Atomkraftwerk Saporischschja |
Das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja (ukrainisch Запорізька атомна електростанція, russisch Запорожская атомная электростанция) befindet sich direkt am Fluss Dnepr nahe der Stadt Enerhodar im Südosten der des Landes. Es ist etwa 50 Kilometer von der Großstadt Saporischschja mit 750.000 Einwohnern entfernt. Direkt neben dem AKW steht das konventionelle Kraftwerk Saporischschja.
Die Lage des AKWs Saporischschja im Osten des Landes ist kein Zufall. Dort befindet sich das Zentrum der Schwerindustrie.
Rund um Donezk gibt es zahlreiche Bergwerke in denen Kohle, Eisen, Mangan, Titan, Magnesium, Nickel und Quecksilber abgebaut werden. Die Weiterverarbeitung findet in großen Stahlwerken statt. Auch Lokomotiven und Maschinen werden dort gebaut. In der früheren Sowjetunion entstand dort ein Zentrum der Rüstungs- und Raumfahrtindustrie. Vom heutigen ukrainischen Rüstungskonzern Piwdenmasch (früher Juschmasch) in Dnjepropetrowsk wurde zum Beispiel die erste sowjetische Atomrakete R-5 gebaut. Dnjepropetrowsk spielte in der Sowjetunion eine so große Rolle für die Rüstungsindustrie, dass es noch bis in die 90er-Jahre eine geschlossene Geheimstadt war, in die kein Externer einreisen durfte. Russland bezieht immer noch wichtige Komponenten für Raketen, Raumfahrzeuge und Satelliten aus dieser strategisch wichtigen Region.
Die Lage des AKWs Saporischschja im Osten des Landes ist kein Zufall. Dort befindet sich das Zentrum der Schwerindustrie.
Rund um Donezk gibt es zahlreiche Bergwerke in denen Kohle, Eisen, Mangan, Titan, Magnesium, Nickel und Quecksilber abgebaut werden. Die Weiterverarbeitung findet in großen Stahlwerken statt. Auch Lokomotiven und Maschinen werden dort gebaut. In der früheren Sowjetunion entstand dort ein Zentrum der Rüstungs- und Raumfahrtindustrie. Vom heutigen ukrainischen Rüstungskonzern Piwdenmasch (früher Juschmasch) in Dnjepropetrowsk wurde zum Beispiel die erste sowjetische Atomrakete R-5 gebaut. Dnjepropetrowsk spielte in der Sowjetunion eine so große Rolle für die Rüstungsindustrie, dass es noch bis in die 90er-Jahre eine geschlossene Geheimstadt war, in die kein Externer einreisen durfte. Russland bezieht immer noch wichtige Komponenten für Raketen, Raumfahrzeuge und Satelliten aus dieser strategisch wichtigen Region.
Das AKW verfügt über insgesamt sechs Blöcke vom Typ WWER-1000/320. Diese haben eine elektrische Leistung von jeweils 1.000 Megawatt und eine thermische Leistung von je 3.200 Megawatt. Die thermische Gesamtleistung der Anlage von fast 20 Gigawatt erfordert enorme Mengen Kühlwasser, die dem Fluss Dnepr, welcher an dieser Stelle extra verbreitert wurde, entnommen werden. Die Leichtwasserreaktoren haben eine elektrische Gesamtleistung von 6.000 Megawatt brutto (5.700 MW netto) und bilden zusammengerechnet die leistungsstärkste Atomkraftwerksanlage Europas.
Die thermische Leistung des AKWs beträgt fast 20 Gigawatt. Das Kühlwasser stammt aus dem Fluss Dnepr. Dieser wurde an der Stelle extra verbreitert, damit er besser die großen Wärmemengen aufnehmen und abführen kann.
Betreiber ist der staatliche Atomkonzern National Nuclear Energy Generating Company Energoatom.
Die thermische Leistung des AKWs beträgt fast 20 Gigawatt. Das Kühlwasser stammt aus dem Fluss Dnepr. Dieser wurde an der Stelle extra verbreitert, damit er besser die großen Wärmemengen aufnehmen und abführen kann.
Betreiber ist der staatliche Atomkonzern National Nuclear Energy Generating Company Energoatom.
Das Atomkraftwerk, das vom ukrainischen Staatsunternehmen Energoatom betrieben wird, versorgt fast den gesamten Süden der Ukraine. Durch den Wegfall aller vier Blöcke des Atomkraftwerks Tschernobyl soll es essenziell für die Energieversorgung der Ukraine sein.
Es ist über vier reguläre Hochspannungsleitungen, welche mit 750 kV betrieben werden, sowie drei Reserveleitungen (letztere verbinden es mit der Schaltanlage des benachbarten Wärmekraftwerks) mit dem Stromnetz verbunden. Drei der vier 750-kV-Leitungen führen mit Stand September 2022 in russisch besetzte Gebiete: in den Donbass und auf die Krim.
Geschichte
1970. Für die Arbeiter eines Wasserkraftwerks am Fluss werden die ersten Wohnblocks von Enerhodar hochgezogen.
1. April 1980. Baubeginn Block 1. Es ist der erste der sowjetischen Standard-Baureihe WWER-1000/320.
1. Januar 1981. Baubeginn Block 2.
1. April 1982. Baubeginn Block 3.
1. April 1983. Baubeginn Block 4.
10. Dezember 1984. Reaktor 1 wird erstmals mit dem Netz synchronisiert.
22. Juli 1985. Reaktor 2 wird erstmals mit dem Netz synchronisiert.
1. November 1985. Baubeginn Block 5.
25. Dezember 1985. Reaktor 1 geht in den kommerziellen Leistungsbetrieb.
15. Februar 1986. Reaktor 1 geht in den kommerziellen Leistungsbetrieb.
1. Juni 1986. Baubeginn Block 6.
10. Dezember 1986. Reaktor 3 wird erstmals mit dem Netz synchronisiert.
15. März 1987. Reaktor 3 geht in den kommerziellen Leistungsbetrieb.
18. Dezember 1987. Reaktor 4 wird erstmals mit dem Netz synchronisiert.
14. April 1988. Reaktor 4 geht in den kommerziellen Leistungsbetrieb.
14. August 1989. Reaktor 5 wird erstmals mit dem Netz synchronisiert.
27. Oktober 1989. Reaktor 5 geht in den kommerziellen Leistungsbetrieb.
Dezember 1991. Im Zuge der Auflösung der Sowjetunion erlangt die Ukraine nach einem Referendum mit 90,3% Zustimmung ihre staatliche Unabhängigkeit.
Dezember 1991. Im Zuge der Auflösung der Sowjetunion erlangt die Ukraine nach einem Referendum mit 90,3% Zustimmung ihre staatliche Unabhängigkeit.
1992. Das Forschungszentrum Dresden-Rossendorf startetet mit ersten Untersuchungen des Forschungszentrums zur Verbesserung der Sicherheit.
