Sonntag, 31. Oktober 2021

Die Atomkatastrophe von Tschernobyl

Atomkraftwerk Tschernobyl - Reaktorblock 4
Der Super-GAU von Tschernobyl ereignete sich am 26. April 1986 sich als Folge einer Kernschmelze und Explosion im Block 4 des sowjetischen Atomkraftwerks Tschernobyl nahe der ukrainischen Stadt Prypjat

Er galt bis zum Beginn der Atomkatastrophe von Fukushima als schwerste atomare Katastrophe und wurde bis dahin als erstes und einziges Ereignis auf der INES-Skala mit dem Höchstwert 7 (katastrophaler Unfall) eingestuft. Ursachen für den Unfall waren eine miserable Konstruktion des Atomkraftwerks, Schlamperei der Mitarbeiter und Sparsamkeit der Betreiber auf Kosten der Sicherheit.

Das sowjetische Überhorizontradar Woodpecker, ein Teil des sowjetischen Raketenabwehrsystems, hatte bei Tschernobyl das Antennenarray Duga-1, das nach Beginn der Atomkatastrophe von Tschernobyl aufgegeben werden musste.

Der Super-GAU von Tschernobyl

Bei einer unter der Leitung von Anatoli Stepanowitsch Djatlow durchgeführten Simulation eines vollständigen Stromausfalls kam es auf Grund schwerwiegender Verstöße gegen die geltenden Sicherheitsvorschriften sowie wegen der bauartbedingten Eigenschaften des mit Graphit moderierten Atomreaktors vom Typ RBMK-1000 zu einem unkontrollierten Leistungsanstieg, der zur Explosion des Reaktors führte. Innerhalb der ersten zehn Tage nach der Explosion wurde eine Aktivität von mehreren Trillionen Becquerel freigesetzt. Die so in die Erdatmosphäre gelangten radioaktiven Stoffe, darunter die Isotope Cäsium-137 mit einer Halbwertszeit (HWZ) von rund 30 Jahren und Jod-131 (HWZ: 8 Tage), kontaminierten infolge radioaktiven Niederschlags hauptsächlich die Region nordöstlich von Tschernobyl sowie viele Länder in Europa. Nach der Katastrophe begannen sogenannte Liquidatoren mit der Dekontamination der am stärksten betroffenen Gebiete. Unter der Leitung des Kurtschatow-Instituts errichtete man bis November 1986 einen aus Stahlbeton bestehenden provisorischen Schutzmantel (объект «Укрытие»), der meist als „Sarkophag“ bezeichnet wird.

Lage des Atomkraftwerks
in der Nähe der Stadt Prypjat
Über die weltweiten gesundheitlichen Langzeitfolgen, insbesondere jene, die auf eine gegenüber der natürlichen Strahlenexposition erhöhte effektive Dosis zurückzuführen sind, gibt es seit Jahren Kontroversen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält in einem gemeinsam mit den Vereinten Nationen und der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) erstellten Bericht insgesamt weltweit ca. 4000 Todesopfer vor allem durch Krebserkrankungen für möglich. Direkte der Katastrophe zugeschriebene Todesfälle, größtenteils infolge von akuter Strahlenkrankheit, gab es laut diesem Bericht weniger als 50.

Die IPPNW bringt in einem Report von 2016 Hunderttausende Todesfälle statistisch in Verbindung mit der Atomkatastrophe. Unter gesundheitlichen Spätfolgen leiden nach statistischen Schätzungen demnach Millionen Menschen.

Der im Jahr 2008 veröffentlichte Bericht der UNSCEAR kommt zu dem Schluss, dass zu diesem Zeitpunkt insgesamt 43 Todesfälle auf den Reaktorunfall zurückzuführen waren. Der wissenschaftlich umstrittene TORCH report geht von mehr als 60.000 möglichen Opfern aus. Die eindeutig der Atomkatastrophe zuzuordnenden Todesfälle liegen nach einer ausführlichen Untersuchung des UNSCEAR aus dem Jahre 2008 bei unter hundert.

Satellitenbild der Region  (1997)
Eine mögliche Erklärung für den großen Unterschied zwischen der statistisch hochgerechneten und der bis heute empirisch nachgewiesenen Anzahl Todesopfer ist das für die Hochrechnungen verwendete, nuklearmedizinisch aber hochumstrittene Linear No Threshold Modell, welches besagt, dass ionisierende Strahlung auch bei geringer Dosis immer genetische Schäden mit Erbgut-verändernder Wirkung hervorruft. Es gibt inzwischen zahlreiche retrospektive Studien, in der Bevölkerungsgruppen mit hoher jährlicher natürlicher und unnatürlicher Strahlenbelastung untersucht wurden, und die Richtigkeit des LNT-Modell konnte bei keiner dieser Studien belegt werden.

Als wesentlichster Effekt wurde in den stark kontaminierten Gebieten um Tschernobyl das vermehrte Auftreten von Schilddrüsenkrebs beobachtet, einer Krebsform mit sehr guter Prognose. Dieses vermehrte Auftreten hätte mit einfachen medizinischen Mitteln, durch eine sog. Jodblockade, von der damaligen Regierung verhindert werden können.

Der damalige Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU, Michail Sergejewitsch Gorbatschow, bezeichnete 1986 in einer öffentlichen Stellungnahme die westliche Berichterstattung über das Unglück mit angeblich Tausenden von Toten als „zügellose antisowjetische Hetze“ und rief in der Rede zur internationalen Zusammenarbeit im Bereich der friedlichen Nutzung der Atomenergie auf.

Ursachen

Die Katastrophe ereignete sich bei einem unter der Leitung von Anatoli Stepanowitsch Djatlow durchgeführten Versuch, der einen vollständigen Stromausfall am Atomreaktor simulieren sollte. Dieser Versuch sollte den Nachweis erbringen, dass in der Anlage selbst durch den Nachlauf der Hauptturbine genügend elektrische Energie produziert wird, um die bei einem Stromausfall weiterhin benötigten Kühlsysteme bis zum Anlaufen der Dieselgeneratoren versorgen zu können.

Als Hauptursachen für die Katastrophe gelten erstens die bauartbedingten Eigenschaften des graphit-moderierten Atomreaktors (Typ RBMK-1000), der im niedrigen Leistungsbereich instabiles Verhalten zeigt, und zweitens schwerwiegende Verstöße der Operatoren gegen geltende Sicherheitsvorschriften während des Versuchs, insbesondere der Betrieb des Reaktors in diesem instabilen Leistungsbereich.

Kennzeichnend für diesen Reaktortyp ist ein stark positiver Void-Koeffizient: Bilden sich im Kühlwasser Dampfblasen – zum Beispiel wegen einer lokalen Leistungssteigerung an einer Stelle im Reaktor oder wegen Druckverlusts im Reaktor nach dem Platzen eines Rohres –, so erhöht sich die Reaktivität im Reaktor. Grund hierfür ist, dass sich die Neutronenabsorption des Kühlwassers entsprechend der Dampfblasenbildung reduziert, während zugleich die Moderationswirkung des im Reaktor verbauten Graphits erhalten bleibt. Bei den meisten anderen kommerziellen Reaktortypen ist hingegen der Void-Koeffizient negativ, weil dort das Kühlwasser zugleich als Moderator dient. Kommt es bei diesen zur Dampfblasenbildung, reduziert sich die Reaktivität und damit auch die Wärmeproduktion.

Beim Unglücksreaktor wurde der Void-Koeffizient zudem durch den fortgeschrittenen Abbrand des Atombrennstoffs weiter erhöht. Weiterhin wurde die Einhaltung der betrieblichen Reaktivitätsreserve (minimal erforderliche Reaktivitätsbindung durch hinreichend in den Reaktor eingefahrene Steuerstäbe) nicht vom automatischen Reaktorsicherheitssystem überwacht. Stattdessen war sie lediglich in den Betriebsvorschriften vorgegeben. Tatsächlich war der vorgegebene Minimalwert der Reaktivitätsreserve bereits Stunden vor Beginn des Versuchs unterschritten – der Reaktor hätte abgeschaltet werden müssen. Außerdem hatte die Betriebsmannschaft bestimmte Sicherheitssysteme abgeschaltet, um im Bedarfsfall den Versuch wiederholen zu können. Die automatisch arbeitenden Sicherheitssysteme hätten das ansonsten planmäßig verhindert, indem sie während des Versuchs eine Schnellabschaltung auslösten.

Die endgültige Auslösung der explosionsartigen Leistungsexkursion ist wahrscheinlich auf eine weitere konstruktive Besonderheit des Steuerstabsystems zurückzuführen: Ein Großteil der Steuerstäbe hat an ihrem unteren Ende Graphitspitzen, die beim Einfahren aus der oberen Endlage zunächst eine positive Reaktivitätszufuhr (Leistungssteigerung) in Höhe eines halben Betas (β) bewirken. Eine Leistungsminderung bewirken sie erst bei größerer Einfahrtiefe.

Als der Schichtleiter Alexander Fjodorowitsch Akimow schließlich Leonid Toptunow befahl, manuell die Reaktorschnellabschaltung (russisch Аварийная Защита 5-й категории (АЗ-5), Awarijnaja Saschtschita 5-j kategorii (AZ-5), „Notfallschutz der 5. Kategorie“) auszulösen, trat genau dieser Effekt ein: Viele Stäbe fuhren gleichzeitig ein und ihre Graphitspitzen führten dadurch dem Reaktor sogar noch mehr Reaktivität zu. Der wurde prompt überkritisch, das heißt, die Kettenreaktion der Atomspaltungen lief auch ohne verzögerte Neutronen immer schneller und war daher nicht mehr regelbar. Die Leistung stieg innerhalb von Sekundenbruchteilen auf ein Vielfaches (vermutlich das Hundertfache) der Nennleistung an. Schlagartig verdampften große Mengen Kühlwasser, und der dabei entstehende hohe Druck ließ den Reaktor bersten. Zudem bildeten sich bei den hohen Temperaturen durch chemische Reaktionen des Wasserdampfs mit den weiteren Reaktorkomponenten (insbesondere Graphit-Moderator und Metall) Wasserstoff und Kohlenmonoxid, die sich kurz darauf mit Luft mischten, was zu einer zweiten Explosion führte.

Eine weitere Schwäche des RBMK war das Fehlen eines Sicherheitsbehälters. Unklar ist allerdings, ob dieser den Explosionen standgehalten hätte.

Umstritten ist auch, welchen Anteil die Fehlentscheidungen des Kraftwerkpersonals am Zustandekommen des Unglücks hatten. Dass Betriebsvorschriften verletzt wurden, ist eine Tatsache. In welchem Umfang sie dem Personal bekannt waren, ist fraglich. Unerfahrenheit und unzureichende Kenntnisse, insbesondere in Zusammenhang mit der Leistungsanhebung des (mit Xenon vergifteten) Reaktors werden angeführt. Da beim Versuch ein neuartiger Spannungsregler getestet werden sollte, bildeten Elektrotechniker einen Großteil des anwesenden Personals.

Wesentlich zum Zustandekommen des Unfalls beigetragen hat die Verschiebung des Versuchs um rund einen halben Tag. Die lange Haltezeit auf Teillast führte zu einer Anreicherung des Reaktors mit neutronenabsorbierendem Xenon-135. Dadurch wurde das neutronenphysikalische Verhalten des Reaktors wesentlich komplexer und unübersichtlicher.

Geplanter Versuchsablauf

Auch ein abgeschaltetes Atomkraftwerk ist auf die Versorgung mit elektrischer Energie angewiesen, beispielsweise zur Aufrechterhaltung der Kühlung und für die Instrumentierung und Überwachung. Im Normalfall wird der Eigenbedarf eines abgeschalteten Kraftwerks aus dem öffentlichen Energieversorgungsnetz oder von Nachbarblöcken gedeckt. Ist das nicht möglich, laufen Notstromaggregate an. Doch benötigen diese eine gewisse Zeit, bis sie ausreichend Strom produzieren.

Im Rahmen einer wegen Wartungsarbeiten anstehenden Abschaltung des Reaktors sollte nun gezeigt werden, dass die Rotationsenergie der auslaufenden Turbinen bei gleichzeitig unterstelltem Netzausfall ausreicht, die Zeit von etwa 40 bis 60 Sekunden bis zum vollen Anlaufen der Notstromaggregate zu überbrücken. Nach Sicherheitsvorschriften hätte der Versuch eigentlich bereits vor der kommerziellen Inbetriebnahme im Dezember 1983 durchgeführt werden sollen. Doch waren die finanziellen Anreize für die Projektleiter für die rechtzeitige Inbetriebnahme so hoch, dass dieser eigentlich erforderliche Sicherheitstest erst nachträglich durchgeführt wurde.

Ein im Block 3 des Kraftwerks bereits durchgeführter analoger Versuch ist 1985 gescheitert, da die Spannung des Generators an der Hauptturbine zu schnell abfiel, so dass die Stromversorgung aus dem Generator nicht gereicht hätte, die Zeit bis zum Anspringen und Hochfahren der Notstromaggregate zu überbrücken. Nun sollte der Versuch im Block 4 mit einem verbesserten Spannungsregler wiederholt werden.

Es war vorgesehen, den Versuch bei reduzierter Reaktorleistung (zwischen 700 und 1.000 MWthermisch) durch Schließung der Dampfzufuhr zu den Turbinen einzuleiten.


Verbreitung radioaktiver Stoffe

Die größten Freisetzungen radioaktiver Stoffe fanden während des Zeitraums von zehn Tagen nach der Explosion statt. Etwa 15 Prozent der Freisetzung erfolgte durch die Kritikalitätsexkursion schon am 26. April 1986, der größte Teil verteilte sich in den folgenden Tagen aufgrund des Graphitbrandes.

Aufgrund der großen Hitze des bauartbedingten Graphitbrandes gelangten gasförmige oder leicht flüchtige Stoffe (z. B. Jod oder Cäsium) in Höhen von 1500 bis 10.000 m. Die Wolken mit dem radioaktiven Fallout verteilten sich zunächst über weite Teile Europas und schließlich über die gesamte nördliche Halbkugel. Wechselnde Luftströmungen trieben sie zunächst nach Skandinavien, dann über Polen, Tschechien, Österreich, Süddeutschland und bis nach Norditalien. Eine dritte Wolke erreichte den Balkan, Griechenland und die Türkei. Innerhalb dieser Länder wurde der Boden je nach regionalen Regenfällen unterschiedlich hoch belastet.

Vollends für die menschliche Nutzung aufgegeben werden mussten ca. 6400 km² an landwirtschaftlicher Fläche und Waldgebieten, die nahe dem Kraftwerk gelegen und dementsprechend sehr hoch belastet waren. Insgesamt wurden etwa 218.000 Quadratkilometer mit mehr als 37.000 Becquerel (37 kBq) 137Cs pro Quadratmeter radioaktiv belastet. Mehr als 70 Prozent dieser Gebiete liegen in Russland, der Ukraine und Weißrussland. Während hier die stärksten Konzentrationen an flüchtigen Nukliden und Brennstoffpartikeln entstanden, wurde mehr als die Hälfte der Gesamtmenge der flüchtigen Bestandteile und heißen Partikel außerhalb dieser Länder abgelagert. Jugoslawien, Finnland, Schweden, Bulgarien, Norwegen, Rumänien, Deutschland, Österreich und Polen erhielten jeweils mehr als ein Petabecquerel (1015 Bq oder eine Billiarde Becquerel) an 137Cs. Zu den weniger betroffenen Staaten Europas gehörten Belgien, Frankreich, Irland, Luxemburg, Niederlande, Großbritannien, Spanien und Portugal. Auch einige Regionen in Großbritannien und Skandinavien sowie im Alpenraum sind teilweise hohen Cäsium-Kontaminationen ausgesetzt; die Belastung nimmt im Laufe der Jahre nur langsam ab, weil die Halbwertszeiten einiger radioaktiver Isotope des „Fallout“ mehrere Jahrzehnte betragen. In einigen Ländern gelten weiterhin Einschränkungen bei Produktion, Transport und Verzehr von Lebensmitteln, die immer noch durch den radioaktiven Niederschlag von Tschernobyl belastet sind. Insgesamt wurden in Europa etwa 3.900.000 km², das heißt 40 Prozent der Gesamtfläche, mit mindestens 4 kBq/m² 137Cs kontaminiert. Außerhalb Europas waren vor allem Vorderasien und Nordafrika betroffen.

Österreich gehörte zu den am stärksten betroffenen Ländern. Es kam zu einer durchschnittlichen 137Cs-Kontamination von 18,7 kBq/m². Die Maximalwerte erreichten in einigen Gegenden fast 200 kBq/m². Höhere Werte wurden nur in Weißrussland, Russland und der Ukraine sowie einigen Gebieten Skandinaviens gemessen.

In den am stärksten belasteten Gebieten Deutschlands, im Südosten von Bayern, lagen die Bodenkontaminationen bei bis zu 74 kBq/m² 137Cs. Auch heute noch sind in einigen Regionen Deutschlands, insbesondere im Süden, Pilze, Waldbeeren und Wildtiere vergleichsweise hoch belastet. Laut Bundesamt für Strahlenschutz ist die Kontamination dort rund zehnmal höher als im Norden Deutschlands. Im Jahr 2002 wurden im Muskelfleisch von Wildschweinen aus dem Bayrischen Wald 137Cs-Werte von bis zu 20 kBq/kg gemessen. Hierbei betrug der Durchschnittswert 6,4 kBq/kg und damit mehr als das Zehnfache des EU-Grenzwertes von 0,6 kBq/kg. Laut einem Bericht des Telegraph ist 2014 die Strahlenbelastung der Wildschweine in Sachsen immer noch so hoch, dass 297 von 752 erlegten Tieren den Grenzwert von 600 Bq/kg überschritten und vernichtet werden mussten.

Die durch das Reaktorunglück in Tschernobyl verursachte mittlere effektive Dosis eines Erwachsenen ging in Deutschland von 0,11 mSv im Jahr 1986 auf weniger als 0,012 mSv im Jahre 2009 zurück. Zum Vergleich: Sie liegt damit im Bereich der durch die in der Atmosphäre durchgeführten Atomwaffenversuche verursachten Belastung, die mit weniger als 0,01 mSv angegeben wird. Die mittlere effektive Dosis durch natürliche Strahlenexposition liegt im Mittel bei 2,1 mSv pro Jahr, die durch röntgendiagnostische und nuklearmedizinische Untersuchungen verursachte künstliche Strahlenexposition bei etwa 1,8 mSv pro Jahr.

Die in den Jahren 2004 bis 2009 vom vTI-Institut für Fischereiökologie durchgeführten Messungen der Radioaktivität in Speisefischen von Nord- und Ostsee zeigen, dass die radioaktive Belastung der Fische mit Cäsium-137 in der Ostsee auf Grund der Katastrophe von Tschernobyl um eine Größenordnung über der Belastung von Fischen aus der Nordsee liegt. Die radioaktive Belastung liegt allerdings deutlich unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte.

Die Explosion des Reaktors soll 400 Mal mehr Strahlung freigesetzt haben als der Abwurf der Atombombe über Hiroshima.

Sperrzone

Eingang zur Sperrzone um Tschernobyl
Die Sperrzone umfasst ein Gebiet von 4.300 Quadratkilometern. Etwa 1.000 Bewohner sind bereits Wochen nach dem Unglück wegen ihrer wirtschaftlichen Lage dorthin zurückgekehrt. Weil es sich überwiegend um ältere Personen handelte ist nicht klar wie viele davon an den Folgen der Strahlung starben.

In Tschernobyl leben 20 Jahre danach etwa 100 Menschen. 90% der Kinder die in der Region um die Sperrzone wohnen leiden laut einer Schätzung an strahlenbedingter Immunschwäche. Erkrankungen wie Lungenentzündung und Allergien sollen deshalb gehäuft auftreten Bei Leukämie und anderen Krebserkrankungen soll sich die Häufung in Grenzen halten.

Um den radioaktiven Staub auf dem Boden zu binden, wurde um den Reaktor mit Hubschraubern eine klebrige Substanz auf Polymerbasis verteilt, der man den Namen Burda (russisch für „dünne Brühe“) gab. In den Siedlungen wurden die Dächer aller Gebäude gesäubert. Auf dem Reaktorgelände wurden 300.000 m³ kontaminierte Erde abgetragen, in Gräben geschoben und mit Beton versiegelt.

Ein neuer Sarkophag (New Safe Confinement; auch als „Arka“ bezeichnet) wurde nach langjähriger Bauzeit im November 2017 direkt neben dem havarierten Kraftwerksblock über die alte rissige Ummantelung geschoben, die keinen ausreichenden Schutz mehr bietet. 35 Jahre nach Beginn der Katastrophe leben etwa 300 Liquidatoren in der Sperrzone. Diese sind an dem Neubau und der Instandhaltung des alten Sarkophags beteiligt.

Die Nachbarstadt Prypjat ist heute eine Geisterstadt und bildet das Zentrum des Zone genannten Sperrgebiets. In der Stadt wurden viele Gebäude renoviert, die als Unterkünfte für die Arbeiter und Ingenieure des ehemaligen Kraftwerkparks Prypiat, für Soldaten, Polizisten und Feuerwehrleute dienen. Im Umland und im Stadtgebiet von Tschernobyl leben heute rund 700 von einst 14.000 Personen, die entweder ablehnten, die Region zu verlassen, oder nach der Katastrophe 1986 in ihre Dörfer zurückkehrten. Die Umweltschutzorganisation Blacksmith Institute zählte in ihrer 2006, 2007 und 2013 veröffentlichten Liste Tschernobyl jeweils zu den zehn Orten mit der größten Umweltverschmutzung weltweit.

Exponierte Personengruppen

Herz der Medaille der Liquidatoren
Unmittelbar nach dem Unglück und bis Ende 1987 wurden etwa 200.000 Aufräumarbeiter („Liquidatoren“) eingesetzt. Davon erhielten ca. 1000 innerhalb des ersten Tages nach dem Unglück Strahlendosen im Bereich von 2 bis 20 Gray (Gy). Die restlichen Liquidatoren erhielten demgegenüber wesentlich geringere Strahlendosen bis zu maximal etwa 0,5 Gy, bei einem Mittelwert von etwa 0,1 Gy.

Die Zahl der Liquidatoren erhöhte sich nach Angaben der WHO in den folgenden Jahren auf 600.000 bis 800.000. Die Zahl ist nicht exakt bezifferbar, da nur 400.000 Liquidatoren registriert wurden und auch deren Daten unvollständig sind. Die später eingesetzten Liquidatoren erhielten deutlich geringere Dosen. Die Liquidatoren wurden später für ihre Arbeit mit einer Medaille gewürdigt.

Im Frühjahr und Sommer 1986 wurden 116.000 Menschen aus der 30 Kilometerzone um den Reaktor evakuiert. Später wurden zirka 240.000 weitere Personen umgesiedelt. Für die ukrainischen Evakuierten wurde ein mittlerer Dosiswert von 17 mSv (Schwankungsbereich 0,1 bis 380 mSv) errechnet, für die weißrussischen Evakuierten ein Mittelwert von 31 mSv (mit einem maximalen Durchschnittswert in zwei Ortschaften von 300 mSv).

Weitere Medaillen von Tschernobyl
In den ersten Tagen nach der Explosion führte die Aufnahme von radioaktivem Iod mit der Nahrung zu stark schwankenden Schilddrüsendosen in der allgemeinen Bevölkerung von im Mittel etwa 0,03 bis 0,3 Gy mit Spitzenwerten bis zu etwa 50 Gy. Eine Ausnahme davon bildeten die wenigen Einwohner von Prypjat, die durch die rechtzeitige Ausgabe von Tabletten mit stabilem Jod (Iodblockade) wesentlich geringere Schilddrüsendosen erhielten.

Die nichtevakuierte Bevölkerung erhielt während der mehr als 20 Jahre seit dem Unfall sowohl durch externe Bestrahlung als auch durch Aufnahme mit der Nahrung als interne Strahlenexposition effektive Gesamtdosen von im Mittel etwa 10 bis 20 mSv bei Spitzenwerten von einigen 100 mSv. Heute erhalten die fünf Millionen Betroffenen in kontaminierten Gebieten generell Tschernobyl-bedingte Dosen von unter 1 mSv/Jahr, doch rund 100.000 erhalten immer noch mehr als 1 mSv pro Jahr.

Personelle Besonderheiten

Umstritten ist auch, welchen Anteil die Fehlentscheidungen des Kraftwerkpersonals am Zustandekommen des Unglücks hatten. Dass Betriebsvorschriften verletzt wurden, ist eine Tatsache. In welchem Umfang sie dem Personal bekannt waren, ist fraglich. Unerfahrenheit und unzureichende Kenntnisse, insbesondere in Zusammenhang mit der Leistungsanhebung des (mit Xenon vergifteten) Reaktors, werden angeführt. Da beim Versuch ein neuartiger Spannungsregler getestet werden sollte, bildeten Elektrotechniker einen Großteil des anwesenden Personals. Auch war zum Zeitpunkt des Versuchs ein anderes Schichtpersonal als ursprünglich geplant anwesend.

Kraftwerksdirektor Wiktor Brjuchanow und fünf leitende Mitarbeiter wurden 1987 zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Der Ingenieur Nikolai Antonowitsch Dolleschal, der als Leiter des nach ihm benannten Forschungs- und Konstruktionsinstituts für Energotechnik (NIKITE) als hauptverantwortlich für die Entwicklung des Reaktortyps RBMK galt, war bereits 87 Jahre alt und ging erst nach der Reaktorkatastrophe in den Ruhestand. Der Zusammenhang zwischen diesem Schritt und dem Super-GAU von Tschernobyl wurde jedoch niemals offiziell bestätigt.

Gesundheitliche Folgen

Angesichts der anhaltenden Kontroverse riefen IAEO und andere internationale Organisationen das Tschernobyl-Forum zusammen, um einen autoritativen Konsens zu formulieren. Das Tschernobyl-Forum ist eine Arbeitsgruppe unter dem Dach der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO). Es besteht aus vier Nebenorganen der Vereinten Nationen (dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), dem UN-Nothilfekoordinator (OCHA) und dem Wissenschaftlichen Komitee der Vereinten Nationen über die Wirkungen atomarer Strahlungen (UNSCEAR)), vier autonomen Organisationen, die mit der UNO durch Verträge verbunden sind (der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), der Weltbank, der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO)) sowie aus den Regierungen von Weißrussland, Russland und der Ukraine.

Bezüglich der Zahl der Todesfälle gibt es eine bis heute andauernde erbitterte Debatte. Ein im September 2005 veröffentlichter Report des Tschernobyl-Forums beschreibt die gesundheitlichen, ökologischen und sozioökonomischen Auswirkungen aus der Sicht der Mitglieder dieses Forums. Es kommt zu dem Schluss, dass die Gesamtzahl der auf den Unfall zurückzuführenden Todesopfer bei etwa 4000 liege. Die Rezeption dieses Reports war jedoch keineswegs einheitlich zustimmend. Das Hauptproblem war, dass sich der Bericht auf die am schwersten betroffenen Gebiete Weißrusslands, der Ukraine und Russlands beschränkte und damit die größere Gesamtbevölkerung dieser sowie weiterer Länder ignorierte.

Die Ausarbeitung des Tschernobyl-Forums wird von einigen Wissenschaftlern und Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace oder IPPNW kritisiert. Dem Report werden Parteilichkeit, vorsätzliche Verharmlosung der Folgen des Reaktorunglücks sowie methodische Mängel vorgeworfen. So umfasse die Studie lediglich die Folgen in Weißrussland, Russland und der Ukraine, obwohl ein erheblicher Teil der Strahlenbelastungen in Mittel- und Westeuropa anfiel. Außerdem habe die Studie des Tschernobyl-Forums Publikationen, die höhere Opferzahlen nahelegen, unberücksichtigt gelassen. Schließlich wird kritisiert, dass die Untersuchungen erst fünf Jahre nach dem Unglück begonnen wurden.

Dies ist zum Teil auf die methodologischen Schwierigkeiten zurückzuführen, niedrige Strahlendosen mit statistischen Gesundheitseffekten in Verbindung zu bringen. Zudem wird der unfallbedingte Anstieg der Krebsfälle von einer viel größeren Zahl von Krebsfällen überlagert, die auch ohne den Unfall aufgetreten wären. Nicht zuletzt spielen politische Motivationen bei diesen Schätzungen eine Rolle. In Publikationen von atomenergiekritischen Verbänden und Umweltorganisationen finden sich hundertfach höhere Zahlen von Erkrankungen und Todesfällen als in den Massenmedien.

Neben Krebs sind wohl die sozialen und psychischen Traumata die größten Probleme für die Bevölkerung in den Gebieten um Tschernobyl. Die Angst vor den Folgen der Strahlung kann von Krankheitserscheinungen und einem gesundheitsschädigendem Lebenswandel bis zum Suizid führen. Einige Wissenschaftler halten diese psychischen Folgen für das größte Gesundheitsproblem infolge des Unfalls. Die weißrussische Autorin und Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch thematisiert in ihrem Werk diesen Aspekt der Katastrophe.

In den am stärksten von der Tschernobylkatastrophe betroffenen Ländern ist die durchschnittliche Lebenserwartung deutlich gesunken und ein erheblicher Anstieg bei vielen nicht bösartigen Erkrankungen zu beobachten. Da dies auch für nicht kontaminierte Gebiete gilt ist sehr umstritten in wie weit diese Veränderung auf die höhere Strahlenbelastung zurückzuführen ist.

Mit The Other Report on Chernobyl (Kurzbezeichnung TORCH) wurde ein „Gegenreport“ zur Ausarbeitung des Tschernobyl-Forums veröffentlicht. Dieser Report wurde von den britischen Wissenschaftlern Ian Fairlie und David Sumner erarbeitet. Er sagt weitaus schwerwiegendere gesundheitsschädigende Folgen des Reaktorunglücks voraus. In Auftrag gegeben wurde die Studie von der Grünen Europaabgeordneten Rebecca Harms und unterstützt von der „Altner-Combecher-Stiftung für Ökologie und Frieden“.

Nach Darstellung des Reports unterschätzen die bisherigen Berichte der IAEO, UNSCEAR und des Tschernobyl-Forums die tatsächlichen Gesundheitsschäden in erheblichem Maß. Insbesondere gehen die offiziellen Berichte kaum auf die Kontamination europäischer Regionen außerhalb des Unglückzentrums (dem Grenzgebiet zwischen Weißrussland, Russland, und Ukraine) ein.

