Mittwoch, 29. Januar 2020

Forschungsreaktor München

Forschungsreaktor München (FRM)
Der Forschungsreaktor München (FRM) befindet sich in Garching bei München. Er gehört zur Technischen Universität München (TUM). Der FRM war der erste funktionsfähige Forschungsreaktor Deutschlands. In Betrieb genommen wurde er am 31. Oktober 1957.

Beim Forschungsreaktor München handelte es sich um einen Schwimmbadreaktor/MTR mit einer thermischen Leistung von 4 MW. Er diente als Neutronenquelle für die Forschung. Die erzielbare Neutronenflussdichte lag bei 6,6 × 1012 n/(cm² s).

Die Grundsatzentscheidung für den Bau des Forschungsreaktors wurde vom Physiker Heinz Maier-Leibnitz angeregt. Wegen seiner von Gerhard Weber entworfenen eiförmigen Kuppel, die Bestandteil des Stadtwappens von Garching ist, wird er auch als Atomei bezeichnet und steht unter Denkmalschutz.

Kurz nach dem FRM in Garching nahmen auch weitere Forschungsreaktoren in Deutschland den Betrieb auf. Bereits Januar 1958 begann in Frankfurt am Main der Betrieb des FRF-1 (Forschungsreaktors Frankfurt). Im Juli des Jahres folgte der BER (Berliner Experimentier-Reaktor) am Hahn-Meitner-Insitut für Atomforschung in Berlin.

Geschichte

6. November 1956. Baubeginn. Spezialfirmen errichten in kurzer Zeit die schützende Betonkuppel und verbauen hunderte Tonnen Beton und Stahl.

Januar 1957. Auf der Baustelle wird Richtfest gefeiert. Noch gibt es kaum Vorbehalte gegen Atomtechnik.

10. Oktober 1957. Im Atomkomplex Windscale (Sellafield) bricht drei Wochen vor Inbetriebnahme des Atomeis von München im Atomreaktor Windscale Pile 1 der nur als Brutreaktor zur Erzeugung von Plutonium-239 für Atombomben benutzt wird Feuer aus und es kommt zu einem der schwersten Atomunfälle vor Tschernobyl. Radioaktivität wird frei und verteilt sich bis zum europäischen Festland.

30. Oktober 1957. Über Garching hat sich eine dicke Suppe zusammengebraut, man kann die Hand kaum vor Augen sehen. Eine Gruppe Wissenschaftler macht sich dennoch zu der nördlich von München gelegenen Stadt auf, die noch sehr ländlich geprägt ist. Auswärtiger Besuch steht an: Zwei Ingenieure der Kraftwerksfirma "American Machine and Foundry" sind gekommen, um die Deutschen in den Betrieb des frisch gebauten Forschungsreaktors einzuweisen.

31. Oktober 1957. Der Forschungsreaktor München (FRM) wird in Betrieb genommen. Blaues Leuchten rund um den Reaktorkern im Wasserbecken kündigt es an: Die erste atomare Kettenreaktion auf deutschem Boden ist geglückt. Anschließend gibt es Sekt im Wirtshaus.

Das Atomei ist damit die erste funktionsfähige atomtechnische Anlage in der Bundesrepublik Deutschland. Der Physiker Heinz Maier-Leibnitz wird erster wissenschaftlicher Leiter.

Die deutschen Wissenschaftler sind entzückt: Endlich gehören sie wieder zum Club der zivilisierten Länder und könnnen sich mit den modernsten Aufgaben der Wissenschaft beschäftigen. Und das nur zwölf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und nur 15 Jahre nach der ersten menschengemachten Kettenreaktion, die Wissenschaftler um den aus Mussolinis Italien geflohenen Atomphysiker Enrico Fermi im Rahmen des Manhattan Projekts am "Chicago Pile" getauften ersten Atomreaktor bewerkstelligt hatten.

Die ersten praktischen Kenntnisse müssen Schritt für Schritt erworben werden. Einige der zuständigen Forscher und Techniker haben jedoch bereits in den USA Erfahrungen mit der Reaktortechnik sammeln können – so haben zwei Mitarbeiter nach mehrmonatigem Aufenthalt dort den "Reaktorführerschein" gemacht.

1958. Lothar Köster wird als stellvertretender Direktor des FRM berufen.

1960. Lothar Köster wird als technischer Direktor des FRM berufen.

Mitte der 1980er Jahre. Es gibt Planungen, den FRM in seiner Leistungsfähigkeit zu erhöhen. 

1992. Der Wissenschaftsrat empfiehlt den Neubau eines leistungsfähigeren Forschungsreaktors.

28. Juli 2000. Der Reaktor wird um 10:30 Uhr abgeschaltet. Er wird durch die benachbart liegende Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (Forschungsreaktor München II) ersetzt. Der Rückbau soll 10 bis 15 Jahre dauern. Genau genommen werden nur die Innereien entsorgt, die Hülle bleibt als Industriedenkmal erhalten.

2. März 2004. Der Forschungsreaktor München II wird erstmals angefahren. Er ist nicht zuletzt umstritten, weil er mit hochangereicherten Uran betrieben wird.

31. Oktober 2017. Das Atom-Ei befindet sich in der Vorbereitung zum Rückbau. 

Bilder aus Wikimedia Commons
Forschungsreaktor München (FRM), Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported, Urheber: Vuxi

Quellen