April 1993. Einige Teile der Anlage werden durch Wasser, welches aus dem Primärkreislauf austrittt war, starkradioaktiv kontaminiert.
1994 bis 1997. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten werden in diesen Jahren nur zwei Millionen Dollar investiert.
1995. Das erste Überwachungssystem welches offenbar mit dem Forschungszentrum Dresden-Rossendorf entwickelt wurde geht in 5. Block in den Probebetrieb. Später werden alle sechs Reaktoren damit ausgestattet.
16. September 1996. Reaktor 6 geht in den kommerziellen Leistungsbetrieb.
2011. Nach Beginn der Katastrophe von Fukushima nimmt nahm die Ukraine freiwillig an dem sogenannten Stresstest der europäischen Atomkraftwerke teil. Danach werden in Saporischschja Nachrüstungen in der Sicherheitstechnik vorgenommen.
Ab 2013. Es kommt in nur etwa 200 Kilometern Entfernung zu Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen.
15. Mai 2014. Eine Gruppe bewaffneter Männer mit Masken in mehreren Autos wird mitten in der Nacht an einem Checkpoint in der Nähe des Atomkraftwerks Saporischschja gestoppt. Sie erklären, dass sie unterwegs seien, um das Atomkraftwerk und die Stadt vor möglichen Angreifern zu schützen. Die örtliche Polizei gibt an, dass sie die Männer verhaftet und die Waffen beschlagnahmt habe. Jetzt soll ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Die Massnahmen zur Sicherheit in der Anlage und in Energodar sollen nun erhöht werden.
In Videoaufnahmen sagen die "Angreifer", dass sie Mitglieder der Gruppe Rechter Sektor aus der Saporoshje Region seien. Sie erklären, dass sie gekommen wären um Energodar vor Aktivisten die "russische Fahnen hissen" und in die Stadt wollen, zu schützen. Im Video werden auch nationalistische Parolen gerufen wie "Helden sterben nicht ! Ruhm der Ukraine! Ehre den Helden!"
Auf dem YouTube Videokanal von Svoboda TV heisst es, dass angeblich eine Person erschossen worden sein soll.
Das offizielle Statement des rechten Sektors lautet jedoch dass es keine Plänge gab "das Atomkraftwerk Saporischschja zu stürmen.
29. August 2014. Sergej Tschimtschew (Pressesprecher des AKW Saporischschja) meint großspurig dass "sein" AKW mit den sechs Atomreaktoren nicht nur das größte, sondern auch das sicherste Europas wäre. Das Reaktorgebäude ist sogar gegen Flugzeugabsturz gesichert. Selbst wenn die Kämpfe näher kommen sollten und Minen, Granaten oder gar Raketen auf das Reaktorgelände treffen, müssten wir schlimmstenfalls das Kraftwerk herunterfahren".
Laut Sergej Boschkow (Chef der ukrainischen Atomaufsicht) vergisst er dabei jedoch dass "unsere modernen AKW der Baureihe WWR 320 gegen den Absturz kleiner Flugzeuge bis etwa zehn Tonnen gesichert sind. Aber schon für eine Boeing 737 mit ihren rund 60 Tonnen ist das natürlich nicht ausreichend."
Zudem sind AKWs laut Boschkow schweren Waffen, wie sie jetzt im Osten der Ukraine eingesetzt werden, sind die Atomkraftwerke nahezu schutzlos ausgeliefert. "Kein AKW auf der Welt ist gegen militärische Angriffe gesichert. Diese Atomkraftwerke sind nicht für Krieg ausgelegt, sondern für Frieden".
Fast noch mehr gilt das für mehr als 100 Spezialbehälter mit abgebrannten Brennelementen, die in Saporoschje ungeschützt im Freien stehen. Dazu kommt, dass die meisten ukrainischen Atomkraftwerke völlig überaltert sind und manche schon gar nicht mehr am Netz sein dürften.
Olexi Passiyuk (Internationales Ökologisches Zentrum der Ukraine) erwähnt dass nicht einmal der Reaktor selbst getroffen werden muss, um eine Katastrophe auszulösen: "Da gibt's die ganze Infrastruktur mit frischen und abgebrannten Brennelementen, die permanent gekühlt werden müssen. Und wenn die Kühlung zerstört wird, erhitzen sich die Brennelemente, sie schmelzen und Radioaktivität tritt aus. Also: Niemand kann garantieren, dass nichts passiert."
Nikolai Steinberg (Vorstandsmitglied der ukrainischen Atomaufsicht) sagt gegenüber dem Westdeutschen Rundfunk (WDR): Atomkraftwerke und Krieg sind nicht miteinander vereinbar. Ein Krieg mit konventionellen Waffen in einem Gebiet mit Atomkraftwerken wird früher oder später unweigerlich zu einem "atomaren" Krieg."
Die Ukraine ist das erste Land, mit mehr als einem AKW in dem seit Wochen mit schweren und modernsten Waffen Krieg geführt wird. Es werden beispielsweise Panzerabwehrwaffen wie die "Kornett" eingesetzt. Die durchdringen bis zu 5 Meter Beton. Auch "Grad"-Raketen mit Bomblets, Bunkerknacker, thermobarische Munition und Bomben bis zu 1500 Kilogramm gibt es auf beiden Seiten.
Laut Tobias Münchmeyer (Atomexperte von Greenpeace) ist die Reaktorhülle des AKW Saporischschja jedoch gerade einmal lächerliche 1,2 Meter dick. Da geht ein "Kornett" durch wie ein Messer durch weiche Butter. Zudem ist die Ukraine zudem von russischen Experten und Ersatzteilen abhängig. Nötige Lieferungen werden da wohl jetzt ausbleiben.
28. November 2014. In Block 3 im AKW Saporischschja kommt es nach Angaben der ukrainischen Aufsichtsbehörde und des Betreibers zu einem Kurzschluss in der Umspannanlage im nicht-atomaren Teil der Anlage. Betroffen ist ein sogenannter Messumformer. Mit diesem werden hohe Spannungen gemessen, er dient der Überwachung des Generators und soll ihn vor Beschädigungen schützen. Nach dem Kurzschluss wird der Generator abgeschaltet und in der Folge auch automatisch Block 3 des Kraftwerks heruntergefahren. Das ist der übliche Ablauf in solchen Fällen. Weder der Generator noch der Reaktor wurden dabei beschädigt.
Die Öffentlichkeit wird davon nicht informiert. Danach kommt es in der Region zu massiven Stromausfällen. Zudem ist durch Kämpfe in den Bergbauregionen im Osten des Landes der Kohlenachschub gestört. Wegen der Kämpfe mussten Bergwerke geschlossen werden, zudem sind einige Bahnverbindungen zerstört.