Außerdem schätzen die Autoren den Anteil der radioaktiven Spaltprodukte Jod-131 und Cäsium-137 deutlich höher als die offiziellen Angaben der weißrussischen Regierung und der IAEA. TORCH stellt fest, dass 40 % der gesamten Landfläche Europas mit mindestens 4000 Bq/m² Caesium belastet worden sind. Die damit verursachte Kollektivdosis geben Fairlie und Summer mit 600.000 Personensievert an; davon entfallen 36 % auf die Bevölkerung von Weißrussland, Ukraine und Russland; 53 % auf die Bevölkerung im übrigen Europa; und 11 % auf die übrige Weltbevölkerung. Durch Multiplikation von Dosis und Risikofaktor gelangen die beiden Autoren auf insgesamt weltweit 30.000 bis 60.000 zusätzliche Todesfälle durch Krebs bis zum Jahr 2056 (d.h. 70 Jahre nach der Katastrophe). Damit liegt ihre Schätzung um fast eine Größenordnung über den offiziellen Publikationen, die höchstens ca. 9000 zusätzliche Krebstodesfälle auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion erwarten.

Die Methodik der Studie basiert auf einer Abschätzung der gesundheitlichen Langzeitfolgen von kleinen Strahlendosis nach dem linear no-threshold model (LNT) über die gesamte nördliche Hemisphäre. Das LNT-Modell geht von der Annahme aus, dass das Risiko linear mit der Strahlendosis steigt, d.h. eine beliebig kleine Dosis hat Auswirkungen und die Zeitdauer, in der die Strahlendosis bekommen wurde, nicht relevant ist (eine große Belastung für kurze Zeit ist nicht gefährlicher als eine kleine Dosis für lange Zeit, anders als bei den meisten gesundheitsgefährdenden Faktoren). Viele Studien zeigen, dass das LNT-Modell eine Oberabschätzung ist, da Lebewesen Schutzmechanismen gegen kleine Strahlendosen haben, die bei großen Dosen nicht mehr wirksam sind.

Langzeitfolgen

Die Langzeitfolgen des Unglücks sind schwer abzuschätzen. Wegen der Unsicherheit vieler Daten und epidemiologischer Modell-Parameter sind alle Voraussagen über zukünftige Morbiditäts- oder Mortalitätszahlen mit Vorsicht zu betrachten.

Strahlenkrankheit

Offiziell wurde bei 237 Personen wurde zunächst akute Strahlenkrankheit vermutet. Bei 134 Personen, insbesondere bei Kraftwerksbeschäftigten und Feuerwehrleuten, wurde die Strahlenkrankheit bestätigt. 28 von ihnen starben im Jahr 1986 infolge der Strahlenkrankheit, die meisten in den ersten Monaten nach dem Reaktorunfall. In den Jahren 1987 bis 2004 starben 19 weitere von der Strahlenkrankheit betroffene Helfer, einige davon möglicherweise an den Langzeitfolgen der Strahlenkrankheit. 

Schilddrüsenkrebs

Die am besten dokumentierte Gesundheitsfolge ist ein signifikanter Anstieg der Schilddrüsenkrebserkrankungen um etwa 1800 Fälle nach dem Unfall. Laut UNSCEAR ist dies der größte Anstieg von Erkrankungen an einer einzelnen Krebsart, der durch ein einzelnes Ereignis ausgelöst wurde.

Schilddrüsenkrebs ist eine seltene Krebserkrankung des Hormonsystems mit einer weltweiten Prävalenz von 4,7 in 100.000 bei Frauen und 1,5 in 100.000 bei Männern. In den meisten Regionen der Erde wurde in den vergangenen 30 Jahren ein deutlicher Anstieg der Zahl der Erkrankungen beobachtet. Die Ursachen hierfür sind noch nicht geklärt. Die Schilddrüse ist ein Organ, das für die Produktion von Schilddrüsenhormonen Iod benötigt und dieses daher aktiv aufnimmt und speichert. Zudem ist es ein kleines Organ, sodass auch geringe Mengen radioaktiven Iods eine hohe lokale Strahlendosis auslösen können.

Eine große Menge von radioaktivem Iod wurde durch den Unfall freigesetzt. Dennoch war die Schilddrüsen-Strahlendosis, welche die allgemeine Bevölkerung erlitt, relativ gering; bei kleinen Kindern etwa 2 Gy in der Nähe der Anlage und 2,2 Gy in den am stärksten kontaminierten Gebieten (Gomel in Weißrussland).

Die starke Zunahme von Schilddrüsenkrebs wurde erstmals schon wenige Jahre nach der Katastrophe beobachtet, am deutlichsten bei Personen, die zum Zeitpunkt des Unglücks unter fünf Jahre alt waren. Bei Kindern, die nach dem 1. Dezember 1987 geboren wurden – also, nachdem das radioaktive Iod praktisch vollständig zerfallen war – lässt sich keine Zunahme beobachten.

Schilddrüsenkrebs ist im Allgemeinen sehr bösartig und invasiv. Der differenzierte Schilddrüsenkrebs als mit Abstand häufigster Typ hat allerdings bei rechtzeitiger medizinischer Behandlung eine der besten Prognosen unter den Krebserkrankungen. Durch zielgerichtete Strahlentherapie mit radioaktivem Iod ist er gut therapierbar und vielfach auch heilbar. Auch ein eventuell auftretendes Rezidiv ist normalerweise nicht resistent gegen eine erneute Therapie mit radioaktivem Iod und lässt sich meist zurückdrängen. Bis heute wurden in Russland, Weißrussland und der Ukraine etwa 6000 Fälle diagnostiziert. Obwohl etwa 30 % der Patienten ein Rezidiv erleiden, werden voraussichtlich nur ein Prozent an der Erkrankung sterben. Von den 6000 Fällen verstarben (bis 2011) 15. Schilddrüsenkrebs bleibt also, trotz der sehr dramatischen Zunahmen von mehreren hundert Prozent in den betroffenen Gebieten, immer noch eine verhältnismäßig seltene Krebserkrankung mit sehr wenigen Todesfällen.

Umstritten ist, ob ein erhöhtes Schilddrüsenkrebsrisiko auch für Menschen besteht, die zum Zeitpunkt der höchsten Belastung durch radioaktives Jod bereits erwachsen waren.

Leukämie

Die zweite umfassend untersuchte Erkrankung ist Leukämie, insbesondere unter Kindern und Aufräumarbeitern. Die Zunahme von Leukämie in den signifikant kontaminierten Gebieten um Tschernobyl wird kontrovers diskutiert.

Eine zehn Jahre andauernde Untersuchung an Kindern, die 1986 in der Ukraine geboren wurden, ergab eine signifikante Erhöhung aller Leukämiearten: „Die Risikorate für die Akute lymphatische Leukämie ist für Jungen dramatisch erhöht und in nicht ganz so starker Ausprägung auch für Mädchen. Für beide Geschlechter kombiniert ist das relative Risiko für die Akute Lymphatische Leukämie in belasteten Bezirken mehr als dreifach höher als in unbelasteten (relatives Risiko RR = 3,4).“ (Zitat IPPNW-Bericht: Gesundheitliche Folgen von Tschernobyl, 2006, Seite 50 ff.) Der 2011 erstellte, überarbeitete Bericht kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Es werden zahlreiche medizinische Studien angeführt, die eine Zunahme der Leukämie bei der betroffenen Bevölkerung beweisen, unter anderem auch in anderen europäischen Ländern: „In Griechenland erkrankten Kinder, die zum Zeitpunkt der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Leib ihrer Mutter heranwuchsen, 2,6 mal so häufig an Leukämie wie Kinder, die vor oder längere Zeit nach der Katastrophe geboren wurden.“ (Zitat IPPNW-Bericht: Gesundheitliche Folgen von Tschernobyl, 2011, Seite 76).

Eine 1993 erschienene Publikation in dem renommierten Wissenschaftsjournal Nature kam zu dem Schluss, dass es keine Häufung von Leukämiefällen in und um Tschernobyl gab. Allerdings wurde die Möglichkeit genannt, dass eine Häufung auch noch zu späteren Zeitpunkten auftreten könnte.

Eine Metastudie von 2007, veröffentlicht im Fachjournal Health Physics (mit Peer-Review), kam zu dem Ergebnis, dass es keinen statistisch signifikanten Anstieg von Leukämie-Fällen gab.

Weitere Krebserkrankungen

Der Anstieg der Inzidenz zahlreicher anderer Krebsarten in Europa aufgrund Tschernobyl wurde durch verschiedene Studien wissenschaftlich untersucht. Die Zunahme von Brustkrebs in Weißrussland wird durch eine Arbeit von Pukkala et al. im International Journal of Cancer vom 27. Februar 2006 belegt. In der Ukraine verkürzte sich die Lebenszeit nach einer Diagnose von Magen- und Lungenkrebs deutlich. Auch Tumoren im Zentralnervensystem und Hirntumoren bei Kleinkindern in der Ukraine nahmen zu. Neben der Chronisch Lymphatischen Leukämie und dem Multiplen Myelom stehen vor allem auch die Lymphdrüsenkrebs-Arten wie das Non-Hodgkin-Lymphom und das Hodgkin-Lymphom im Fokus. Die vorliegenden Studien untersuchten zwar nur die aufgetretenen Fälle in den jeweiligen Ländern oder Gebieten. Sie geben aber Aufschluss darüber, für welche Krebserkrankungen auch in den anderen betroffenen Ländern ein erhöhtes Risiko besteht.

Totgeburten und Fehlbildungen

Das Tschernobyl-Forum sieht nach Auswertung der vorliegenden epidemiologischen Studien weder einen Beweis noch einen Hinweis auf verringerte Fruchtbarkeit bei Männern und Frauen, auf die Zahl der Totgeburten, auf andere negative Geburtsfolgen, auf Komplikationen bei der Geburt und auf die allgemeine Intelligenz und Gesundheit der Kinder, die eine direkte Folge ionisierender Strahlung sein könnten. Die gesunkenen Geburtenraten in den kontaminierten Gebieten könnten auf die Ängste der Bevölkerung und auf den Wegzug vieler jüngerer Menschen zurückzuführen sein. Ein mäßiger, aber beständiger Anstieg von berichteten angeborenen Fehlbildungen in kontaminierten und nichtkontaminierten Gebieten Weißrusslands scheine auf eine vollständigere Erfassung und nicht auf Strahlung zurückzugehen.

Die Forscher bzw. Herausgeber der einen Position haben wiederholt den Vertretern der anderen Position Voreingenommenheit unterstellt oder deren Befunde wegen unvollständiger Absicherung der Daten und anderer methodischer Mängel zurückgewiesen. Meist handele es sich um sogenannte ökologische Studien, die wegen des Fehlens einer individuellen Dosiszuordnung mit großer Vorsicht zu betrachten seien. Autoren, die ökologische Dosis-Wirkungs-Beziehungen für Totgeburten, Fehlbildungen sowie für das Geschlechtsverhältnis bei der Geburt – unter anderem in unterschiedlich hoch belasteten bayerischen Landkreisen – vermuten, wird entgegengehalten, dass vor dem Hintergrund der vergleichsweise geringen Strahlendosiserhöhungen in Deutschland, die sich innerhalb der Schwankungsbreite der natürlichen Strahlenexposition bewegten, nicht zu verstehen sei, dass solche massiven Effekte nachweisbar sein sollten. Diese Skepsis werde unterstützt durch zahlreiche negative epidemiologische Befunde in Deutschland und anderen europäischen Ländern mit zum Teil deutlich höheren Strahlendosen. Zudem sind bisher keine biologischen Mechanismen gefunden worden, die einen solchen ursächlichen Zusammenhang in dem beschriebenen Ausmaß plausibel machen könnten.

Gegen negative epidemiologische Befunde wird wiederum vorgebracht, dass die Nichtsignifikanz fälschlich als Nachweis eines nichtvorhandenen Effekts ausgegeben werde. Korrekt wäre die in einigen Studien auch so offen formulierte Aussage, dass solche Effekte entweder tatsächlich nicht vorhanden sind oder aufgrund des Studiendesigns nicht nachgewiesen werden konnten. Zudem wurde bisher nicht gezeigt, dass es auch in relativ unbelasteten Gebieten stark erhöhte Raten von Totgeburten und Fehlbildungen gab. Dies wäre ein Hinweis auf andere Ursachen oder auf einen rein zufälligen Zusammenhang.

Einige Forscher nehmen einen Zuwachs von genetischen Mutationen bei Kindern von vom Unfall betroffenen Eltern an und beobachteten diesen nach Beginn der Atomkatastrophe von Tschernobyl. Es liegen jedoch keine vergleichbaren Nachweise für Erbschäden bei den Kindern von Überlebenden der Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki vor. Es mangelt, so der Forscher Dillwyn Williams, unter anderem durch die fragmentarisch angelegten Studien bisher an gesicherten Erkenntnissen über die Schäden.

Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse

In der Region um Tschernobyl gibt es zudem eine hohe Prävalenz von Autoimmunthyreoiditis, die auf ernährungsbedingten Iodmangel und kurzlebige Iodisotope zurückzuführen ist. Bei Kindern, die unmittelbar vor dem Reaktorunglück geboren wurden, ist der Effekt am stärksten. Sie zeigen schon früh Antikörper gegen die Schilddrüse, noch bevor diese durch das eigene Immunsystem geschädigt wird. Da davon auszugehen ist, dass die Risikogruppe später an einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse erkrankt, sollte neben einer Krebsvorsorge auch auf diese geachtet werden.

Genetische und teratogene Schäden

Die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) schrieb dazu 2006: „Insgesamt müssen wir mit 18.000 bis 122.000 genetisch geschädigten Menschen in Europa infolge der Tschernobylkatastrophe rechnen.“ Schon eine Woche nach Tschernobyl wurden bei Deutschen, die aus der Ukraine zurückkehrten, vermehrt Chromosomenschäden festgestellt. Von 1985 bis 1994 wurden fünf bis zwölf Wochen alte Föten in Weißrussland auf Fehlbildungen untersucht. In diesem Zeitraum gab es eine erhöhte Anzahl an Missbildungen. Anfang 1987 wurde eine Häufung der Trisomie 21 bei Babys in Weißrussland festgestellt. Teratogene Schäden aufgrund von Tschernobyl wurden in zahlreichen Ländern Europas nachgewiesen. In Westdeutschland und der DDR trat zum Beispiel bei Neugeborenen um etwa 10 % häufiger als vor dem Unglück die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte auf. In der Türkei wurde eine Zunahme der Anenzephalie und der Spina bifida um etwa das dreifache (20 statt 6 von Tausend Neugeborenen) beobachtet und Tschernobyl als Erklärung nahegelegt. Beides sind sehr schwerwiegende Fehlbildungen, die in der Embryonalentwicklung entstehen.

Eine Studie von Michail Malko 2014 ergab eine Steigerung des Risikos für angeborene Missbildungen von 0,58 auf 0,70 % im stark kontaminierten Bereich und von 0,58 auf 0,60 % im schwach kontaminierten Bereich um den Reaktor vor und nach dem Unglück. In ähnlichen Größenordnungen bewegte sich der Anstieg des Krebsrisiko für alle Krebsformen außer Schilddrüsenkrebs. Hier stieg, wie oben beschrieben, das Risiko teilweise um das bis zu hundertfache an. Das Risiko einer Leukämie-Erkrankung stieg von 0,0028 % auf 0,0032 % und sank sechs Jahre nach dem Unglück wieder auf 0,0029 %.

Eine Studie aus dem American Journal of Obstetrics & Gynecology kam 1992 zu dem Ergebnis, dass es zu keiner nennenswerten Zunahme von Geburtsfehlern nach dem Reaktorunglück kam.

Die Forscher bzw. Herausgeber der einen Position haben wiederholt den Vertretern der anderen Position Voreingenommenheit unterstellt oder deren Befunde wegen unvollständiger Absicherung der Daten und anderer methodischer Mängel zurückgewiesen. Auch gibt es widersprüchliche Ergebnisse zum Beispiel aus Beobachtungen in der Tierwelt, wonach die Mutationsrate „in der Nähe von Aufbereitungsanlagen oder unfallfreien AKWs“ höher sei.Autoren, die ökologische Dosis-Wirkungs-Beziehungen für Totgeburten, Fehlbildungen sowie für das Geschlechtsverhältnis bei der Geburt – unter anderem in unterschiedlich hoch belasteten bayerischen Landkreisen – vermuten, wird entgegengehalten, dass vor dem Hintergrund der vergleichsweise geringen Strahlendosiserhöhungen in Deutschland, die sich innerhalb der Schwankungsbreite der natürlichen Strahlenexposition bewegten, nicht zu verstehen sei, dass solche massiven Effekte nachweisbar sein sollten. Diese Skepsis werde unterstützt durch zahlreiche negative epidemiologische Befunde in Deutschland und anderen europäischen Ländern mit zum Teil deutlich höheren Strahlendosen. Zudem sind bisher keine biologischen Mechanismen gefunden worden, die einen solchen ursächlichen Zusammenhang in dem beschriebenen Ausmaß plausibel machen könnten.

Gegen negative epidemiologische Befunde wird wiederum vorgebracht, dass die Nichtsignifikanz fälschlich als Nachweis eines nichtvorhandenen Effekts ausgegeben werde. Korrekt wäre die in einigen Studien auch so offen formulierte Aussage, dass solche Effekte entweder tatsächlich nicht vorhanden sind oder aufgrund des Studiendesigns nicht nachgewiesen werden konnten. Zudem wurde bisher nicht gezeigt, dass es auch in relativ unbelasteten Gebieten stark erhöhte Raten von Totgeburten und Fehlbildungen gab. Dies wäre ein Hinweis auf andere Ursachen oder auf einen rein zufälligen Zusammenhang.

Einige Forscher nehmen einen Zuwachs von genetischen Mutationen bei Kindern von vom Unfall betroffenen Eltern an und beobachteten diesen nach Beginn der Atomkatastrophe von Tschernobyl. Es liegen jedoch keine vergleichbaren Nachweise für Erbschäden bei den Kindern von Überlebenden der Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki vor. Es mangele, so der Forscher Dillwyn Williams, unter anderem durch die fragmentarisch angelegten Studien bisher an gesicherten Erkenntnissen über die Schäden.

Aminosäure Homozystein

Ist der Wert erhöht, wird der Stoffwechsel gestört. Wenn sich im kindlichen Organismus Radionuklide befinden, Cäsium 137, erhöht sich das Niveau von Homozystein im Blut. Das ist schlecht, weil sich die Blutgerinnung verschlechtert, Thromben und Mikrothromben entstehen. Das birgt Gefahren für Herz und Gehirn. Das kann außerdem zu Geburtsfehlern und Pathologien beim Fötus führen.“

Die Homozystein-Werte der Kinder von Tschernobyl und deren Kinder wurde verglichen. 80 Prozent der Kinder haben einen erhöhten Wert, wobei nur 30 Prozent der Mütter einen erhöhten Wert haben.

Wenn für die Kinder der ersten Generation, die Tschernobylkinder, 30 bis 50 Becquerel pro Kilo gefährlich waren, so reichen bei den Kindern der zweiten Generation bereits viel kleinere Dosen aus. Das bedeutet, dass sich die internationalen Empfehlungen nur für eine Bevölkerung eignen, die noch keinen Kontakt mit erhöhter Radioaktivität hatte. Aber wir hatten bereits Kontakt mit der Radioaktivität. Schon über lange Zeit...“

In Belarus gibt es nicht nur eine hohe Sterblichkeitsrate, sondern auch eine katastrophal niedrige Geburtenrate. Die Probleme treten bei jüngeren Menschen auf. Es geht um Herz-Gefäß-Erkrankungen, Insulte, Infarkte mit 20, 30 Jahren. Eine große Anzahl von verhaltenen Fehlgeburten, Fehlbildungen von Föten, die zu Fehlgeburten führen.

Andere (körperliche) Gesundheitsfolgen

In den am stärksten von der Tschernobyl-Katastrophe betroffenen Ländern ist ein erheblicher Anstieg auch bei vielen nichtbösartigen Erkrankungen zu beobachten. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist deutlich gesunken. Beides gilt jedoch auch für die nichtkontaminierten Gebiete. Es ist umstritten, wie weit diese Veränderungen auf höhere Strahlenbelastung oder auf andere Faktoren (z. B. Armut, schlechte Ernährung, ungesunde Lebensbedingungen, wirtschaftliche und soziale Verwerfungen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, psychische Belastungen im Zusammenhang mit der Katastrophe sowie den Evakuierungen und Umsiedlungen, selbstschädigendes Verhalten, bessere Diagnostik und Erfassung von Krankheiten) zurückzuführen ist. Die Zuverlässigkeit der Daten und die methodische Qualität vieler Studien sind sehr unterschiedlich.

Bei Erkrankungen der Augenlinsen (z. B. dem Grauen Star) ist ein Zusammenhang mit radioaktiver Belastung wahrscheinlich. Schon relativ geringe Dosen in der Größenordnung von 250 mGy scheinen eine Zunahme der Bildung von Grauem Star zu bewirken. Einer solchen Dosis waren u. a. viele Aufräumarbeiter in den ersten Tagen nach der Explosion ausgesetzt. Auch bei anderen Augenerkrankungen (Akkommodationsstörungen, Makuladystrophien und Gefäßveränderungen) wird ein Zusammenhang mit der Strahlungsaktivität vermutet. Hier sind weitere Beobachtungen nötig.

Hohe Strahlungsaktivität kann ein breites Spektrum kardiovaskulärer Komplikationen verursachen. Die Auswirkungen chronischer und niedriger Strahlungsbelastung auf das Herz-Kreislauf-System sind weniger klar.

In Russland wurde in einer großen Studie an Notfall-Einsatzkräften von Tschernobyl ein signifikant höheres Risiko für tödliche Herz-Kreislauf-Krankheiten festgestellt. Ob dieses höhere Risiko allein auf höhere Strahlendosen oder auf konkurrierende Krankheitsursachen zurückzuführen ist, muss in weiteren Untersuchungen beobachtet werden. Es deckt sich aber mit Ergebnissen von Studien, die an Überlebenden von Atombombenangriffen durchgeführt wurden.

In mehreren Studien wurden Beeinträchtigungen des zellulären und humoralen Immunsystems gefunden. Die Interpretation dieser Befunde ist jedoch schwierig, weil sie auch andere Ursachen (Stress, chronische Infektionen, Ernährungsmängel, Chemikalien) haben können. Die Langzeitfolgen solcher Beeinträchtigungen sind noch unklar.

Psychische Gesundheit und psychosoziale Auswirkungen

Szene aus dem aufgrund der Atomkatastrophe
von Tschernobyl 1986 verlassenen Dorf Kopatschi
innerhalb der „Verbotenen Zone“ (2013)
Eine erhebliche Belastung für die Gesundheit durch die Katastrophe von Tschernobyl liegt, wie auch der britische Atomphysiker Peter E. Hodgson 1999 herausstellte, in direkt oder indirekt von ihr verursachten mentalen und psychosozialen Folgen.

Als psychische Folgen des Unglücks werden unter anderem Angst vor möglichen Folgen der Strahlung, das Drängen in eine Opferrolle, die zu einem Gefühl sozialer Ausgrenzung führt, sowie Stress in Zusammenhang mit Evakuierung und Umsiedlung genannt.

Epidemiologen verweisen darauf, dass die Katastrophe durch die sozialen Auswirkungen dadurch auch Einfluss auf die breite Bevölkerung gehabt hat. Angst und Hoffnungslosigkeit können zu Krankheitserscheinungen und zu gesundheitsschädigendem Lebenswandel (Ernährung, Alkohol, Tabak) führen, Faktoren die die Gesundheitsschäden deutlich erhöhen.

Stress, Depressionen, Furcht und medizinisch nicht erklärte physische Symptome waren zwei- bis viermal höher bei vom Unfall betroffenen Bevölkerungsteilen als bei Kontrollgruppen, wenngleich keine erhöhte Rate von diagnostizierten psychischen Störungen festzustellen war. Symptome fanden sich bis elf Jahre nach dem Unfall. Die Schwere der Störungen steht in einem signifikanten Zusammenhang mit der individuellen Risikowahrnehmung und der Diagnose eines Gesundheitsproblems infolge des Unfalls. Allgemein waren die psychischen Folgen konsistent mit denen der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, dem Reaktorunfall im Kernkraftwerk Three Mile Island oder der Katastrophe von Bhopal. Die Weltgesundheitsorganisation sowie israelische und amerikanische Forscher fanden keine Schäden der Hirnentwicklung von Ungeborenen und Kleinkindern durch Strahlenbelastung. Ukrainische Berichte, die kognitive Schäden bei Liquidatoren infolge der Strahlenbelastung suggerierten, wurden nicht unabhängig bestätigt. Eine Studie fand einen signifikanten Anstieg von Selbstmorden bei Liquidatoren, was für eine bedeutende emotionale Belastung spricht. Wissenschaftler empfehlen angesichts der Persistenz der psychischen Folgen in der Bevölkerung Aufklärungsprogramme und psychosoziale Interventionen.

Wirtschaft

Verlassene Schiffe auf dem Prypjat
Die Katastrophe von Tschernobyl verursacht immense Kosten und schadet der Wirtschaft in der Region. Wegen des ökonomischen Umbruchs aufgrund des Zusammenbruchs der UdSSR sind die wirtschaftlichen Auswirkungen des Unglücks aber nicht genau zu beziffern. In einem Brief vom 6. Juli 1990 an den Generalsekretär der Vereinten Nationen Javier Pérez de Cuéllar schätzte das sowjetische Finanzministerium die direkten wirtschaftlichen Verluste und die Ausgaben infolge der Katastrophe für den Zeitraum von 1986 bis 1989 auf etwa 9,2 Milliarden Rubel. Das entsprach etwa 12,6 Milliarden US-Dollar. In der Ukraine entfallen 20 Jahre nach dem Unfall jährlich 5 bis 7 % des Staatsbudgets darauf. 1991 waren es noch 22,3 %, die bis 2002 auf 6,1 % sanken.

Besonders betroffene Zweige der lokalen Wirtschaft sind Land- und Forstwirtschaft. So können aufgrund der Strahlenbelastung knapp 800.000 Hektar Land und 700.000 Hektar Wald nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden. Die Landwirtschaft der Region leidet aber auch unter dem „Stigma Tschernobyl“, das zu sehr geringer Nachfrage nach Produkten aus der Region führt. Aufgrund dieser Tatsache werden kaum private Investitionen im Agrarbereich der Region getätigt.

Das Atomkraftwerk Tschernobyl nach der Katastrophe

Reaktorhalle 1 des Atomkraftwerks
Alle drei noch funktionsfähigen Blöcke wurden nach dem Ende der Aufräumarbeiten wieder hochgefahren. Die Regierung war nach den Dekontaminierungsarbeiten in den Jahren 1986 und 1987 der Ansicht, dass die Strahlung keine weiteren Auswirkungen auf das Personal habe.

Der zweite Reaktorblock wurde im Oktober 1991 nach einem Feuer in der Turbinenhalle abgeschaltet.

Bei einer Tagung im Juni 1994 in Korfu beschloss die Europäische Union, der Ukraine ein Programm zur Zusammenarbeit vorzuschlagen, das zur Stilllegung des Atomkraftwerkes in Tschernobyl führen sollte. Die G7-Staaten unterstützten bei ihrem Treffen in Neapel im Juli 1994 diesen Vorstoß der EU. Dies führte schließlich am 20. Dezember 1995 im kanadischen Halifax zur Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding durch den ukrainischen Präsidenten Leonid Kutschma, in dem die Abschaltung der Reaktoren bis zum Jahr 2000 angestrebt wurde. Die Finanzierung erfolgte über das TACIS-Programm der EU.

Im November 1996 wurde Block 1 vom Netz genommen, im Dezember 1997 beschloss die ukrainische Regierung, den Reaktor 3 stillzulegen. Im Juni 2000 wurde  auf Druck und Ausgleichszahlungen der EU schließlich die Entscheidung getroffen, Block 3 am 15. Dezember 2000 endgültig außer Betrieb zu nehmen.

Etwa 2500 Personen erhalten 2010 die Reste des AKWs. Um das Risiko zu mindern wird in Schichten gearbeitet.

Sarkophag

Der havarierte Reaktorblock wurde durch einen provisorischen, durchlässigen sogenannten „Sarkophag“ gedeckelt.

Im Inneren war weitgehend die Situation nach der Explosion in heißer Form konserviert. Von rund 190 Tonnen Reaktorkernmasse befinden sich Schätzungen zufolge noch rund 150 bis 180 Tonnen innerhalb des Sarkophags: teils in Form von Corium, teils in Form von Staub und Asche, ausgewaschener Flüssigkeiten im Reaktorsumpf und Fundament oder in anderer Form.

Es gibt jedoch eine ZDF-Reportage die von weit weniger verbliebenem Brennstoff berichtet. Demnach wäre im Zuge der Katastrophe mehr radioaktives Material als behauptet freigesetzt worden.

Im Jahr 1992 veranstaltete die Ukraine zusammen mit einer französischen Firma einen Konzeptwettbewerb, um Ideen für eine langfristige Lösung für Block 4 zu finden. Nach kurzer Zeit entschied man sich für eine effektive Schutzummantelung und kürte einen Gewinner. Hierzu sollte eine vollständige Ummantelung von Block 3 und Block 4 gebaut werden. Da aber für dieses Konzept der damals noch aktive Block 3 hätte abgeschaltet werden müssen, verwarf man dieses Projekt wieder. Die Kosten dafür schätzte man auf drei bis vier Milliarden US-Dollar.

Im Februar 2013 stürzte aufgrund großer Schneemassen das Dach der Maschinenhalle, die etwa 70 Meter vom Sarkophag entfernt ist, ein. Nach Angaben des ukrainischen Zivilschutzministeriums traten dabei keine radioaktiven Partikel aus.

„Shelter Implementation Plan“ („New Safe Confinement“, „Neuer Sarkophag“)

Der internationale „Shelter Implementation Plan“ hat als Ziel, einen neuen, haltbareren Sarkophag zu errichten: Als erste Maßnahme wurden das Dach des ursprünglichen Sarkophags verstärkt und dessen Belüftungsanlage verbessert. Der neue Sarkophag wurde von 2010 bis 2016 etwa 200 Meter neben dem geborstenen Reaktor aufgebaut und anschließend auf Kunststoffgleitschienen über den alten Sarkophag gefahren. Dadurch soll es möglich sein, den alten Sarkophag zu entfernen, ohne dass weitere radioaktive Stoffe freigesetzt werden. Das ist mit zwei Kränen vorgesehen, die unter hoher Strahlenbelastung speziell vor Ort für diesen Zweck hergestellt wurden. Unter anderem können sie auch radioaktiv kontaminierte Stoffe zerkleinern.

Am 17. September 2007 wurde der Auftrag zum Bau eines neuen 257 Meter langen, 150 Meter breiten und 108 Meter hohen Sarkophags dem Konsortium Novarka erteilt. Er wird etwa 20.000 Tonnen wiegen. Man könnte darunter auch die Kathedrale Notre-Dame von Paris unterbringen. Er soll 200 Meter neben dem Reaktor aufgebaut und auf Schienen über den alten Sarkophag gefahren werden. Das Ministerium für Katastrophenschutz hofft dass er bis 2015 fertig ist. 

Die deutsche Bundesregierung hat bisher etwa 97 Mio. Euro in den Chernobyl Shelter Fund (CSF) eingezahlt, noch zu erfüllende Beitragszusagen belaufen sich auf etwa 19 Mio. Euro.

