![]() |
| Protestaufkleber gegen das geplante AKW Whyl |
Das geplante deutsche Atomkraftwerk Whyl (auch Kernkraftwerk Süd, KWS) sollte am Kaiserstuhl gebaut werden. Wegen massiven Protesten aus der Bevölkerung musste das Projekt jedoch aufgegeben werden.
Geplant waren zwei Blöcke mit Druckwasserreaktoren (DWR/PWR) der Kraftwerk Union vom Typ Vor-Konvoi mit jeweils einer elektrischen Bruttoleistung von 1375 MWe und einer elektrischen Nettoleistung von 1300 MWe. Außerdem waren zwei etwa 160 m hohe Naturzug-Nasskühltürme vorgesehen.
Im Rathaus der Gemeinde Weisweil ist ein Archiv der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen eingerichtet, das einen umfangreichen Einblick in die Geschichte um die Verhinderung des Kernkraftwerks in Wyhl gewährt.
Die Dokumentarfilme "S’Weschpe-Näscht" und "Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv" haben inzwischen Kultcharakter erreicht.
Geschichte
1973. Beginn der Projektplanung für Block 1 und Block 2. Zunächst ist für das Atomkraftwerk Süd noch ein Standort beim nahe gelegenen Breisach in Planung.
Dieser Standort wird jedoch von der Bevölkerung abgelehnt. Kurz nach der Ankündigung beginnen 27 Bürger aus Wyhl, gegen das Kraftwerk zu protestieren. Bald darauf gründen sich in umliegenden Ortschaften und im Elsass Initiativen gegen den Bau. Bauern und Winzer der Umgebung erwarten negative klimatische Auswirkungen: Kondensdämpfe aus den geplanten Nasskühltürmen könnten die Sonneneinstrahlung vermindern und Nebel vermehren, Kühlwasser aus dem Kraftwerk könne den Rhein aufheizen und seinbiologisches Gleichgewicht gefährden, vor allem aber die Entwicklung des Rheintales zur industriellen Zone, zu einem „zweiten Ruhrgebiet“, sind die ersten Gründe für die Ablehnung.
Der Widerstand wird sowohl von Landwirten als auch Akademikern getragen und verläuft weitgehend friedlich. Der erfolgreiche Protest hat Wirkung auf andere Standorte wie Kaiseraugst (Schweiz), Brokdorf oder Grohnde, der friedliche Charakter geht jedoch verloren. In Brokdorf kommt es im Herbst 1976 zu bürgerkriegsähnlichen Schlachten zwischen Polizei und Demonstranten.
19. Juli 1973. Im Radio wird erkündet, dass der Standort Breisach aufgegeben wurde und das Kraftwerk in Wyhl am Kaiserstuhl gebaut werden soll. Der neue Standort ist vom alten nur wenige Kilometer entfernt.
1975. Baubeginn Block 1 obwohl die finale Genehmigung für den Bau des Atomkraftwerks noch aussteht.
27. Januar 1975. Das Verwaltungsgericht Freiburg hält eine Sitzung in Breisach ab, um die erste Teilgenehmigung für das Atomkraftwerk Wyhl zu prüfen. Am Prozess sind drei Richter und 45 geladene Sachverständige beteiligt. Kläger sind die Gemeinden Endingen am Kaiserstuhl, Forchheim, Lahr, Sasbach, Schwanau, Weisweil und einige Privatpersonen. Thema des Prozesses sind die Auswirkungen der radioaktiven Emissionen und des warmen Abwassers auf die Umwelt. Das Verwaltungsgericht Freiburg verfügt einen Stopp der Bauarbeiten.
Ab Februar 1975. Im Verlauf der Proteste wird die Baustelle des Kraftwerkes besetzt.
27. Mai 1975. Es findet eine Sondersitzung der Landesregierung statt, die sich mit dem weiteren Vorgehen befasst.
14. Oktober 1975. Nach einem Einspruch der Landesregierung unter Ministerpräsident Hans Filbinger wird der Stopp der Bauarbeiten vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim aufgehoben. Die Richter betonten jedoch, dass das Risiko für den Beginn der ersten Bauphase von der Atomkraftwerk Süd GmbH selbst zu tragen sei und dass die Entscheidung in der Hauptsache, die das Verwaltungsgericht Freiburg zu fällen habe, immer noch negativ ausfallen könne.
Anfang 1977. In Freiburg im Breisgau findet das Hauptverfahren des Verwaltungsgerichts statt, in dem der Bau wegen eines fehlenden Berstschutzes untersagt wurde.
1982. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erklärt den Bau wieder für rechtens. In Wyhl findet daraufhin eine Kundgebung mit über 30.000 Kernkraftwerks-Gegnern statt.
1983. Ministerpräsident Lothar Späth erklärt überraschend, das Kernkraftwerk Wyhl sei vor 1993 nicht nötig.
1987. Ministerpräsident Lothar Späth bekräftigt den Verzicht bis zum Jahr 2000.
1994. Das Projekt wird infolge massiver Proteste von Bürgerinitiativen eingestellt.
Ab 1995. Der Bauplatz ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Bis Ende der 1990er Jahre. Auf dem Kraftwerksgelände ist ein 160 Meter hoher, seilnetzverspannter Stahlgittermast mit einer Traverse an der Spitze aufgestellt. Darauf befinden sich diverse meteorologische Geräte, um die Windgeschwindigkeit und -richtung zu bestimmen und damit Auswirkungen der Kühltürme auf das regionale Wettergeschehen abzuschätzen
2000. Im Rheinauewald von Wyhl wird mit Gila Altmann (MdB, Staatssekretärin im Bundesumweltministerium) ein Gedenkstein an den erfolgreichen Widerstand gesetzt.
28. Februar 2012. Anlässlich der "40 Jahre Widerstand"-Feier wird vor dem Evangelischen Gemeindehaus in Weisweil von Landesbischof Fischer ein weiterer Gedenkstein eingeweiht.
Bilder aus Wikimedia Commons
Protestaufkleber gegen das geplante AKW Whyl, Urheber: Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“, Lizenz: AlMare
Quellen
Wikipedia, Kernkraftwerk Wyhl
Atomkraftwerke in Deutschland
BASF, Biblis, Borken, Brokdorf, Brunsbüttel, Cuxhaven, Emden, Emsland, Grafenrheinfeld, Greifswald, Grohnde, Großwelzheim, Gundremmingen, Hamm, Hamm-Uentrop, Isar, Jülich, Kahl, Kalkar, Kirschgartshausen, Krümmel, KNK Karlsruhe, Lingen, MFZR Karlsruhe, Mühlheim-Kärlich, Neckarwestheim, Neupotz, Niederaichbach, Obrigheim, Pfaffenhofen, Philippsburg, Rheinsberg, Stade, Stendal, Unterweser, Vahnum, Würgassen, Wyhl
Bilder aus Wikimedia Commons
Quellen
Wikipedia, Kernkraftwerk Wyhl
