Sonntag, 14. September 2014

Forschungsinstitut für Atomreaktoren (RIAR)

Das russische Forschungsinstitut für Atomreaktoren (kurz RIAR/Research Institute of Atomic Reactors; russisch Научно-исследовательский институт атомных реакторов) befindet sich in Dimitrowgrad (früher Melekess) in der Oblast Uljanowsk. Es besitzt acht Atomreaktoren: SM, ARBUS (ACT-1), MIR.M1, RBT-6, RBT-10/1, RBT-10/2, BOR-60 und VK-50. Alle Reaktoren sind experimentelle Forschungsreaktoren. Das Institut befasst sich seit den 1950er-Jahren vorwiegend mit den Problemen der Atomenergie.

Heute befinden sich fast alle 8 Anlagen noch bzw. wieder in Betrieb. Die KNK II in Deutschland wurde auf dem Grundmodell des BOR-60 erstellt. Der BOR-60 gilt als eine Revolution in der Brutreaktortechnik. Weltweit basieren fast alle Brutreaktoren auf dessen Prinzip.

Geschichte

1954. Das Institut wird kurz nach der Inbetriebnahme des ersten Atomkraftwerks in Obninsk zur Erforschung der Probleme der Atomenergie gegründet. Dabei werden mehrere Anlagen gebaut, unter anderem spezielle Gebäude zur Wiederverwertung von Atombrennstoff, um die Menge des Atommülls zu verringern.

1. Januar 1956. Baubeginn des ersten Atomreaktors SM vom Typ RRESS, VESSEL mit einer thermischen Leistung von 100 MWt. Er ist für die Bestrahlung von Materialien mit Neutronen gedacht, um die Auswirkungen darauf zu testen. Zudem kann man mit dem Reaktor den Neutronenfluss durch Brennelemente untersuchen.

1. Januar 1958. Baubeginn Reaktor MIR.M1 vom Typ Schwimmbad/Channels mit einer thermischen Leistung von 100 MWt. Dieser Schwimmbadreaktor ist einer der größten der Welt. Er dient dazu, neue Brennstofftabletten für zukünftige Atomkraftwerke zu entwickeln.

10. Januar 1961. Betriebsaufnahme Reaktor SM.

1. Januar 1963. Baubeginn Reaktor ARBUS (ACT-1) vom Typ TANK mit einer thermischen Leistung von 12 MWt. Am selben Tag noch ist Betriebsaufnahme. Es handelt sich um einen organisch gekühlten Reaktor.

Januar 1964. Die erste Phase des Materials Science-Komplex wird in Betrieb genommen. Die zweite Phase des Komplexes wird zur nicht-destruktiven Untersuchung von Full-Scale-Brennelementen gebaut. Der Komplex ermöglicht die Durchführung des vollen Zyklus eines Reaktors zu simulieren und verschiedene Materialien auf Hitzebeständigkeit, Flussdichte und Neutronen-Spektrum zu testen. Auch Brennelemente von WWER-Reaktoren, RBMK-Reaktoren und BN-Reaktoren können in diesem Komplex getestet werden. Die Ausrüstung reicht auch aus, um das Verhalten des Reaktorkerns sowie auch die Funktionen von Brennelementen in Notsituationen und das Entsorgen von zusammengeschmolzenen Brennelementen aus einem Reaktorkern zu untersuchen.
Kurz darauf wird auch der radiochemische Komplex in Betrieb genommen. In diesem Komplex werden die wiederaufbereiteten Brennelemente studiert und das Verhalten der Radionuklide und dessen Nutzen für die Atommedizin untersucht.

1. Juli 1965. Baubeginn Reaktor BOR-60 (Bystrij Opytnyj Reaktor; frei übersetzt schneller Versuchsreaktor) vom Typ Schneller Brüter mit einer thermischen Leistung von 60 MWt, einer elektrischen Bruttoleistung von 12 MW und einer elektrischen Nettoleistung von 10 MW. Er soll zur besseren Erforschung von Brutreaktoren und der Neutronentechnologie dienen.
Der Reaktor wird mit Natrium gekühlt. Er dient dazu, neuen Brennstoff für Brutreaktoren zu testen. Unter anderem wurde in diesem Reaktor für den noch nicht kommerziell genutzten BREST-Brutreaktor der Brennstoff entwickelt. Wenn der Reaktor sich im Normalbetrieb befindet, benutzt er einen extra für diesen Reaktor entwickelten Brennstoff, der einfach BOR-60-Brennstoff genannt wird.

1. Oktober 1965. Baubeginn Reaktor VK-50 vom Typ VK-Reaktor mit einer thermischen Leistung von 200 MWt, einer elektrischen Bruttoleistung von 62 MW und einer elektrischen Nettoleistung von 50 MW. Es ist ein experimenteller, aber kommerzieller und somit bei der Internationalen Atomenergiekommission (IAEO) gemeldeter Reaktor. 
Schließlich entsteht daraus der VK-300 Reaktor mit einer Leistung von 300 Megawatt. Dieser sollte das erste Mal kommerziell im Atomkraftwerk Kola (Nordwest) eingesetzt werden. Die Blöcke sollten 2011 im Rahmen des Projekts 2007-2015 in Betrieb genommen werden. 

1. Januar 1966. Betriebsaufnahme Reaktor VK-50.

7. Mai 1966. Es ereignet sich der bisher schlimmste Unfall im Forschungsinstitut. In der Anlage VK-50 kommt es durch schnelle Neutronen zu einer Leistungsexkursion. Der Schichtleiter bekommt dabei eine hohe Dosis Radioaktivität ab. Der Störfall wird mit INES 3 bis 4 bewertet.

1. Dezember 1966. Betriebsaufnahme Reaktor MIR.M1. 

1. Dezember 1969. Betriebsaufnahme Reaktor BOR-60.

10. Oktober 1970. Baubeginn Reaktor RBT-6 vom Typ Schwimmbad mit einer thermischen Leistung von 6 MWt. Er soll Proben struktureller Materialien bestrahlen und Veränderungen feststellen.

10. Januar 1975. Inbetriebnahme Reaktor RBT-6.

1977. Der chemisch-technische Komplex in Betrieb genommen. Dort wird erforscht, wie man durch Salzschmelzen Atombrennstoff wiederaufbereiten könnte.

1979. Der Aufbau der Anlage MIR.M1 wird neu gestaltet.

1. Juli 1982. Baubeginn Reaktor RBT-10/1 vom Typ Schwimmbad mit einer thermischen Leistung von 10 MWt. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung von Reaktor RBT-6.

1. Juni 1983. Baubeginn Reaktor RBT-10/2 vom Typ Schwimmbad mit einer thermischen Leistung von 7 MWt. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung von Reaktor RBT-6.

1. Dezember 1983. Inbetriebnahme Reaktor RBT-10/1.

10. Dezember 1984. Inbetriebnahme Reaktor RBT-10/2.

1. Mai 1988. Reaktor ARBUS wird stillgelegt.

1. Januar 1989. Reaktor VK-50 wird vorübergehend stillgelegt und später wieder in Betrieb genommen um Fernwärme für die Stadt Dimitrowgrad und Elektrizität für die Umgebung zu liefern. Dieser Reaktor ist im Moment weltweit das einzige Heizatomkraftwerk.

1992. Reaktor SM wird auf ein modernes Sicherheitsniveau umgerüstet. 

1. März 1994. Reaktor RBT-10/1 wird abgeschaltet.

Atomkraftwerke in Russland


Quellen