Am 14. November 2016 wurde begonnen, die neue Schutzhülle in Richtung des alten Sarkophags zu verschieben. Ihre endgültige Position hat sie am 29. November eingenommen. Am 25. April 2019 vermeldete die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) den Abschluss eines 72-Stunden-Testbetriebs der Schutzhülle.[ Die offizielle Inbetriebnahme im Beisein des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erfolgte am 10. Juli 2019.

Prypjat

Die Nachbarstadt Prypjat ist heute eine Geisterstadt und bildet das Zentrum des Zone genannten Sperrgebiets. In der Stadt wurden viele Gebäude renoviert, die als Unterkünfte für die Arbeiter und Ingenieure des ehemaligen Kraftwerkparks Prypiat, für Soldaten, Polizisten und Feuerwehrleute dienen. Im Umland und im Stadtgebiet von Tschernobyl leben heute rund 400 von einst 14.000 Personen, die entweder ablehnten, die Region zu verlassen, oder nach der Katastrophe 1986 in ihre Dörfer zurückkehrten. Die Umweltorganisation Blacksmith Institute zählte in ihrer 2006, 2007 und 2013 veröffentlichten Liste Tschernobyl jeweils zu den zehn Orten mit der größten Umweltverschmutzung weltweit.

Reaktionen in anderen europäischen Ländern

Bundesrepublik Deutschland

Politische Diskussion zur Atomenergie

In Süddeutschland beherrschten monatelang Diskussionen über das Ausmaß der radioaktiven Belastung von Lebensmitteln und anderer möglicher Kontaminationen, sowie der adäquate Umgang damit, die Öffentlichkeit. Dabei wurde die gesellschaftliche Auseinandersetzung zum einen von Sachdiskussionen geprägt, zum anderen rückte verstärkt die grundsätzliche Einstellung zur Kernenergie in den Fokus der Diskussion, zumal zeitgleich die Kontroverse um die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf geführt wurde. Es wurden Empfehlungen zum Unterpflügen von Feldfrüchten oder zum Sperren von Kinderspielplätzen gegeben, wobei es aus heutiger Sicht strittig ist, inwieweit diese angemessen und notwendig waren.

In der Folge des Reaktorunglücks bröckelte der ohnehin schon durch die Anti-Atomkraft-Bewegung in Frage gestellte Konsens über die Verwendung der Atomenergie. Große Teile der Bevölkerung waren nun für einen Ausstieg aus der Atomenergie. In der Politik wurde diese Forderung nun auch von der SPD übernommen, u. a. durch Erhard Eppler und den SPD-Kanzlerkandidaten Johannes Rau, der einen schrittweisen Ausstieg befürwortete. Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) sprach sich auch im Namen seiner Fraktion im Bundestag in der Zukunft für eine Senkung des Anteils der Kernenergie an der Energieversorgung (1985: rund 31 %) aus, für einen baldigen Ausstieg komme dies aber nicht in Frage, da dieser weder notwendig noch machbar sei. Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) nannte die Atomenergie eine Übergangsenergie, und nach Tschernobyl gelte es konsequent über eine Energiepolitik nachzudenken, die langfristig der Atomenergie nicht bedürfe. Die FDP bezeichnete die Atomenergie auf ihrem Bundesparteitag 1986 in Hannover ebenfalls als eine Übergangsenergie, auf deren Verzicht als Bestandteil der Energieversorgung hingearbeitet werden müsse.

Nach Tschernobyl fühlten sich 58 Prozent der westdeutschen Bevölkerung persönlich stark bedroht. Unter dem Eindruck des Unfalls verdoppelte sich der Anteil der vehementen Atomkraftgegner in Deutschland von 13 auf 27 Prozent. Ereignisse, wie dass es nur neun Tage nach Tschernobyl im THTR Hamm-Uentrop zu einem meldepflichtigen Störfall mit Radioaktivitätsaustritt kam, der von Betreiber-Seite zunächst geleugnet, später aber eingestanden wurde, trugen zu diesem Ansehensverlust der Atomkraft mit bei.

Wenige Wochen nach dem Unglück wurde in der Bundesrepublik Deutschland das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gegründet. Die Gründung dieses Ministeriums war vor allem eine Reaktion auf den als unzureichend koordiniert empfundenen Umgang der Politik mit der Katastrophe von Tschernobyl und ihren Folgen. Am 11. Dezember 1986 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Strahlenschutzvorsorgegesetz (StrVG), zum Schutz der Bevölkerung, die Radioaktivität in der Umwelt zu überwachen und die Strahlenexposition der Menschen und die radioaktive Kontamination der Umwelt im Falle radioaktiver Unfälle oder Zwischenfälle so gering wie möglich zu halten.

Zu einem grundlegenden Wandel in der Atompolitik führte die Katastrophe von Tschernobyl jedoch nicht. Helmut Kohl führte den Ausbau der Atomenergie gegen alle Widerstände fort und ließ bis 1989 noch sechs Atomkraftwerke in Betrieb nehmen: Brokdorf, Hamm-Uentrop, Mülheim-Kärlich, Isar 2, Emsland, Neckarwestheim. Nur der Schnelle Brüter von Kalkar und die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf ließen sich aufgrund massiver Proteste nicht mehr durchsetzen.

Sicherheitsüberprüfungen an deutschen Atomkraftwerken

Die deutschen Atomkraftwerke wurden vor dem Tschernobyl-Hintergrund einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. 1987 fiel kurz nach Vorliegen von ersten Untersuchungsergebnissen die Entscheidung, den graphitmoderierten Kugelhaufenreaktor AVR Jülich 1988 endgültig stillzulegen, was (obwohl es offiziell nie bestätigt wurde) als Konsequenz aus einem nicht hinreichenden Schutz dieses Reaktors gegen Graphitbrände wie in Tschernobyl angesehen werden kann.

Bodenbelastungen und Auswirkungen bei Frischmilch und Gemüse

In der Bundesrepublik Deutschland wurden nach Bekanntwerden des Reaktorunglücks die Landwirte durch die Strahlenschutzkommission des Bundes aufgefordert, den eigentlich für Anfang Mai 1986 anstehenden Umstieg von der Winterfütterung der Milchkühe auf Sommerfütterung (und Weide) noch bis nach den ersten Regenfällen hinauszuzögern. Die Katastrophe fiel mit einer mehrwöchigen Schönwetterperiode zusammen, die einerseits das Wachstum der Wiesen sehr anregte, auf der anderen Seite aber auch mit einem stetig blasenden Ostwind die Verbreitung des radioaktiven Staubs nach Westen bewirkte. Später gab es dann eine Ausgleichszahlung für die landwirtschaftlichen Betriebe für die entstandenen Mehrkosten bei der Fütterung.

Die Strahlenschutzkommission gab zudem Grenzwerte für Frischmilch und Blattgemüse aus, bei deren Überschreitung die Produkte nicht verkauft werden durften. Der Umsatz auch von freigegebenen Milchprodukten, sowie von Obst und Gemüse ging drastisch zurück. Die Lebensmittelgruppe Rewe vernichtete allein im Mai 1986 unverkäufliche Milchprodukte und Frischgemüse im Wert von rund 3 Millionen DM.

Am 15. September 1986 teilte die Strahlenschutzkommission in Bonn mit, die Kontamination der Lebensmittel in der Bundesrepublik durch Radioaktivität sei bis auf wenige Ausnahmen stark zurückgegangen.

Kontaminierte Molke und Entsorgungsprobleme

Einige Molkereien in besonders betroffenen Gebieten in Süddeutschland sind angewiesen worden, die Molke von der Milch abzutrennen und nicht zu verkaufen, sondern einzulagern, da in der Milch der Kühe Cäsium-134 und Cäsium-137 mit Halbwertzeiten von zwei bzw. dreißig Jahren festgestellt wurden. Der Vorschlag, diese Molke als Dünger auf Felder aufzubringen, hatte keinerlei Chancen auf Umsetzung. Das bayerische Landwirtschaftsministerium riet den Molkereien, sich von Milch und Joghurt vorübergehend auf die Produktion von Käse umzustellen – das strahlende Radionuklid wird mit der Molke ausgeschieden, dem Käswasser, das aus der geronnenen Milch abläuft. Aus der Molke wurden bei der Meggle AG in Wasserburg am Inn insgesamt 5046 Tonnen Molkepulver gewonnen. Dadurch konzentrierte sich die Radioaktivität und ergaben bei Messungen Werte bis zu 8000 Becquerel je Kilogramm Molkepulver. Für die freie Verkehrsfähigkeit von kontaminiertem Molkepulver lag der Grenzwert bei 1850 Becquerel. Das kontaminierte Molkepulver wurde ab Mai 1986 in Waggons der Bundesbahn auf Abstellgleisen bei Rosenheim gelagert. Für die nicht mehr verkehrsfähige Ware wurde die Meggle AG vom Bundesverwaltungsamt mit 3,8 Millionen DM entschädigt.

Das bayerische Umwelt- und Ernährungsministerium verkaufte am 23. Januar 1987 rund 3000 Tonnen des kontaminierten Molkepulvers für 150.000 DM an das Unternehmen LOPEX mit Sitz in Linden. LOPEX wollte die Waggons nach Köln und Bremen transportieren, was die Medien mit großem Interesse verfolgten. Die zuständigen Behörden in den Bundesländern verlangten daraufhin einen Rücktransport nach Bayern. Rund 2000 Tonnen des kontaminierten Molkepulvers lagerten zudem noch in einem Lagerhaus im bayerischen Forsting bei Pfaffing. Ab Februar 1987 schaltete sich Bundesumweltminister Walter Wallmann ein und ließ das kontaminierte Molkepulver, das als Abfall deklariert ist, ohne entsprechende Rechtsgrundlage in den Besitz des Bundes übergehen. Ab Februar 1987 wurden insgesamt 242 Bundesbahnwaggons mit dem radioaktiven Abfall (Molkepulver) dem Schutz der Bundeswehr anvertraut und auf den Standorten Feldkirchen (Niederbayern) und auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle 91 in Meppen zwischengelagert.

Am 22. Juli 1987 teilte Bundesumweltminister Klaus Töpfer mit, dass das auf den Bundeswehrstandorten gelagerte kontaminierte Molkepulver im hessischen Hungen entsorgt und zu Viehfutter verarbeitet werden soll. Die Kosten in Höhe von 13 Millionen DM werden dabei vom Bund übernommen. Daraufhin kam es ab 1. August zu heftigen Protesten der Bürgern in Hungen. Das radioaktiv belastete Molkepulver wurde nunmehr auf dem Gelände des stillgelegten Atomkraftwerks Lingen zwischengelagert. Mit einem von der Tierärztlichen Hochschule Hannover entwickelten Ionenaustauschverfahren wurde in eigens errichteten Spezialanlagen der Noell GmbH (Tochter der Preussag AG) ab Februar 1989 das Molkepulver in Lingen behandelt. Danach betrug die Kontamination noch 100 Becquerel pro Kilogramm. Ab März 1990 fuhren insgesamt 242 Waggons der Bundesbahn (150 aus Meppen und 92 aus Straubing) in Lingen ein. Bis Ende 1990 wurde die Dekontamination abgeschlossen. Die flüssige Molke wurde später als Dünger auf Äcker verstreut und konzentriertes Cäsium in rund 180 Fässern gesammelt. Diese Fässer mit radioaktivem Müll landeten in unterirdischen Lagern. Die Anlage selbst wurde demontiert und größtenteils verschrottet. Die Kosten für das Molke-Produkt betrugen danach 34 Millionen Euro.

Pilze und Wildfleisch

In einigen Waldgebieten in Süddeutschland (z. B. das Münchener Umland, der Bayerische Wald, die Alpen und der Pfälzer Wald) regnete es kurz nach der Katastrophe; durch radioaktiven Regen gelangten viel strahlende Stoffe in den Boden. Radioaktives Cäsium-137 hat eine Halbwertszeit von 30,17 Jahren.

Röhrenpilze (zum Beispiel Maronen oder Birkenröhrlinge) akkumulieren Cäsium stärker als andere Pilzarten. Am wenigsten belastet sind Sorten, die auf Holz wachsen, z. B. die Krause Glucke. Das Bayerische Landesamt für Umwelt bietet auf seiner Homepage aktuelle Informationen.

1997 entdeckte das Umweltinstitut München Proben von Pfifferlingen (österr. Eierschwammerl) mit überhöhten Werten an Radioaktivität durch Cäsium, die nicht in den Handel hätte gebracht werden dürfen. Die Ware war mit Herkunft „Ungarn“ und „Makedonien“ deklariert, Recherchen ergaben, dass sie umdeklariert worden waren und vermutlich aus der Ukraine stammten. Noch 2009 wurde bei einer Probe von Pfifferlingen mit der Herkunftsangabe „Karpaten“ der Richtwert überschritten. Gemäß der Stellungnahme des Umweltinstituts sei es Praxis, dass Pfifferlinge aus Weißrussland im gering belasteten Litauen abgepackt werden und diese Ware dann als Pfifferlinge aus Litauen auf den Markt käme und zur sicheren Unterschreitung des Höchstwertes hoch und gering belastete Pilze vermischt würden. Diese Praktiken werden als Ursache dafür angesehen, dass die radioaktive Belastung osteuropäischer Pfifferlinge unerwartet tendenziell weiter zunehme und die Belastung von Pilzen aus Weißrussland abnehme. Maronen-Röhrling und Semmel-Stoppelpilz gälten als „Cäsiumsammler“, andere Arten wie die Schirmlinge nähmen nur geringe Mengen auf, Pfifferling und Steinpilz nähmen eine mittlere Position ein. Bayerische Maronenröhrlinge und eine Probe aus Österreich wiesen 2012 Höchstwerte von über 1000 Bq/kg auf und lägen damit deutlich über dem Grenzwert.

Die Höhe der Cs-137-Kontamination schwankt je nach Pilzart und von Standort zu Standort erheblich. Aktivitäten von mehr als 1 000 Bq/kg Cs-137 wurden in den Jahren 2014 bis 2016 in Orangefalben (Hygrophorus unicolor) und Braunscheibigen Schnecklingen (Hygrophorus discoideus), Gemeinen Erdritterlingen (Tricholoma terreum), Rotbraunen Semmelstoppelpilzen (Hydnum rufescens), Semmelstoppelpilzen (Hydnum repandum), Maronenröhrlingen (Xerocomus badius) und Braunen Scheidenstreiflingen (Amanita umbrinolutea) gemessen.

Da Wildschweine insbesondere bestimmte Trüffelarten suchen, die Cäsium anreichern können, ist Wildschweinfleisch nach wie vor teilweise hochbelastet.

Deutsche Demokratische Republik

Im Gegensatz zur Informationspolitik in der Bundesrepublik wurde in der DDR durch die SED-Führung versucht, aus Rücksicht auf den sowjetischen Bruderstaat die Bevölkerung durch unterbliebene und falsche Meldungen zu beruhigen. Erst am vierten Tag nach dem Unfall wurde eine kurze Pressemitteilung der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS veröffentlicht, in der über eine Havarie berichtet wurde, bei der in Tschernobyl ein Kernreaktor beschädigt wurde. Danach sei den „Betroffenen (…) Hilfe erwiesen“ worden und es wurden Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden ergriffen. Über die freigesetzte Radioaktivität wurde nicht berichtet und entsprechende Messwerte wurden erst veröffentlicht, als diese nach mehreren Tagen nicht mehr die anfänglich bedrohliche Höhe erreichten. Als einige Tage nach dem Unglück in westlichen Medien fälschlicherweise von tausenden Toten berichtet wurde (laut WHO und IAEA (2008) starben an den Folgen akuter Strahlenkrankheit knapp 50 Menschen), kam es zu Dementis durch die DDR-Führung, die diese Nachrichten als „plumpe antisowjetische Hetze“ bezeichnete.

In den Wochen nach dem Unglück gab es in der DDR plötzlich ein reichhaltiges Angebot an Gemüse; es war jenes, das den Ostblocklieferanten vom Westen nicht abgekauft wurde. Da viele Bürger aufgrund der über westliche Radio- und Fernsehprogramme empfangenen Warnungen diese Angebote nicht einkauften, wurde dieses Obst kostenlos in Kindergärten und Schulen verteilt. Erich Honecker wurde zitiert, dass er Müttern empfahl, frischen Salat vor dem Essen zu waschen. Die interne Warnung durch das Amt für Atomsicherheit, dass durch frisches Futter die Milch kontaminiert würde und somit eine Futterumstellung ratsam sei, wurde nicht veröffentlicht, da es an konserviertem Futter aus dem Vorjahr fehlte. Insbesondere im Gebiet von Sachsen-Anhalt lag aufgrund von Regenfällen die Radioaktivität in der so erzeugten Milch 700 % über dem Grenzwert für Säuglingsmilch, worüber die Bevölkerung nicht informiert wurde. Der Leiter des Amts kommentierte das Unglück mit den Worten: „Jeder Schuster kloppt sich mal auf den Daumen.“

Gleichzeitig war in den wenigen Berichten von einer Stabilisierung der Radioaktivität auf niedrigem Niveau in den Zeitungen zu lesen, ohne über das Niveau vor der Katastrophe zu schreiben. Das damalige Mitglied des Politbüros Günter Schabowski informierte sich zwar auch in den West-Medien und machte sich Gedanken; im Katastrophenfall habe aber ein eisernes Gesetz gegolten: „Auf jeden eigenen Kommentar verzichten. Da wird nur erzählt, was die in Moskau fabrizieren.“ So behaupteten dann „führende Experten“ in der DDR, dass durch die Havarie keine Gefahr bestünde. Die Berichte im Westen seien eine gezielte Kampagne, um von der dortigen Aufrüstung und der Gefahr durch Kernwaffen abzulenken. Gegenüber Oskar Lafontaine und Johannes Rau äußerte sich Erich Honecker am 6. Mai 1986 mit den Worten:

„So habe der Präsident der Akademie der Wissenschaften unmittelbar nach Bekanntwerden der Havarie im Politbüro Bericht erstattet. Die Bevölkerung der DDR sei jederzeit ausreichend informiert gewesen. Führende Physiker der DDR, wie die Professoren Lanius und Flach, hätten in einer ausführlichen Fernsehsendung informiert. In der BRD habe man dagegen im Stile einer Kriegsberichterstattung eine groß angelegte Hetze entfacht.“

In Wirklichkeit wurden Honecker und das SED-Politbüro frühzeitig informiert, ohne darauf zu reagieren oder auch nur weitere Einschätzungen anzufordern. So wurde dann auch erst am 20. Mai 1986, vier Wochen nach dem Unglück, die Bevölkerung umfassender durch einen Bericht des Amtes für Strahlenschutz eher beruhigt als informiert. In diesem hieß es, dass die „durchgeführten dichten Kontrollen belegen“, dass für Bewohner der DDR „keinerlei gesundheitliche Gefährdungen… bestanden haben oder bestehen“.

Eine einmalig hohe Strahlenbelastung auf DDR-Gebiet gab es im Gebiet Magdeburg; die Ergebnisse der Messungen des Bezirkshygieneinstituts wurden der Öffentlichkeit vorenthalten.

Zur Beruhigung der Bevölkerung mussten DDR-Spitzensportler an der Internationalen Friedensfahrt 1986 teilnehmen, deren Startort das nur 100 km vom Unglücksreaktor entfernte Kiew war. Der Gesamtsieger des Rennens Olaf Ludwig sagte dazu später, dass er sich dem Start hätte verweigern können, was aber zum unweigerlichen Ende seiner sportlichen Karriere geführt hätte. Journalisten waren angewiesen, nicht vom „strahlenden Sieger“ zu schreiben und den Startverzicht von fast der Hälfte der gemeldeten Mannschaften zu relativieren.

Für Umweltschutzgruppen in der DDR war das Ereignis ein Aufbruchsignal. Erstmals begann eine Debatte um die friedliche Nutzung der Atomenergie. In Eingaben an die Volkskammer und den Ministerrat forderten DDR-Bürger erstmals den Ausstieg aus der Atomenergie (in der DDR war das Atomkraftwerk Greifswald in Betrieb, dessen Reaktor 5 wurde am 24. November 1989 abgeschaltet, die Reaktoren 1 bis 4 im Februar 1990).

Österreich

Österreich zählt zu den am stärksten betroffenen Gebieten Westeuropas: Von den insgesamt 70 PBq freigesetzten Radiocäsiums wurden 1,6 PBq, also 2 %, in Österreich deponiert, die durchschnittliche Belastung 137Cs aus den Tschernobyl-Ereignis lag 1986 bei 19,1 kBq/m², wobei besonders das Salzkammergut und Nachbargebiete, die Welser Heide und die Hohen Tauern betroffen waren, sowie die Niederen Tauern und die Koralpregion/Südostkärnten (mit Durchschnittskontamination > 100 kBq/m²)[68], auf die Bevölkerung bezogen der Linzer Zentralraum und die Stadt Salzburg mit > 11 (kBq/m²)/(EW/km²), und Wien, Graz, Klagenfurt, Villach und Innsbruck ≈ 10.

Damalige Maßnahmen

Als Maßnahmen wurden primär Kontrollen im Nahrungsmittelbereich gesetzt, um die Ingestion gering zu halten: Verkaufsverbot für Grüngemüse und von Schaf- und Ziegenmilch, der Grünfutterfütterung bei Milchkühen, des Genusses von Zisternenwasser, und langfristiger etwa Importverbote für Nahrungsmittel aus hochbelasteten Agrarproduktionsländern, Verbot des Wildabschusses, Fütterungspläne in der heimischen Landwirtschaft (Ersatzfüttermittel, Verdünnung mit unkontaminiertem Futter, Endmast mit niedrig kontaminiertem Futter, Futterzusatzstoffe zu Verminderung der Cäsium-Resorption) oder Grenzwerte für die Klärschlammausbringung.

In späteren Studien hat sich gezeigt, dass diese in der Öffentlichkeit nur wenig beachteten Maßnahmen auf Produktions- und Handelsseite mehr Schutzwirkung gebracht haben als etwa Empfehlungen zu direkten Verhaltensänderungen.

Langfristige Auswirkungen

Die Strahlenbelastung ist innerhalb von 20 Jahren von anfangs etwa 0,7–0,4 mSv Erstjahresdosis auf 0,003 mSv pro Einwohner (2001) gesunken und liegt in den 2010er Jahren unter 1 ‰ der Gesamtstrahlenbelastung (ca. 4,3 mSv/a). Insgesamt dürften in Österreich lebende Personen bis 2006 einer zusätzlichen Effektivdosis von durchschnittlich 0,6 mSv durch den Reaktorunfall ausgesetzt gewesen sein, das ist nur 1⁄5 der üblichen Einjahres-Belastung aus natürlichen Quellen (natürliches Radon, kosmische Strahlung u. ä., ca. 3 mSv/a).

Bis dato, 30 Jahre nach Tschernobyl im April 2016, ist die Kontaminierung von Wild noch so hoch, dass erlegte Tiere verpflichtend auf deren Strahlenbelastung zu überprüfen sind, bevor sie in den Nahrungskreislauf kommen dürfen. Wenn die zulässigen Werte überschritten sind, ist die Jagdbeute der professionellen Tierkörperverwertung zuzuführen. Das Sammeln von Pilzen ist in manchen Landstrichen weiterhin ohne genauere Kenntnis der örtlichen Belastung als kritisch einzustufen.

Politische Auswirkungen

Die deutlichsten Folgen des Tschernobyl-Ereignisses in Österreich sind politischer Natur. 

Bereits einige Jahre vor dem Tschernobyl-Unfall war Ende der 1970er Jahre das Atomkraftwerk Zwentendorf an der Donau fast fertiggestellt. Nach Einbringen der schon angelieferten Brennstäbe sollte es 1978/79 in den Probebetrieb gehen. Die österreichische Anti-Atomkraft-Bewegung war jedoch zwischenzeitlich so erstarkt, dass es im November 1978 zur „Volksabstimmung Zwentendorf“ kam – gegen den erklärten Willen von Bundeskanzler Bruno Kreisky, dessen politisch unbedingtes Ziel es war, dass Zwentendorf auf jeden Fall in Betrieb geht. Abgestimmt wurde über die Frage: „Soll der Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 7. Juli 1978 über die friedliche Nutzung der Atomenergie in Österreich (Inbetriebnahme des Atomkraftwerkes Zwentendorf) Gesetzeskraft erlangen?“

Mit der äußerst knappen Abstimmungsmehrheit von 50,5 % wurde das Inkrafttreten des Bundesgesetz[es] zur friedlichen Nutzung der Kernenergie in Österreich (Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf) abgelehnt und indirekt die Inbetriebnahme verhindert.

Im Dezember 1978 wurde das Bundesgesetz über das Verbot der Nutzung der Atomspaltung für die Energieversorgung in Österreich, das sogenannte Atomsperrgesetz, verabschiedet. Das fertige Kraftwerk wurde folgend zur Investitionsruine und in den Jahren danach zum Ersatzteillager für Reaktoren gleichen Typs, sowie zum vielfältig genutzten Schulungszentrum für Mitarbeiter von Kernkraftwerken.

In den 2010er Jahren erfuhr das Kraftwerk eine weitere Umnutzung: „Zwentendorf“, das österreichische Synonym für „Anti-Atomkraft“, wurde von der Nachfolgeeigentümerin, der niederösterreichischen Energiegesellschaft EVN, zu einem Standort zur Erzeugung für erneuerbare Energien umgewidmet.

Vor und nach „Zwentendorf“ liegen zwei andere richtungsweisende Ereignisse der österreichischen Geschichte: Der Bau des Kraftwerks Kaprun in den Wiederaufbaujahren – als wirtschaftliche „Erfolgsgeschichte“ – und die Besetzung der Hainburger Au 1984 – als Wendepunkt des Demokratieverständnisses – im energiepolitischen Sektor. Selbst bei den großen Energieversorgern wird deswegen seit den 1980er Jahren ein Kurs Richtung erneuerbarer Energien verfolgt, der auch den natürlichen Ressourcen Österreichs entgegenkommt.

Nach 1986: „Atomfreies Österreich“

„Tschernobyl“ hat 1986 die österreichische Anti-Atom-Politik sogar noch verfestigt, sie war seither sowohl gesellschaftlich, wie auch parteipolitisch einhelliger Konsens und wurde nie mehr in Frage gestellt. Gesamtösterreichisch gab es danach keinen bedeutenden innenpolitischen Konflikt mehr um Energiefragen. Der EU-Beitritt Österreichs am 1. Januar 1995 hat daran ebenfalls nichts verändert.

In der Folge des Tschernobyl-Unfalls kam es in den Jahren danach von österreichischer Seite zu einigen Initiativen gegen ausländische Atomkraftanlagen:
  • 1989: Initiative gegen den Bau der Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf aus der Gesellschaft kommend, die von der Länder- und Bundespolitik unterstützt wurde.
  • 1990–1991: Nach einer vom Bundeskanzler Vranitzky initiierten Studie folgte eine Empfehlung zur Schließung der ersten beiden Reaktoren des Atomkraftwerks Bohunice. Die Regierung schlug den tschechoslowakischen Nachbarn mit der Empfehlung ein nicht angenommenes Maßnahmenpaket zur Schließung von Bohunice vor. Es beinhaltete das Angebot technischer und wissenschaftlicher Unterstützung, sowie Lieferung von Gratisstrom für ein Jahr im Ausmaß der Produktion der beiden betreffenden Reaktoren.
  • 1992 beauftragte Bundeskanzler Vranitzky eine internationale Untersuchungskommission für das slowenische Atomkraftwerk Krško, die mehr als 70 gravierende Sicherheitsmängel und die Erdbebengefährdung von Krško feststellte. Vranitzky formulierte daraufhin „die Schaffung eines atomkraftfreien Mitteleuropas“ als offizielles Regierungsziel.
  • 1994 agitierte das offizielle Österreich erfolglos gegen einen Milliardenauftrag mit Kreditgarantie der US-Regierungsbank ExIm für die Fertigstellung des tschechischen Atomkraftwerk Temelín.
  • 1994–1995 wurden mehr als eine Million Österreicher mit ihren Unterschriften aktiv um gegen eine geplante Kreditvergabe der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) zur Fertigstellung des slowakischen Atomkraftwerk Mochovce zu protestieren. Die Bundesregierung unter Vranitzky unterstützte ihrerseits mit Aktivitäten auf internationaler Ebene, die EBRD-Kreditvergabe wurde tatsächlich verhindert. Mochovce wurde dennoch fertiggestellt.
  • Im Juli 1997 wurde im Nationalrat einstimmig ein Initiativantrag verabschiedet. Mit diesem „Atomfrei-Paket“, das mehrere Maßnahmen für die Umsetzung einer anti-atomaren Politik umfasste. Zwischen der Regierung einerseits und den Umweltorganisationen Greenpeace, Global 2000 und der Anti Atom International (AAI) auf der anderen Seite wurden Teile des Pakets in einem Abkommen festgehalten. Ende November 1997 kam es zum Volksbegehren „Atomfreies Österreich“.
Unter der österreichischen EU-Präsidentschaft (2. Halbjahr 1998) und im Hinblick auf die sich anbahnende EU-Osterweiterung 2004 verabschiedete die Bundesregierung unter Bundeskanzler Viktor Klima in ihrer 103. Ministerratssitzung am 6. Juli 1999 einen Aktionsplan. Dieser wurde einstimmig am 13. Juli 1999 als Entschließung des Nationalrates betreffend die „Umsetzung des Aktionsplans [der Bundesregierung] für die weitere österreichische Anti-Atom-Politik im europäischen Zusammenhang“ angenommen. Mit selbem Tag wurde ebenfalls einstimmig das Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich beschlossen, worin die bisherigen Bestimmungen des Atomsperrgesetzes von 1978 in den Verfassungsrang erhoben wurden. Es trat mit der Verkündung am 13. August 1999 in Kraft.

Im Juni 2003 wurde ein von der FPÖ initiiertes und relativ erfolglos gebliebenes Volksbegehren „Atomfreies Europa“ abgehalten. Als bislang letzter Markstein nach dem Tschernobyl-Unfall verabschiedete der Nationalrat am 8. Juli 2010 eine „Entschließung betreffend Fortsetzung der österreichischen Anti-Atom-Politik und der Bemühungen um eine Reform des EURATOM-Vertrages“.

Polen

Die sowjetische Führung war darauf bedacht, nur so wenige Personen und Institutionen über die Atomkatastrophe zu informieren, wie unbedingt notwendig. Aus diesem Grund wurden in den ersten Tagen auch keine Informationen über die Explosion in Tschernobyl an die Bruderstaaten in Mitteleuropa weitergegeben, obwohl das betroffene Atomkraftwerk beispielsweise nur 418 km von der polnischen Grenze entfernt steht.

