Dienstag, 22. Januar 2019

Atomkraftwerk Verbois

Laufwasserkraftwerk Barrage de Verbois
Das geplante aber nie gebaute Schweizer Atomkraftwerk Verbois sollte in der Nähe des gleichnamigen Weilers Verbois in der politischen Gemeinde Russin im Kanton Genf gebaut werden. Auf dem Gemeindegebiet befindet sich seit 1943 das die Rhone ausnützende Laufwasserkraftwerk Barrage de Verbois. Zudem sind auf dem Gelände zwei Solaranlagen installiert.

Geschichte

1965. Es wird bekannt dass in Verbois ein Atomkraftwerk gebaut werden soll.

7. Juni 1975. Das "Comité de coordination contre Verbois nucléaire" erklärt sich entrüstet über die Aufforderung des Bundesrates an die Kantone, den Aargau gegebenenfalls mit Polizeikräften zu unterstützen um die Besetzung des geplanten Atomkraftwerks Kaiseraugst zu beenden.

16. Juli 1975. 139 Mitarbeiter und Studenten der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne-Dorigny fordern in einem Appell an Bundesrat Ritschard ein Moratorium für Atomkraftwerke, insbesonders für Kaiseraugst und Verbois. 

20. August 1975. Der Bundesrat antwortet auf eine Einfache Anfrage aus dem Nationalrat, ein Moratorium für den Bau von Atomkraftwerken sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Auf zwei weitere Anfragen meint der Bundesrat: Bei den Kühltürmen für das geplante Atomkraftwerk Graben sei gemäss der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission eine verantwortbare Lösung möglich; bei Verbois gelte bis zur Revision der Atomgesetzgebung das heutige Recht.

29. November 1975. Das Koordinationskomitee gegen Verbois warnt vor einer Zustimmung zum neuen Bundesverfassungsartikel über die Wassernutzung; er sei u. a. im Hinblick auf zehn Atomkraftwerksprojekte konzipiert worden.

19. Januar 1976. Der Bundesrat weist Beschwerden der Genfer Regierung und der Einwohner von Russin (GE) gegen die Standortbewilligung für das Atomkraftwerk Verbois ab.

7. Februar 1976. Bundesrat Ritschard erklärt im Radio DRS, er sei nicht davon überzeugt, dass die Kernkraftwerke Graben, Verbois, Inwil und Rüthi auf heute absehbare Zeit gebaut werden müssten; für Kaiseraugst dürfte in 1 - 2 Jahren die Bewilligung vorliegen. Daraufhin Protest von C.AK/NWA.

6. September 1976. Das "Koordinationskomitee gegen das Atomkraftwerk Verbois" protestiert gegen die Bewilligung des EVED an das Atomkraftwerk Beznau, dort versuchsweise Plutonium-Brennstäbe einzusetzen.

23. März 1977. Das Bundesgericht in Lausanne heisst eine staatsrechtliche Beschwerde des Kantons Genf gut. Die Eidgenossenschaft habe beim Erteilen der Standortbewilligung für das Atomkraftwerk Verbois in die kantonalen Befugnisse übergegriffen. Das Atom-Recht mache das Errichten von Atomkraftwerken nicht zur Bundesaufgabe.

23. September 1977. Das Bundesgericht legt seine schriftliche Begründung für seinen Entscheid vom 23. März 1977 vor, mit dem die Kompetenz des Kantons Genf betreffend die Umzonung des für das geplante Atomkraftwerk Verbois benötigten Terrains bestätigt worden ist.

2. November 1977. Die Regierung des Kantons Genf verlangt vom Bund den Widerruf der Standortbewilligung für das Atomkraftwerk Verbois.

27. Juni 1980. Zustandekommen der kantonal-genferischen Initiative "L’énergie est notre affaire", mit der u.a. die Ablehnung des Projekts des Atomkraftwerks Verbois gefordert wird.

23. August 1980. Bekanntwerden des Zustandekommens einer Volksinitiative im Kanton Genf, die unter der Bezeichnung "L’Energie est notre affaire" u.a. zum Ziel hat, das geplante Atomkraftwerk Verbois zu verhindern.

18. Februar 1981. Verschiedene Organisationen, darunter der WWF Schweiz (World Wildlife Fund), erklären sich gegen das Projekt einer neuen 380 Kilovolt-Hochspannungsleitung zwischen Mühleberg und Verbois, da ihr elektrisches Feld und die Luftionisierung eine Gefahr für den Menschen darstellten. 

11. November 1981. Das Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement heisst einen Rekurs von Umweltschutzorganisationen gegen das Projekt einer Hochspannungslinie vom Atomkraftwerk Mühleberg nach Verbois (GE) gut, so dass das Bewilligungsverfahren darüber wieder offen sei, teilen die betreffenden Organisationen in einem Communiqué mit.

12. Oktober 1982. Die EOS (S.A. l'Electricité de 1'Ouest-Suisse) auf einer Pressekonferenz: Die EOS-Beteiligung am Atomkraftwerk Leibstadt werde gerade ausreichen, um den Stromverbrauchszuwachs von zwei bis drei Jahren zu decken. Die Westschweiz werde sich bald zu entscheiden haben, ob man mit einem eigenen Atomkraftwerk (Verbois) oder mit Strommangel leben wolle.

17. März 1983. Anlässlich einer Pressekonferenz der EOS (S.A. l’Electricité de 1'Ouest-Suisse) weist deren Präsident u.a. darauf hin, dass das geplante Atomkraftwerk Verbois eine absolute Notwendigkeit darstelle, da die Westschweiz für ihre Stromversorgung immer stärker von der Deutschschweiz und vom Ausland abhängig werde.