15. Mai 2014. Eine Gruppe bewaffneter Männer mit Masken in mehreren Autos wird mitten in der Nacht an einem Checkpoint in der Nähe des Atomkraftwerks Saporischschja gestoppt. Sie erklären, dass sie unterwegs seien, um das Atomkraftwerk und die Stadt vor möglichen Angreifern zu schützen. Die örtliche Polizei gibt an, dass sie die Männer verhaftet und die Waffen beschlagnahmt habe. Jetzt soll ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Die Massnahmen zur Sicherheit in der Anlage und in Energodar sollen nun erhöht werden.
In Videoaufnahmen sagen die "Angreifer", dass sie Mitglieder der Gruppe Rechter Sektor aus der Saporoshje Region seien. Sie erklären, dass sie gekommen wären um Energodar vor Aktivisten die "russische Fahnen hissen" und in die Stadt wollen, zu schützen. Im Video werden auch nationalistische Parolen gerufen wie "Helden sterben nicht ! Ruhm der Ukraine! Ehre den Helden!"
Auf dem YouTube Videokanal von Svoboda TV heisst es, dass angeblich eine Person erschossen worden sein soll.
Das offizielle Statement des rechten Sektors lautet jedoch dass es keine Plänge gab "das Atomkraftwerk Saporischschja zu stürmen.
29. August 2014. Sergej Tschimtschew (Pressesprecher des AKW Saporischschja) meint großspurig dass "sein" AKW mit den sechs Atomreaktoren nicht nur das größte, sondern auch das sicherste Europas wäre. Das Reaktorgebäude ist sogar gegen Flugzeugabsturz gesichert. Selbst wenn die Kämpfe näher kommen sollten und Minen, Granaten oder gar Raketen auf das Reaktorgelände treffen, müssten wir schlimmstenfalls das Kraftwerk herunterfahren".
Laut Sergej Boschkow (Chef der ukrainischen Atomaufsicht) vergisst er dabei jedoch dass "unsere modernen AKW der Baureihe WWR 320 gegen den Absturz kleiner Flugzeuge bis etwa zehn Tonnen gesichert sind. Aber schon für eine Boeing 737 mit ihren rund 60 Tonnen ist das natürlich nicht ausreichend."
Zudem sind AKWs laut Boschkow schweren Waffen, wie sie jetzt im Osten der Ukraine eingesetzt werden, sind die Atomkraftwerke nahezu schutzlos ausgeliefert. "Kein AKW auf der Welt ist gegen militärische Angriffe gesichert. Diese Atomkraftwerke sind nicht für Krieg ausgelegt, sondern für Frieden".
Fast noch mehr gilt das für mehr als 100 Spezialbehälter mit abgebrannten Brennelementen, die in Saporoschje ungeschützt im Freien stehen. Dazu kommt, dass die meisten ukrainischen Atomkraftwerke völlig überaltert sind und manche schon gar nicht mehr am Netz sein dürften.
Olexi Passiyuk (Internationales Ökologisches Zentrum der Ukraine) erwähnt dass nicht einmal der Reaktor selbst getroffen werden muss, um eine Katastrophe auszulösen: "Da gibt's die ganze Infrastruktur mit frischen und abgebrannten Brennelementen, die permanent gekühlt werden müssen. Und wenn die Kühlung zerstört wird, erhitzen sich die Brennelemente, sie schmelzen und Radioaktivität tritt aus. Also: Niemand kann garantieren, dass nichts passiert."
Nikolai Steinberg (Vorstandsmitglied der ukrainischen Atomaufsicht) sagt gegenüber dem Westdeutschen Rundfunk (WDR): Atomkraftwerke und Krieg sind nicht miteinander vereinbar. Ein Krieg mit konventionellen Waffen in einem Gebiet mit Atomkraftwerken wird früher oder später unweigerlich zu einem "atomaren" Krieg."
Die Ukraine ist das erste Land, mit mehr als einem AKW in dem seit Wochen mit schweren und modernsten Waffen Krieg geführt wird. Es werden beispielsweise Panzerabwehrwaffen wie die "Kornett" eingesetzt. Die durchdringen bis zu 5 Meter Beton. Auch "Grad"-Raketen mit Bomblets, Bunkerknacker, thermobarische Munition und Bomben bis zu 1500 Kilogramm gibt es auf beiden Seiten.
Laut Tobias Münchmeyer (Atomexperte von Greenpeace) ist die Reaktorhülle des AKW Saporischschja jedoch gerade einmal lächerliche 1,2 Meter dick. Da geht ein "Kornett" durch wie ein Messer durch weiche Butter. Zudem ist die Ukraine zudem von russischen Experten und Ersatzteilen abhängig. Nötige Lieferungen werden da wohl jetzt ausbleiben.
28. November 2014. In Block 3 im AKW Saporischschja kommt es nach Angaben der ukrainischen Aufsichtsbehörde und des Betreibers zu einem Kurzschluss in der Umspannanlage im nicht-atomaren Teil der Anlage. Betroffen ist ein sogenannter Messumformer. Mit diesem werden hohe Spannungen gemessen, er dient der Überwachung des Generators und soll ihn vor Beschädigungen schützen. Nach dem Kurzschluss wird der Generator abgeschaltet und in der Folge auch automatisch Block 3 des Kraftwerks heruntergefahren. Das ist der übliche Ablauf in solchen Fällen. Weder der Generator noch der Reaktor wurden dabei beschädigt.
Die Öffentlichkeit wird davon nicht informiert. Danach kommt es in der Region zu massiven Stromausfällen. Zudem ist durch Kämpfe in den Bergbauregionen im Osten des Landes der Kohlenachschub gestört. Wegen der Kämpfe mussten Bergwerke geschlossen werden, zudem sind einige Bahnverbindungen zerstört.
Die IAEO bewertet die Abschaltung mit Stufe 0 der Internationalen Bewertungsskala für atomare Ereignisse („Ereignis ohne oder mit geringer sicherheitstechnischer Bedeutung“). Trotz dieser Bewertung erregt diese Störung eine gewisse mediale Aufmerksamkeit, aufgrund der Nähe zum ukrainischen Krisenherd und der Tatsache, dass авария/аварія (Awarija), der russische und ukrainische Fachbegriff für Störfall, in anderem Kontext mit Unfall übersetzt werden muss.
2. Dezember 2014. Yuriy Prodan (Ex-Energieminister der Ukraine) gibt eine offizielle Stellungnahme zu Stromausfällen in der Ukraine ab. Die Schwankungen sollen unter anderem durch eine Notreparatur am Reaktor Saporischschja 3 verursacht worden sein. Am 5. September soll er wieder in Betrieb gehen.