Der Wind hatte das radioaktive Material zunächst nach Skandinavien transportiert, nach zwei Tagen jedoch zurück nach Mitteleuropa. Am 28. April bemerkte eine Strahlenmessstation in Mikołajki im Nordosten von Polen gegen 5:33 Uhr als erste einen rapiden Anstieg der Radionuklide in der Luft. Der gemessene Wert war eine halbe Million Mal höher als üblich. Gegen 9:00 Uhr informierte man die zentrale Strahlenschutzbehörde in Warschau, das Centralne Laboratorium Ochrony Radiologicznej (kurz CLOR). Das CLOR löste unverzüglich einen internen Alarm aus, weil es von der Detonation einer Kernwaffe ausging. Im Laufe des Tages erkannte man allerdings, dass die Strahlung aus einem Reaktor stammen musste. Anfragen an die sowjetischen Behörden hierzu blieben jedoch unbeantwortet. Erst um 18:00 Uhr erfuhr das CLOR über die BBC von den Ereignissen in Tschernobyl.

In der Nacht auf den 29. April legte das CLOR der polnischen Regierung nahe, entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen und unverzüglich Tabletten mit stabilem Iod an die Bevölkerung zu verteilen. Gegen 11:00 Uhr entschied die Führungsspitze der PVAP, in den elf Woiwodschaften nahe der Grenze zur Sowjetunion Iod an die Bevölkerung auszugeben. Mangels entsprechender Tabletten wurde eine flüssige Iod-Kaliumiodid-Lösung verabreicht. Innerhalb eines Tages gelang es, fast 19 Millionen Polen mit Iod zu versorgen. Darüber hinaus wurden landwirtschaftliche Betriebe angewiesen, ihr Vieh von den Weiden zu nehmen. Ferner wurde in einigen Regionen empfohlen, vorübergehend keine frische Milch, Obst, Gemüse oder Pilze zu konsumieren. Erst am 30. April 1986 informierte die polnische Presse landesweit über „den Austritt einer radioaktiven Substanz in einem Kernkraftwerk in der Sowjetunion“. Aufgrund der anstehenden Erster-Mai-Feierlichkeiten verzichtete die PVAP jedoch auf weitere Maßnahmen.

Die gesamtpolnische Bevölkerung erfuhr erst im Zuge des politischen Systemwechsels 1989 vom Ausmaß der Katastrophe. In der Folge kam es landesweit zu Demonstrationen gegen das an der polnischen Ostseeküste seit 1982 in der Bauphase befindliche Kernkraftwerk Żarnowiec. Die massiven Proteste gegen die Anlage führten zuerst zu umfangreichen Untersuchungen und schließlich zum Stopp des Baus. 1990 wurde das Atomkraftwerk unter dem ersten demokratisch gewählten Ministerpräsidenten Tadeusz Mazowiecki aufgegeben.

Frankreich

Im Mai 1986 gab das französische Institut für Strahlenschutz SCPRI an, 137Cs-Belastungen zwischen 25 Bq/m² in der Bretagne und 500 Bq/m² im Elsass gemessen zu haben; 2006 nannte das Nachfolgeinstitut IRSN Werte zwischen 10.000 und 20.000 Bq/m² vom Elsass bis Korsika. 137Cs war ein Hauptbestandteil des radioaktiven Niederschlags. Angeblich ist nicht mehr nachzuvollziehen, wie die Werte von 1986 zustande kamen. Der damalige Umweltminister Carignon kritisierte 20 Jahre später die Fehler von damals.

Am 1. und 2. Mai 1986 berichteten Le Figaro und France-Soir, dass Frankreich von der radioaktiven Wolke betroffen war. Erste Tests von Wasser- und Milchproben, deren Ergebnisse teilweise am 6. Mai veröffentlicht wurden, lieferten laut SCPRI zu geringe Belastungen, um eine Gesundheitsgefahr zu repräsentieren, weswegen für Frankreich keine Schutzmaßnahmen empfohlen wurden. Da jedoch andere Länder Schutzmaßnahmen angeordnet hatten, wurde in der Presse schnell der Vorwurf der Passivität laut. 2001 und 2002 legten mehr als 500 kranke Menschen Beschwerde gegen das damalige Verhalten der Regierung ein. Wenngleich Schilddrüsenkrebserkrankungen zunahmen, seien sie laut französischen Nuklearexperten nicht auf den Unfall zurückzuführen. Der ehemalige Arzt und Mitarbeiter des Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives Bernard Lerouge warf den Medien vor, sich auf die pessimistischen Schätzungen der Anti-Atomkraftbewegung konzentriert zu haben. TV-Dokumentationen warf er Verzerrungen und Manipulation der öffentlichen Meinung vor, da die Meinungen der Wissenschaftsgemeinde ignoriert worden seien.

Schweden

In Schweden ergaben Umfragen im September 1986, dass die Einstellungen gegenüber der Atomenergie im Durchschnitt negativer wurden. Viele Interviewe zählten die Risiken der Atomenergie zu den bedrohlichsten aller Risiken. Spätere Umfragen ergaben, dass die Einstellung in der schwedischen Bevölkerung relativ schnell wieder auf das tendenziell befürwortende Niveau vor dem Unfall zurückkehrte.

Weitere Länder

Eine 1988 veröffentlichte Analyse zur Berichterstattung über das Ereignis und seine Folgen in sieben europäischen Ländern kam zu dem Schluss, dass die Medien einigermaßen gut die Informationen aus offiziellen Quellen wiedergaben, wenngleich einige Mängel im Bezug auf Themen wie Strahlenbelastung und ihre Risiken festgestellt wurden. Eine in den 1990er Jahren von der Europäischen Kommission beauftragte Untersuchung in fünf Ländern (Deutschland nicht inbegriffen) konnte keine Hinweise auf einen verstärkenden Einfluss der medialen Berichterstattung über den Unfall auf die öffentliche Wahrnehmung des Risikos finden, wenngleich die Berichterstattung in der Öffentlichkeit häufig als alarmierend empfunden wurde. Eine Analyse der Berichterstattung der US-amerikanischen Tageszeitungen New York Times, Washington Post, Philadelphia Inquirer, Wall Street Journal und Morning Call aus Allentown in Pennsylvania sowie der Abendnachrichten der Fernsehsender ABC, CBS und NBC in den ersten zwei Wochen nach der Katastrophe ergab, dass nicht ausreichend Informationen vermittelt wurden, um der Öffentlichkeit das Verständnis von Kernenergie und die Einordnung des Unfalls zu erleichtern. Übertriebene Panikmache oder einen Überschuss an negativen Berichten konnten jedoch nicht beobachtet werden.

Gedenken und Rezeption

Anders als andere Unfälle und Umweltkatastrophen dieser Größenordnung, wie beispielsweise der bisher folgenreichste Unfall der chemischen Industrie im indischen Bhopal des Jahres 1984, hat die Atomkatastrophe von Tschernobyl in der westlichen Welt wie auch in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.

Veranstaltungen

Bereits kurz nach der Katastrophe etablierten sich in größeren Städten, vor allem der ehemaligen Sowjetunion, jährliche Gedenkveranstaltungen. Hierbei werden im Frühjahr Kundgebungen oder Gottesdienste abgehalten, bei denen tausende Teilnehmer mit brennenden Kerzen, Schweigeminuten, Mahnwachen oder Glockenläuten der Opfer der Reaktorexplosion gedenken. Sie demonstrieren damit auch für die friedliche Nutzung der Atomenergie oder langfristig auch für die Stilllegung aller Atomreaktoren.

Museum und Mahnmale

Inzwischen gibt es auch mahnende Denkmale, wie in der russischen Hauptstadt Moskau oder in den ukrainischen Städten Kiew, Charkiw oder Saporischschja.

Auf dem Mitinskoje-Friedhof (Митинское кладбище) (Moskau) befinden sich die Grabstätten von 28 verstorbenen Feuerwehrmännern und ein Denkmal.

In Charkiw erinnern zwei Monumente an die Katastrophe: eines aus rotem Porphyr und ein weiteres, dreifarbig gestaltetes, im Park der Jugend. Ein weiteres Denkmal, das den Helfern („Liquidatoren“) im Gelände des Atomkraftwerks gewidmet war, wurde zerstört.

In Saporischschja hat ein Bildhauer einen Stein an einem Brunnen wie ein gespaltenes Atom gestaltet, unweit davon befindet sich ein Granitfindling mit einer Tafel für die Opfer der Katastrophe. In der nach dem Reaktorunglück neu errichteten Stadt Slawutytsch gibt es ein Mahnmal mit Fotos und Lebensdaten einiger Opfer.

Die ukrainische Hauptstadt Kiew erinnert mit einem Denkmal an die Feuerwehrleute und Ingenieure, die infolge ihres Einsatzes bei der Katastrophe gestorben sind. An dem symbolhaften verbogenen Metall legen Politiker des Landes regelmäßig Gedenkkränze nieder. Ein in Kiew eingerichtetes National-Museum zeigt eindrucksvolle Bilder, Videos, Reste von Kleidung oder verweist mit durchgestrichenen Ortstafeln auf die nicht mehr existenten Dörfer.

Auch in der religiösen Kunst und in der Ikonenmalerei fand die Katastrophe von Tschernobyl ihren "Niederschlag".

Ausstellungen, Konzerte und andere Aktivitäten

Im Jahr 1990 wurde die gemeinnützige Organisation Heim-statt Tschernobyl gegründet. Seit 1991 fahren, jährlich in den Sommermonaten Gruppen freiwilliger Helfer aus Deutschland für drei Wochen nach Weißrussland und errichten, im Rahmen eines Umsiedlungs-Programms, im nicht-kontaminierten Norden gemeinsam mit betroffenen Familien jeweils ein neues Haus. Wesentlicher Bestandteil des Konzeptes ist die ökologische Bauweise und der verantwortungsvolle Umgang mit Energie.

Der deutsche Künstler Till Christ organisierte in Zusammenarbeit mit Studenten der Staatlichen Akademie für Design und Kunst aus Charkow im Berliner Kunsthaus Tacheles die Ausstellung „Visual Energy – Nach Tschernobyl: Ressourcen, Energien und wir“. Sie war zwischen Oktober 2005 und April 2006 zu sehen. Im Jahr 2006 führte die schweizerische Stadt Thun in ihrem Rathaus eine Gedenkausstellung mit Unterstützung der Botschafter der Ukraine, von Weißrussland und von Russland durch.

Die Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijevitsch hat sich in ihrem literarischen Werk immer wieder mit der Reaktorkatastrophe auseinandergesetzt und u. a. ein „Tschernobyl-Gebet“ verfasst, das im Jahr 2006 von dem französischen Komponisten Alain Moget als Oratorium unter dem Titel „Und sie werden uns vergessen“ vertont und uraufgeführt wurde.

In jedem Jahr kommen weitere Aktivitäten in aller Welt zum Gedenken hinzu wie Fotoausstellungen, Konzerte, Veröffentlichungen oder wissenschaftliche Tagungen.

Als Beispiel für die Rezeption der Atomkatastrophe in der bildenden Kunst sei der 1986 entstandene Zyklus "Aschebilder" des Künstlers Günther Uecker genannt.

Vom 3. bis 5. April 2006 veranstaltete die Gesellschaft für Strahlenschutz in Berlin einen Internationalen Kongress mit dem Titel „20 Jahre nach Tschernobyl – Erfahrungen und Lehren für die Zukunft“.

In Bamberg steht ein Denkmal für Tschernobyl: eine auf dem Rücken liegende, hilflose Schildkröte aus schwarzem Granit. Auf ihrem Bauch ist die Weltkarte eingraviert. Die Schildkröte ist einen Entwurf des südkoreanischen Künstlers Kang Jinmo, den er im Rahmen eines Wettbewerbs des Bund Naturschutz in Bayern im Jahr 1987 eingereicht hatte. Die Schildkröte symbolisiert die Hilflosigkeit gegenüber der atomaren Verseuchung weiter Teile Europas nach der Reaktorkatastrophe im April 1986.

Auf drei internationalen Kongressen in den Jahren 2004, 2006 und 2011 diskutierte die IPPNW gemeinsam mit der Öffentlichkeit über die Folgen der Tschernobylkatastrophe sowie Perspektiven einer Welt frei von Atomkraftwerken und Atomwaffen. Der vom 8. bis 10. April 2011 abgehaltene Kongress mit dem Motto „Zeitbombe Atomenergie: 25 Jahre Tschernobyl – Atomausstieg jetzt!“ fand unter dem Eindruck der Atomkatastrophe von Fukushima statt.

Geschichte

29. September 1957. In der Atomanlage Majak in der Sowjetunion explodiert ein riesiger Betontank gefüllt mit einer hochradioaktiven Flüssigkeit. Nach offiziellen Angaben sterben bei der Katastrophe etwa 200 Menschen.

1959. Im US-amerikanischen Atomkraftwerk Sodium Reactor Experiment (SRE) kommt es zu der ersten Kernschmelze in der Geschichte der Atomenergie.

1970. Der Energieminister bietet Wiktor Brjuchanow einen neuen Auftrag an – den Bau eines Atomkraftwerks bestehend aus vier RBMK-Reaktoren am Ufer des Prypjat in der Ukraine. Er tritt daraufhin von seiner bisherigen Stelle als stellvertretender Chefingenieur  im Wärmekraftwerk Slowjansk zurück.

Ursprünglich schlägt Wiktor Brjuchanow den Bau von Druckwasserreaktoren (PWAs) vor, doch diese Entscheidung stößt auf Widerspruch, da Sicherheits- und wirtschaftliche Gründe für den Bau von RBMK-Reaktoren angegeben werden, der schließlich durchgeführt wird. Mit fast 400 Millionen Rubel ist Brjuchanow für den Bau der Reaktoren von Grund auf verantwortlich.

Während des Baus werden Fristen aufgrund enger Zeitpläne, fehlender Baumaschinen und fehlerhafter Materialien versäumt.

Ab 1972. Der KGB unterhält bereits fünf Jahre bevor Reaktor 1 in Betrieb geht ein Netz von Agenten und sogenannten Vertrauensleuten unter den Arbeitskräften in Tschernobyl um Schwachstellen zu erkennen. Minutiös beobachten seine Leute, wer unter den Arbeitern in der Atomwirtschaft Westkontakte hat, wer „prozionistische Äußerungen“ tätigt, wer Mitglied einer religiösen Sekte ist und wie viele Ausländer sich in der Ukraine aufhalten.

Juli 1972. Die Anlage ist noch nicht fertig gebaut. Kraftwerksleiter Wiktor Brjuchanow bietet seinen Rücktritt an, was aber von seinem von der Partei ernannten Vorgesetzten des Energieministeriums abgelehnt wird.

9. Juli 1976. KGB Tschernobyl berichtet an KGB Kiew, von den 9.294 auf der Baustelle Beschäftigten seien „31 Personen deutschstämmig. Vier haben eine Vorstrafe wegen eines schweren Staatsverbrechens. 1 Person war im Untergrund der [nationalistischen] OUN. 2 sind Chinesen. 11 Personen haben Briefkontakt mit kapitalistischen Ländern“.

August 1976. Generalmajor Nikolay Wakulenko (KGB-Chef von Kiew) meldet die ersten Sicherheitsprobleme im Atomkraftwerk schon vor Betriebsbeginn des ersten Blocks. Er erklärt in einem internen Schreiben, man habe bei 182 Tonnen geschweißten Rohren Risse entdeckt. „Deswegen waren die Rohre nicht einsatzbereit und mussten an die Herstellerfirma zurückgeschickt werden.“

1. August 1977. In der Sowjetunion wird der Reaktorblock 1 des AKW Tschernobyl zwei Jahre später als geplant in Betrieb genommen. Es handelt sich um einen graphitmoderierten, wassergekühlten Siedewasserreaktor vom Typ RBMK 1000. Der Reaktorkern besteht aus 1659 Brennstoffelementen die insgesamt 190,2 Tonnen Kernbrennstoff enthalten.

27. September 1977. Um 20.10 Uhr läuft der erste Atomstrom der Ukraine über 110 und 330 Kilovolt-Leitungen in das sowjetische Stromnetz.

Januar 1979 und Februar 1981. Aus Reaktor 1 müssen insgesamt 120 Brennstoffkassetten vorzeitig entnommen werden.

28. März 1979. Die Atomkatastrophe von Three Mile Island beginnt.

April bis Ende 1980. Aus Reaktor 2 müssen insgesamt 58 Brennstoffkassetten wegen des Verdachts auf undichte Stellen herausgeholt werden. „In jüngster Zeit kommt es immer häufiger vor, dass man Brennstoffkassetten wegen des Verdachts auf undichte Stellen herausholen muss. Die Rede ist von 25 bis 30%“, schreibt Nikolay Wakulenko. Inzwischen würden die Kapazitäten des Abklingbeckens knapp. Der Grund: Für die maximale Stromausbeute sei die Produktion über die erlaubten Werte hinaus erhöht worden.

16. Oktober 1981. Zwischen 1977 und 1981 mussten die Reaktoren in Tschernobyl insgesamt 29-mal notabgeschaltet werden, meist aus technischen Gründen, aber 8-mal auch wegen menschlichen Versagens, meldet der ukrainische KGB. Und weiter: „Bei der Untersuchung der Reaktorschnellabschaltungen zeigte sich, dass die Elektroausrüstung einschließlich der Kontroll- und Messgeräte in ihrer Qualität nicht den Sicherheitsanforderungen entsprechen.“

9. September 1982. In einem Atomkanal kommt es zu einem Brand, weil nicht genug Kühlwasser durchfließt. Kraftwerksleiter Wiktor Brjuchanow ignoriert das radioaktive Leck, das auftritt, als Dampf durch einen von den Reaktoren 1 und 2 gemeinsam genutzten Entlüftungsstapel steigt, was auf mindestens ein gebrochenes Rohr hinweist. Die radioaktiven Verunreinigungen breiten sich vierzehn Kilometer von der Anlage entfernt aus. Teile von Prypjat werden verstrahlt. Dieser Unfall wird als einer der schwersten in der Geschichte der Atomenergie eingestuft. Er führt dazu, dass ein Evakuierungsplan für Prypjat ausgearbeitet wird.

5. Januar 1983. In einem Schreiben des KGB Pripjat an die vorgesetzte Dienststelle in Kiew heißt es, man habe „von Agent ʼOxanenkoʽ erfahren, dass bei einem Anfahren von Reaktor Nr. 2 fahrlässigerweise vergessen wurde, das Notkühlsystem einzuschalten. Dies hätte im Falle einer Havarie zu einem Totalausfall des Reaktors führen können.“

Dezember 1983. Die deutsche Fachzeitschrift Atomwirtschaft schreibt: „Die Verlässlichkeit von Tschernobyl ist sehr hoch“.

Die Internationale Atomenergieorganisation erwähnt vor der Atomkatastrophe von Tschernobyl auch den RBMK-Reaktortyp. In einer auf ihrer Website abrufbaren Publikation (IAEO Bulletin, Vol. 22, No. 2) spricht sie vom „ökonomisch vollumfänglich gerechtfertigten Bau“ dieses Reaktortyps und davon, dass mit recht geringem Aufwand (durch Erhöhung der Leistungsdichte im Kern) eine Leistungssteigerung von 1000 MW el. auf 1500 MW el. erzielbar sei.

Dezember 1983. Vor der Inbetriebnahme soll im Reaktorblock 4 im Atomkraftwerk Tschernobyl in einem Test ein vollständiger Stromausfall simuliert werden um damit nachzuweisen dass die Rotatonsenergie der Turbinen ausreicht damit die kurze Zeit bis zum Anspringen der Notstromaggregate überbrückt werden kann. Kraftwerksleiter Wiktor Brjuchanow verschiebt den Test jedoch, um den von der Regierung vorgegebenen Termin der Indienststellung am 31. Dezember 1983 einzuhalten. In diesem Jahr erhält er den Orden der Oktoberrevolution.

April 1984. Reaktorblock 4 von Tschernobyl wird angefahren.

13. August 1984. Agent ʼOxanenkoʽ warnt, die sinkende Qualität der Reparaturarbeiten an den Reaktoren führe zu Ausfällen der Technik und könne sogar zu Notabschaltungen führen.

1985. Ein im Block 3 des Kraftwerkes durchgeführter Versuch schlägt fehl, weil die Spannung zu schnell abfällt.

1986. Auf der Liste des KGB stehen nun 209 Personen.

Freitag, 25. April 1986, 1:06 Uhr. Der Atomreaktor in Block 4 des AKW Tschernobyl soll für eine Revision und für einen Test mit einem verbesserten Spannungsregler heruntergefahren werden. Dazu werden von der Bedienungsmannschaft am Abend die Sicherungssysteme außer Betrieb gesetzt. Die Leistung des Reaktors soll, wie bei einer Regelabschaltung üblich, vom Nennwert bei 3200 Megawatt auf 1000 Megawatt heruntergefahren werden.

Freitag, 25. April 1986, 13:05 Uhr. Wegen einer erhöhten Stromnachfrage kommt vom Lastverteiler in Kiew die Anweisung, den für Mittag geplanten Testlauf zu verschieben.. Die Leistungsabsenkung wird bei 1600 MW unterbrochen. Der Reaktor wird mit 50% seiner Leistungsfähigkeit konstant weiter betrieben. Turbogenerator 7 wird abgeschaltet. Im Reaktor bildet sich das neutronenabsorbierende Xenon-135. Es kommt es zu einer sogenannten Xenonvergiftung.

Freitag, 25. April 1986, 14:00 Uhr. Das Notkühlsystem wird abgeschaltet weil bei einem Notkühlsignal kein Wasser in den Reaktor gepumpt werden soll. Das Betriebspersonal vergisst nun, die Notkühlsysteme wieder zu aktivieren.

Freitag, 25. April 1986, 23:10 Uhr. Die Freigabe zu einer weiteren Leistungsabsenkung des Reaktors wird erteilt. Er soll nun auf 25% der Nennleistung heruntergefahren werden.

Samstag, 26. April 1986. Es ist ein schöner Frühlingstag in Prypjat, drei Kilometer entfernt vom AKW Tschernobyl.

Samstag, 26. April 1986, 0:00 Uhr. Der Reaktor wird von einer neuen Schichtmannschaft übernommen.

Samstag, 26. April 1986, 0:28 Uhr. Bei 500 MW erfolgt aus ungeklärten Gründen innerhalb der Reaktorleistungsregelung eine Umschaltung. Entweder durch einen Bedienfehler, durch den der Sollwert für die Gesamtleistungsregelung eventuell nicht richtig eingestellt wurde, oder wegen eines technischen Defekts sinkt die Leistung auf etwa 30 MW. Das ist etwas weniger als 1% der Nennleistung von 3200 MW. Eine gefährliche Situation, in der ein Wiederhochfahren der Anlage offiziell verboten ist, weil dies die Reaktivität des Reaktors extrem steigern würde.

Wie nach jeder Leistungsabsenkung erhöht sich die Konzentration des Isotops Xenon-135 im Reaktorkern („Xenonvergiftung“). Da Xenon-135 als Neutronengift die für die atomare Kettenreaktion benötigten Neutronen sehr stark absorbiert, nimmt aufgrund der Konzentrationszunahme die Reaktivität des Reaktors immer weiter ab. 

Obwohl der Betrieb auf diesem Leistungsniveau unzulässig ist (laut Vorschrift darf der Reaktor nicht unterhalb von 20 Prozent der Nennleistung betrieben werden, was 640 MW entspricht) und sich zu diesem Zeitpunkt außerdem viel weniger Steuerstäbe im Kern befinden, als für einen sicheren Betrieb vorgeschrieben sind, wird der Reaktor nicht abgeschaltet, sondern der Betrieb fortgesetzt.

Samstag, 26. April 1986, 0:32 Uhr. Die Betriebsmannschaft versucht die Leistung des Reaktors wieder anzuheben indem sie eine unzulässig hohe Anzahl Steuerstäbe ausfahren. Damit sinkt der Spielraum, die Kettenreaktion abzubremsen.

Wegen der Xenonvergiftung gelingt die Erhöhung der Leistung jedoch nur bis zu 200 MW, das sind etwa 7% der Nennleistung. Der Betrieb auf diesem Leistungsniveau ist jedoch unzulässig. Der Reaktor darf laut Vorschrift nicht unter 640 MW, 20% der Nennleistung betrieben werden. Der Reaktor wird jedoch nicht abgeschaltet. Das Experiment wird fortgesetzt obwohl sich weniger Steuerstäbe im Kern befinden, als für einen sicheren Betrieb vorgeschrieben sind.

Samstag, 26. April 1986, 1:03 Uhr / 1:07 Uhr. Im Normalbetrieb läuft beim Schließen der Turboeinlassventile das Kernnotkühlsystem an. Dieses ist jedoch für den Test abgeschaltet. Für den Versuch werden dafür nacheinander zur Simulation des Stromverbrauchs zwei zusätzliche Hauptkühlmittelpumpen in Betrieb genommen. Damit wird die Wärmeabfuhr aus dem Reaktorkern verbessert und der Dampfblasengehalt darin reduziert. Das wiederum bewirkt eine weitere Reaktivitätsabnahme.

Die (automatische) Reaktorregelung fährt deshalb weitere Steuerstäbe heraus. Jetzt sind nur noch 18 der insgesamt 211 Regelstäbe eingefahren. Der Reaktorzustand verschiebt sich weiter in den unzulässigen Bereich.

Der Operator muss automatische Sicherheitssysteme überbrücken und Warnanzeigen ignorieren, um das Experiment überhaupt fortführen zu können. Die Anlage ist in einem instabilen Zustand, der Druck schwankt. Dies wäre der letzte Moment, in dem der Reaktor durch Notabschaltung noch gerettet werden könnte.

Samstag, 26. April 1986, 1:15 Uhr. In der Musterstadt Prypjat schlafen die meisten der 48.000 Einwohner die kaum unter der Mangelwirtschaft zu  leiden haben die sonst in der Sowjetunion vorherrscht. Die Arbeit im AKW ist gut bezahlt. In Prypjat leben vor allem junge Familien. Es gibt viele Kindergärten und Schulen.

Samstag, 26. April 1986, 1:19 Uhr. Die Wasserzufuhr in den Reaktor wird erhöht, um so die Warnsignale zum Stand von Wasserspiegel und Druck zu deaktivieren, die zu einer Abschaltung führen würden. Diese Vorgehensweise ist laut Betriebsanleitung nicht verboten.

Einfahrweite der Steuerstäbe (grün) und der von
 unten eingefahrenen gekürzten Absorberstäbe
(gelb) in Zentimetern. Uhrzeit 01:22:30,
etwa 90 Sekunden vor der Explosion
Samstag, 26. April 1986, 1:22 Uhr. Der Reaktor hat sich scheinbar stabilisiert. Der Wasserpegel im Reaktor konnte auf 2/3 des vorgeschriebenen Wertes gesteigert werden.

Samstag, 26. April 1986, 1:23:04 Uhr. Der Stellvertretende Chefingenieur des Kraftwerks, Anatoli Stepanowitsch Djatlow, ordnet den Beginn des eigentlichen Testlaufs an. Schichtleiter Alexander Fjodorowitsch Akimow will den Test abbrechen, doch Djatlow treibt die Mannschaft weiter an: "Etwas beweglicher, meine Herren! Noch ein, zwei Minuten und alles ist vorbei!"

Wie für den Test vorgesehen, wird der Strom abgeschaltet. Die Turbinenschnellverschlussventile werden geschlossen und die Wärmeabfuhr aus dem Reaktor unterbrochen. Die Temperatur des Kühlmittels steigt an. Wegen dem positiven Dampfblasen-Koeffizienten kommt es Leistungsanstieg. Die automatische Reaktorregelung reagiert folgerichtig mit dem Einfahren von Steuerstäben. Infolge der relativ langsamen Einfahrgeschwindigkeit der Steuerstäbe kann die Leistung allerdings nicht stabilisiert werden, sodass der Neutronenfluss weiter ansteigt. Dies bewirkt einen verstärkten Abbau der im Kern angesammelten Neutronengifte (insbesondere Xenon-135). Dadurch steigen Reaktivität und Reaktorleistung weiter an, wodurch immer größere Mengen an Dampfblasen entstehen, die ihrerseits wieder die Leistung erhöhen. Die Effekte schaukeln sich so gegenseitig auf.

Samstag, 26. April 1986, 1:23:40 Uhr. Das Experiment gerät 36 Sekunden nach seinem Beginn außer Kontrolle, weil die Leistung des Reaktors unkontrolliert steigt. Alexander Fjodorowitsch Akimow (Schichtleiter) gibt Leonid Toptunow den Befehl, manuell den Knopf des Havarieschutzes auszulösen, Typ 5 (Notabschaltung des Reaktors). 

Alle Steuerstäbe werden dazu wieder in den Reaktor eingefahren. Die Steuerstäbe des Siedewasser-Druckröhrenreaktors vom Typ RBMK-1000 haben jedoch einen fatalen Konstruktionsfehler. An den Spitzen der Stäbe sind Graphitblöcke angebracht. Graphit ist der Hauptmoderator des Reaktors. Das gleichzeitige Einführen aller Stäbe erhöht daher innerhalb von Sekundenbruchteilen beim Einfahren die Reaktivität für eine kurze Zeit um den Wert eines halben Betas - das Hundertfache des Nennwertes - bis der Stab tiefer in den Kern eingedrungen ist.

Samstag, 26. April 1986, 1:23:44 Uhr. Durch das gleichzeitige Einfahren aller Steuerstäbe wird die Neutronenausbeute massiv gesteigert. Die Reaktivität ist nun so weit angestiegen dass die unmittelbar bei der Spaltung der Atomkerne freigesetzten prompten Neutronen alleine (also ohne die verzögerten Neutronen) für die Kettenreaktion ausreichen ("prompte Kritikalität"). Innerhalb von Sekunden führt das zu einer "atomaren Leistungsexkursion" auf mehr als 300.000 MW und überschreitet damit das Hundertfache des Nennwertes. Die Leistung kann in der Folge weder durch Schutzmechanismen, noch durch die Regeltechnik gesteuert und kontrolliert werden.

Die Temperatur im Reaktor steigt an und bringt das Kühlmittel zum verdampfen. Wasser, Graphit, Steuerstäbe und Brennstäbe erhitzen sich stark. Innerhalb der Brennelemente kommt es möglicherweise zu ersten Explosionen. 

Nachfolgend beginnen Druckröhren zu bersten, so dass die Reaktorauslegung überschritten wird, die maximal zwei gleichzeitig zerstörte Kanäle vorsieht. Die einfahrenden Steuerstäbe erreichen nicht die Endposition, sondern werden möglicherweise durch eine überdruckbedingte Verschiebung von Reaktorbauteilen blockiert.

Samstag, 26. April 1986, 1:23:58 Uhr. Die Brennelemente reißen. Bei Temperaturen über 2000 Grad Celsius schmilzt zunächst das Zirkonium mit dem die Brennelemente ummantelt sind. Der Graphit reagiert mit dem heißen Wasserdampf.