29. März 1983. Die Umweltschutzorganisationen WWF Schweiz (World Wildlife Fund) und Institut de la Vie sowie die SES (Schweizerische Energiestiftung) wenden sich an einer Pressekonferenz gegen das Projekt einer Höchstspannungsleitung der EOS (1'Electricitä de 1'Ouest-Suisse, Lausanne) von Galmiz (FR) nach Verbois (GE), deren Ziel es seit den Bau eines Atomkraftwerkes in Verbois zu ermöglichen.

22. März 1984. Pressekonferenz der EOS (S.A. l'Energie de l’Ouest-Suisse, Lausanne), anlässlich welcher die Gesellschaft u.a. die Notwendigkeit des Baues der Höchstspannungsleitung Galmiz - Verbois darlegt und die Wichtigkeit des Weiterverfolgens des Projekts Atomkraftwerk Verbois bekräftigt.

28. Januar 1985. Der Groupe des habitants riverains contre Verbois nucléaire bestätigt anlässlich seiner Generalversammlung seine Entschlossenheit, sich gegen ein Atomkraftwerk Verbois einzusetzen.

27. August 1985. Eine Westschweizer Zeitung berichtet aufgrund einer Indiskretion über den Inhalt eines Vorentwurfs zum neuen, totalrevidierten Atomgesetz. Danach sollen die Standortkantone geplanter Atomkraftwerke und anderer atomarer Einrichtungen ein Vetorecht gegen derartige Anlagen erhalten. Weiter sehe der Entwurf vor, dass bisherige Standortbewilligungen für KKW, deren Inhaber vor Ende 1983 kein Gesuch um eine Rahmenbewilligung eingereicht haben, entschädigungslos verfallen. Davon betroffen wäre das Projekt Verbois der EOS (S.A. l'Energie de 1'Ouest-Suisse) im Kanton Genf.

14. November 1985. Nach Presseberichten hat der Bundesrat in letzter Instanz den Bau zweier umstrittener Stücke der Hochspannungsleitung Verbois-Mühleberg genehmigt. Die Einsprachen verschiedener Umweltorganisationen gegen die Errichtung der Leitung zwischen Yverdon-Romanel und Romanel-Vaux-sur-Morges wurden abgewiesen.

10. Februar 1986. An einer Pressekonferenz nehmen fünf schweizerische Umweltschutzorganisationen Stellung zum Bau der Hochspannungsleitung Mühleberg-Verbois, nachdem der Bundesrat als letztinstanzlich zuständige Behörde die Einsprachen gegen die Abschnitte Yverdon-Romanel und Romanel-Vaux-sur-Morges abgewiesen hat. Die betreffenden Organisationen kritisieren das Bewilligungsverfahren und verlangen mit Bezug auf die weitere Trasseeführung eine Berücksichtigung der Anliegen des Landschaftsschutzes.

4., Februar 1987. In Lausanne wird das Zustandekommen der Initiative "Sauver la Côte" bekanntgegeben, die sich insbesondere gegen die oberirdische Führung der Hochspannungsleitung Mühleberg-Verbois zwischen Lausanne und Genf richtet.

30. März 1987. Das EVED (Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement) gibt die Ablehnung der von Umweltschutzorganisationen gegen die generelle Plangenehmigung der Hochspannungsleitung Mühleberg-Verbois eingereichten Beschwerden  bekannt. Für zwei Teilstrecken wird dabei die unterirdische Verkabelung zur Prüfung empfohlen.

28. Juni 1987. Im Kanton Waadt wird mit 54’132 Nein gegen 17’928 Ja die Initiative "Sauver la Côte" abgelehnt, die sich insbesondere gegen die oberirdische Führung der Hochspannungsleitung von Galmiz nach Verbois gerichtet hatte.

7. März 1988. Im Anschluss an die beiden Motionen zur Nichtrealisierung des Atomkraftwerks Kaiseraugst werden im Nationalrat weitere Motionen eingereicht, die sich gegen die Projekte Graben und Verbois richten.

3. Juni 1988. Der Bundesrat ist bereit, die Motionen zur Nichtrealisierung des Kernkraftwerks Kaiseraugst sowie für einen Verzicht auf die Projekte Graben und Verbois in der Form von Postulatenentgegenzunehmen. Gleiches gilt für die Motionen zur Unterstellung der Rahmenbewilligung für Atomkraftwerke unter das fakultative Referendum.

28. September 1988. Es werden Motionen zum Verzicht auf die Projekte Graben und Verbois als Postulate überwiesen und eine Motion für ein Ausfuhrverbot für radioaktive Abfälle verworfen. Ablehnung findet eine Motion zur Einführung des fakultativen Referendums bei der Bewilligung von Atomanlagen, Zustimmung jedoch ein diesbezügliches Postulat der Energiekommission.

Atomkraftwerke in der Schweiz

Stillgelegte Atomkraftwerke in der Schweiz

Geplante aber nie gebaute Atomkraftwerke in der Schweiz
Graben, Inwil, KaiseraugstNiederamtRüthi, Verbois

Bilder aus Wikimedia Commons
Laufwasserkraftwerk Barrage de Verbois, Lizenz: Creative-Commons „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“, „2.5 generisch“, „2.0 generisch“ und „1.0 generisch“, Urheber: Nicolas Ray

Quellen