3. Dezember 2014, 11 Uhr 34. Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters hat Arseni Janzeniuk (Ministerpräsident der Ukraine) den Energieminister aufgefordert eine Presskonferenz einzuberufen weil sich im AKW Saporischschja im Südosten der Ukraine eine "Avarija" (ukrainisch für Panne, Störung, Unfall) ereignet haben soll. Später stellt sich heraus dass durch einen Übersetzungsfehler aus der Panne vom 28. November 2014 ein GAU gemacht wurde.
Die Webseite Westi.ru schreibt von "einem weiteren Unfall" in der Anlage. Das Stromnetz sei zusammengebrochen.
Evakuierungsmaßnahmen wurden laut Wolodimir Demtschischin (Energieminister der Ukraine) bisher nicht eingeleitet. Es soll nur der Generator der Anlage und nicht der Atomreaktor betroffen sein. Die Strahlung auf dem Gelände soll momentan zwischen 8 und 12 Mikroröntgen pro Stunde liegen. Das "Problem" soll bis Freitag behoben sein. Was Jazenjuk mit einem Störfall meint würde er nicht wissen.
Laut einem Sprecher in Berlin soll es vor einigen Tagen einen Brand im nichtatomaren Teil des Atomkraftwerks Saporischschja gegeben haben.
Laut Energoatom wird der Defekt auf der internationalen Atom-Unfall-Skala INES mit "unter Null" bewertet. Auch die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) sieht keinen Hinweis auf einen Atomunfall.
28. Dezember 2014. Reaktorblock 6 muss wegen Problemen "vom internen Schutzmechanismus des Generators" vom Netz genommen werden. Erhöhte Strahlung soll laut Betreiber Energoatom nicht gemessen worden sein. Die anderen fünf Atomreaktoren sollen normal funktionieren. Der Störfall wird auf Stufe 0 – der niedrigsten von sieben Stufen – der Internationalen Bewertungsskala (INES) eingeordnet.
30. Dezember 2014. Laut "Russia Today" soll am AKW ein Leck entdeckt worden sein. Die Strahlung ist demnach 16-Mal höher als im Normalfall. Die Ukraine stellvertretende Leiter des Kraftwerksinformationszentrums weißt die Berichte zurück: "Das Atomkraftwerk arbeitet normal, es gab keine Unfälle".
2015. Ursprünglich geplante Abschaltung von Reaktor 1 und 2.
21. November 2015. Infolge der Sprengung mehrerer Hochspannungsmasten in der Oblast Cherson kommt es zu einem Lastabwurf von 500 MW, der durch die staatliche Betreiberfirma Energoatom (Ukraine) als sehr gefährlich eingestuft wird.
2016. Wjatscheslaw Tischtschenko ist derzeit Direktor des AKWs, Oleg Oscheka ist derzeit der stellvertretende Leiter des Kraftwerksinformationszentrums.
Ende Februar 2016. Bisher bezog das AKW ausschließlich Brennelemente aus Russland. Nun treffen die ersten Atombrennstäbe der US-Firma Westinghouse ein. Sie sollen bis Mai in Reaktor 5 eingesetzt werden.
3. Mai 2016. Reaktor 4 muss wegen einer undichten Stelle im Gassystem des Turbinengenerators mit einer Notabschaltung vom Netz. Erhöhte Strahlenwerte sollen nicht gemessen worden sein.
Jurij Babinin (Atomkraftgegner aus Nikopol) schreibt auf seiner Facebookseite: "Gut, dass sie den Reaktor rechtzeitig abgeschaltet haben ... Andernfalls hätte es die Produktionshalle ganz schön geschüttelt." Der Turbogenerator werde mit Wasserstoff und mit Wasser gekühlt. Das birgt laut dem Umweltschützer ein hohes Gefahrenpotenzial: Wasserstoff könne schon bei sehr kleinen undichten Stellen entweichen
Drei weitere Reaktoren wurden bereits zu einem früheren Zeitpunkt für Reparaturmaßnahmen vom Netz genommen. Zwei Reaktoren laufen derzeit noch. Das für eine Leistung von 6.000 Megawatt ausgelegte AKW speist deshalb im Moment nur 1.640 Megawatt in das Netz ein. Insgesamt lieferte Saporoschje in diesem Jahr bereits 9,9 Prozent weniger Strom.
Reaktor 4 soll bereits am 5. Mai wieder ans Netz gehen.
August 2016. Bei Mariupol, nur etwa 300 Kilometer vom Atomkraftwerk entfernt, kommt es zu einem Erdbeben mit einer Stärke von 4,8 auf der Richterskala.
14. September 2016. Die ukrainische Atombehörde beschließt einstimmig, die Laufzeit des ersten Reaktors um weitere neun Jahre zu verlängern. Laut Jurij Nedaschkowskij (Chef des ukrainischen Atomkonzerns Energoatom) wurden in Reaktor 1 alle Reparaturen erledigt und veraltete Ausrüstung ersetzt. Auch Maßnahmen zum Schutz vor Erdbeben sollen erfolgt sein.
Umweltschützer der größten ukrainischen Umweltorganisation „Nationalen ökologischen Zentrum der Ukraine“ (Necu) ist jedochnach Prüfung der technischen Unterlagen zu der Auffassung gelangt, ass 13 für die Sicherheit wichtige Maßnahmen nicht durchgeführt worden sind. Insbesondere vermisst man eine bei einem längeren Stromausfall erforderliche ausreichende eigene Stromversorgung. Auch fehlt ein Erdbebenüberwachungssystem.
19. September 2016. Für heute ist eine öffentliche Anhörung wegen einer geplanten Laufzeitverlängerung von Reaktor 2 angesetzt. Er wäre der sechste von derzeit 15 Reaktoren im Land, der seine ursprünglich angelegte Lebenszeit von 30 Jahren überschreiten darf.
2017. Eventuell möglicherweise vielleicht wird Reaktor 3 abgeschaltet.
2018. Eventuell möglicherweise vielleicht wird Reaktor 4 abgeschaltet.
2019. Eventuell möglicherweise vielleicht wird Reaktor 5 abgeschaltet.
2. März 2022. Die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO bzw. IAEA) verbreitet die russische Meldung, das Atomkraftwerk sei im Zuge der Invasion der Ukraine durch russische Truppen besetzt.
Am Kraftwerk kommt es erstmals zu kriegsbedingten Schäden. Ohnehin sei es laut Ukrenerho seit dem ersten Tag der Invasion Ziel von Cyberattacken. Zufälligerweise überprüft die Ukraine genau an diesem Tag, was allerdings lange vorbereitet war, ob ihr Stromnetz autark funktioniere.
3. März 2022. Das Kraftwerksgelände wird von russischen Truppen eingenommen. In einem knapp 1 km südlich von Block 1 gelegenen Ausbildungszentrum, sowie in einem Laborgebäude brechen während der Gefechte Brände aus. Diese können am gleichen Tag wieder gelöscht werden. Radioaktivität sei dadurch nicht ausgetreten.