Das Zirkonium in den Ummantelungen der Brennstäbe wie auch der Graphit können mit dem heißen Dampf reagieren. Wasserstoff und Kohlenmonoxid entstehen in größeren Mengen und können aufgrund der Beschädigungen des Reaktorkerns entweichen. Unterhalb des Reaktorgebäudedeckels bilden diese mit dem Sauerstoff der Luft ein explosives Gemisch aus Knallgas und Wassergas, das sich vermutlich entzündet und zu einer zweiten Explosion nur Sekunden nach der atomaren Leistungsexkursion führt.

Welche Explosion zum Abheben des über 1000 Tonnen schweren Deckels des Reaktorkerns (biologischer Schild) führt, ist unklar. Augenzeugen berichten von zwei Explosionen binnen weniger Sekunden. Außerdem zerstören die Explosionen das (nur als Wetterschutz ausgebildete) Dach des Reaktorgebäudes, sodass der Reaktorkern nun nicht mehr eingeschlossen war und direkte Verbindung zur Atmosphäre hatte. 

Der glühend heiße, sieben Meter hohe Graphitblock im Reaktorkern fängt Feuer. Es kommt zu einer Kernschmelze. Ein Feuersturm bläst große Mengen radioaktiver Spaltprodukte, die aus der Kernschmelze austreten, in die Atmosphäre. Dabei sorgen die hohen Temperaturen des Graphitbrandes für eine Freisetzung in große Höhen.

Insbesondere die leicht flüchtigen Isotope Jod-131 (Halbwertzeit 8 Tage), Cäsium-134 (Halbwertszeit 2 Jahre) und Cäsium-137 (30 Halbwertszeit Jahre) bilden gefährliche Aerosole. Der heiße Luftstrom transportiert sie bis in 1200 Meter Höhe. Sie werden in einer radioaktiven Wolke teilweise Hunderte oder gar Tausende Kilometer weit nach Russland und weite Teile Europas getragen, bevor sie der Regen aus der Atmosphäre wäscht.

Radioaktive Stoffe mit höherem Siedepunkt werden hingegen vor allem in Form von Staubpartikeln freigesetzt, die sich in der Nähe des Reaktors niederschlagen. Insgesamt verbrennen während der folgenden zehn Tage 250 Tonnen Graphit, das sind etwa 15 Prozent des Gesamtinventars.

Zunächst ist die Reaktion auf den Unfall in Tschernobyl von einer Unterschätzung der Lage und von Desinformation geprägt. Alexander Fjodorowitsch Akimow (Schichtleiter) meldet an Nikolai Formin (Mitglied der Kraftwerksleitung), dass der Reaktor intakt geblieben ist.

Der Leiter der Chemieabteilung ruft Kraftwerksleiter Wiktor Brjuchanow an, um einen Vorfall auf der Station zu melden. Brjuchanow versucht, den Schichtleiter zu kontaktieren, aber im vierten Reaktorblock gibt es keine Antwort. Er befiehlt allen Behörden, sich im Bunker im Hauptquartier des Zivilschutzes zu treffen. In einem Bus, der am vierten Reaktorblock vorbeifährt, stellt Brjuchanow fest, dass die obere Struktur des Reaktors verschwunden ist.

Ohne Hochbereichsdosimeter haben die Beamten Schwierigkeiten festzustellen, ob eine Strahlenfreisetzung stattgefunden hat oder nicht, und wenn ja, wie viel Strahlung freigesetzt worden ist. Kraftwerksleiter Wiktor Brjuchanow, unterstützt von Manager Anatoli Stepanowitsch Djatlow und Chefingenieur Nikolai Fomin, befiehlt den Betreibern weiterhin, mehr Kühlwasser hinzuzufügen.

Aufgrund fehlerhafter Informationen von Djatlow bestreitet Kraftwerksleiter Wiktor Brjuchanow weiterhin, dass der Reaktorkern explodiert ist. Auch den Meldungen nach die an diesem Tag an Moskau übermittelt werden gibt es nur ein Feuer, der Reaktor ist in Ordnung und muss nur gekühlt werden. Dieser Umstand ist laut Grigori Medwedew die Hauptursache für die späte Evakuierung der Stadt Prypjat.

Samstag, 26.  April 1986,  3:00 Uhr.  Kraftwerksleiter Wiktor Brjuchanow wendet sich an Wladimir Marin, den für Atomangelegenheiten der Kommunistischen Partei zuständigen Beamten in seinem Haus in Moskau, um den Unfall zu melden und zu versichern, dass die Situation unter Kontrolle sei.

Samstag, 26. April 1986,  ca. 5:00 Uhr.  Block 3 wird abgeschaltet. Die Brände außerhalb des Reaktors konnten durch die Werksfeuerwehr gelöscht werden.

Samstag, 26. April 1986,  8:00 Uhr. Der radioaktive Rauch hat die Wolken kontaminiert. Obwohl überall Bruchstücke der Brennstäbe sowie Graphitelemente verstreut liegen und die Situation bei Tageslicht offensichtlich ist, beharren die Operatoren sowie die Kraftwerksleitung noch bis zum Abend des 26. April 1986 darauf, dass der Reaktor intakt sei und nur gekühlt werden müsse.

Erst als der Zivilschutz in Prypjat gefährlich hohe Strahlungsbelastungen misst und nach Moskau meldet, beruft Parteichef Michail Gorbatschow einen Krisenstab ein und entsendet Experten zum Unglücksort.

Samstag, 26. April 1986,  10:30 Uhr.  In Prypjat gibt es Gerüchte von einem Brand im AKW und Toten die es in der Nacht gegeben haben soll. Die Stadt liegt weniger als fünf Kilometer von dem Atomkraftwerk entfernt, in dem auch ein Großteil der Einwohner arbeitet. Offizielle Informationen gibt es nicht. Es wird nur die Anweisung gegeben, Iodtabletten einzunehmen und Fenster wie Türen zu schließen.

Samstag, 26. April 1986,  14:00 Uhr.  In Prypjat tauchen überall maskierte Soldaten auf. Die Strahlung wird gemessen. Sie hat am Abend das 600.000fache des Normalwerts erreicht. Innerhalb von 4 Tagen wäre die tödliche Dosis erreicht. Es gibt immer noch keine Informationen für die Bürger.

Samstag, 26. April 1986,  15:12 Uhr. Anatoli Rasskasov (Werksfotograf) macht aus einem Hubschrauber die ersten Bilder des zerstörten Reaktorblocks mit der radioaktiven Rauchfahne. Viele der Aufnahmen sind wegen der hohen Strahlung geschwärzt. Einen Teil der Abzüge behält er. Die anderen Fotos mit den Negativen übergibt er den Sicherheitsbehörden und dem Notfallstab. Einige Aufnahmen werden erst am 30. April 1986 retuschiert im sowjetischen Fernsehen gezeigt, um das Ausmaß des Unglücks weniger dramatisch darstellen zu können.

Wladimir Rodionowitsch Klitschko (Oberst der Luftwaffe) kommt nach Hause in Kiew - etwa 100 Kilometer im Süden von Tschernobyl - und sagt zu seiner Familie: "Eine große Katastrophe ist passiert. Ich darf euch aber nicht mehr verraten. Verlasst das Haus so wenig wie möglich". In den nächsten Wochen ist er dann beim Aufräumen und Sichern in Tschernobyl dabei und koordiniert die Hubschraubereinsätze. Dabei bekommt er eine hohe Strahlenbelastung ab.

Samstag, 26. April 1986, 16 Uhr. Boris Schtscherbina leitet die Regierungskommission zur Untersuchung der Unfallursachen und Beseitigung der Folgen. Die Mitglieder der Regierungskommission versammeln sich am Flughafen Moskau-Wnukowo, um auf Geheiß von Nikolai Ryschkow, dem Vorsitzenden des Ministerrates der UdSSR, nach Kiew abzureisen. Waleri Alexejewitsch Legassow lernt dort Boris Schtscherbina kennen.

26. April 1986, ca. 19 Uhr. Die Regierungskommission landet in Kiew. Dort rügt Boris Schtscherbina Oleksandr Ljaschko, den Vorsitzenden des Ministerrates der USSR. Dieser hat bereits, Schtscherbinas Meinung nach voreilig, Fahrzeuge zur möglichen Evakuierung Prypjats mobilisiert. Anschließend fährt die Kommission weiter in die Stadt Prypjat innerhalb der Unfallzone.  Schtscherbina möchte sich ein Bild der Lage machen.

26. April 1986, ca. 20 Uhr. Die Regierungskommission trifft in Prypjat ein. Waleri Alexejewitsch Legassow verbringt nun mehr als 60 Tage im Unfallgebiet. Er trifft die wichtigsten Entscheidungen, um unter anderem eine größere Explosion zu vermeiden, und informiert die Regierung und den Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU Michail Gorbatschow über die Situation in der Zone. Er berichtet seinen Kollegen und der Presse unmittelbar von den Sicherheitsrisiken des zerstörten Reaktors und fordert die sofortige Evakuierung der Stadt Prypjat.

Sonntag, 27. April 1986, 1:13 Uhr / 2:13 Uhr. Die Blöcke 1 und 2 werden abgeschaltet. Man unternimmt die ersten Schritte, um den havarierten glühenden Reaktorblock zu kühlen und weitere sich auftuende Probleme zu vermeiden. Man fängt an, mit 30 Hubschraubern, welche teils aus Afghanistan abgezogen werden, aus einer Höhe von 200 Metern in den Reaktorblock Sand und Borsäure zu werfen um die Freisetzung von Spaltprodukten  zu vermindern und den brennenden Graphit im Kern abzudecken.. Dies zeigt jedoch keine Wirkung und die Temperatur steigt. Daraufhin entscheidet man, auf Blei umzusteigen.

Insgesamt wird in den nächsten Tagen mit etwa 1800 Hubschrauberflügen folgendes abgeworfen:
  • Etwa 40 Tonnen Borcarbid um die Kettenreaktion zu unterbinden
  • Etwa 800 Tonnen Dolomit um den Graphitbrand zu unterdrücken und die Wärmeentwicklung zu verringern
  • Etwa 2400 Tonnen Blei um die Gammastrahlung zu verringern und eine geschlossene Schicht über dem schmelzenden Kern zu bilden
  • Etwa 1800 Tonnen Sand und Lehm um die radioaktiven Stoffe zu filtern.
Das Kühlwasser aus dem zerstörten Reaktor und das Löschwasser sammeln sich wegen der zerbrochenen Leitungen in den Räumen unterhalb des Reaktors. Dort wird es stark kontaminiert und strahlt mit ungefähr 10 Gray pro Stunde (1000 Röntgen pro Stunde). Es droht in Berührung mit der lavaartigen Masse aus Brennstäben, Graphit und Beton zu kommen, was zu einer Dampfexplosion führen könnte. Man entschließt sich deshalb, das Wasser mit Hilfe der Feuerwehr aus Prypjat abzupumpen.

Zudem entscheidet man sich, mit der Hilfe von eilig nach Tschernobyl verlegten Bergleuten einen 150 Meter langen Zugang vom dritten unter den vierten Reaktorblock zu graben und dort eine Kammer mit einem Rauminhalt von 4500 m³ auszuheben, um eine komplexe Kühlanlage zu installieren. Letztlich wird diese Kammer mit Beton ausgefüllt, denn man möchte vermeiden, dass die Strahlung das Grundwasser um den Reaktor, das die gesamte Ukraine versorgt, verseuchte. Als weitere Maßnahmen reißt man alle kleinen Dörfer um Prypjat ab und versucht, einen Großteil der Tiere zu töten.

Sonntag, 27. April 1986, ca. 11:00 Uhr. In Prypjat treffen plötzlich 1000 Busse ein. Die gesamte Stadt soll ungefähr 30 Stunden nach dem Super-GAU evakuiert werden. Auf Boris Schtscherbinas Befehl hin wird eine kurze Radionachricht gesendet, in der die Bevölkerung von Prypjat aufgefordert wird, sich auf eine dreitägige Abwesenheit einzurichten. Der Aufruf der Stadtverwaltung beginnt mit "Achtung, Achtung! Verehrte Genossen!"  Nur Ausweise, Lebensmittel und das Nötigste für eine "zeitweilige Evakuierung darf mitgenommen werden. Kaum einer sieht seine Wohnung wieder. Die Einwohner haben etwa 2 Stunden Zeit zum Packen ihrer Sachen. Niemand sagt jedoch wie schlimm die Lage ist. Während dessen richten sich die Experten dort – zunächst ohne jegliche Schutzmaßnahmen gegen die radioaktive Belastung – ein.

Sonntag, 27. April 1986, 14:00 Uhr. Die Evakuierung Prypjats beginnt. Sie wird mit ca. 1200 Bussen innerhalb von zweieinhalb Stunden durchgeführt. 180.000 Menschen werden aus der 30-Kilometer-Zone um das AKW herum in Sicherheit gebracht. Es wird später allgemein kritisiert, dass Boris Schtscherbina die Bewohner der Stadt erst 36 Stunden nach dem Reaktorunfall evakuieren lässt. Dadurch werden viele Anwohner einer hohen Strahlung ausgesetzt und leiden an Spätfolgen.

Sie waren einer Strahlung ausgesetzt die bei vielen in den kommenden Jahren tödliche Krebsleiden hervorrufen wird. Die Bevölkerung in den umliegenden Gebieten wird aber nach wie vor nicht über die Gefahr in Kenntnis gesetzt, da man eine Panik vermeiden möchte. In Kupoi in Nordfinnland und im Nordosten Polens wird stark erhöhte Strahlung gemessen die wahrscheinlich aus einem AKW in der Sowjetunion freigesetzt wurde. Die Bevölkerung in den umliegenden Gebieten wird aber nach wie vor nicht über die Gefahr in Kenntnis gesetzt, da man eine Massenpanik vermeiden möchte.

Montag, 28. April 1986, 9:00 Uhr. Im mehr als 1200 Kilometer entfernten Atomkraftwerk Forsmark in Schweden wird wegen erhöhter Radioaktivität auf dem Gelände automatischer Alarm ausgelöst. Auch Messungen, die an der Arbeitskleidung der Angestellten durchgeführt wurden, ergeben erhöhte radioaktive Werte. Danach lösen weitere Messstationen in ganz Skandinavien wegen hoher Radioaktivität auch Alarm aus. Verdächtigt wird wegen der Windrichtung zu dem Zeitpunkt eine atomtechnische Anlage in der Sowjetunion und es wird in Moskau nachgefragt, ob dort Ursachen bekannt seien.

Montag, 28. April 1986, 19:32 Uhr MEZ. Die Deutsche Presseagentur (dpa) gibt eine Eilmeldung an die Nachrichtenredaktionen in der BRD heraus, laut der an einem Atomreaktor ein Schaden aufgetreten ist.

Montag, 28. April 1986, 21:00 Uhr. Nachdem die sowjetischen Behörden zunächst eine Nachrichtensperre erlassen hatten, meldet die amtliche Nachrichtenagentur TASS erstmals einen „Unfall“ im Kernkraftwerk Tschernobyl. 

Montag, 28. April 1986, 21:30 Uhr.  In der Nachrichtensendung Wremja wird eine Meldung verlesen, dass der Reaktor in Tschernobyl beschädigt sei und man „Maßnahmen zur Beseitigung der Folgen der Havarie“ ergriffen habe. Den Betroffenen wird geholfen. Eine Regierungskommission wurde eingerichtet.

"Moscow April 28 TASS - An accident hast occured at the Chernobyl atomic power plant as one of the atomic reactors was damaged. Measures are being undertaken to eliminate the consequences of the accident. Aid is being give to those affected. A Government comission has been set up."

Dienstag, 29. April 1986. Die Sowjetunion (UdSSR) räumt zum ersten Mal eine "Katastrophe" in Tschernobyl ein und meldet zwei Todesopfer. Die Anwohner des AKWs würden evakuiert. In Stockholm und Bonn wird von sowjetischen Botschaftsangehörigen angefragt, was man bei einem Graphitbrand in einem AKW machen könnte.

Internationale Medien berichten erstmals ausführlicher über den Unfall, verfügen aber über kein Bild- oder Filmmaterial vom Unglücksort. Der Spiegel titelt: Angst, Angst, Angst". Die taz schreibt: "Das Entsetzliche wird verharmlost". Die Süddeutsche kritisiert die Informationspolitik der Moskauer Regierung: "Dichthalten, so lange es geht".

US-Militärsatelliten liefern ab dem Nachmittag erste Aufnahmen und Informationen, die allerdings der Öffentlichkeit vorenthalten werden.

In Bonn versichern Heinz Riesenhuber (CDU - Bundesforschungsminister) und Friedrich Zimmermann (CSU - Bundesinnenminister) dass ein ähnlicher Unfall in einem AKW in der BRD wegen der unterschiedlichen Sicherheitskonzepte völlig ausgeschlossen ist.

Mittwoch, 30. April 1986. Von der Sowjetunion werden Berichte über Tausende Tote dementiert. Die Luft und das Wasser von Kiew waren deren Aussage nach in Ordnung. Im sowjetischen TV (später auch in der Tagesschau) wird zum ersten Mal ein Foto vom Ort der Katastrophe gezeigt. Das Bild von Anatoli Rasskasov ist jedoch retuschiert worden.

Die radioaktive Wolke erreicht Süddeutschland. Die deutsche Bundesregierung erklärt jedoch dass die bisherigen Messungen keinen nennenswerten Anstieg der Radioaktivität ergeben hätten. Es besteht keine Gefahr für Leben und Gesundheit. Im Laufe des Tages zieht die Strahlenwolke weiter und es werden auch in Österreich und der Schweiz erhöhte Strahlenwerte gemessen.

In der DDR ist man der Meinung dass "besondere Vorsichtsmassnahmen ausserhalb der Sowjetunion nicht notwendig sind". Erich Honecker (Staatschef der DDR) spuckt grosse Töne weil es in der DDR "keine Hysterie" gibt.

Frühjahr 1986. Als Reaktion auf die Atomkatastrophe bieten US-amerikanische Hämatologen der University of California in Los Angeles wenige Tage nach dem Ereignis ihre Hilfe an und, mit Hilfe der politischen Vermittlung von Armand Hammer, führt ein von ihnen entsandtes Transplantationsteam unter Leitung von Robert P. Gale, Richard E. Champlin, Paul Terasaki und Yair Reisner im Moskauer Krankenhaus Nummer 6 in Zusammenarbeit mit sowjetischen Hämatologen Knochenmarktransplantationen an Strahlenopfern aus Tschernobyl zur Behandlung der das Blut schädigenden Strahlenkrankheit durch, allerdings mit nur mäßigen Heilerfolgen.

Mai 1986. Die Lebensmittelgruppe Rewe vernichtet allein in diesem Monat unverkäufliche Milchprodukte und Frischgemüse im Wert von rund 3 Millionen DM.

Anti-Atom-Protest am 1. Mai 1986 in Berlin
Donnerstag, 1. Mai 1986. Während der Feierlichkeiten zum 1. Mai befanden sich besonders viele Menschen im Freien, ohne über die Gefahr informiert zu sein.

Der französische Erderkundungssatellit Spot 1, der erst im Februar 1986 in die Erdumlaufbahn gebracht worden ist liefert den internationalen Fernsehmedien Aufnahmen von Infrarotbildern mit der atomaren Rauchfahen über dem Atomreaktor.

Eine weitere Welle der Strahlenwolke trifft in Süddeutschland ein. Durch starke Regenfälle lagert sich der radioaktive Fallout ab. Festgestellt werden vor allem Jod-131 mit einer Halbwertszeit von 8 Tagen und Cäsium-137 mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren.

Freitag, 2. Mai 1986. Sowjetische Vertreter bei der Internationalen Atomenergiekommission (IAEO) in Wien teilen mit dass die Kettenreaktion in Tschernobyl zum Stillstand gebracht und der Reaktor abgeschaltet worden sein soll.

In Deutschland werden von Bund und Ländern erste Sofortmaßnahmen ergriffen. Frischmilch darf nur bis zu einer gewissen Jod-Belastung pro Liter verkauft werden. Später wird auch vor Gemüse gewarnt. Aus den osteuropäischen Ländern wird der Import eingeschränkt. Die Behörden schätzen die Probleme von "unbedenklich" bis zur "Katastrophengrenze" ein.

Im DDR-TV wird die Berichterstattung im Westen von zwei "Atomexperten" als "Panikmache" und "Kampagne der Verteufelung der friedlichen Nutzung der Kernenergie in der Sowjetunion" bezeichnet. Tschernobyl diente nach der Aussage von Karl Lanius (Direktor des Instituts für Hochenergiephysik der Akademie der Wissenschaften in Zeutern) nur der Energieversorgung und nicht der Plutoniumgewinnung zu militärischen Zwecken.

Samstag, 3. Mai 1986. Boris Jelzin, der Chef der Kommunistischen Partei Moskaus schiebt die Schuld auf menschliches Versagen. Er protestiert gegen die "Schreckensgeschichten" der westlichen Medien die das Reaktorunglück als "Sensation ausschlachten". Die Strahlung des Reaktors soll der Aussage der sowjetischen Regierung nach gesunken sein. Zu beklagen sind offiziell 2 Todesopfer und 197 Verletzte. 18 Verletzte befinden sich offiziell in einem "kritischen Zustand".

In der BRD werden die Lebensmittelkontrollen werden ausgeweitet. In den folgenden Tagen wird tonnenweise belastetes Freilandgemüse beschlagnahmt. Tausende Atomkraftgegner protestieren unter dem Motto "Tschernobyl ist überall" gegen die Energiepolitik der deutschen Regierung. Sie fordern die sofortige Abschaltung aller AKWs.

LANDSAT-Satelliten liefern erstmals Aufnahmen, die allerdings sehr ungenau sind und keine Aufschlüsse über das Ausmaß der Katastrophe zeigen können.

Nachdem Prypjat am 27. April 1986 evakuiert worden ist, erfasste der nächste Evakuierungs-Schritt bis zum 3. Mai 1986 sämtliche Einwohner aus einem Umkreis von zehn Kilometer um den Reaktor.

Die Wolke erreicht Frankreich.

Tage nach der ersten Explosion
werden weiterhin Dampfwolken
erzeugt
Sonntag, 4. Mai 1986. Es wird unterhalb der Anlage begonnen, gasförmigen Stickstoff einzublasen, um so das Feuer zu ersticken. Zunächst hat dies den Nebeneffekt, dass die Wärme im Kern ansteigt und so auch mehr radioaktive Partikel hinausgeblasen werden.

Weitere 116.000 Menschen werden  aus dem Gebiet 30 km um den Reaktor evakuiert. In den folgenden Jahren werden nochmals 210.000 Einwohner umgesiedelt. Später beträgt die Sperrzone 4300 Quadratkilometer, was einem Kreis mit dem Radius von 37 km entspricht.

Die Strahlung in der Luft in Deutschland geht zurück. Im Boden steigt sie an. Es wird empfohlen Kinder nicht auf Wiesen und in Sandkästen spielen zu lassen. Bauern sollen die Kühe im Stall halten. Freilanderzeugnisse sollen nicht verkauft werden. Die Zahl der Anti-Atomkraft-Demos in der BRD steigt weiter an.

Montag, 5. Mai 1986. Hans Blix, Direktor der IAEO, besucht auf Einladung von Gorbatschow Tschernobyl und besichtigt bei einem Hubschrauberflug den havarierten Reaktor. Auf einer Pressekonferenz in Moskau kündigen Blix und die sowjetischen Verantwortlichen öffentlich eine internationale Konferenz zum Tschernobyl-Vorfall in Wien an, auf der die Sowjetunion alle verfügbaren Informationen zur Verfügung stellen möchte.

Der Spiegel berichtet unter dem Titel "Mörderisches Atom" über den Super-GAU.

Dienstag, 6. Mai 1986. Die Freisetzung von Spaltprodukten ist weitgehend unterbunden. Unter dem Reaktor wird nun ein Stickstoffkühlsystem eingebaut.

Von Kommission der Europäischen Gemeinschaft wird dem Ministerrat ein Einfuhrstopp für Nahrungsmittel aus den Ostblockländern empfohlen. In der BRD wird von mehreren Bundesländern der Verkauf von Freilandgemüse verboten und die Benutzung von Sportplätzen untersagt.

Die Radioaktivität hat sich nun bis nach Nordamerika ausgebreitet.

Donnerstag, 8. Mai 1986. Von der Bonner Strahlenschutzkommission wird "Teilentwarnung" für die Cäsiumwerte gegeben. Spinat und Salat müssen nicht auf Sondermülldeponien gebracht werden.

Der ukrainische KGB meldet, man habe durch eine Überwachung von Telefongesprächen und Briefen sechs Fälle einer unerwünschten Weitergabe von Informationen aufgedeckt.

Freitag, 9. Mai 1986. Nach der Rückkehr aus Tschernobyl berichtet eine Delegation der IAEO dass der Reaktorbrand gelöscht sei und der Reaktor einen Betonmantel erhalten soll.

Sonntag 11. Mai 1986. Alexander Fjodorowitsch Akimow (Schichtleiter im AKW Tschernobyl) stirbt zwei Wochen nach dem Unfall im Alter von 33 Jahren an akuter Strahlenkrankheit. Er bekam eine Strahlenbelastung von 15 Gray ab.

Montag, 12. Mai 1986.  Obwohl sich die Bodenwerte noch nicht überall normalisiert haben gibt die Bundesregierung Strahlungsentwarnung. Die Bevölkerung kann demnach zu normalen Lebens- und Essgewohnheiten zurückkehren.

Dienstag, 13. Mai 1986. Von der Sowjetunion wird bekannt gegeben dass die Kernschmelze kurz davor war in die Erdkruste durchzubrennen und gerade noch rechtzeitig abgekühlt werden konnte.

In Deutschland streitet sich das Bundesgesundheitsministerium mit den Ländern um die Grenzwerte für Lebensmittel. Von den Bauern, vom Einzelhandel und von der Lebensmittelindustrie werden Entschädigungen gefordert.

Mittwoch, 14. Mai 1986. Michail Gorbatschow (Generalsekretär der Kommunistischen Partei) wagt sich mit einer Fernsehansprache zur Katastrophe an die Öffentlichkeit und stimmt die Menschen auf die Bewältigung der Folgen des Unglücks ein.. Er beginnt seine Rede: "Wie Sie alle wissen hat uns kürzlich ein Unheil ereilt - die Havarie im Atomkraftwerk Tschernobyl. Wir sind zum ersten Mal wirklich mit einer solch schrecklichen Kraft wie der Atomenergie, die außer Kontrolle geraten ist, konfrontiert". Er hat offensichtlich den GAU von Majak vergessen.

2 Mitarbeiter vom AKW Tschernobyl sollen durch die Explosion getötet worden sein, 299 mit der Diagnose Strahlenkrankheit in Krankenhäuser gebracht worden sein. 7 davon sind laut Gorbatschow gestorben.

Die meisten Sowjetbürger empfinden es nur noch als Hohn dass Gorbatschow, der als Begründer von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) eine bürgernahe Zeitwende verkündete, sie nicht rechtzeitig über die Strahlengefahr informiert hat.

Um diese Zeit wird damit begonnen, zur Versiegelung des havarierten Reaktors und zur Säuberung des stark belasteten Umkreises des Kraftwerks eine große Zahl von Helfern nach Tschernobyl zu transportieren. Die sogenannten Liquidatoren, welche unter dem Oberbefehl von General Nikolai Tarakanov jeweils nur für kurze Zeit unter lebensgefährlichen Bedingungen tätig sind, haben nun die Aufgabe, das restliche Gebiet zu dekontaminieren. Die Liquidatoren werden zum Teil unter den aus der 30-km-Sperrzone Evakuierten rekrutiert, es sind jedoch auch u. a. Soldaten und Reservisten im Einsatz.

Freitag, 16. Mai 1986. Die deutschen Behörden geben Entwarnung für Spinat, Salat, Schnittlauch und Milch. Wenige Wochen nach dem Unfall beklagt der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß eine "Lawine der Irrationalität" in Deutschland und warnt vor einem Ausstieg aus der Atomkraft. Dies sei der Todesstoß für unsere Wirtschaft, erklärt Strauß.

In der sowjetischen Presse werden die Feuerwehrleute der ersten Stunde als Helden gefeiert. In einer als streng geheim eingestuften ersten Analyse der Katastrophe beschreibt dagegen eine bei der ukrainischen Akademie der Wissenschaften angesiedelte Kommission, was die Katastrophe für die Bevölkerung bedeutet: „Was uns beunruhigt, sind die Nebenwirkungen der Radioaktivität auf das Immunsystem und das Knochenmark. Eine Schwächung des Immunsystems kann zu einer Häufung von Infektionskrankheiten führen, kann chronische Entzündungsprozesse verschärfen. Betroffen davon sind vor allem Kinder zwischen 10 und 12 Jahren und ältere Menschen. In der Folge der Wirkung auf das Knochenmark kann es zu einer Anämie kommen, in 1 bis 3 Jahren zu vermehrt auftretenden Leukämien.“ Davon ausgehend könne man „schlussfolgern, dass sich die Krebserkrankungen in den nächsten 5–6–8–10 Jahren verdoppeln oder verdreifachen werden. Man kann ebenfalls davon ausgehen, dass die Lebenserwartung in der Ukraine um 1–2 Jahre sinken wird“. Auch von absehbaren Missbildungen und einer gestörten Entwicklung von „Kindern, die jetzt 5–12 Jahre alt sind,“ ist die Rede.

19. Mai 1986. Der Ukrainische KGB meldet, man habe herausgefunden, dass drei hochrangige Polizisten und Militärs „vor ihren Untergebenen panische Gespräche zugelassen haben“. Als Gegenmaßnahme habe man den Telefonbetrieb von der automatischen auf manuelle Vermittlung umgeschaltet.

Aufnahme aus dem Hubschrauber
(1986)
Dienstag, 20. Mai 1986. Wegen der Strahlung der AKW-Ruine ist eine Annäherung unmöglich. Der Reaktor wird untertunnelt und dann mit Stickstoff gekühlt.

Die nächste große Gegenmaßnahme besteht darin, das Dach des vierten Reaktorblockes von hoch verstrahltem Material zu reinigen. Dies ist der erste Schritt, langfristigen Schutz gegen die Strahlung zu gewähren. Über dem havarierten Reaktor wird ein Sarkophag aus Stahl und Beton gebaut, mit Hilfe von Hubschraubern und Kränen, welche mit Stahl- und Bleiplatten vor der Strahlung geschützt werden. Die Arbeiten auf dem Dach des Reaktors, wo die Strahlenbelastung am größten ist, sollen zuerst von ferngesteuerten Fahrzeugen erledigt werden. Nachdem diese jedoch unter den extremen Bedingungen versageen, kommen auch hier Menschen zum Einsatz.

Laut offiziellen Angaben liegen 97 % der Brennstäbe begraben unter dem Sarkophag; dennoch wird diese Angabe bezweifelt, da schon bei der Explosion mehr als 3 % von deren Masse aus dem vierten Reaktorblock geschleudert wurde. Der Ingenieur Konstantin Tschetscherow unternimmt nach eigenen Angaben mehrmals Operationen unter dem Sarkophag.

