Mittwoch, 24. April 2019

Brennstab für Atomkraftwerke

Brennstab eines
Magnox-Reaktors
Ein Brennstab ist eine mit Atombrennstoff gefüllte Röhre, die mittels Abstandshaltern zu Brennelementen oder Brennstoffkassetten gebündelt in Atomreaktoren eingesetzt wird. Der Atombrennstoff besteht meist aus gesinterten Tabletten (Pellets) aus Urandioxid oder einem Mischoxid von Urandioxid und Plutoniumdioxid.

Die französische Atomaufsichtsbehörde Autorité de sûreté nucléaire (ASN) hat dem Stromkonzern Électricité de France (EDF) die Zustimmung erteilt, seine 1300-MW-Atomreaktoren mit einer neuen Generation Brennstäbe (HTC – Haut Taux de Combustion) auszustatten und ein neues Brennelement-Managementprogramm unter dem Namen Galice (Gestion avec Augmentation Limitée de l’Irradiation pour les Combustibles en Exploitation, deutsch: Reaktorführung mit beschränkt erhöhter Bestrahlung des eingesetzten Brennstoffs) anzuwenden. Diese Erlaubnis betrifft auch das Atomkraftwerk Cattenom, wo das neue Verfahren in den kommenden Jahren eingeführt werden soll. Die neuartigen Brennstäbe enthalten einen höheren Anteil an spaltbarem Uran-235. Sie sollen zudem länger im Reaktorkern eingesetzt werden, um die Phasen des Reaktorstillstands wegen Brennelementwechsels zu verkürzen.

„Brennen“

Der Ausdruck „Brennen“ ist im Zusammenhang mit der Atomenergie („Brennstab“, „Brennelement“ usw.) nur im übertragenen Sinne zu verstehen. Es handelt sich nicht um Verbrennung im eigentlichen Sinne, also Oxidation.

Nach einiger Betriebszeit ist ein Brennstab „abgebrannt“, d. h. durch die Kettenreaktion ist ein solcher Anteil der Masse von Brennstoff in Spaltprodukte umgesetzt, dass der Brennstab nicht mehr wirkungsvoll zur Energieerzeugung genutzt werden kann. Er wird dann gegen einen frischen Stab ausgetauscht. Die abgebrannten, also verbrauchten Brennstäbe werden zwischengelagert, um später einmal der Endlagerung zugeführt zu werden, wobei die Frage nach dem Endlager heute (2016) weltweit noch offen ist. In einigen Ländern werden abgebrannten Brennstäbe wiederaufgearbeitet. Deutschland und die Schweiz versenden keine Brennstäbe mehr zur Wiederaufarbeitung.

Abmessungen und Anordnung

Ein einzelner Brennstab hat beispielsweise im Druckwasserreaktor im AKW Brokdorf eine Höhe von 4,8 m und einen Durchmesser von 11 mm.

Viele einzelne Brennstäbe werden mittels Abstandshaltern zu Brennelementen oder Brennstoffkassetten gebündelt. Je nach Reaktortyp können diese in runder, rechteckiger, mehreckiger oder Plattenform ausgeführt sein.

Moderne Designs von Brennelementen enthalten auch verkürzte Brennstäbe (englisch part length fuel rods), um die Leistungsverteilung im Reaktor zu optimieren.

Brennstabhülle

Die Brennstabhülle, auch Hüllrohr genannt, ist eine metallene Röhre, die den Atombrennstoff umschließt. Sie hat, je nach Brennelementtyp, eine Wandstärke von rund 0,6–0,8 mm. Um guten Wärmeübergang im Spalt zwischen dem Atombrennstoff und dem Hüllrohr zu erzielen, wird das Gas Helium dort hinein verpresst und die Brennstabhülle abschließend gasdicht verschweißt.

Als Material für die Hüllrohre wird bei thermischen (z. B. wassergekühlten) Reaktoren Zirkalloy verwendet, weil der Wirkungsquerschnitt von Zirconium für den Neutroneneinfang klein ist und das Material gute Festigkeits- und Korrosionseigenschaften hat. Zirkalloy wird allerdings nach Überhitzung sehr spröde. Eine gewisse Korrosion im Reaktorbetrieb ist auch bei Zirkalloy unvermeidlich. Die Dicke der sich bildenden Oxidschicht nimmt im Laufe der Zeit stetig zu, abhängig von der Beschaffenheit des Materials, der Hüllrohrtemperatur und der chemischen Zusammensetzung des umgebenden Kühlwassers. Die Korrosion ist neben dem Strahlenschaden einer der Vorgänge, die die Einsatzzeit der Brennelemente in einem Reaktor auf etwa drei bis fünf Jahre begrenzen.

In schnellen Reaktoren sind für die Hüllrohre meist titanstabilisierte austenitische Edelstähle verwendet worden.

Die Brennstabhülle trennt den Atombrennstoff vom Kühlmittel des Reaktors und verhindert, dass die bei der Atomspaltung entstehenden Spaltprodukte in das Kühlmittel gelangen. Sie ist somit eine der geschachtelten Barrieren zum Zurückhalten der radioaktiven Stoffe. Allerdings entstehen auch im Regelbetrieb durch Korrosion und Strahlenschaden strukturelle Veränderungen in der Legierung. Deshalb entwickelt ein kleiner Teil der Hüllrohre Risse, durch die gasförmige Spaltprodukte austreten können. Es sind meist Radionuklide mit mittleren Halbwertszeiten, hauptsächlich Isotope von Iod, Xenon und Krypton.

Kernschmelzunfall

Brennstäbe können schmelzen, wenn sie im Betrieb nicht ausreichend gekühlt werden. Dabei schmelzen auch andere Werkstoffe im Reaktorkern, man spricht von einer Kernschmelze. Diese Gefahr besteht durch die entstehende Nachzerfallswärme selbst bei abgeschaltetem Reaktor. So ist auch nach einer Entnahme der Brennstäbe aus dem Reaktorkern während ihrer Lagerung in Abklingbecken noch einige Jahre lang eine ständige Kühlung notwendig, um eine Überhitzung zu vermeiden.

Mit dem Phébus Research Reactor im französischen Atomforschungszentrum Cadarache wird das Verhalten von Reaktoren während der Kernschmelze untersucht. Phébus bezeichnet sowohl ein Projekt als auch den Atomforschungsreaktor zur Erforschung von Kernschmelzen. Der erste Test einer kontrollierten Kernschmelze erfolgte am 3. Dezember 1993.

Atomunfälle mit Kernschmelzen

Sicherheitskriterien

In der westlichen Welt ist Voraussetzung für die Erteilung einer Betriebsgenehmigung, dass die folgenden, von der NRC festgelegten Bedingungen während des Betriebs garantiert erfüllt werden:

  • Die Temperatur darf 1200 °C nicht überschreiten.
  • Die Dicke der Oxidationsschicht des Hüllrohrs darf an keiner Stelle das 0,17-fache seiner unoxidierten Wanddicke überschreiten.
  • Die Wasserstoff-Freisetzung darf maximal das 0,01-fache der Menge ausmachen, die bei vollständiger Hüllrohroxidation entstehen würde.
  • Die Geometrie der Hüllrohre darf sich nicht derart verändern, dass die Kühlung nicht mehr gewährleistet werden kann.
  • Die Nachzerfallswärme muss langfristig abgeführt werden können.

Bilder aus Wikimedia Commons
Brennstab eines Magnox-Reaktors, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International, 3.0 Unported, 2.5 Generic, 2.0 Generic and 1.0 Generic, Urheber: Geni



Quellen