Nach Angaben der IAEO werden dabei „keine essentiellen Anlagen beschädigt“. Die ukrainische Atomaufsichtsbehörde soll Schäden am Reaktorgebäude von Reaktor 2 melden Bei dem Beschuss von Nebenanlagen von Reaktor 2 seien Anlagenteile, aus denen im Fall eines Treffers atomares Material ausgetreten wäre, nur knapp verfehlt worden.
Die nach dem Beschuss vorübergehend nicht mehr verfügbare Kapazität von 1,3 GW wird durch die Erhöhung der Kapazität des benachbarten DTEK-Wärmekraftwerks zu 90 Prozent ersetzt.
3./4. März 2022. In der Nacht wird von russischen Angriffen auf die Anlage berichtet. Die Blöcke 2 und 3 werden daraufhin kurz nach Mitternacht (MEZ) abgeschaltet. Nur Block 4 arbeitet weiter, sodass neben den drei bereits in Revision befindlichen insgesamt fünf Reaktoren in den Vorhaltebetrieb versetzt oder in einen Cool Down gebracht sind.
Bis 6. März 2022. Neben dem stabil laufenden Block 4 wird Block 2 des KKW wieder auf die nahezu volle Leistung hochgefahren, Block 3 wird vom Netz getrennt und befindet sich wie Block 6 im Zustand des „Cold Shutdown“. Mehrere Hochspannungsleitungen zum Werk sind aufgrund der Kampfhandlungen unterbrochen. Die intakt gebliebenen genügen für einen sicheren Betrieb des Werks.
11. März 2022. Die Leitung des Werks wird von einem russischen Militärkommandanten übernommen. Betrieben wird es weiterhin vom lokalen Personal. Betriebliche Handlungen müssen nun vorab vom Kommandanten genehmigt werden. Die IAEO betrachtet dies als psychische Belastung für ein im Hinblick auf die Betriebssicherheit nötiges Arbeitsklima. Zudem sind einige Kommunikationskanäle zwischen dem Kraftwerk und der Außenwelt seit dem Angriff aufs Werk unterbrochen oder in ihrer Qualität beeinträchtigt, was die IAEO ebenfalls als eklatante Verletzung von Grundregeln für den sicheren Betrieb einer Atomanlage anprangert. IAEO-Chef Rafael Grossi berichtet zudem von ernsten Problemen bei der Versorgung der Bedienmannschaft des KKW mit Lebensmitteln.
13. März 2022. Es wird berichtet, dass die automatische Datenübertragung wieder funktioniere und sich etwa 400 russische Soldaten im Kraftwerk befänden. Auch seien einige Fachleute von Rosatom eingetroffen, um die Sicherheit der Anlage zu bewerten und fällige Reparaturen vorzunehmen.
14. März 2022. Russische Truppen sprengen auf dem Betriebsgelände liegengebliebene Blindgänger und Versager nahe dem Werksgelände. Auf dem Werksgelände befinden sich Trockenlager für ausgediente Brennelemente.
Mai 2022. Die IAEO zieht die Möglichkeit in Betracht, dass die russischen Streitkräfte das im AKW gelagerte radioaktive Material (oder Teile davon) für militärische Zwecke stehlen könnten.
Juli 2022. Spätestens jetzt benutzt das russische Militär das Gelände des Kraftwerkes als Kommandoposten, zur Lagerung von Nachschub und Munition und für Artillerieangriffe auf in Reichweite befindliche ukrainische Truppen sowie auf ukrainische Städte, die sich auf der anderen Flussseite des Dnepr noch in ukrainischer Hand befanden. Dies geschieht in der Absicht, es den ukrainischen Streitkräften unmöglich zu machen, direkte Gegenangriffe auf das Gelände des Atomkraftwerkes durchzuführen, ohne dabei die Atomreaktoren und damit die gesamte Region zu gefährden. Eine derartige militärische Nutzung eines Kernkraftwerksgeländes durch die russischen Truppen stellt einen schweren Verstoß gegen die Genfer Konventionen dar.
Energoatom vermeldet, dass die schweren Waffen und Munition der russische Streitkräfte im Maschinenraum eines Reaktors des Kraftwerks gelagert werden.
Sowohl ukrainische Partisanen als auch ukrainische Streitkräfte (letztere per Drohne) greifen russisches Besatzungspersonal des Atomkraftwerks und nahe dem Kraftwerk lagernde russische Truppen an. Das „Zentrum Nationaler Widerstand“ berichtet von einem Partisanenangriff, bei dem neun Angehörige des russischen Besatzungspersonals verletzt werden und eine nicht näher genannte Anzahl an feindlichen Soldaten getötet werden.
1. Juli 2022. Energoatom teilt mit, die Verbindung zu den Überwachungssystemen des Atomkraftwerks Saporischschja sei wiederhergestellt. Dies sei aus „eigener Kraft“ gelungen. Die Fernüberwachung der Reaktoren ist unterbrochen worden, nachdem russische Truppen Mobilfunk-Netze abgeschaltet haben, die die Daten übermittelten.
Ende Juli. Bei einem Drohnenangriff töten haben die ukrainischen Streitkräfte eigenen Angaben zufolge drei russische Soldaten auf dem AKW-Gelände.
August 2022. Derzeit lagern auf dem Werksgelände 40 Tonnen angereichertes Uran und 30 Tonnen Plutonium.
Weiterhin existiert ein Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente im Werksgelände unter freiem Himmel. Dieses ist mit 174 Behältern mit je 24 verbrauchten Brennstäben bestückt. Ein Einschlag von Artilleriegeschossen in das Lager könnte die Wirkung einer „schmutzigen Atombombe“ entfalten.
Laut der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) wurde das Kraftwerk im Verlauf des Krieges in den letzten Monaten mit mobilen Notstromaggregaten sowie zusätzlichen Wasserpumpen ausgestattet, um im Falle eines Ausfalls der Notstromversorgung eine Kernschmelze zu verhindern. Jedoch gebe es laut Wolfgang Renneberg noch einige kriegsbedingte Szenarien (bspw. Beschädigung/Zerstörung der Schaltanlagengebäude/Stromleitungen von Kühlmittelpumpen oder der Ventile der Kühlmittel-Versorgungsleitungen) für die es keine Vorbeugung gebe und die, wenn einmal eingetreten, unkontrollierbar seien. Zudem stehen die drei ohnehin vorhandenen Dieselgeneratoren aus russischer Produktion, mit denen es zunehmend Ersatzteilprobleme gibt, recht dicht beieinander, was im Falle eines Treffers zu einem Ausfall aller drei Aggregate führen kann. Insgesamt gebe es 20 Dieselgeneratoren, welche in Bunkern untergebracht seien und für die derzeit 2250 t Treibstoff, ausreichend für einen zehntägigen Betrieb aller Notstromaggregate, vorhanden ist. Laut GRS werden am Containment-Behälter Sicherheitsventile eingebaut, über die im Falle einer Kernschmelze Druck zu dessen Schutz abgelassen werden kann.