Prypjat gilt nun offiziell als vollständig evakuiert.

21. Mai 1986. Der KGB schreibt: Mit mehreren Personen, die „verleumderische Hirngespinste über die Katastrophe verbreiten", habe man „klärende Gespräche geführt und sie verwarnt“.

Sonntag, 15. Juni 1986. Die Betriebsleitung des AKWs von Tschernobyl wird teilweise wegen Versagens entlassen. Vom neuen Direktor wird die Wiederinbetriebnahme der zwei unbeschädigten Blöcke bekanntgegeben.

18. Juli 1986. Der KGB warnt die Kommunistische Partei der Sowjetunion, dass ausländische Geheimdienste versuchten, etwas über die Folgen der Katastrophe zu erfahren, und berichtete, dass man Versuche von US-Diplomaten verhindert habe, Bodenproben zu entnehmen.

Samstag, 19. Juli 1986. Laut der Bilanz des sowjetischen Politbüros war die Unglücksursache grobe Fahrlässigkeit des Bedienungspersonals. 28 Menschen sind offiziell gestorben, von 208 Verletzten sollen noch 30 im Krankenhaus sein.

25. bis 29. August 1986. Waleri Alexejewitsch Legassow präsentiert den Bericht der sowjetischen Delegation auf einem Sondertreffen der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) in Wien.

15. September 1986. Die Strahlenschutzkommission in Bonn teilt mit, die Kontamination der Lebensmittel in der Bundesrepublik durch Radioaktivität sei bis auf wenige Ausnahmen stark zurückgegangen.

Montag, 29. September 1986. Block I mit "wichtigen Änderungen umgerüstet" wird wieder eingeschaltet.

Samstag, 15. November 1986. Der 61 Meter hohe "Betonsarg" um den Katastrophenreaktor ist fertiggestellt. Er besteht aus 7000 Tonnen Stahl und 410.000 Kubikmetern Zement. Er gilt als Provisorium und soll mindestens 30 Jahre verhindern dass Radioaktivität austritt. Tatsächlich ist er schon nach kaum zehn Jahren nicht mehr richtig dicht. Bis zu 800.000 Liquidatoren sollen bei der hohen Strahlenbelastung ohne Schutzkleidung am Bau des Sarkophags im Einsatz gewesen sein.

Um den radioaktiven Staub auf dem Boden zu binden, wurde um den Reaktor mit Hubschraubern eine klebrige Substanz auf Polymerbasis verteilt, der man den Namen Burda (russisch für „dünne Brühe“) gab. In den Siedlungen wurden die Dächer aller Gebäude gesäubert. Auf dem Reaktorgelände wurden 300.000 m³ kontaminierte Erde abgetragen, in Gräben geschoben und mit Beton versiegelt.

11. Dezember 1986. Der Deutsche Bundestag verabschiedet das Strahlenschutzvorsorgegesetz (StrVG), zum Schutz der Bevölkerung, die Radioaktivität in der Umwelt zu überwachen und die Strahlenexposition der Menschen und die radioaktive Kontamination der Umwelt im Falle radioaktiver Unfälle oder Zwischenfälle so gering wie möglich zu halten.

13. Dezember 1986. Von der sowjetischen Führung wird die "heldenhafte Arbeit" der letzten Monate gelobt. Durch die Stahlbetonhülle um den Reaktor wäre die "Quelle der radioaktiven Gefahr für immer versiegelt".

1987. Ex-Kraftwerksdirektor Wiktor Petrowitsch Brjuchanow und fünf leitende Mitarbeiter werden zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Italien legt seine Atomkraftwerke still.

Im Album Liebe, Tod & Teufel der österreichischen Musikgruppe EAV wird das in Reaktion auf die Atomkatastrophe entstandene Lied Burli veröffentlicht.

9. Februar 1987.  Das WDR geruht sich den Politik-Thriller "Gambit" auszustrahlen. Es geht in dem Film darum dass Bonn in der Hand atomarer Erpresser ist. Das Pikante daran ist dass der Film zunächst einmal nach der Katastrophe von Tschernobyl abgesetzt und offenbar wegen der anstehenden Bundestagswahl von dem Öffentlich Rechtlichen Sender in der Schublade gehalten wurde.

Ende 1987. Wissenschaftler des Instituts für Agrarökologie und Biotechnologie fangen in Kiew eineinhalb Jahre nach der Atomexplosion nur fünf Kilometer vom havarierten Reaktor entfernt vier Rinder ein, die der Evakuierung entkommen sind. Den auf den Namen „Uran“ getauften Stier und die drei Kühe „Alpha“, „Beta“ und „Gamma“ füttern die Forscher mit radioaktiv belastetem Gras und Heu aus der Zehn-Kilometer-Zone rund um den Reaktor. 1990 gibt es den ersten Nachwuchs und in der vierten Rindergeneration nach der Havarie sind im Erbgut praktisch keine Veränderungen mehr zu sehen. Offenbar sortiert die Natur das durch die radioaktive Strahlung fehlerhafte Erbgut rasch wieder aus.

1988. Die UdSSR verbietet es Ärzten, diagnostizierte Krankheiten in Verbindung mit der radioaktiven Verseuchung zu bringen.

1990. Der Film Raspad – Der Zerfall wird bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig vorgestellt und erhält die Goldmedaille des Präsidenten des italienischen Senats.

1991. Von Wissenschaftlern Japans und der USA wird in "Nature" behauptet dass es keinen kausalen Zusammenhang zwischen der radioaktiven Strahlung und Schilddrüsenkrebs (vor allem durch Jod-131 mit einer Halbwertszeit von 8 Tagen) geben würde. Dabei wird ignoriert dass es für die Zeit für 1986 keine Daten vorhanden sind. Die statistische Relevanz wurde dann 20 Jahre später festgestellt weil der Kurvenausschlag wieder verschwand.

Zur Entschädigung der Opfer des Reaktorunglücks wird ein Gesetz verabschiedet. Es wird jedoch später kaum umgesetzt.

Für Turner Home Entertainment entsteht das TV Drama Tschernobyl – Die letzte Warnung unter der Regie von Anthony Page.

Im Inneren des havarierten Tschernobyl-Reaktors wird ein schwarzer Pilz der Gattung Cladosporium sphaerospermum entdeckt, der sich in dem Gebäude eingenistet hat. Er ernährt sich offenbar von der Strahlung und kann sie in Energie umsetzen.

September 1991. Wiktor Brjuchanow wird vorzeitig aus der Haft entlassen. Nach seiner Freilassung arbeitet er weiterhin im Atomkraftwerk Tschernobyl als Leiter der technischen Abteilung.

Oktober 1991. Wegen einem Großbrand in der Turbinenhalle muss der zweite Reaktor des AKWs abgeschaltet werden.

24. Oktober 1991. Die Ukraine erklärt sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion als unabhängig.

1992. Die Ukraine veranstaltet mit einer französischen Firma einen Konzeptwettbewerb um Ideen für eine langfristige Lösung für den Unglücksblock 4 zu finden. Bereits nach kurzer Zeit fällt die Entscheidung für eine komplette Schutzummantelung von Block 3 und Block 4. Weil dazu aber auch die Abschaltung des aktiven Block 3 notwendig gewesen wäre wird dieser Plan verworfen. Die Kosten würden 3 bis 4 Mrd US-Dollar betragen.

13. April 1995. Der ukrainische Präsident Leonid Kutschma gibt nach einem Treffen mit Vertretern der Europäischen Kommission in Kiew bekannt dass die Ukraine bereit sei im Jahr 2000 Tschernobyl stillzulegen.

Dezember 1995. Von der Ukraine und den G7-Staaten wird auf einem Treffen in Ottawa (Kanada) ein Abkommen zur Stillegung von Tschernobyl unterschrieben. Es werden Zahlungen in Höhe von 2,3 Mrd. US-Dollar zur Schliessung des AKWs vereinbart.

Caesium-137-Kontamination im Jahr 1996 in
Weißrussland, Russland und der Ukraine
in Kilobecquerel pro Quadratmeter
November 1996. Der Reaktorblock 1 muss wegen einer Sicherheitspanne heruntergefahren werden. Es ist nur noch Block 3 in Betrieb.

1997. In Deutschland zeigt die Sterblichkeit von Neugeborenen einen deutlichen Anstieg nach Beginn der Katastrophe von Tschernobyl. Ähnliche Anstiege bei der Säuglingssterblichkeit aus Polen und Kiew kommen zum selben Ergebnis.

Juni 1997. Die G7-Staaten sagen 350 Millionen Dollar für einen neuen Sarkophag zu. Die Gesamtkosten des Projekts werden auf 760 Millionen Dollar geschätzt.

November 1997. In New York werden 780 Millionen Deutsche Mark (etwa 390 Mio Euro) zum Wiederaufbau des wegen der harten Strahlung sehr schnell verfallenden Sarkophags gesammelt. Die Kosten werden auf etwa 1,7 Mrd. Mark (850 Mrd. Euro) geschätzt.

April bis Mai 1999. Der Sarkophag wird restauriert.

April 2000. Der ukrainische Präsident Leonid Kutschma bestätigt die Abschaltung des AKWs im Jahr 2000. Er nennt aber kein konkretes Datum.

Juni 2000. Anlässlich eines Besuchs des US-amerikanischen Präsidenten Bill Clinton wird von Präsident Kutschma der 15. Dezember 2000 als Datum für die Stillegung bekanntgegeben.

5. Juli 2000. Geberkonferenz in Berlin: Es werden 90 Prozent der erforderlichen Geldmittel für den Bau eines zweiten Sarkophags eingeworben.

November bis Dezember 2000. Techniker bereiten die Abschaltung des AKW Tschernobyl vor.

15. Dezember 2000. Das AKW Tschernobyl wird auf Drängen der Europäischen Union endgültig abgeschaltet. Die komplette Stillegung des AKWs wird 30 bis 100 Jahre dauern. Die Ukraine erhält dafür Ausgleichszahlungen.

2001. Nach einem Waldbrand bei Tschernobyl wird in Freiburg leicht erhöhte Radioaktivität gemessen.

4. September 2003. Die Bäume im Umkreis von Tschernobyl passen sich offenbar an die verstrahlte Umwelt an indem sie ihr Erbgut verändern. Die Methylierung wurde etwa um 30% gegenüber Bäumen aus einem gesunden Umfeld gestärkt.

24. August 2005. Die Wildschweine in Bayern strahlen immer stärker. Der gemessene Mittelwert der radioaktiven Kontamination lag 2004 bei 6.700 Becquerel Radiocäsium / Kilogramm. Ursache sollen Hirschtrüffel sein. In den Hirschtrüffeln wurden 24.700 Becquerel / kg gemessen.

September 2005. Die Folgen der Atomkatastrophe werden nach wie vor sehr kontrovers erörtert. Ein nun veröffentlichter Report des Tschernobyl-Forums beschreibt die gesundheitlichen, ökologischen und sozioökonomischen Auswirkungen aus der Sicht der Mitglieder dieses Forums.

Sarkophag des 4. Blocks im März 2006
2006. Die schweizerische Stadt Thun führt eine Gedenkausstellung mit Unterstützung der Botschafter der Ukraine, Russland und Weissrussland durch.

2006. Laut WHO und IAEO starben an den Folgen akuter Strahlenkrankheit knapp 50 Menschen. In den drei am stärksten betroffenen Ländern sei aufgrund der erhöhten Strahlenexposition mit etwa 9000 zusätzlichen tödlichen Krebs- und Leukämieerkrankungen zu rechnen. Für Gesamteuropa schätzt Elisabeth Cardis 2006 ab, dass bis 2065 mit etwa 16.000 Schilddrüsenkrebserkrankungen und 25.000 sonstigen zusätzlichen Krebserkrankungen zu rechnen ist.

Unter der Produktion von ITV entsteht das Drama The Girls Who Came To Stay. Der Film erzählt die Geschichte eines Paares, die zwei Mädchen aus Weißrussland in Pflege nehmen. Es stellt sich heraus, dass die Mädchen zum Zeitpunkt des Unglücks hoher Strahlung ausgesetzt waren.

11. Juli 2006. Der britische Atomexperte Ian Fairlie und David Sumner kommen mit einem ‚Gegenreport‘ zur Ausarbeitung des Tschernobyl-Forums in der Studie The Other Report on Chernobyl (Kurzbezeichnung TORCH) im Auftrag der europäischen Grünen zu dem Ergebnis, dass Österreich jene Region in Westeuropa war, die durch die Atomkatastrophe von Tschernobyl am stärksten verstrahlt wurde. Er sagt weitaus schwerwiegendere gesundheitsschädigende Folgen des Reaktorunglücks voraus. Der Tod von rund 1700 Österreichern sei darauf zurückzuführen.

Nach Messdaten der OECD wurden in Österreich in den ersten drei Jahren nach dem Unglück 16.600 Menschen mit einem Sievert (ein Messwert für biologische Verseuchung mit radioaktiven Strahlen) belastet. Im Durchschnitt könne man aber davon ausgehen, dass etwa zehn Prozent dieser Kennziffer in den Folgejahren als Todesopfer zu beklagen seien.

Fiarlie und die deutsche Europaabgeordnete Rebecca Harms kritisieren die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) in Wien scharf, wonach nur von 4000 zusätzlichen Krebsfällen auszugehen sei. Es sei ist mit etwa 30.000 bis 60.000 zusätzlichen Todesfällen durch Krebs zu rechnen, sieben bis 15-mal mehr als die Schätzung von 4000 durch die IAEO. "Wir haben diesen Bericht als Gegen-Expertise zu den verharmlosenden Behauptungen in Auftrag gegeben, mit denen die IAEO sowohl die tödlichen Konsequenzen des Atomunfalls in Tschernobyl als auch die weit reichenden Auswirkungen auf Europa und die Welt herunterspielte", sagt Harms.

Noch mehr Tote habe das Unglück in Italien und Westdeutschland gefordert, wo laut dem Bericht 9200 beziehungsweise 6000 Menschen der Katastrophe zum Opfer fielen oder noch fallen werden. Als Begründung gibt Fairlie an, dass in den beiden Ländern "der Regen anders als in Österreich nicht über den Bergen, sondern über den weit dichter besiedelten Stadtgebieten niedergegangen ist".

Grünen-Landesrat Rudi Anschober stellt eine Studie vor, die sich mit den Auswirkungen des Reaktorunglücks auf Oberösterreich beschäftigt. Demnach können direkte fruchtschädigende oder krebsfördernde Folgeschäden in den besonders belasteten Gebieten "nicht signifikant bewiesen werden". Einzelfälle direkter Schädigungen als Folge "sind nicht auszuschließen, aber derzeit statistisch nicht nachweisbar".

2007. Aufsehen erregt eine Studie (sie wird 2009 ins Englische übersetzt), die Alexei Wladimirowitsch Jablokow mit Wassili und Alexei Nesterenko verfasste, in der geschätzt wird, dass fast eine Million Menschen durch die Folgen der Atomkatastrophe von Tschernobyl vorzeitig gestorben seien.

Pripyat mit dem Kernkraftwerk Tschernobyl
in der Ferne (2007)
23. März 2007. Das Spiel S.T.A.L.K.E.R.: Shadow of Chernobyl, welches nach einem fiktiven Unfall 2008 in der Zone um das AKW Tschernobyl spielt, wird herausgegeben. Es folgen die Teile S.T.A.L.K.E.R.: Clear Sky (5. September 2008, EU) und S.T.A.L.K.E.R.: Call of Pripyat (5. November 2009, DE)

19. April 2007. Die Vögel in Tschernobyl meiden stärker verstrahlte Nester. Warum weiß niemand.

8. Juni 2007. Wölfe, Elche und Luchse kehren in die Todeszone von Tschernobyl zurück.

11. Juli 2007. Rote, gelbe und orangene Vögel wie beispielsweise die Wachtel oder der Wiedehopf haben die meisten Probleme durch die Radioaktivität.

17. September 2007. Dem Konsortium Novarka wird der Auftrag zum Bau eines neuen Sarkophags erteilt. Dieser soll eine Länge von 257 Metern haben, 150 Meter breit und 108 Meter hoch sein.

Als "Shelter Implementation Plan" werden die internationalen Bemühungen um einen neuen Sarkophag bezeichnet.  Der neue Sarkophag ist notwendig da der alte bereits nach ca. 20 Jahren durch die harte Strahlung löchrig geworden ist. Als erstes wurde das Dach des alten Sarkophags verstärkt und die Belüftungsanlage verbessert. Über diesem ersten Sarkophag soll ein neuer Mantel aus Stahl errichtet werden. Danach soll es dann möglich sein, mit speziellen Kränen die für die Arbeit unter hoher Strahlenbelastung angefertigt wurden, den ersten Sarkophag zu entfernen ohne dass weitere radioaktive Stoffe an die Umwelt gelangen. Die Kräne können u.a. auch radioaktive Stoffe zerkleinern.

28. November 2007. Der zeitweilige Besuch des Sperrgebiets ist ohne Erlaubnis genauso wenig erlaubt wie generell Jagen oder Landwirtschaft. Doch wo der Mensch weichen musste, kehrt die Natur eindrucksvoll zurück: Über hundert als bedroht eingestufte Tierarten tummeln sich inzwischen in dem Gebiet, das die Ukraine und Weißrussland mittlerweile als "radioökologisches Reservat" unter Schutz gestellt haben. Selbst andernorts rare Raubtiere wie Bär, Luchs und Wolf haben hierher gefunden – Indikatoren, dass es auch der restlichen Tierwelt gut gehen muss, fassen es Wissenschaftler um Jim Smith von der Universität Portsmouth zusammen.

Eine Einschätzung, die Anders Møller von der Universität Pierre et Marie Curie in Paris und seine Kollegen nicht so ganz teilen können. Sie haben untersucht, welche Auswirkungen die Strahlung auch noch über zwanzig Jahre nach dem Unglück auf die lokale Fauna haben könnte. Farbenprächtige Arten wie Pirol oder Blaumeise mit hohem Gelbanteil im Federkleid litten beispielsweise stärker unter der freigesetzten Strahlung als eher unscheinbar gefärbte Baumpiper, Tannenmeisen oder Buchfinken, in deren Gefieder Braun- oder Grautöne dominieren. Gleiches gilt offensichtlich für Fernzieher wie Wachteln, Wiedehopfe und Rotkehlchen, deren Bruterfolg verglichen mit jenem von Standvögeln deutlich schwächer ausfiel, während sie sich in unbelasteten Zonen kaum unterschieden.

Eine weitere ihrer Studien an Rauchschwalben, die rund um den havarierten Kernreaktor von Tschernobyl leben, deckte auf, dass diese überdurchschnittlich oft an Missbildungen wie verkümmerten Schwanzfedern oder deformierten Schnäbeln leiden. Weiße Flecken sprenkeln bei ihnen häufiger das Gefieder, wo schiefergraue oder rote Töne vorherrschen sollten, als bei Artgenossen aus unbelasteten Regionen. Und schließlich leben die Vögel im Dauerfeuer des immer noch stattfindenden radioaktiven Zerfalls, kürzer als durchschnittlich zu erwarten wäre.

Die Schlussfolgerung, Tschernobyl sei ein prosperierendes Ökosystem, lässt sich konsequenterweise nicht halten, meint Møller. Und weiter: "Entsprechende Aussagen der Weltgesundheitsorganisation und der Internationalen Atomenergiebehörde beruhten auf anekdotischen Beobachtungen."

18. März 2009. Radioaktive Strahlung tötet nicht nur Menschen sondern auch Insekten. Je näher am Reaktor, bei steigender Strahlenbelastung sinkt die Anzahl der Tiere.

26. April 2009. 23 Jahre Tschernobyl.

19. Oktober 2009. Tschernobyl-Fotograf Rüdiger Lubricht berichtet von seinen Erlebnissen bei der Arbeit an seinem Projekt.

24. April 2010. Mehr als 120.000 Menschen demonstrieren 2 Tage lang vor dem 26. Jahrestag von  der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl gegen Atomenergie. Zwischen den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel bildeten sie eine 127 Kilometer lange Menschenkette. Die Menschen werden mit mehr als 200 Bussen und 3 Sonderzügen zu den Sammelpunkten in Hamburg und Schleswig-Holstein gebracht. Andere kommen mit Autos oder Fahrrädern.

Das Atomkraftwerk Biblis wird von etwa 20.000 Demonstranten umzingelt. Im AKW Biblis soll es seit der Inbetriebnahme bereis zu mehr als 800 meldepflichtigen Störfällen gekommen sein. 1987 gab es einen Beinahe-GAU.

Vor dem Atommüllager Ahaus demonstrierten mehr als 5000 Menschen.

Am 2. Oktober 2010 soll eine weitere bundesweite Aktion der Anti-Atom-Bewegung stattfinden. Im November soll beim Castortransport auch wieder Demonstriert werden.

9. August 2010. Im Naturpark in der Region stehen 40 Hektar Wald in Flammen. Wald- und Torbrände nähern sich immer mehr der Atomanlage von Majak. Experten haben die Befürchtung dass durch die Waldprände radioaktiv verseuchte Böden aufgewirbelt werden und in andere Regionen getragen werden. 

Die Behörden in der Nähe der Anlage verhängen den Notstand. Kurz darauf wird jedoch Entwarnung gegeben. Der Brand soll angeblich unter Kontrolle sein. Der russische Atomkonzern Rosatom warnt vor Panikmache. Bereits in der letzten Woche waren das Atomforschungszentrum Sneschinsk und das Atomwaffen-Forschungszentrum bei Sarow bedroht.

11. August 2010. Im Moment sind wegen der Brände mehr als 100.000 Helfer im Einsatz. Die Feuer um Sneschinsk sollen gelöscht sein. Die Feuer um Majak sind bis auf 80 Kilometer an die Atomanlagen herangerückt. Die Flammen haben die verseuchte Region um das Atomkraftwerk Tschernobyl erreicht. Die Brände haben mehr in den verseuchten Gebieten gewütet als bisher zugegeben. Der Wind soll nach Nordwest drehen. Damit könnten die Radioaktiven Niederschläge bis nach Deutschland kommen.

12. August 2010. Laut Expertenaussage (Professor Goldammer) besteht keine Gefahr für Deutschland. Naja laut Expertenmeinung hat es dort bis gestern auch noch gar nicht gebrannt. Wie sollte das einem Land auch etwas ausmachen. An dem Krebs erkranken ja auch allerhöchstens eine Handvoll Menschen (und nicht Schland) bei denen man es noch nicht einmal nachweisen kann dass es von der radioaktiven Strahlung kommt.

13. August  2010. Die Atomanlage Sarow wird erneut von den Bränden bedroht.

24. August 2010. Über die Zahl der Toten herrscht totale Uneinigkeit. Das Tschernobyl Forum schätzt 56 Tote und 4000 Krebserkrankungen. Atomkraftgegner bis zu 500.000 Tote. Um diese Differenzen zu erklären muss man nur wieder auf die Auswirkungen der Strahlung auf den menschlichen Körper gucken. Die meisten sterben nicht an der Strahlung selbst sondern an dem Versagen des Immunsystems wenn sie krank werden. Eine genaue Untersuchung der Todesursache oder der Ursache für die jeweilige Krankheit kann sich dort kaum einer leisten. Im Zweifelsfall wird daher nicht die "sekundäre Strahlenkrankheit" sondern die "primäre Krankheit" als Todesursache eingetragen. Die Zahl der Atomkraftgegner dürfte deshalb deutlich näher an der Wirklichkeit liegen.

17. September 2010. Pflanzen passen sich offenbar der Radioaktivität an. Proteine sorgen beispielsweise für eine erhöhte Produktion von Glycin-Betain  welches Lebewesen vor den Auswirkungen radioaktiver Strahlung schützen kann.

Viele Touristen besuchen Tschernobyl. 2009 waren es mehr als 10.000 Besucher. Tagesausflüge werden von mehreren Reisebüros in der Ukraine und in Weissrussland ab 100 Euro angeboten. Das abgeschaltete AKW hat noch etwa 4.000 Beschäftigte von denen einige in Tschernobyl übernachten. Ausserdem wohnen dort noch einige, meist ältere Siedler.

15. Oktober 2010. Bei Pilzen aus Osteuropa wurde festgestellt dass diese immer noch mit Cäsium-137 mit bis zu 230 Becquerel pro Kilogramm von Tschernobyl belastet sind. Bereits 3 Kilo reichen aus um über den EU-Grenzwert von 600 Becquerel zu kommen. Bei einer Stickprobe von Pfifferlingen aus Osteuropa wurde vor ein paar Wochen eine Belastung von 1000 Becquerel festgestellt. Die Belastung von Wildschweinfleisch liegt vor allem in Baden-Württemberg und Bayern noch weit höher zwischen 600 und 6000 Becquerel. Das Bundesumweltministerium hat alleine 2009 424.650 Euro bezahlt um Jäger und Waldbesitzer zu entschädigen weil das verstrahlte Fleisch nicht verkauft werden kann.

14. Dezember 2010. Die Ukraine möchte den Katastrophentourismus um Tschernobyl ausweiten und hofft auf bis zu 1 Million Besucher pro Jahr.

2011. Die Wendländische Filmkooperative veröffentlicht ein Porträt über Rostislav Omeljaschko, Mitbegründer der "historisch-kulturellen Expeditionen" in die Sperrzone von Tschernobyl und begleitet ihn mehrmals in die Speerzone.

Ebenfalls aus dem Jahr 2011 ist der Spielfilm Verwundete Erde. Er handelt von den Folgen der Katastrophe auf das Leben einer jungen Frau.

Der Ahrensburger Wulf Garde (Ex-Physik- und Mathelehrer am Charlotte-Paulsen-Gymnasium in Hamburg-Wandsbek) gründet den Verein Pryvit (deutsch: Hallo) und ermöglicht danach bis zu 20 Kindern aus den Dörfern hinter der Sperrzone, in den Zonen zwei und drei pro Jahr einen dreiwöchigen Aufenthalt in Norddeutschland.

2011. Besucher können nun den Schauplatz des bisher schwersten Atomkatastrope der Geschichte besuchen. Bis zu 100.000 Touristen sollen jedes Jahr in das kontaminierte Sperrgebiet von Tschernobyl reisen, um sich das zerstörte Atomkraftwerk anzuschauen.

11. Februar 2011. Im April kommt der 25. Jahrestag der Kathastrophe von Tschernobyl. Der Umweltausschuss des Bundestags wird zum Gedenken an die Opfer eine Veranstaltung abhalten. Dazu sind Vertreter der betroffenen Länder, Zeitzeugen, ehrenamtliche Initiativen und Wissenschaftler eingeladen. Nach dem Willen der Schwarzgeldregierung die das gegen den Willen der Opposition durchgesetzt hat werden sie das bei dieser Farce hinter verschlossenen Türen machen.

14. Februar 2011. Das Wettbewerbsprogramm der Berlinale beginnt mit dem Film "An einem Samstag" in dem Regisseur Alexander Mindadze die Katastrophe von Tschernobyl verarbeitet hat.

Die russisch-ukrainisch-deutsche Koproduktion zeigt die Geschichte vom Scheitern des Fluchtversuchs eines jungen Parteifunktionärs und seiner Freunde. Er hatte bereits unmittelbar nach dem Unglück dessen schwerwiegende Folgen erkannt. Die Hauptrolle beim Tanz in den Tod spielt Anton Shagin der als Parteisekretär Valentin Kabysch auftritt:

An einem Samstag Ende April 1986 machen Menschen in Prypjat Party, heiraten, saufen und prügeln sich. Der Filmheld Valerij macht dabei mit im Wissen dass vor kurzer Zeit das AKW Tschernobyl in einer Entfernung von nur 3 Kilometern explodiert ist. Er erzählt weder seiner Frau, noch seinen Freunden davon. Einen Tag vorher musste er seinem Vorgesetzten auf das Parteibuch schwören nichts von der Katastrophe weiter zu sagen.

11. März 2011. Die Katastrophe von Fukushima beginnt.

17. März 2011. Die Helden von Tschernobyl bereuen nichts.

19. März 2011. Der Fotograf Igor Kostin hat die Katastrophe von Tschernobyl auf Bildern festgehalten und wurde dabei selbst verstrahlt.

Ähnliche Vorfälle wie in Tschernobyl gab es schon 1975 und 1982 im Atomkraftwerk Leningrad und in Tschernobyl. Im Juli 1986 wurde von Mitgliedern der Regierung auch die Abschaltung der AKWs in Smolensk, Kursk und Leningrad verlangt. Genau genommen die Stillegung aller AKWs im europäischen Landesteil. Die Reaktoren vom selben Typ wie in Tschernobyl sind aber trotz teilweise 38jähriger Laufzeit auch heute noch im Betrieb.

21. März 2011. Die Sowjetunion soll laut Alexej Jablokow, dem russischen Strahlenbiologen und früheren Umweltberater von Ex-Präsident Boris Jelzin, künstlich das Wetter beeinflusst haben um die Katastrophe zu begrenzen.

2. April 2011. Die meisten der etwa 380.000 Liquidatoren sind tot. Diejenigen die noch leben sind zumeist schwer krank müssen mit dem Staat um Entschädigungen kämpfen.

7. April 2011. Die internationalen Atom(Lobby)organisationen wie IAEO und ICRP sind Weltmeister im verharmlosen. Sie gehen bei Tschernobyl immer noch offiziell von 50 Toten aus während den Untersuchungen von Wissenschaftlern auf dem Berliner Kongress zufolge die Sterblichkeit in den betroffenen Gebieten um 4% angestiegen ist und deren Berechnung nach die Todeszahl bei 1,44 Millionen Menschen liegt.

8. April 2011. Mehr als 600 Millionen Menschen sollen von der Katastrophe von Tschernobyl betroffen sein. Bis 2005 waren von ca. 830.000 Liquidatoren etwa 112.000 bis 125.000 Tot. Mehr als 90% sind jetzt schwer Krank wobei sie nicht nur an Krebs leiden sondern auch an Hirnorganischen Schäden, Bluthochdruck und Magen-Darm-Erkrankungen. Außerdem gab es offenbar einen starken Anstieg von Tot- und Fehlgeburten. In Europa sollen deshalb ungefähr 800.000 Kinder weniger geboren sein.

9. April 2011. Michail Umanez (Ex-Direktor von Tschernobyl) warnt vor einem neuen Atomunfall in Tschernobyl. Der explodierte Reaktor 4 ist seiner Aussage nach in einem sehr unsicheren Zustand der jederzeit eine Kettenreaktion mit Todesgefahr folgen könnte. Die hohe Radioaktivität  hat offenbar den Sarkophag so weit zersetzt dass er kurz vor dem Einstürzen ist und mindestens 5 Tonnen radioaktiven Staub freisetzen könnte.

12. April 2011. Die wahren Todeszahlen bleiben im Dunkeln.

18. April 2011. Soldaten strahlten wie kleine Atomreaktoren. Die vergessenen Helfer von Tschernobyl. Eine Katastrophe die nie vergeht. Der Katastrophentourismus boomt.

