouse, Areva, Hedge- und Investmentfonds (z.B. KKR, Blackstone, Apax). Es gibt auch Interessenten aus Honkong, Indien und dem Nahen Osten.

10. Dezember 2014. Die USA sind größter Kunde von URENCO-Gronau. 2016 wurden rund 440 Tonnen angereichertes Uran in die Staaten geliefert - mehr als an alle anderen Abnehmer zusammen, einschließlich Deutschland.

Ein Lkw mit angereichertem Uran verlässt das Gelände der Firma URENCO im westfälischen Gronau. Das Ziel: Die US-Brennelementefabrik "WesDyne/Westinghouse" in Columbia, South-Carolina.

Die Brennelemente-Fabrik in Columbia ist Teil des US-Atomwaffenprogramms. Neben normalen Brennstäben für kommerzielle Atomkraftwerke werden bei "Westinghouse" auch spezielle Brennstäbe zur Herstellung von Tritium gefertigt: sogenannte "Tritium Producing Burnable Absorber Rods", kurz TPBAR.

Tritium ist ein radioaktives Gas, das zur Leistungssteigerung in allen modernen Atomsprengköpfen benötigt wird. Wegen seiner geringen Halbwertzeit von zwölf Jahren müssen jährlich knapp sechs Prozent des Tritiums in den rund 7000 Atomsprengköpfen der USA ersetzt werden.

Von Columbia gehen die TPBAR-Brennstäbe per Lkw in den Nachbarstaat Tennessee, zum Atomkraftwerk Watts Bar 1 in Spring City. Der Reaktor mit den speziellen Brennstäben produziert Strom für mehr als eine Millionen Haushalte. Und, als bislang einziger Reaktor in den USA, das für die Atomwaffen so wichtige Tritium. Bezahlt und unter strenger Aufsicht der "National Nuclear Security Agency" (NNSA), einer Unterabteilung des US-Energieministeriums.

Ob dabei auch Uran von URENCO zum Einsatz kam, ist unklar. Allerdings gab es laut Dokumenten des US-Kongresses schon 2006 Verträge zwischen der URENCO-Niederlassung in den USA und dem AKW-Betreiber "Tennessee Valley Authority" (TVA) zur Belieferung der Reaktoren "Watts Bar" und "Sequoyah".

Offiziell hat bislang die strikte Haltung der US-Regierung den Einsatz von URENCO-Uran für das Atomwaffenprogramm offenbar verhindert. US-Gesetze verbieten derzeit den Einsatz ausländischer Materialien oder Technologien für den militärischen Atomsektor.

20. Dezember 2014. Auf eine Kleine Anfrage der Partei "Die Linke" hin bestätigt die Bundesregierung dass Sie im Rahmen "regelmäßiger Gespräche" zum Thema mögliche Anteilsveräußerungen bei Urenco mit den Regierungen der Niederlande und Großbritanniens sowie den deutschen Eigentümern RWE und Eon darüber informiert wurde, "dass ein Markttest durchgeführt wird".
Eine Eingrenzung potenzieller Käufer ist offenbar nicht vorgesehen. Weder der Verkauf an Investmentfonds noch den an Interessenten außerhalb von NATO-Staaten wird von der Bundesregierung, die vertragliche Mitspracherechte hat, dausgeschlossen. Nur Bieter, die auf Sanktionslisten der Vereinten Nationen oder der EU stehen, könnten "Überlegungen" zufolge vom Bieterverfahren ausgeschlossen werden.

12. Februar 2015. Laut einem Schreiben Sigmar Gabriels an an Sylvia Kotting-Uhl, die atompolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag will die Politik neuen Eigentümern nicht nur strategische und finanzielle Vorgaben machen, sondern sogar aktiv in Unternehmensentscheidungen eingreifen und Vorstände entlassen können. Etwa, wenn sie ein "Risiko für die Gewährleistung von atomarer Nichtverbreitung, Sicherung der Technologie, oder Versorgungssicherheit" darstellen.

Von besonderer Bedeutung sei die Möglichkeit, "bestimmte Aktivitäten von Urenco zu untersagen, oder Urenco zu verpflichten, einzelne Aktivitäten vorzunehmen", schreibt Gabriel weiter. Auch beim "Abschluss von Verträgen über angereichertes Uran" oder die "Veräußerung von essentiellen Vermögenswerten", soll ein Zustimmungsrecht für die Politik eingebaut werden. Für die Zukunft solle zudem die "wirtschaftliche Stabilität Urencos" sichergestellt werden. Helfen soll dabei die "Formulierung von Rahmenvorgaben hinsichtlich eines soliden Wirtschaftens"."Wir werden nur dann zustimmen können, wenn alle Elemente eines Gesamtpakets vorliegen und in der Gesamtschau überzeugen."

