Abdul Kadir Khan (2017) |
Der pakistanische Ingenieur und "Vater des pakistanischen Atomwaffenprogramms" Abdul Kadir Khan, eingedeutscht Abdalkadir Chan, (Urdu عبد القدیر خان) wurde am 1. April 1936 in Bhopal (Britisch-Indien) geboren. Er starb am 10. Oktober 2021 in Islamabad.
In Pakistan und anderen islamischen Ländern wird er als Volksheld verehrt. Er soll neben Atomspionage auch Atomschmuggel für Länder wie Libyen, den Iran und Nordkorea betrieben haben. Bekannt wurde auch die sogenannte "Tinner-Affäre".
Er lebte mit seiner Frau Hendrina Khan in einem Villenvorort von Islamabad.
Leben
1. April 1936. Khan wird in eine muslimische Mittelschichtfamilie in Bhopal geboren.
1965 ging er in die Niederlande, wo er acht Semester Metallurgie an der Technischen Universität Delft (Niederlande) studierte und danach nach Belgien, wo er 1972 schließlich an der Katholischen Universität Löwen in Belgien promovierte.
1952. Khan geht nach Pakistan und besucht als Maschinenbaustudent die University of Karachi.
1961. Nach der Graduierung geht er nach Deutschland und studiert an der Technischen Universität Berlin.
1963. Er heiratet Hendrina Khan, eine Niederländerin (geborene Südafrikanerin), die er in Den Haag kennengelernt hat.
1965. Er geht über die Niederlande nach Belgien, wo er 8 Semester Metallurgie an der Technischen Universität Delft (Niederlande) studiert.
1972. Er promoviert an der Katholischen Universität Leuwen in Belgien.
1972 bis 1976. Er arbeitet für das Physical Dynamics Research Laboratory (FDO), einen Unterauftragnehmer der niederländischen Niederlassung der Urenco-Gruppe, der Ultra-Centrifuge Nederland (UCN), in der UCN-Anlage in Almelo und hat dank laxer Sicherheitsmaßnahmen Zugang zu den fortschrittlichsten Zentrifugenentwürfen mit denen sich Uran auf waffenfähiges Niveau anreichern lässt. Dort kann er über lange Zeit völlig unbeobachtet Pläne kopieren. Dies ermöglicht ihm später den Aufbau einer pakistanischen Urananreicherung.
1974. Indien testet seine erste Atombombe. Die Regierung in Pakistan ist alarmiert. Khan bietet seine Hilfe an.
1975. Der Ingenieur Friedrich Tinner aus Haag (SG) arbeitet als Exportmanager bei einer Firma die Ventile für Urananreicherungsanlagen herstellt als er Abdul Kadir Khan kennenlernt. Beide arbeiten am pakistanischen Urananreicherungsprogramm welches schließlich zur ersten "islamischen Atombombe führt. Der US-Geheimdienst CIA bittet in diesem Jahr die Regierung der Niederlande, gegen Khan nicht weiter wegen des Verdachts des Atomdiebstahls zu ermitteln.
Anfang 1976. Khan kehrt nach einem Urlaub in Pakistan nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurück sondert beginnt mit den Erfahrungen, Unterlagen und Kontakten aus Europa mit dem Aufbau eines Atomprogramms. Durch Zulfikar Ali Bhutto (Premierminister von Pakistan) wird er mit der Leitung des
pakistanischen Atomforschungsprogramms beauftragt. Khan beteuert öffentlich, dass das Atomprogramm ausschließlich friedliche Ziele verfolgte.
In den folgenden Jahren verkauft Khan über ein Netzwerk welches sich über Sri Lanka, Deutschland und der Schweiz hinwegzieht Pläne und Bauteile für Atombomben an Libyen, Nordkorea und an den Iran. Buhary Sayed Abu Tahir ist der Manager des Netzwerkes. Friedrich Tinner exportiert zuerst über eine deutsche Firma Güter welche laut CIA für das pakistanischen Atomprogramm bestimmt sind.
1987. Khan verschafft - wahrscheinlich mit Hilfe von Friedrich Tinner - dem Iran Pläne und Uran-Zentrifugen. Er soll einer iranischen Delegation dazu eine einseitige handgeschriebene "Menükarte" vorgelegt haben um den Bestellvorgang zu erleichtern. Die Preise lagen laut Mark Fitzpatrick (Autor - "Nukleare Schwarzmärkte") zwischen 1 Mio. und mehreren 100 Mio. US-Dollar.
1997. Mit Hilfe Khans wird von Libyen ein geheimes Atomwaffenprogramm gestartet. Khan soll Gas-Ultra-Zentrifugen zur Anreicherung von Uran beschaffen wobei hier auch wieder die Familie Tinner, der Vater Friedrich und seine Söhne Urs und Marco ihre Hände mit im Spiel hat. Insgesamt soll Libyen an das Netzwerk von Khan 100 bis 200 Mio. US-Dollar bezahlt haben.