19. April 2011. Für den neuen Sarkophag und Hilfsprojekte wurden bei einer Geberkonferenz in Kiew von der internationalen Gemeinschaft 575.000.000 Euro versprochen. Der Sarkophag alleine wird etwa 700.000.000 Millionen Euro kosten. Russland knausert. Der Fotograf Rüdiger Lubricht berichtet von seiner Arbeit mit der Dokumentation der Folgen von Tschernobyl.

20. April 2011. Marcus Schwenzel (Regisseur) drehte in Tschernobyl den  der vielfach preisgekrönten Kurzfilm "Seven Years of Winter". Die Sperrzone ist für ihn ein umgekehrter Schöpfungsort. Alles was dort lebt trägt den Tod in sich. Der Film handelt von dem zehnjährigen Andrej. Der Junge wird 1992 vom Hehler Artjom in die Sperrzone von Tschernobyl geschickt um in Prypjat die verlassenen Wohnungen zu plündern.

Yukiya Amano (Chef der IAEO) hat zum 25. Jubiläum von Tschernobyl eine Lustreise zum Katastrophen-AKW gemacht.

Atomkraftfans als Touris in Tschernobyl. Sie fühlen sich sicher "weil es in ihren Ländern keine Tusnamis und Erdbeben" gibt. In Tschernobyl gab es die aber auch nicht. Ach so? Dort war der Kommunismus schuld. Die Zeitbombe tickt und diejenigen die Atomenergie sonst so befürworten halten sich wie immer deutlich zurück wenn es um die Aufarbeitung der Schäden die sie angerichtet haben geht.

Die Bäume in den belasteten Gebieten weisen im Vergleich zu Bäumen aus unbelasteten Gebieten offenbar höhere Mutationsraten auf. Wachstum und Aussehen verändern sich in den Gebieten um Tschernobyl krankhaft. Kiefern in der Gegend wachsen langsamer und zeigen viele Abweichungen vom normalen Wuchs. Es kommt zum Beispiel zu Nadelverfärbungen und geänderten Verzweigungsmustern. Es kommt offenbar auch zu neuartigen Ausleseprozessen so dass einige Kiefern besser als andere in der Lage sind die hohe Strahlung zu verkraften und nur wenige Krankheitssymptome zeigen. Andere Bäume sterben einfach ab.

21. April 2011. "Unter Kontrolle" ist ein Dokumentarfilm über die Gefahren der Atomenergie.

Julia Timoschenko (Ex-Premierministerin der Ukraine): Die Sowjetunion musste über den Super-GAU von Tschernobyl stürzen. Es blühten die Kastanien.

Fragen und Antworten zum Super-GAU. Fotostrecke von Igor Gawrilow.

Strahlung ist keine Gefahr - Nachrichten 1986 nach der Katastrophe.

Dr. Christoph Reiners (Professor für Nuklearmedizin und Ärztlicher Direktor an der Universitätsklinik von Würzburg) und das angeblich nicht vorhandene Problem Schilddrüsenkrebs bei Kindern.

Ban Ki Moon (UN Generalsekretär) war soeben auf Lustreise bei Tschernobyl und möchte eine verstärkte internationale Zusammenarbeit um Atomkatastrophen zu verhindern. Die Gehirnwäsche der Atomlobby hat ganz offensichtlich auch bei ihm gewirkt. Er kann sich nämlich auch keine andere Möglichkeit zur Stromerzeugung als Atomenergie vorstellen. Mit dem Risiko dass es mit großer Wahrscheinlichkeit wieder zu einem Super-GAU kommt muss man seiner Meinung nach leben.
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23. April 2011. Leben in der Todeszone. Auch nach 25 Jahren wird immer noch vertuscht . Ausser Schilddrüsenkrebs darf in Weissrussland keine Todeskrankheit auf atomare Strahlung zurückgeführt werden. Professor Bandaschewski hatte es gewagt an der Uni Gomel ein eigenes Krebsregister zu führen da er von einer sehr viel größeren gesundheitlichen Gefährdung als offiziell zugegeben ausging. Er wurde aus dubiosen Gründen ins Gefängnis gebracht und hat später das Land verlassen. Im Norden des Landes, an der Grenze zu Litauen will Weissrussland ein AKW bauen.

25. April 2011. Siegfried Rumbaum (Umweltaktivist): Politiker reden alles klein: 2.500.000 Bq/Kg Jod-131 in Berlin? Offizielle Werte gibt es nicht.

Alexander Krutow, der einzige Fernsehjournalist aus Tschernobyl erinnert sich.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew würdigt bei einer Gedenkveranstaltung den Heldenmut und die Selbstaufopferung der Liquidatoren.

Mykola Isajew allein auf Arbeit. In Deutschland werden viele Tschernobylkinder zur Erholung aufgenommen. Die Zahl derjenigen, die bereit sind einen Teil ihres Urlaubs zu opfern geht jedoch zurück obwohl die Auswirkungen der Katastrophe sich erst jetzt voll entfalten. Schon 15-jährige erleiden teilweise Herzinfarkte. Von 800 Neugeborenen in Gomel war kein einziges hundertprozentig gesund. In den letzten 4 Jahren ist die Zahl der geschädigten Kinder um weitere 30% angestiegen. Während die Zahl der Schilddrüsenerkrankungen zurückgegangen ist kommt es vermehrt zu Herz-Kreislauferkrankungen.

Die Forschungsergebnisse werden unter Verschluss gehalten. Igor Gawrilow, einer der ersten Forografen vor Ort. Ohne Schutzkleidung und sehr naiv.

+++++ Dienstag, 26. April 2011 +++ 25 Jahre Tschernobyl +++++

Gedenkveranstaltung 25 Jahre nach
dem Reaktorunfall (Wien 2011)
00:23 Uhr MESZ. Kirill, der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, schlägt am Jahrestag der Katastrophe um 1 Uhr 23 Ortszeit 25 Mal zur Erinnerung die Tschernobyl-Glocke. An einem Gottesdienst in der Nähe eines Denkmals zu Ehren der Opfer der Atomkatastrophe nahmen mehrere hundert Menschen, in der Hauptsache Witwen von Liquidatoren, teil.

Greenpeace bestrahlte den Katastrophen-Reaktor 4 mit einer Lichtprojektion bei der u.a. ein Totenkopf und Anto-Atomkraft-Slogans in Japanisch, Deutsch und Russisch zu sehen waren. Tobias Münchmeyer (Greenpeace-Aktivist) sagte "Wir sind den Opfern von Tschernobyl zum Atomausstieg verpflichtet".

Vom russischen Atomkonzern Rosatom wird die Stillegung von 11 Reaktoren des selben RBMK-Typs angemahnt. Anstelle von Stillegung oder Herunterfahren der Leistung auf 60 bis 70% werden sie offenbar über ihre Leistungsgrenzen hinaus zu 104% überlastet. Mit dem Hintergedanken dass man dafür neue AKWs bauen will. Die meisten dieser Reaktoren wurden bereits in den 1970er Jahren gebaut. Ausgelegt für eine Nutzungsdauer von 30 Jahren.

In St. Petersburg werden von der Umweltorganisation Bellona Fackeln aus Papier angezündet.

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch gedenkt in einem Appell der "Helden" die zuerst nach Tschernobyl kamen und mit "bloßen Händen" die Katastrophe abwenden wollten und verspricht alles zu tun damit ihr Leben sich verbessert. Für die Liquidatoren klingt das wie ein Hohn. Ihre spärlichen Renten werden seit einiger Zeit immer mehr gekürzt und es fehlt immer noch an ausreichender medizinischer Versorgung. Für den neuen Sarkophag fehlen noch etwa 300 Millionen US-Dollar (206 Mio Euro) daher ruft der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch zu weiteren Spenden auf.

Der russische Präsident Medwedew ist immer noch der Meinung dass "die friedliche Atomnutzung als billigste und alles in allem ökologisch sauberste Energieform gilt". Weissrussland will bis 2018 das erste AKW bauen. Auch die Ukraine und Russland setzen weiterhin auf Atomstrom.

Kang Jinmo bei der Einweihungsfeier
in Bamberg 2011
03:30 Uhr MESZ. Immer noch sind bei weitem nicht alle Fragen geklärt. Es gibt bis heute keine vernünftige Aufarbeitung der Katastrophe. Man weiß nicht einmal wie viele Menschen als Liquidatoren beschäftigt wurden. Über die Anzahl des Kernbrennstoffs der in die Atmosphäre gelangt ist herrschen nur wilde Spekulationen zwischen 5 und 95%.

03:45 Uhr MESZ. Die Folgen der radioaktiven Strahlung nehmen laut Dörte Siedentopf (Allgemeinärztin und Psychotherapeutin) zu. Sie fährt seit 20 Jahren nach Weissrussland um den Menschen dort zu helfen. Durch den Wind hat Weißrussland am meisten der Radioaktivität mitbekommen. Die Partnerstadt Kostjukowitschi liegt in einer Entfernung von etwa 180 Kilometer Luftlinie von Tschernobyl entfernt im Osten des Landes. Von 35.000 Menschen die dort lebten wurden 8.000 umgesiedelt. Mehr als 30 Dörfer wurden dort abgetragen und vergraben.

Die Folgen der radioaktiven Verstrahlung wüten in den Zellen und Genen und nehmen mit dem Abstand zur Katastrophe zu. Diabetes tritt vor allem wegen der Niedrigstahlung von Cäsium bei Kindern häufiger auf. Wenn es über die Nahrungskette in den Darm einer schwangeren Frau gelangt wird die Bauchspeicheldrüse der Kinder in den Entwicklung gestört. Die Bauchspeicheldrüse ist wiederum eines der sensibelsten Organe des Menschen und für die Produktion von Insulin zuständig.

Bis zum 3 Lebensjahr haben Kinder kein Immunsystem das Schäden reparieren kann. Ausserdem haben sie im Gegensatz zu Erwachsenen eine hohe Zellteilungsrate. Während der Zellteilung wirkt Strahlung jedoch besonders störend. Aus diesem Grund reichen bereits sehr kleine Strahlenmengen aus um bei Kindern gesundheitliche Schäden anzurichten.

Das Gehirn gehört nach der Geburt zu den Organen in denen es am häufigsten zu Zellteilungen kommt. Das führt das bei Strahlengeschädigten zu Nervosität und anderen diffusen Persönlichkeitsstörungen wie Konzentrationsschwäche.

In der ersten Generation sind strahlengeschädigte Ehepaare zu 30% ungewollt kinderlos. Die Schäden am Erbgut führen zu Frühaborten und Frühgeburten die zum Tode der Kinder, die noch nicht lebensfähig sind, führen.

Die radioaktiven Elemente wandern pro Jahr etwa 2 Zentimeter im Boden nach unten und dürfte damit ungefähr bei einer Tiefe von 50 Zentimetern angelangt sein. Das Grundwasser in der Gegend liegt nicht sehr tief. Über das Wasser gelangt die Radioaktivität in die Pflanzen und in die Tiere. Das grösste Problem ist die Niedrigstrahlung vor allem durch Strontium und Cäsium. Diese haben etwa eine Halbwertszeit von 30 Jahren. Es wird etwa 300 Jahre dauern bis diese radioaktiven Elemente so weit abgebaut sind dass sie im biologischen Kreislauf keine größeren Auswirkungen mehr haben.

Die Versorgung mit Medikamenten funktioniert im Großen und Ganzen. Bei der Zulassung von Medikamenten sind anscheinend hohe Bestechungsgelder notwendig.

Für Statistiken werden Vorgaben gemacht. Wegen der Prämie werden von den Statistikern die Dinge berichtet welche von den Vorgesetzten gehört werden wollen. Daher gibt es dort offiziell fast keine Krebstoten mehr. Wenn irgend möglich wird das Altersschwäche genannt.

Zwischen der WHO und der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) gibt es offenbar einen Vertrag von 1959. Demnach bestimmt die IAEO was die WHO bezüglich gesundheitlicher Folgen radioaktiver Strahlung untersuchen und veröffentlichen darf.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew
und der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch
 legen Blumen auf das Denkmal für die Opfer
der Tschernobyl-Katastrophe (April 2011)
06:30 Uhr MESZ. Laut einer Studie von Karl Sperling (Früherer Leiter des Institits für Humangenetik an der Berliner Charité kam es 9 Monate nach Tschernobyl vermehrt zu Geburten von Kindern mit Downsyndrom. In Bayern und den damaligen DDR Gebieten hatten fast 10% mehr Neugeborene eine Gaumenspalte. Die Zahl der Totgeburten und der Kinder die innerhalb einer Woche nach er Geburt starben stieg deutschlandweit um 5%.

Laut einer Studie von Sebastian Pflugbeil (Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz) erkrankten nach 1986 auf dem Gebiet der Bundesrepublik 1,5 Mal so viele Kinder im ersten Lebensjahr an Leukämie wie im Durchschnitt der 1980er Jahre. Besonders im Süden Deutschlands ist deutlich häufiger das Neuroblastom aufgetreten.

Alfred Körblein (Umweltinstitut München) schätzt das bis 50 Jahre nach Tschernobyl etwa 8000 Menschen in Deutschland an strahlenbedingten Krebsfolgen durch die Katastrophe gestorben sein werden.

Stärker radioaktiv belastet sind vor allem im Süden Bayerns immer noch Wildschweine. Etwa 2% von 45.000 bis 50.000  erlegten Wildschweine liegen über dem Grenzwert und müssen deshalb vernichtet werden. Wildschweine essen besonders gerne Hirschtrüffel und Maronenröhrlinge die wiederum als "Radionuklidsammler" gelten. Einige Pilzarten überschreiten die Grenzwerte. Bis mindestens 2030  wird diese Belastung nicht signifikant abnehmen.

Atomkraftprotest in Berlin (2011)
07:00 Uhr MESZ. Das Buch "Ich war im Sarakophag von Tschernobyl" von Anatoly Tkachuk ist offenbar voller dubioser Verschwörungstheorien ohne Fakten.

11:00 Uhr MESZ. Von vielen Christen und Juden wird die Katastrophe von Tschernobyl als Strafe Gottes angesehen. Die Parteifunktionäre sind als erstes abgehauen.

11:30 Uhr MESZ. DDR-Radstars wurden 1986 zu einer "Friedensfahrt" in die Nähe Tschernobyls geschickt um die Katastrophe zu verharmlosen.

12:00 Uhr MESZ. Julij Borisowitsch Andrejew (Liquidator - Baute die Spezialeinheit zur Bekämpfung der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl auf): Die Gierigen zahlen doppelt.

12:30 Uhr MESZ. Leben im Risikogebiet. Nach Prypjat kommt man nur mit einer Sondergenehmigung. Die Plattenbausiedlung ist durch die hohe radioaktive Verseuchung unbewohnbar.  An einem Checkpoint wird mit einem Schlagbaum die Zufahrt überwacht.

13:00 Uhr MESZ. Redakteure erinnern sich an den Super-GAU. Gar Nix war um den ersten Mai herum mit Bekannten auf einer Maiwanderung im Schwarzwald und hat nur ganz am Rande mitbekommen dass da etwas mit einem AKW in Russland passiert sein soll.

13:30 Uhr MESZ. Wladimir Tschuprow (Greenpeace-Mitarbeiter) erzählt von den Folgen von Tschernobyl und was die russische Regierung nicht gelernt hat.

14:00 Uhr MESZ. Die Formel des Todes. In der Risikoanalyse beträgt die Wahrscheinlichkeit eines Störfalls der Größe 7 zehn hoch minus 7 oder zehn hoch minus 6. Also 1 Million oder 10 Millionen Jahre. Zu dumm nur dass die Wirklichkeit anderes aussagt. Zwischen Tschernobyl und Fukushima liegen gerade einmal 25 Jahre.

14:30 Uhr MESZ. Tschernobyl - Ein Einsatz der nie vergeht. Für Liquidatoren gibt es keinen Frieden.

15:30 Uhr MESZ. Der Sarkophag ist brüchig.

15:45 Uhr MESZ. Hilfsprojekte führen Menschen zusammen.

16:00 Uhr MESZ. Der russische Präsident Medwedew kündigt für das Gipfeltreffen G8 am 26./27. Mai in Deauville in Frankreich einen Vorstoß für eine neue internationale Konvention zur atomaren Sicherheit an. Vorschläge sollen bereits an die Staats- und Regierungschefs übermittelt worden sein. Bis 2020 will Russland zu seinen mehr als 30 Reaktoren noch 20 weitere Atomreaktoren bauen. Die Ukraine will die Zahl der Atomreaktoren bis 2030 von 15 auf 45 verdreifachen.

16:30 Uhr MESZ. Die EU hat offenbar die Ukraine dazu gedrängt, Alexander Lukaschenko (Präsident von Weissrussland) nicht zu den Tschernobyl-Gedenkfeiern einzuladen. Wiktor Juschtschenko (Präsident der Ukraine) hat dem Wunsch aus Brüssel anscheinend nachgegeben weil die Ukraine langfristig eine Aufnahme in der EU anstrebt.

Als Lukaschenko heute von Journalisten gefragt wird warum er von Juschtschenko nicht eingeladen wurde blafft er diese an: "Fragen Sie ihn selbst. Die aktuelle Führung der Ukraine ist leider lausig". Zu EU-Politikern, insbesondere Komissionspräsident Barroso hat er folgene Bemerkung: "Es sind einfach Schurken ... Über all diese Barrosos und andere Bastarde" hat er keine Lust zu reden.

17:00 Uhr MESZ. In Weissrussland werden 6 Deutsche, 5 weissrussische Aktivisten und ein Pole bei einer  friedlichen Demonstration zum 25 Jahrestag von Tschernobyl und gegen den Bau des neuen AKWs in Ostrowets festgenommen. Polizisten in Zivilkleidung sollen dabei brutal gegen die Demonstranten vorgegangen sein.

17:30 Uhr MESZ. Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi ist zu Besuch beim französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und lobt die am Jahrestag von Tschernobyl die Atomenergie als sicher. Vor einer Woche wurde in Italien im Senat eine Gesetzesvorlage eingebracht, die die Suche nach einem Standort für das geplante AKW definitiv stoppt.

In der Berliner Philharmonie findet ein Benefizkonzert anlässlich des 25. Jahrestages der Tschernobylkatastrophe statt.

20:00 Uhr MESZ. Die Kinder von Tschernobyl.

21:00 Uhr MESZ. Falls es niemand aufgefallen ist. Weder von der Schwarzgeldregierung noch von der Opposition in Deutschland war heute etwas zum Thema zu hören.

----- Dienstag, 26. April 2011 ---- 25 Jahre Tschernobyl -----

27.  April 2011. Sebastian Pflugbeil (Gesellschaft für Strahlenschutz) ist der Meinung dass es vor 25 Jahren in Tschernoyl eine Atomexplosion gegeben hat und entgegen den offiziellen Angaben fast der komplette Kernbrennstoff in der Umwelt gelandet ist.

8. Mai 2011. Nikolai Fomin, Fremdenführer in Tschernobyl.

27.  Juni 2011. Ein Gericht der Ukraine hat nach einem Antrag der Staatsanwaltschaft die Tschernobyl-Reisen vorläufig gestoppt um die Zulässigkeit zu überprüfen.

13. Juli 2011. In der Zwischenzeit sind von Internationalen Geldgebern 670 Mio Euro zugesagt worden. Laut Wiktor Janukowitsch (Präsident der Ukraine) genügt das um mit dem Bau eines neuen Sarkophags zu beginnen. Er soll bis 2015 fertig sein und 750 Mio Euro kosten. Der fehlende Geldbetrag soll in den nächsten Jahren gesammelt werden.

Der Vater der Boxweltmeister Wladimir und Vitali Klitschko, Wladimir Klitschko Senior, ist nach langer schwerer Krankheit (Lymphdrüsen-Krebs) im Alter von 64 Jahren in Kiew an den Spätfolgen seines Einsatzes im Jahr 1986 am AKW Tschernobyl gestorben. Er hatte mehrere Chemotherapien hinter sich. Die letzte hat nicht wie erhofft angeschlagen.

3. März 2012. Der Bau des neues Sarkophags, genannt das New Safe Confinement (NSC) wird begonnen. Er soll angeblich für 100 Jahre sischä sein.

7. Mai 2012. In der Region knapp außerhalb der Sperrzone leben 1987 Kinder. 1351 davon sind mit chronischen Krankheiten registriert. Sie leiden unter Blutarmut, Angina, Bronchitis, Probleme mit der Schilddrüse, meist an schweren Magen-Darm-Krankheiten. 38 Kinder sind als schwerbehindert registriert.

25. Mai 2012. Mit Chernobyl Diaries von Brad Parker, läuft ein Horrorfilm in den USA an. Der Film, der auf einem Skript von Oren Peli beruht, spielt 25 Jahre nach der Katastrophe in Prypjat.

27. November 2012. Das 5000 Tonnen schwere Stahlgerüst für den zweiten Sarkophag steht. Der fertige Sarkophag wird ein Gewicht von 29.000 Tonnen haben und voraussichtlich 2015 über die bisherige "Schutzhülle" gezogen werden. Mehr als 40 Staaten haben Geld zur 1997 gegründete Stiftung Chernobyl Shelter Fund bezahlt. Am Ende wird Sarkophag 2.0 etwa 1,54 Mrd. Euro gekostet haben.

2013. Der Actionfilm Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben spielt teilweise im verstrahlten Sperrgebiet, aus dem atomwaffenfähiges Uran geborgen werden soll.

Im Landkreis Augsburg überschreitet mehr als die Hälfte der 612 bei Wildschweinen genommenen Proben  den Grenzwert.

Reaktor Nr. 4 (2013)
13. Februar 2013. Ein 600 Quadratmeter großer Teil des Daches und ein Teil der Wand des Sarkophags des Turbinengebäudes von Block 4, nur 50 Meter vom Katastrophenreaktor entfernt sind eingestürzt. Laut ukrainischer Katastrophenschutzbehörde wegen Schneemassen auf dem Dach. Es soll niemand verletzt worden sein. 80 Arbeiter von zwei französischen Baufirmen sind offenbar in Sicherheit gebracht worden. Es wurde offenbar keine erhöhte Radioaktivität gemessen.

16. März 2013. Marina Weisband (Mitglied der Piratenpartei) ist offenbar ein "Tschernobyl-Kind". Sie wurde etwa ein Jahr nach der Katastrophe im Jahr 1987 in Kiew, etwa 100 Kilometer entfernt vom Katastrophenreaktor, geboren. In ihrem zweiten Lebensjahr zeigten sich die Auswirkungen als Immunschwäche. Später kamen eine Reihe von Folgekrankheiten dazu. Letztendlich musste sie deshalb wohl auch aus der Parteispitze zurückziehen.

2014. Eine Studie der Universität Paris stellt fest, dass einige Vogelarten im Umkreis von Tschernobyl sogar im Durchschnitt größer und gesünder sind als ihre Artgenossen außerhalb der Gefahrenzone. Als Grund wird die Anpassung an den Lebensraum angenommen: Die Tiere weisen eine erhöhte Konzentration an Glutathion auf, einem Eiweiß, dass für die Zersetzung gefährlicher Substanzen im Körper zuständig ist.

„Neuer Sarkophag“ im Bau, Juni 2013
2015. Die in diesem Jahr ausgestrahlte Dokumentation "Die Wölfe von Tschernobyl" beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Radioaktivität auf die Tierwelt.

Es gibt mehrere Waldbrände bei Tschernobyl. Deren Folgen sind noch weit entfernt messbar. Wie Forscher des Norwegischen Instituts für Luftforschung (NILU) um Nikolaos Evangeliou 2016 im Fachmagazin „Nature“ berichten, läßt sich das in die Atmosphäre gelangte Cäsium-137 sogar in Deutschland nachweisen. Allerdings selbst in den am meisten belasteten Gebieten in so geringer Konzentration, dass es keine Gefahr für den Menschen darstellt.

15. März 2015. Aus der Antwort des Umweltministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen geht hervor, dass immer noch viele Wildschweine in Bayern radioaktiv belastet sind. Der zulässige Grenzwert von 600 Becquerel pro Kilogramm wird teilweise um mehr als das Zehnfache überschritten.

Nach den Zahlen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wird der Grenzwert zum Teil sehr weit überschritten. So wurde in Cham 2013 bei einem erlegten Tier 9840 Becquerel pro Kilogramm gemessen, in Regen bei einem Schwein 9836 Becquerel. Die Behörden haben aber kein radioaktiv belastetes Fleisch im Handel oder in Gaststätten gefunden. Es gibt keine Pflicht, die Strahlenbelastung zu messen. Und auch in stark belasteten Regionen wird nur ein Teil der erlegten Tiere beprobt.

Im Landkreis Augsburg überschritt im Jahr 2013 sogar mehr als die Hälfte der 612 genommenen Proben den Grenzwert. In anderen Kreisen war es mehr als ein Drittel – darunter Freyung-Grafenau, Neu-Ulm und Weilheim-Schongau. In den zwölf Landkreisen, die 1986 am stärksten von der Tschernobyl-Wolke getroffen worden waren, lagen insgesamt 1332 Proben über dem Grenzwert. Wildbret mit einer Belastung von mehr als 600 Becquerel pro Kilo darf nicht in den Handel gelangen, die Jäger können dafür beim Bundesverwaltungsamt einen Schadenausgleich beantragen.

Nach den Zahlen der Bundesbehörde habe es 2013 allein aus Bayern mehr als 3300 solche Anträge auf Schadenausgleich gegeben, sagt Markus Ganserer (Die Grünen). „Dazu liegen keine Erkenntnisse vor“, heißt es in der Antwort des Ministeriums. Dazu der Ganserer: „Die Strahlenbelastung kann man weder sehen, noch riechen noch schmecken. Die CSU Regierung will sie aber auch nicht messen können.“

5. Oktober 2015. Eine Studie von Jim Smith von der University of Portsmouth und seiner Arbeitsgruppe belegt mit mehrjährigen Datenreihen, dass Rot-, Reh- und Schwarzwild in der Region seit dem Unglück stark zugenommen hat. Das Team um Smith wertete Daten von Helikopterüberflügen und Zählungen von Tierspuren im Schnee aus. Zudem leben rund um Tschernobyl sogar siebenmal mehr Wölfe als in den anderen Reservaten der Studie – das absolute Betretungsverbot und die Angst vor Verstrahlung sorgen dafür, dass die Raubtiere hier nicht gejagt werden. 

Studienleiter Jim Smith sieht die Wildpopulation nicht als Zeichen, dass das Katastrophengebiet ungefährlich geworden ist. Aber: „Auf Dauer ist die Auswirkung der Zivilisation auf die Natur offenbar mit einer nuklearen Katastrophe zu vergleichen.“ Wahrscheinlich sei die Zahl der Tiere im ehemals dicht besiedelten Gebiet um das Atomkraftwerk sogar geringer gewesen als heute, sodass der GAU im Endeffekt eine positive Auswirkung auf die Wildbestände gehabt haben könnte.

Allerdings erfasst die Studie nur die Zahl der Tiere. „Wir wissen nicht, in welchem Gesundheitszustand sie sind“, sagt Mathias Edler, Atomexperte von Greenpeace. Hirsche und Wildschweine könnten dort ohne menschlichen Einfluss gut leben. Ob sie jedoch Schäden durch die radioaktive Belastung erlitten hätten, müssten weitere Untersuchungen zeigen.

Mit der Freiheit vom Menschen könnte es in den nächsten Jahren allerdings zu Ende gehen: Das Gebiet wird zunehmend zur Touristenattraktion.

5. Dezember 2015. Der polnische Spieleentwickler The Farm 51, der bislang durch den Ego-Shooter "Painkiller: Hell & Damnation" oder das Action-Adventure "Deadfall Adventures" auf sich aufmerksam machte, will für sein Chernobyl VR Project die Umgebung um die verlassene Stadt Pripyat mit 3D-Image-Scanning nachbilden. Im April 2016 soll mit dem Chernobyl VR Project ein interaktives VR-Erlebnis für Oculus Rift und Co. erscheinen.

2016. Momentan ist der neue Sarkophag noch im Bau. Heute leben etwa 300 Liquidatoren in der Sperrzone. Diese sind an dem Neubau und der Instandhaltung des alten Sarkophags beteiligt.

In der Dokumentation ZDF History: Das Tschernobyl-Vermächtnis geht es insbesondere um die Erkenntnisse – wie einen deutlich größeren Kreis an Verantwortlichen und umfangreichere Folgen – die Waleri Legassow, der Leiter des Untersuchungskomitees, in seiner Audio-Hinterlassenschaft benannt hat und vorher nie veröffentlichen durften.

November 2016. Der neue Sarkophag schließt nun die Atomruine ein.

24. Juni 2017. In der Stadt Tschernobyl hat das erste Hostel seit dem Unglück eröffnet. Für umgerechnet knapp sieben Euro pro Nacht sind die Zimmer mit Bett, Tisch, Dusche und Waschbecken relativ spartanisch eingerichtet und erinnern eher an eine Jugendherberge als an ein frisch eröffnetes Hostel. Fernsehen und Internet sind im Zimmerpreis enthalten. Erste Gäste aus den USA, Neuseeland und Dänemark haben offenbar bereits in die Ein- bis Dreibettzimmer eingecheckt. Derzeit hat das Hostel 50 Plätze. Es soll auf 102 Plätze erweitert werden.

Neue Schutzhülle in endgültiger Position über
dem havarierten Reaktorblock, Oktober 2017
Die Umgebung des Hostels sieht ähnlich karg wie die Zimmer aus: Mit einer Kantine und einem einzigen Geschäft ist die Auswahl an Essens- und Freizeitmöglichkeiten überschaubar.

9. Oktober 2017. Mehr als 31 Jahre sind seit der Atomkatastrophe von Tschernobyl vergangen. In den Jahren danach mussten in Lappland über 100.000 Rentiere notgeschlachtet und drei Meter tief im Erdboden vergraben werden. Tonnen von Elchfleisch wurden wegen zu hohen Gehalts an radioaktivem Cäsium vernichtet. Den Schweden wurde empfohlen, beim Genuss von Waldbeeren und Pilzen zurückhaltend zu sein.

Zwischenzeitlich schien sich die Situation jedoch zu entspannen. Das galt auch für einen Korridor vom mittelschwedischen Ostseeufer nordwestwärts bis nach Lappland. Hier, zwischen Uppsala, Gävle und Sundsvall hat es in den letzten April- und den ersten Maitagen des Jahres 1986 kräftig geregnet – es war strahlender Regen mit teilweise 70 Kilobecquerel Radioaktivität pro Quadratmeter. Laut Internationaler Atomenergieoganisation IAEO gilt ein Gebiet mit mehr als 40 kBq als radioaktiv kontaminiert.