5. bis 7. August 2022. Das Gelände wird erneut beschossen, wodurch eine der vier 750 kV-Leitungen getroffen wird, was das Notfallschutzsystem eines der Reaktoren des Kraftwerks auslöst. Dieses nimmt wiederum einen Block des Kraftwerks vom Netz.
Nach Pressemitteilung bricht an einem der Tage ein Feuer ausgebrochen. Die russische und die ukrainische Seite beschuldigen sich gegenseitig, für den Beschuss verantwortlich zu sein. Ein Kraftwerksmitarbeiter berichtet in dem Zusammenhang, dass russisches Personal von Energoatom am Tag vor dem dreitägigen Beschuss vom Gelände abgezogen wurde und am 8. August zurückkehrt. Die russische Seite kündigt an, die Luftabwehr rund um das Kraftwerk zu verstärken. Die IAEO bekräftigt ihre Forderung, einer Expertenkommission Zugang zum Kraftwerk zu gewähren.
7. August 2022. Eine Werksmitarbeiterin wird durch den Beschuss mittelschwer verletzt.
7. bis 9. August 2022. Drei von vier 750 kV-Leitungen werden durch russische Truppen beschädigt und fallen aus. Insgesamg sind es 7 Stromleitungen. Das AKW soll angeblich vom ukrainischen Stromnetz getrennt und mit dem russischen Stromnetz der seit 2014 besetzten Krim zu verbunden werden. Die russische Besatzung des Atomkraftwerks Saporischschja erhalte die Vorgaben vom russischen Atomkonzern Rosatom. Sollte die letzte in Betrieb befindliche Verbindung gekappt werden, ist nach Angaben von Energoatom die Sicherheit des Kraftwerks von Diesel-Generatoren abhängig.
10. August 2022. Die Außenminister der G7 fordern die russische Regierung auf, die Besetzung des AKW Saporischschja zu beenden.
11. August 2022. Das Kraftwerksgelände wird laut Meldung von Energoatom und TASS erneut mehrmals beschossen. Ein Geschoss sei laut Energoatom nahe dem Lager von radioaktiven Material eingeschlagen. Während Energoatom Russland für den Beschuss verantwortlich macht, meldet TASS unter Berufung auf die russische Besatzung, dass die Ukraine für den Beschuss verantwortlich sei. Durch diesen Beschuss und den der vorangegangenen Tage seien Anlagen zur Stickstoffversorgung sowie Messgeräte, aber keine atomaren Anlagenteile beschädigt worden.
12. August 2022. Laut einem anonymen Bericht eines Kraftwerksmitarbeiters kamen mehr als 200 Personen der AKW-Belegschaft seit März 2022 (vorübergehend oder dauerhaft) in Haft. Ein Kraftwerksarbeiter sei von der Besatzung getötet worden. Ein Viertel der Belegschaft sei geflohen. Es seien (im August 2022) noch etwa 1000 Beschäftigte, die „de facto unter der vorgehaltenen Waffe“ arbeiten, im Werk.
Nach Angaben des ukrainischen Militärgeheimdienstes sind auf dem AKW-Gelände, das teils vermint wurde, 500 russische Soldaten stationiert. Darunter seien Angehörige der russischen Nationalgarde und der Gruppe Wagner. Außerdem würden auf dem Kraftwerksgelände befindliche Überdachungen und Unterführungen von russischen Truppen genutzt, um dort Artillerie und Flugabwehrwaffen zu lagern.
15. August 2022. In einer Erklärung des Europäischen Auswärtigen Dienstes bei den UN-Organisationen in Wien fordern insgesamt 42 Staaten unter anderem einen sofortigen Abzug russischer Truppen von dem Atomkraftwerksgelände Saporischschja. Die Staaten berufen sich auf Sicherheitsprinzipien, auf die sich alle Mitgliedsländer der Internationalen Atomenergie-Behörde (einschließlich Russland) verpflichtet hatten.
Nach Auskunft eines Kraftwerksmitarbeiters ist das AKW erstmals in seiner Geschichte lediglich an zwei von sieben Stromleitungen angeschlossen.
25. August 2022. In Teilen der Oblast Saporischschja und der Oblast Cherson kommt es zu einem Stromausfall. Die letzte 750 kV-Leitung fällt vorübergehend aus.
Energoatom meldet, dass das Atomkraftwerk Saporischschja erstmals in der Geschichte der Anlage vom ukrainischen Stromnetz getrennt wurde. Die Stromversorgung der zwei in Betrieb befindlichen Reaktorblöcke werde über eine Reserveleitung zum Wärmekraftwerk aus dem ukrainischen Energiesystem sichergestellt. Grund für den Verbindungsabbruch des Stromnetzes zum Kraftwerk sind nach Angaben von Energatom Brandschäden an Stromleitungen.
26. September 2022. Beide Reaktorblöcke sind wieder an das ukrainische Stromnetz angeschlossen.
28. August 2022. In einer Meldung heißt es, die russischen Streitkräfte hätten eine ukrainische Drohne, mit der ein Angriff auf das Werk geflogen worden sei, abgeschossen. Diese sei auf der Schutzhülle eines Reaktors aufgeschlagen. Trotz der Detonation ihrer Sprengladung sei kein Schaden entstanden.
30. August 2022. Laut einem Bericht eines Kraftwerksmitarbeiters schießen die russischen Truppen auf dem AKW-Gelände nicht nur mit Mörsern, sondern erstmals auch mit Haubitzen, die sie in unmittelbarer Nähe der Kernreaktoren einsetzen.
1. September 2022. Am Morgen gibt es nach Angaben von Energoatom einen erneuten Mörserbeschuss, nach welchem das Notsystem von Block 5 aktiviert wird und den Reaktor am Morgen jenes Tages herunterfährt. Nun läuft nur noch Block 6, aus dem auch der für den Betrieb des Werkes benötigte Strom kommt. Die Ukraine und Russland werfen sich erneut gegenseitig vor, für die Beschüsse des Werkes verantwortlich zu sein.
14 Fachleute der IAEO, darunter ihr Chef Rafael Grossi, treffen infolge der Kampfhandlungen mehrere Stunden verspätet am Werk, zu einer seit langen geforderten und über Monate ausgehandelten Besichtigung des AKW im Betrieb ein. Die Kriegsparteien bezichtigen sich gegenseitig der Verantwortung für die Behinderung der Inspektion.
Grossi, der das Werk mit acht Mitgliedern der multinationalen Delegation nach einer fünfstündigen Besichtigung wieder verlässt, erklärt beim Verlassen der Anlage: „Die wichtigsten Dinge, die ich sehen musste, habe ich gesehen.“ Er führt weiterhin aus, die Inspektoren konnten die ganze Anlage, unter anderem die Notfallsysteme, die Dieselgeneratoren und den Kontrollraum besichtigen und viel mit Mitarbeitern sprechen.