1998. Pakistan zündet die erste Atombombe. Abdul Kadir Khan ist nun "Vater der islamischen Atombombe". Er gibt nun zu, dass er „nie irgendwelche Zweifel gehabt“ habe, dass er eine Bombe baute. „Das musste getan werden.“ Urs Tinner baut in Dubai eine Schulungswerkstätte auf.
2001-2002. Abdul Kadir Khan hat laut einem malayischen Polizeibericht angereichertes Uran und Zentrifugen per Flugzeug nach Libyen verschickt und dafür 3 Mio US-Dollar an Bargeld in Koffern bekommen. Das Geld soll in einem Gästehaus Khans in Dubai aufbewahrt worden sein.
4. Februar 2004. Khan gibt nach einer Vernehmung durch den pakistanischen Geheimdienst ISI und dem Abzeichnen eines Geständnisses die illegale Lieferung von Atomtechnologien an Libyen, Iran und Nordkorea zu. Er übernehme die volle Verantwortung für die atomare Weiterverbreitung. Weder die Regierung noch die Armee wären involviert. Er bittet die Nation um Verzeihung. Er wird jedoch von der pakistanischen Regierung unter Hausarrest gestellt.
15. Juni 2008. David Albright (US-amerikanischer Atomwaffenexperte) berichtet von geheimen Atomdokumenten in den Händen eines internationalen Schmugglerrings um den pakistanischen Wissenschaftler Khan. Sie beinhalten detaillierte Baupläne für einen neuartigen Atomsprengsatz der klein genug ist damit man damit Mittel- und Langstreckenrakten bestücken kann. Außerdem sollen sich weitere Protokolle, Pläne und Zeichnungen zum Bau von Atomwaffen bei den Unterlagen befunden haben die 2006 von Schweizer Behörden auf den Computern eines Schweizer Geschäftsmanns gefunden worden sein sollen. Die Pläne wurden offenbar von den Schweizer Behörden unter der Aufsicht der Internationalen Atomenergiekommission (IAEO) vernichtet. Es wird jedoch nicht ausgeschlossen dass die Unterlagen zuvor in die Hände von "heimtückischen Regimen" darunter auch Libyen gelangt sind. Er regt an, Abdul Kadir Khan zu einem möglichen Verkauf von Bauplänen atomarer Sprengköpfe zu verhören.
16. Juni 2008. CNN meldet, dass um die offene Frage ginge, ob Khan Kopien der pakistanischen Atombomben-Pläne aus dem Jahr 2006 an den Iran oder Nordkorea verkauft habe. „Um der Sache auf den Grund zu gehen, müssen wir Druck auf die beteiligten Regierungen ausüben” sagt Albright in Washington der Medienagentur dazu und verlangt, dass Khan von den USA sowie von der IAEO befragt werde.
Gleichentags weist Khan Vorwürfe zurück, er habe Baupläne für neuartige Atomwaffen an den Iran oder Nordkorea verkauft. Die Berichte seien eine Lüge und „totaler Schwachsinn”, sagt Khan zu AFP. In Wirklichkeit seien es „die westlichen Regierungen”, die die Atomtechnologie entwickelt und verkauft hätten.
21. Juni 2008. Von Khan wird die Lieferung von Atomplänen an die Tinners bestritten.
2009. Von Pervez Musharraf wird er "wegen seiner Verdienste um das pakistanische Atomwaffenprogramm" begnadigt.
17. Mai 2011. Laut Newsweek schreibt Khan Atomwaffen eine friedenserhaltende Funktion zu.
„Had Iraq and Libya been nuclear powers, they wouldn’t have been destroyed in the way we have seen recently. If we had nuclear capability before 1971, we wouldn’t have lost half our country after a disgraceful defeat.“
„Wären der Irak und Libyen Atommächte gewesen, wären sie nicht zerstört worden, wie wir es erst kürzlich gesehen haben. Wenn (Pakistan) vor 1971 Nuklearwaffen besessen hätte, hätten wir nicht die Hälfte unseres Landes nach einer schändlichen Niederlage verloren.“
27. Juni 2011. In einem Interview mit dem Spiegel sagt Khan:
„Ich bin fest überzeugt, das Beste für Pakistan getan zu haben. Diese Atomwaffen sichern den Frieden – und das Motto dafür lautet nun einmal Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich bin überzeugt, dass es gerade wegen der Atomwaffen nie wieder einen Krieg zwischen Indien und Pakistan geben wird.“
August 2021. Er wird wegen einer COVID-19-Infektion zeitweise stationär behandelt.
10. Oktober 2021. Khan stirbt im Alter von 85 Jahren, nachdem er mit Lungenproblemen in ein Krankenhaus eingeliefert worden ist.
Bilder aus Wikimedia Commons
Marschflugkoerper Babur, Lizenz: Public Domain, Urheber: M.ASIF AMIN
Abdul Kadir Khan (2017), Lizenz: Creative-Commons „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“, Urheber: Waiza Rafique
Quellen