2016. „Der Strom unseres Energieversorgers RWE …“ so URENCO* in seiner „Umwelterklärung 2016“ setzt sich aus überwiegend schmutzigen Komponenten zusammen. Zwischen 40% und 50% des Mixes stammt (je nach Berichtsjahr) aus Kohle, also wird mit Braunkohle aus Deutschland u.a. Uran-Brennstoff für das marode Atomkraftwerk Fessenheim produziert und somit hängt auch die ach-so-CO2-arme Atomkraft am Tropf der „billigen“ – weil subventionierten - Braunkohle.

2017. Das Bundesumweltministerium beschäftigt sich mit der Frage der Stilllegung der Brennelementefabrik Lingen und der Urananreicherungsanlage in Gronau, auch auf Drängen der Länder. Das Ministerium beauftragt zwei Rechtsgutachten, die keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Stilllegung aufwerfen. "Ein Gesetz zur Beendigung der Urananreicherung und der Brennelementefertigung wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungskonform", urteilt der Kieler Verwaltungsrechtler Wolfgang Ewer. Auch sei sie verhältnismäßig, weil der Schutz des menschlichen Lebens im Zweifel Vorrang genieße.

Ein weiteres Gutachten geht der Frage nach, ob ausländische Investoren Ansprüche anmelden können - die Brennelementefirma in Lingen gehört dem französischen Staatskonzern Areva, Urenco zu je einem Drittel dem niederländischen und dem britischen Staat. Grundsätzliche Bedenken aber finden sich darin auch nicht.

14. Juni 2017. Die US-Tochter von Urenco soll bis 2030 angereichertes Uran nach Watts Bar und Sequoyah im Wert von 500 Millionen US-Dollar liefern - und damit auch indirekt für das US-Atomwaffenprogramm.

Bei dem Vertrag handelt es sich um einen Tabubruch und einen Verstoß gegen den Nichtverbreitungsvertrag, den fast alle Staaten der Welt unterschrieben haben. Wenn ein Land Technologie exportiert oder durch andere nutzen lässt, gibt es eine Art ‚End-use-Klausel‘, dass sichergestellt sein muss, dass diese Technologie nur für friedliche Zwecke verwendet wird. Genau das Gegenteil ist hier der Fall.

Zudem ist das ein Verstoß gegen den Vertrag von Almelo. Der schließt die Lieferung von Material für militärische Zwecke aus." Der Vertrag von Almelo ist die von Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden ausgehandelte Grundlage für den Betrieb von Urenco.

Die schwarz-rote Bundesregierung schreibt dazu in einer Stellungnahme:  "Es handelt sich um einen (…) Liefervorgang innerhalb der USA. Dieser ist der Bundesregierung nicht bekannt."

Die deutschen Anteilseigner RWE und E.ON erklären, man sei am operativen Geschäft von URENCO nicht beteiligt. Eine Beteiligung am Zustandekommen des Vertrages mit der TVA weist RWE explizit zurück. Die Firma URENCO selbst reagiert auf Anfragen der Medien nicht.

25. Juli 2018. Die Grünen wollen mit dem Aus für Deutschlands Atomkraftwerke auch die Herstellung von Brennelementen und angereichertem Uran beenden. Beides beinhalte "atomare und chemotoxische Gefahren", heißt es in einem Gesetzentwurf, den die Grünen-Fraktion in den Bundestag einbringen will. "Der Betrieb solcher Anlagen über die Betriebsdauer von Atomkraftwerken hinaus widerspricht dem Ziel Deutschlands, die Nutzung der Atomenergie zur gewerblichen Erzeugung von Strom zu beenden."

Konkret geht es um die Brennelementefabrik Lingen und die Urananreicherungsanlage in Gronau. Beide sollen nach dem Willen der Grünen spätestens am 31. Dezember 2022 ihren Betrieb einstellen, zusammen mit den letzten Atomkraftwerken. Bis dahin ist die Fabrik in Lingen 43, die in Gronau 37 Jahre alt.

21. Januar 2019. Boris Schucht wechselt vom Netzbetreiber 50 Hertz als Chef zum größten europäischen Uran-Händler Urenco mit Sitz in London. „Mit dem steigenden weltweiten Energiebedarf geht die Notwendigkeit einer sicheren und klimaneutralen Energieversorgung einher“, erklärt er anlässlich seines Jobantritts: „Ich bin persönlich davon überzeugt, dass der weltweite Kampf gegen den Klimawandel einen ausbalancierten Energiemix braucht, bei dem Kernenergie ebenfalls eine bedeutende Rolle spielt.“

Bilder aus Wikimedia Commons
Gaszentrifugenkaskade, Lizenz: Public Domain, Urheber: U.S. Department of Energy

Quellen