Weiterhin sagt er auf einer Pressekonferenz am Abend des 1. September in Wien, es gäbe inakzeptable Schäden, aber die wichtigsten Sicherheitselemente funktionieren. Es bleibe die Gefahr, dass es bei weiteren Kampfhandlungen zu großen Schäden kommt.
Mit Absicht (um eine gewisse Neutralität zu wahren) sind keine US-amerikanischen und britischen Experten im 14-köpfigen Inspektionsteam. Neben vielen russischen Journalisten begleiten auch einige Teams westlicher Länder, z. B. von Sendern aus Italien, Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland (Journalisten von RTL und N-Tv) und Frankreich die IAEA-Visite, ebenso ein Team aus Venezuela. Ihnen wird auch ein Munitionsrest gezeigt, bei welchem eine abenteuerliche Erklärung nötig ist, um ihn der Ukraine zuzuweisen.
Nach Einschätzung eines RTL-Reporters habe der Beschuss des Werkes infolge der Anwesenheit der IAEA-Inspektoren offensichtlich aufgehört.
Die lokalen Behörden beginnen mit der Ausgabe von Jodtabletten an die Bevölkerung.
2. September 2022. Russische Medien erklären, dass zwei Inspektoren der IAEO dauerhaft am Kernkraftwerk Saporischschja bleiben. Laut Information der Tagesschau von SRF vom gleichen Tag gelte diese Zusage aber nur vorläufig. Energoatom behauptet, den Experten werde der Zugang zum Krisenzentrum des Werkes verwehrt.
Reaktor 5 kann wieder ans Netz angeschlossen werden.
3. September 2022. Die letzte 750 kV-Leitung wird wiederum funktionsuntüchtig. Das KKW kann wieder nur noch über eine Reserveleitung zum Wärmekraftwerk Strom ins Netz einspeisen.
Die IAEO publiziert, dass die Notstromversorgung des KKW auch über eine 330 kV-Reserveleitung, über die es mit dem benachbarten Wärmekraftwerk verbunden ist, geschehen kann.
5. September 2022. Block 6 wird wegen eines Feuers, das infolge von Gefechten ausbricht und als letzte Anbindung ans ukrainische Stromnetz nun auch die Stromzu- und -abfuhr über die letzte verbliebene Reserveleitung unterbricht, notabgeschaltet. Das Werk befindet sich nun im Inselbetrieb.
Block 6 liefert jetzt nur noch Strom zur Eigenversorgung wichtiger atomarer Anlagen, wie der Kühlung.
Vier von sechs Inspektoren der IAEO verlassen das Atomkraftwerk Saporischschja.
6. September 2022. In einem vorgestellten Zustandsbericht, der auf Untersuchungen der IAEO am Kraftwerk basiert, fordert die IAEO zur Abwendung eines atomaren Unfalls unter anderem eine Abwesenheit von russischen Militärs und Militärtechnik auf dem Kraftwerksgelände.
9. September 2022. Rafael Grossi sagt auf der Basis eines Berichts der zwei im Werk anwesenden IAEA-Inspektoren, dass der Strom in Enerhodar nach einem Beschuss der Schaltanlage des Wärmekraftwerks in der vorangegangenen Nacht komplett ausfiel und eine stabile Stromzufuhr zum KKW wahrscheinlich vorerst nicht möglich sei. Das KKW sei ohne externe Stromzufuhr auf Strom aus Dieselgeneratoren angewiesen. Der Treibstoffvorrat dafür reiche zehn Tage, die Lieferung von Nachschub ist aufgrund der Kämpfe in der Gegend schwierig. Energoatom erwägt, weil die für einen sicheren Betrieb erforderliche Stromzufuhr von außen trotz Reparaturen immer wieder unterbrochen wurde, die Abschaltung des einzigen noch laufenden Blockes, des ohnehin nur noch für den Eigenbedarf des Werkes Strom liefernden Blocks 6.
10. September 2022. Eine 330 kV-Reserveleitung kann am Abend wieder in Betrieb genommen werden konnte. Die Kühlsysteme für die Reaktornachkühlung können nun, solange die externe Stromzufuhr funktioniert, mit Netzstrom betrieben werden.
11. September 2022. Block 6 wird am frühen Morgen abgeschaltet.
12. September 2022. Rafael Grossi nimmt persönlich Verhandlungen mit den beteiligten Parteien auf, um die latente Gefahr einer Nuklearkatastrophe infolge der Kämpfe und der ständigen Präsenz von Truppen und Militärtechnik im und am Werk zu eliminieren.
An diesem Tag kann eine zweite Reserveleitung auf der Spannungsebene 750 kV/330 kV wieder in Betrieb genommen werden. Diese dient nun zur Versorgung des KKW; die am 10. September zugeschaltete 330 kV-Leitung steht nur noch für den Bedarfsfall bereit. Reaktor 6 ist inzwischen, wie zuvor auch die anderen Reaktoren, soweit heruntergekühlt, dass er in den Zustand eines cold shutdown übergeht und weniger Energie zur Kühlung benötigt.
13. September 2022. Die IAEA meldet die Funktionstüchtigkeit der dritten Reserveleitung. Diese wird ebenfalls als Ersatzleitung vorgehalten, da die Ukraine mit zunehmenden Angriffen auf ihre Energieinfrastruktur rechnet. Die vier zerstörten 750 kV-Hauptleitungen sind nach wie vor außer Betrieb.
18. September 2022. Eine 750 kV-Hauptleitung ist laut IAEO repariert und dient nun zur Versorgung der Kühlsysteme und anderer sicherheitsrelevanter Anlagen. Die Reserveleitungen werden als Ersatz vorgehalten. Beschuss des Werkes habe es in den letzten Tagen nicht mehr gegeben; in seiner Umgebung wurde aber weiter gekämpft.
21. September 2022. Die 750 kV-Hauptleitung wird durch Beschuss wieder funktionsuntüchtig. Bis eine 150 kV-Reserveleitung zum Wärmekraftwerk eingeschaltet werden kann, sorgen Dieselgeneratoren für Notstrom zur Nachkühlung von Reaktor 6.
22. September 2022. In ihrem 52-seitigen Bericht über die Inspektion im AKW bezeichnet die IAEO die dortigen Zustände als „unhaltbar“, fordert eine Schutzzone um das Werk und den Abzug der russischen Panzer aus den Turbinenhallen.
Grossi spricht deshalb bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung sowohl mit dem ukrainischen als auch mit dem russischen Außenminister.
30. September 2022. Die Ukraine berichtet, dass der für die Sicherheit des AKW Saporischschja Hauptverantwortliche, Werksleiter Ihor Muraschow von einer russischen Patrouille auf offener Straße aus seinem Auto gezerrt und entführt worden sei.
Anfang Oktober 2022. Rafael Grossi trifft sich mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und berichtet danach von kleinen Fortschritten bezüglich der Einrichtung einer Schutzzone um das Werk.
1. Oktober 2022. Die IAEO erhält die Nachricht von russischen Behörden, dass Muraschow, für Befragungen vorübergehend festgenommen wurde.
3. Oktober 2022. Muraschow ist laut IAEA wieder frei. Er tritt von seinem Posten zurück. Enerhoatom-Chef Petro Kotin übernimmt die Werksleitung daraufhin und kündigt an, diese Tätigkeit von Kiew aus auszuüben.
5. Oktober 2022. Es wird angekündigt, den stillstehenden Block 5 in Teillastbetrieb zu versetzen, um die über den Winter zur Verhinderung von Frostschäden benötigte Wärme bereitzustellen.
Im Zuge der russischen Annexion der Süd- und Ostukraine wird auch das Gelände des AKW als russisches Staatsgebiet deklariert. Der russische Präsident stellt es per Dekret unter russische Verwaltung und erklärt es zu russischem Eigentum.
6. Oktober 2022. In einem Bericht der ARD heißt es, seit Beginn der russischen Invasion sind etwa 4000 Mitarbeiter des KKW geflohen. Die verbliebenen berichteten von Schlägen und anderen Misshandlungen durch die russischen Besatzer, um zum Weiterbetrieb des Kraftwerks gezwungen oder für pro-ukrainische Äußerungen bestraft zu werden.
Die 150 kV-Reserveleitung fällt durch Beschuss aus. Fünf Dieselgeneratoren springen für 90 Minuten ein, bis werksintern eine Stromversorgung für Block 6 hergestellt werden kann.
7. Oktober 2022. Derzeit sind nach wie vor zwei Inspektoren der IAEA im Werk präsent.
8. / 9. Oktober 2022. Eine 750 kV-Leitung wiederum zerschossen. Bis zu ihrer Reparatur wird mit 16 Dieselgeneratoren Notstrom erzeugt. Weiterhin gibt es an den Stromleitungen von Block 6 zur Schaltanlage des Werkes einen Schaden, der repariert werden kann. Zudem explodiert in der Nähe des Betriebszauns auf dessen Außenseite eine Mine. Block 5 geht deshalb vorerst nicht wieder in Betrieb.
11. Oktober 2022. Grossi trifft Putin und schlägt die Einrichtung einer Waffenstillstandszone um das AKW vor.
12. Oktober 2022, morgens (Ortszeit). Nur einen Tag nach Rafael Grossis persönlicher Vorsprache bei Präsident Putin wegen der hochgefährlichen Situation am Werk, fällt die reparierte und einzige betriebsfähige 750 kV-Leitung durch den Beschuss einer weit vom Kraftwerk entfernten Umspannanlage wiederum aus.
Nach wie vor benötigen alle sechs im Kaltabschaltzustand befindlichen Reaktoren Strom zur Nachkühlung und für relevante Sicherheitseinrichtungen, welcher daraufhin, bis die Leitung am gleichen Tag am frühen Nachmittag (Ortszeit) wieder in Betrieb genommen werden kann, erneut durch Notstrom aus Dieselgeneratoren ersetzt wird.
2026. Eventuell möglicherweise vielleicht werden die Reaktoren 1 und 6 abgeschaltet.
Atomkraftwerke in der Ukraine
Charkiw (Charkow), Chmelnyzkyj, Krim, Odessa, Riwne, Saporischschja, Süd-Ukraine, Tschernobyl
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Atomkraftwerk Saporischschja, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported, 2.5 Generic, 2.0 Generic and 1.0 Generic, Urheber: Ralf1969
Quellen
03.05.2016, taz, Pannenserie in größtem Atomkraftwerk, Europas Riese hat Risse
12.03.2015, Le Monde diplomatique, Atomstrom aus Saporischschja
30.12.2014, Russia Today, Radioactive leak at major Ukrainian nuclear plant – report
30.12.2014, Focus, Störfall in der Ukraine? Bericht: Strahlung an Europas größtem AKW extrem erhöht - Ukraine dementiert
28.12.2014, Spiegel, Ukraine, Größtes AKW meldet erneut Panne
28.12.2014, Focus, Technische Probleme, Not-Abschaltung: Erneuter Zwischenfall in Ukraine-AKW
28.12.2014, Welt, SAPOROSCHJE, Erneut Panne im größten Atomkraftwerk der Ukraine
28.12.2014, Tagesschau, Reaktor in Saporoschje vom Netz genommen, Wieder Probleme in ukrainischem AKW
04.12.2014, Spiegel, Pannen und Unfälle, So sicher sind die Atomkraftwerke der Ukraine
03.12.2014, Stern, Greenpeace-Experte im stern, "Auch ein kleiner Störfall kann ein Warnsignal sein"
03.12.2014, Tagesschau, Störung im ukrainischen Kraftwerk Saporoschje, Wie aus einer Panne ein Atomunfall wurde
03.12.2014, taz, Atomkraftwerk in Südost-Ukraine, AKW-Störfall offenbar unter Kontrolle
03.12.2014, Stern, AKW-Panne in Ukraine, Atombehörde sieht keine Hinweise für einen GAU
03.12.2014, Telepolis, Ukraine: "Es gibt keine Probleme mit den Reaktoren"
03.12.1014, Focus, News-Ticker zu Atom-Störfall, AKW-Zwischenfall: Kurzschluss, aber "keine Bedrohung"
03.12.2014, Heise, Ukraine meldet Störfall in Atomkraftwerk
03.12.2014, Sueddeutsche, Ukraine, Ministerpräsident berichtet von Unfall in Atomkraftwerk
03.12.2014, Tagesschau, Regierung kündigt Pressekonferenz an, Atom-Zwischenfall in der Ukraine
03.12.2014, Tagesspiegel, Ukraine, Ausmaß der Störung im Akw Soporoschje unklar
03.12.2014, Zeit, Ukraine, Störfall in ukrainischem Atomkraftwerk
03.12.2014, FAZ, Ukraine, Zwischenfall in Atomkraftwerk
03.12.2014, Focus, Jazenjuk, Ukraine meldet Panne im größten Atomkraftwerk Europas
03.12.2014, Welt, Arseni Jazenjuk, Ukraine meldet Störfall in Europas größtem AKW
03.12.2014, Spiegel, Kernenergie: Ukraine meldet technische Probleme in Atomkraftwerk
01.09.2014, Welt, 6000 MEGAWATT, In der Ukraine steht Europas größtes Kernkraftwerk
29.08.2014, Tagesschau, Atomkraftwerke in der Ukraine, Die Angst vor einem zweiten Tschernobyl
27.08.2014, Sueddeutsche, Atomkraftwerke in der Ukraine, Strahlende Risiken
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