Und von hier stammt auch das Wildschweinfleisch, von dessen Verzehr nun abgeraten wird. Es wurden nämlich Cäsium-137-Werte von bis zu 16.000 Becquerel gemessen. Das ist mehr als das Zehnfache des sowieso recht hohen Grenzwerts von 1.500 Bq/Kilo, mit dem Wild, Beeren und Pilze in Schweden noch in den Handel gelangen dürfen. Von 30 bislang untersuchten Proben lagen nur 5 unter diesem Wert, der als unbedenklich gilt. Personen, die bereits größere Mengen Wildschweinfleisch zu sich genommen haben, erhielten für kommende Woche Untersuchungstermine, bei denen die Becquerel-Werte im Körper gemessen werden sollen.

20. Dezember 2017. Die Fertigstellung des neuen Sarkophags verzögert sich wahrscheinlich bis Ende Mai 2018. Grund für die Verzögerung ist offenbar, dass die Installation von Membranen länger als geplant dauert, mit denen die neue Schutzhülle mit den vorhandenen Gebäudestrukturen verbunden werden soll.

Das Strahlungsniveau sei "im Bereich des östlichen Endes der Schutzhülle sehr hoch", heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl. Zur Verankerung der Membranen seien aber genau dort "umfangreiche Kernbohrungen in bestehenden Strukturen erforderlich". Arbeiter könnten "zeitlich nur eingeschränkt" im Einsatz sein.

Auch die Installation zusätzlicher Komponenten im Belüftungssystem habe zu Verzögerungen geführt. Hierfür hätten teils bereits installierte Transformatoren wieder ausgetauscht werden müssen. Eine optimal funktionierende Belüftung sei aber "von zentraler Bedeutung für die Lebenserwartung der neuen Schutzhülle".

2018. 32 Jahre nach Beginn der Katastrophe von Tschernobyl ist die Geisterstadt Prypjat zu einer Touristenattraktion für ausländische Besucher in der Ukraine gworden. In diesem Jahr sind es um die 60.000 Besucher.

9. April 2018. Gruppen junger Ukrainer, Weißrussen und Russen, die sich illegal in die Zone schleusen, werden von der Katastrophe angezogen: die sogenannten Stalker. Der Begriff Stalker stammt ursprünglich aus einem Science-Fiction-Roman, wurde 2007 von dem Survival-Computerspiel der "S.T.A.L.K.E.R"-Serie aufgegriffen, das in der Sperrzone von Tschernobyl verortet ist - und den Startschuss für die Stalker-Bewegung gab. 

Rund hundert Stalker bewegen sich mittlerweile regelmäßig in dem Areal, das mit einem 30-Kilometer Radius um den Reaktorblock 4 gezogen wurde. In Prypjat selbst besetzen sie Wohnungen, dekorieren sie, erkunden verlassene Stätten und Gebäude, lesen alte sowjetische Zeitschriften und Bücher. Am Abend organisieren sie Partys auf Dächern und beobachten den Sonnenuntergang über dem Atomkraftwerk Tschernobyl. Manchmal bleiben die jungen Leute bis zu zwei Wochen.

Das Gebiet wird streng bewacht, damit niemand kontaminierte Gegenstände mit hinausnimmt. Deshalb müssen sich die Stalker permanent verstecken und Kontrollpunkte umgehen, wie in einem Survivalspiel. Ihr ständiger Begleiter ist ein Strahlenmessgerät - ein Dosimeter. Wirklich Angst vor Strahlung haben die meisten offenbar nicht. Einige würden die möglichen Folgen ignorieren, viele nicht daran glauben, andere nicht darüber nachdenken. Die größte Gefahr ist die innere Kontamination durch das Einatmen radioaktiver Partikel: Doch die Stalker tragen keine Schutzmasken und trinken verschmutztes Wasser, das sich in den Kellern der Gebäude sammelt.

2019. Die Fernsehserie Chernobyl von HBO zeigt die Folgen der Atomkatastrophe vom April 1986 und soll sich dabei weitgehend auf reale Gegebenheiten berufen. Kulisse für die Fernsehserie ist das 2009 stillgelegte Atomkraftwerk Ignalina in Litauen.

Mehrfach wird die Reihe allerdings für teilweise sachlich falsche Darstellungen und Übertreibungen kritisiert. Vom Publikum wird die Serie aber überwiegend begeistert aufgenommen und ist kurzzeitig die bestbewertete Serie in der Internet Movie Database. Nach der Ausstrahlung steigt das Interesse an Tschernobyl-Reisen um fast 30 bis 40% an. Russische Medien bezeichnen die Serie als „gegen Russland gerichtetes Propagandawerk“.

Wissenschaftler stellen eine Flasche Vodka mit dem Namen "Atomik" vor. Der Vodka wurde aus Getreide aus der Sperrzone gebrannt. Auch das Wasser, das sie verwenden, stammt aus der Gegend. Kommerzielle Landwirtschaft ist in dem Gebiet nach wie vor verboten. 

"Meiner Meinung nach ist das die wichtigste Flasche Alkohol auf der Welt, weil sie dabei helfen könnte, dass sich die Bewohner in und um die Sperrzone wirtschaftlich erholen", sagt Smith dem Nachrichtensender AFP.  Die Forscher der Universität Portsmouth haben festgestellt, dass nach dem Destillationsprozess keine Radioaktivität mehr in der Spirituose gemessen werden kannt. Demnach wäre sie zum Verzehr geeignet und ungefährlich.

4. Februar 2019. Die Vielfalt der Tiere in der Sperrzone hat sich laut einer Studie der University of Georgia in den vergangenen Jahren weiter erhöht. Die Forscher legten an den Flüssen und Kanälen Karpfen als Köder aus. Mit versteckten Kameras filmten sie die Tiere, die zum Fressen auftauchten.

Insgesamt beobachtete das Team so 15 verschiedene Wirbeltiere, zehn Säugetiere und fünf Vogelarten. Vor allem bei den Säugetieren waren die Forscher überrascht. Das erste Mal konnten sie auf den Kameras Seeadler, amerikanischen Nerz und Flussotter in dem Sperrgebiet sichten. 98 Prozent der Fische, die das Team als Köder ausgelegt hat, wurden gefressen.  Für die Forscher ein Zeichen einer reichen Vielfalt an Aasfressern und in der Folge eines florierenden Ökosystems.

7. April 2019. Seit mehr als drei Jahrzehnten darf der weißrussische Teil des Sperrgebiets um Tschernobyl nur mit Sondergenehmigung betreten werden. Weißrussland möchte aber nun Touristen in die verseuchte Gegend locken. Touristische Routen würden bereits vorbereitet, sagt Maxim Kudin, stellvertretender Direktor des Polessischen Staatlichen Radioökologischen Schutzgebiets, dem Fernsehsender ONT.

Kudin betont, die Strahlendosis, der Touristen ausgesetzt würden, sei für die Gesundheit zu vernachlässigen. In einigen Teilen der Sperrzone werden die Grenzwerte laut ONT zwar hundert- oder sogar tausendfach überschritten, doch diese Gebiete sind für Besucher offenbar tabu. Im Schutzgebiet gibt es keine Geisterstädte, die Besucher anziehen, dafür aber viele verlassene Dörfer. Wer die Sperrzone besuchen will, wird nicht unbedingt tief in die Tasche greifen müssen: Eine Tagestour wird für eine Gruppe von drei bis fünf Menschen etwa 340 weißrussische Rubel, umgerechnet etwa 140 Euro, kosten.

Im ukrainischen Teil der Sperrzone werden ähnliche Ausflüge bereits seit mehreren Jahren angeboten. Diese sind etwas teurer, dafür führen die Touren unter anderem in die berüchtigten Geisterstädte Prypjat und Tschernobyl. Auch die Überreste des havarierten Atomkraftwerks bekommt man aus der Nähe zu sehen.

30. Juni 2019. Ein Gespür dafür, wie man sich an dem Ort einer Katastrophe verhält, die nach Schätzungen der WHO 4000 Menschen das Leben gekostet hat, scheint nicht jeder der Katastrophentouristen zu haben. Wer sich die Instagram Posts ansieht, die unter der Ortsmarkierung oder dem Hashtag „Tschernobyl“ oder „Pripyat“ hochgeladen werden, bekommt eher den Eindruck, die Nutzer hätten einen aktiven Freizeitpark und keinen Unglücksort besucht:

Eine junge Frau sitzt fröhlich grinsend in einem der verlassenen Autoscooter, als könne sie jeden Augenblick damit losfahren. Auf einem Bild sind zwei Männer zu sehen, die in einer Rapper-Pose vor dem Riesenrad in Pripyat stehen, ein anderer Nutzer an der selben Stelle das „Ok“-Zeichen. Wieder ein anderer posiert oberkörperfrei vor dem Atomkraftwerk, sein Foto hat er mit den Hashtags „chernobyl, nuclear und power of nature“ versehen. Eine junge Frau zieht fast blank: Ihr Foto zeigt sie nur spärlich bekleidet und mit herunterhängenden Schutzoverall in der Schutzzone. Private Nutzer sind ebenso vertreten wie Influencer.

Für die Fotos verschaffen sich manche Nutzer Zugang zu den Gebäuden in der Stadt oder in den Kontrollraum des Atomkraftwerks, in dem vor 33 Jahren die Katastrophe geschah, obwohl das Betreten der Einrichtungen seit 2012 verboten ist. Die Fotos lösen daher in den sozialen Medien einen Sturm der Entrüstung aus, in dem sich viele über die Pietätlosigkeit der Instagrammer beschweren.

Juli 2019. Bei der Inbetriebnahme des New Safe Confinement, sinngemäß „Neuer sicherer Einschluss“, erklärt Wolodymyr Selenskyj (Präsident der Ukraine) Tschernobyl offiziell zu einer Sehenswürdigkeit:

"Wir müssen dem Gebiet neues Leben einhauchen. Bis jetzt war Tschernobyl ein negativer Part der ukrainischen Marke. Es ist Zeit, das zu ändern."

9. Oktober 2019. Mehr als drei Jahrzehnte nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl sind laut dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) einzelne Wildpilzarten in Bayern immer noch stark mit radioaktivem Cäsium belastet.  Betroffen seien etwa Semmelstoppelpilze, Schnecklinge, Maronenröhrlinge, Elfenbein- und Braunscheibige.

"Im Extremfall enthält eine einzelne Mahlzeit dieser Pilze mehr Cäsium-137 als man mit anderen Lebensmitteln aus landwirtschaftlicher Produktion in einem ganzen Jahr zu sich nimmt", sagt Inge Paulini, Präsidentin des BfS. "Wer seine persönliche Strahlenbelastung so gering wie möglich halten möchte, sollte darum keine stark belasteten Pilzarten aus höher belasteten Regionen essen."

10. Oktober 2019. Die ukrainische Regierung öffnet den Kontrollraum des Reaktors 4 für Touristen. Durch die Öffnung des Kontrollraums will die Ukraine noch mehr Touristen in die Region locken, berichtet CNN. Wer sich den Kontrollraum anschauen möchte, muss einen Schutzanzug, eine Atemmaske und einen Helm tragen. Besucher dürfen nur kurze Zeit in dem immer noch verstrahlten Raum bleiben. Nach der Besichtigung werden an ihnen zwei Strahlenmessungen durchgeführt.

1. November 2019. Ein Forscherteam der University of Georgia um James Beasley hat eine Studie in der Fachzeitschrift "Mammal Research" veröffentlicht. Demnach wurden in der Tschernobyl-Sperrzone mehr als 11.000 Bilder von den seltenen Przewalski-Pferden gemacht. Diese Pferdeart galt lange als einzige direkte Unterart des Ur-Pferdes, das in der Wildform überlebt hat. Um diese Pferde und auch andere Tierarten aufzuspüren, haben die Wissenschaftler im weißrussischen Teil der Zone Kameras mit Bewegungsmeldern installiert.

19. Februar 2020. Der Pilz der Gattung Cladosporium sphaerospermum, der 1991 entdeckt wurde, hat es sich dort heimisch gemacht, wo die höchste Strahlung herrscht – er gedeiht auf den Resten des Reaktorblocks. Der Pilz kann radioaktives Material wie den heißen Grafit in den Überresten des Tschernobyl-Reaktors zersetzen. In Gegenwart der Strahlung wachsen die Pilze schneller. Sie richten sich auf die Strahlungsquelle aus, um dort hinzuwachsen, so als ob sie nach ihrer Nahrung greifen würden. 

Die schwarzen Pilze besitzen einen sehr hohen Anteil an Melanin  - ein Pigment, das auch für unsere Haar- und Hautfärbung zuständig ist. Je näher der Pilz der radioaktiven Quelle gewesen sei, desto mehr Melanin habe man nachweisen können. Diese Anpassungsfähigkeit sei auch dafür verantwortlich, dass dieser Pilz die lebensgefährliche Gamma-Strahlung des Reaktors in chemische Energie umwandeln könne.

Die Pilze können mit Melanin Gammastrahlung in chemische Energie für ihr Wachstum umwandeln. Ihr Melanin absorbiert die Strahlen, und verwandelt sie in chemische Energie. Analog zur Fotosynthese heißt der Prozess Radiosynthese. Wissenschaftler hoffen, den Pilz gezielt züchten zu können, sodass er bei der Dämmung radioaktiver Strahlung mitwirken kann.

Dieser Pilz wurde nun auf der internationalen Raumstation (ISS) gezüchtet, denn man will seine erstaunlichen Eigenschaften für die Raumfahrt nutzen, berichtet "Popular Mechanics" in Hinblick auf eine kommende Studie von Venkateswaran. Im Weltall ist die Strahlung höher als auf der Erde. Die Versuche auf der Raumstation sollen zeigen, ob es möglich ist, Raumschiffe auf diese Weise gegen die eindringende Strahlung abzusichern.

Die Wissenschaftler testen die Fähigkeit von Cladosporium sphaerospermum zur Strahlenabsorption auf der Internationalen Raumstation (International Space Station, ISS). Der Versuchsaufbau besteht aus einer Petrischale mit zwei Abteilungen: einer mit, und einer ohne die Pilze. Darunter befindet sich ein Strahlenmessgerät.

Die Schale wird 30 Tage lang Strahlung ausgesetzt, alle 110 Sekunden wurde gemessen, wieviel Strahlung unter der Schale ankommt. Dabei zeigt sich, dass unter der Seite mit den Pilzen gut zwei Prozent weniger Strahlung gemessen wird. Die Forscher schätzen, dass eine etwa 21 cm dicke Schicht dieses Pilzes ein Marshabitat vor Strahlung schützen könne. Eine Mischung aus Melanin und Marsregolith könne dünner ausfallen.

Die Pilze können sich, so finden die Forscher heraus, gut an die weitgehende Schwerelosigkeit auf der ISS anpassen und in der Strahlung überleben. Weiterer Vorteil sei, dass sich der Pilz selbst reproduziere, sagt Nils Averesch dem britischen Wissenschaftsmagazin New Scientist. Es müssten also nur wenige Gramm auf den Mars gebracht werden, wo sie sich dann vermehren könnten. Zudem könne sich ein Pilz-Schutzschild, wenn er etwa durch eine Sonneneruption beschädigt werde, selbst regenerieren.

Ab 3. April 2020. Ein 27 Jahre alter Bewohner des Dorfes Ragowka setzt "zum Vergnügen" mehrere Haufen Laub und Zweige in Brand, wie er später der Polizei gesteht. Die Feuer geraten außer Kontrolle, starker Wind trägt Funken weiter.

Feuer und Waldbrände sind in der Ukraine ein häufiges Übel: erst recht im Frühjahr, wenn Bauern Felder abfackeln und Dorfbewohner altes Laub verbrennen. Das ist zwar illegal, doch in der Ukraine weit verbreitet. Theoretisch wird dies mit Geldstrafen bis zu umgerechnet 300 Euro bestraft, doch in der Praxis kommt es dazu fast nie.

4. April 2020. Das Feuer hat bereits mehr als 100 Hektar erfasst.

5. April 2020. Der ukrainische Umweltinspektionsdienst teilt mit, dass durch einen Waldbrand auf einer Fläche von rund 100 Hektar in der Sperrzone um das Atomkraftwerk Radioaktivität freigesetzt wurde. Im Zentrum des Brandes ist die Radioaktivität überdurchschnittlich hoch“, schreibt Jegor Firsow, Leiter des staatlichen Umweltinspektionsdienstes, auf Facebook. Er veröffentlicht ein Video, in dem ein Geigerzähler das 16-Fache des Normalwertes anzeigt. Diese Erhöhung sei jedoch nur im Zentrum des Brandes gemessen worden.

Als Ursache für den Waldbrand wird vermutet, dass Anwohner am 4. April 2020 den Brand durch das illegale Verbrennen von Müll ausgelöst haben.

7. April 2020. 120 Feuerwehrleute sind im Einsatz, 174 Tonnen Löschwasser haben Hubschrauber und Flugzeuge der Feuerwehr über den brennenden Bäumen abgeworfen, berichtet der ukrainische Fernsehkanal TSN. Die Feuerwehr habe die Lage inzwischen „vollständig unter Kontrolle“, heißt es in ukrainischen Medien unter Berufung auf die verantwortlichen Behörden.

Im 130 Kilometer von Tschernobyl entfernten Kiew ist die Strahlenbelastung nach Angaben der staatlichen Katastrophenschutzbehörde weiterhin im Normalbereich.

Ein 27-jähriger Mann wird festgenommen, der Grasballen entzündet und damit das Feuer ausgelöst haben soll.

Der Brand in der Tschernobyl-Schutzzone ist nicht der einzige Waldbrand in der Ukraine. Allein am Sonntag hätten die Behörden landesweit 693 Wald- und Buschbrände auf einer Fläche von 1.000 ha verzeichnet, berichtet das Portal kp.ua. Ein Ende der Brände ist nicht abzusehen. In den nächsten Tagen soll es 20 Grad warm werden.

8. April 2020. Die Verwaltung der Ausschlusszone (DASV) spricht von 3500 brennenden Hektar. Das Feuer kommt in die Nähe des Atomkraftwerks mit abgesperrten Bereichen, in denen 1986 radioaktiver Abfall schlicht zurückgelassen wurde.

Das as Bundesamt für Strahlenschutz gibt bekannt, dass in Deutschland keine Gefahr drohe.  Man verzeichne keine erhöhten Messwerte, aufgrund der Wetterlage seien bisher keine Luftmassen aus der Ukraine, die radioaktive Stoffe hätten mit sich führen können, nach Deutschland transportiert worden. Selbst bei ungünstigen Wetterverhältnissen und bei deutlich größeren Waldbränden als jetzt wären die Auswirkungen auf Deutschland äußerst gering.

13. April 2020. Mehr als eine Woche nach dem Ausbruch des Feuers setzen die Behörden weiterhin Flugzeuge und Hubschrauber zum Löschen ein. 416 Einsatzkräfte seien vor Ort, teilt der Katastrophenschutz mit. In dem radioaktiv belasteten Gebiet brannten Gras, Gestrüpp und Waldboden. Die Grenzwerte für radioaktive Strahlung seien in den besiedelten Gebieten, die an das Sperrgebiet rund um das Atomkraftwerk grenzen, nicht überschritten worden, versichert die Zonenverwaltung am Wochenende.

Zum aktuellen Ausmaß der Brände machen die Behörden keine Angaben. Sie verweisen lediglich auf mittlerweile fast eine Woche alte Satellitenbilder, wonach ein Gebiet von etwa 3500 Hektar innerhalb des Sperrgebiets in Flammen gestanden habe.

Schilderungen aus den sozialen Netzwerken, wonach die Brände außer Kontrolle geraten seien und sich dem stillgelegten Kraftwerk und der verlassenen Stadt Prypjat näherten, weist der Katastrophenschutz zurück. Die Situation sei zwar schwierig, aber kontrollierbar, sagt eine Behördensprecherin.

Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisiert einen leichtfertigen Umgang mit Feuer: „Ich möchte mich an die Bürger wenden, denen es egal ist. Die Rede ist von jenen, die im 21. Jahrhundert Gras anbrennen und damit schreckliche Feuer verursachen“, sagt er in einer Fernsehansprache. Das ukrainische Parlament beschließt in einer Sondersitzung die Strafe für illegal entzündete Feuer auf umgerechnet mehrere Tausend Euro zu erhöhen.

Umweltschützer befürchten, dass Radioaktivität freigesetzt wird, auch weil Feuer auf die Lagerstätten mit radioaktiven Abfällen übergreifen könnten. Am Abend heißt es in einigen Presseberichten, die Brände seien in gefährliche Nähe der Endlager radioaktiver Abfälle in dem Gebiet gerückt. Der stellvertretende Innenminister Anton Heraschenko versichert daraufhin, die Lager seien sicher. 

Die Flammen kommen bis zu 500 Meter an den Sarkophag heran. Der Rauch zieht bis in die etwa 100 Kilometer entfernte ukrainische Hauptstadt Kiew.

14. April 2020. In der letzten Nacht begann es zu regnen. Der Kampf gegen den Waldbrand in der Sperrzone um das ehemalige sowjetische Atomkraftwerk Tschernobyl verläuft nach Angaben ukrainischer Behörden erfolgreich. Dank des Feuerwehreinsatzes und Regenfällen gebe es "kein offenes Feuer mehr", teilt die Katastrophenschutzbehörde der Ukraine mit. Die Feuerwehr kämpfe nur noch gegen einzelne Schwelbrände.

An der offiziellen Version gibt es jedoch Zweifel. Satellitenaufnahmen zeigen, dass in der Gegend rund um das explodierte AKW immer noch Zehntausende Hektar Wald brennen.

17. April 2020. Laut Greenpeace Russland sollen zwischenzeitlich mehr als 40.000 Hektar von den Bränden betroffen gewesen sein und das Feuer auf bis zu einem Kilometer an den Sarkophag herangekommen sein.

19. April 2020. Um das ehemalige Atomkraftwerk herum gibt es sechs Schwelbrände. Insgesamt löschen nun 1400 Feuerwehrleute die Brandherde in der Sperrzone, wie der Katastrophenschutzdienst mitteilt. Unterstützt von schwerer Technik der Armee sind den ukrainischen Behörden zufolge inzwischen mehr als 400 Kilometer Brandschutzschneisen geschlagen worden. In der benachbarten Region Schytomyr bekämpfen demnach weitere rund tausend Feuerwehrleute ebenfalls Waldbrände.

Die Größe der abgebrannten Fläche wird mit über 10.000 Hektar angegeben, die Ärzteorganisation und die Umweltschutzorganisation Greenpeace nennen 46.000 Hektar.

21. April 2020. Die Behörden versichern erneut, dass die Radioaktivität in den an das Sperrgebiet angrenzenden besiedelten Gebieten unterhalb der Grenzwerte liege. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Deutschland bestätigt, innerhalb des Sperrgebiets sei zwar eine deutlich erhöhte Luftkonzentration des radioaktiven Isotops Cäsium-137 gemessen worden. Außerhalb der Sperrzone, zum Beispiel in der Hauptstadt Kiew, seien aber nur leicht erhöhte Werte registriert worden. Diese seien gesundheitlich nicht bedenklich. Der Wind habe das Cäsium verdünnt, so das BfS. Für Deutschland bestehe "weiterhin keine Gefahr einer radioaktiven Wolke".

13. Mai 2020. Laut Präsident Wolodymyr Selenskyj sind die Feuer nun gelöscht. "Ich danke für die schwere geleistete Arbeit", sagt er in einem Video zu den Einsatzkräften. Die Feuerwehrleute überwachten seit vergangener Woche die gelöschten Brandflächen in der Sperrzone nur noch. Es kamen keine neuen Glutnester hinzu.

22. Juni 2020. Die Ukraine veröffentlicht bisher unter Verschluss gehaltene Dokumente des sowjetischen Geheimdienstes KGB zu dem 1986 explodierten Atomkraftwerk Tschernobyl. Das 688 Seiten umfassende Buch „Das Tschernobyl-Dossier – vom Bau zur Katastrophe“ enthält 229 Akten, die zwischen den 1970er Jahren und November 1986 angefertigt wurden. 190 davon sind nun erstmalig zugänglich. Demnach gab es schon lange vor dem Super-GAU viele Probleme in dem Kraftwerk. Die Archivsachen geben Auskunft zu Baumängeln, Havarien und Notabschaltungen von 1971 bis in die Zeit nach der Atomkatastrophe.

Nachlesbar sind auch Protokolle der Dienstgespräche vom 26. April und zur radioaktiven Verstrahlung der ukrainischen Hauptstadt Kiew.

Innerhalb des Sperrgebiets bricht auf einer Fläche von drei Hektar erneut ein Feuer aus. Behörden zufolge ist der Brand weitestgehend gelöscht.

18. November 2020. Erstmalig wird hochradioaktiver Müll der 1986 havarierten Tschernobyl-Reaktoren in ein neues Endlager gebracht.

Die Umweltgruppe „Save Dnipro“ unter Berufung auf Meßergebnisse des staatlichen Automated radiation monitoring systems (Arms) von Radioaktivitätswerten, die um bis zu 600 Mal über den Werten der Vortage liegen sollen.

Alles Unsinn, kontern die staatlichen Behörden. Gleichzeitig räumen sie ein, dass tatsächlich derartige Werte gemessen worden sind. An diesen Tagen habe man die Radioaktivitätsfühler getestet, erklärt Maxim Schewtschuk, stellvertretender Chef der geschlossenen „Zone“ um Tschernobyl, dem Portal ua-energy.org. Da diese in einer Höhe von vier Metern installiert seien, könne man sie nicht vor Ort testen. Man habe sie in ein Testlabor verbracht und dort hohen Radioaktivitätsbelastungen ausgesetzt. Während der Tests seien die Fühler jedoch „online“ geblieben.

Auf Facebook fragt die Journalistin Maria Leleka die für die Tschernobyl-Zone zuständige Behörde, wie man sich erhöhte Meßwerte auch nach dem 19. November erklären könne. Bisher, so die Journalistin Sweta Gudkowa im Portal apostrophe.ua, habe Leleka keine Antwort erhalten. „Was wirklich in Tschernobyl passiert ist“ so Gudkowa, „ist derzeit nicht vollständig bekannt.“

16. Februar 2021. Die Ukraine will im Juli in der Sperrzone um explodierte Atomkraftwerk Tschernobyl ein Atommüll-Zwischenlager in Betrieb nehmen. Damit soll der Export von radioaktiven Abfällen nach Russland überflüssig werden. "Der Bedarf der Ukraine an diesen Dienstleistungen ist weggefallen", sagt der Chef des Staatskonzerns Energoatom, Pjotr Kotin, laut einem Bericht der Staatsagentur Ukrinform.

Das Zwischenlager soll zukünftig die verbrauchten Brennelemente von drei der vier Atomkraftwerke des Landes aufnehmen. Diese wurden bisher zur Wiederaufbereitung ins Nachbarland Russland gebracht. Energoatom gibt die jährlichen Kosten dafür mit umgerechnet rund 165 Millionen Euro an. Die ersten Anlagen sind laut Ukrinform bereits im Dezember fertiggestellt worden. Es sei noch ein 43 Kilometer langer Gleisanschluss in der Sperrzone fertig zu bauen, erklärt Kotin. Bis 2040 sollen weitere Bauabschnitte hinzukommen.

18. April 2021. Der Bayerische Jagdverband meldet, dass Wildschweine in Bayern auch 35 Jahre nach Beginn der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl immer noch eine hohe Strahlenbelastung aufweisen. Messwerte über dem Grenzwert von 600 Becquerel Radiocäsium pro Kilogramm seien keine Seltenheit. Damit nur einwandfreies Fleisch auf den Teller der Verbraucher kommt, hat der Jagdverband in den Neunzigerjahren damit begonnen, ein flächendeckendes Netz von Radiocäsium-Messstationen zu errichten, das mittlerweile weit ausgebaut wurde.

Der Freistaat betreibt inzwischen 124 Messstationen. Fleisch, das mit mehr als 600 Becquerel pro Kilo belastet ist, muss nach den strengen deutschen und europäischen Fleischhygienerichtlinien vernichtet werden. Es ist zum Verzehr nicht mehr geeignet. Jäger können beim Bundesverwaltungsamt eine Entschädigung beantragen.

Die hohe Strahlenbelastung liege an den Lebensgewohnheiten der Wildart: Die Tiere suchen einen Großteil ihrer Nahrung im Boden. Wurzeln, Engerlinge oder Pilze stehen bei den Schweinen auf dem Speiseplan. Vor allem Pilze sind ein guter Speicher für das radioaktive Isotop Cäsium-137, berichtet das Bundesamt für Strahlenschutz. Wer seine persönliche Belastung verringern möchte, sollte in besonders stark belasteten Gegenden auf selbstgepflückte Pilze oder selbsterlegtes Wild verzichten.

22. April 2021. Der Krebsforscher Stephen Chanock von National Cancer Institute im US-amerikanischen Rockville und sein Team berichten in der Zeitschrift „Science“: Die von radioaktiven Jod-Isotopen ausgehende Strahlung verursachte im Erbgut „Doppelstrangbrüche“, was bei den Betroffenen letztlich zu Genmutationen und zur Entstehung von Krebs, insgesamt rund 5000 Schilddrüsentumoren, führte.

Doch die Forscher fanden auch heraus, dass diese Mutationen von den Betroffenen nicht an ihre Kinder vererbt wurden. Jedenfalls fanden sie in ihrem Erbgut nicht mehr Mutationen als beim Durchschnitt der Bevölkerung.

Das ist ein durchaus überraschender Befund, denn bei solchen zum Teil sehr hohen Strahlungsdosen in den Genitalanlagen der Eltern muss mit Schäden im Erbgut der Ei- oder Samenzellen gerechnet werden. Vermutlich wurden einige Ei- und Samenzellen der Betroffenen durch die Strahlung auch beschädigt, aber vermutlich können sich Embryonen, die aus der Befruchtung mit derart geschädigten Keimzellen hervorgehen, „unter Umständen erst gar nicht in der Gebärmutter einnisten“, sagt Ensminger. „Oder die Embryonen sterben während ihrer Entwicklung ab.“

26. April 2021. Einige Menschen versammeln sich schon in der Nacht in Prypjat, um an die Opfer zu erinnern.

Der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, erinnert bei einer Gedenkveranstaltung in der ukrainischen Hauptstadt Kiew an die vielen Menschen, die damals "zum Preis ihrer eigenen Gesundheit und ihres Lebens mit den Folgen der technischen Katastrophe kämpften". Landesweit blenden die TV-Sender eine Trauerkerze ein.

Mehr als 600.000 Menschen halfen demnach bei der Beseitigung der Unglücksfolgen – löschten etwa den Brand und räumten Trümmer weg. Heute leben laut Klitschko in Kiew mehr als 48.000 von der Katastrophe Betroffene, Umgesiedelte und sogenannte Liquidatoren. Anlässlich des Jahrestages erhielten alle eine einmalige Zahlung von umgerechnet zwischen 18 und 30 Euro.

Das Leben ist in die Todeszone um Tschernobyl zurückkehrt. Wer sich heute in die stark verstrahlte Todeszone rund um den Reaktor wagt, erlebt Natur im Urzustand: wilde Tiere, ganz ohne Scheu vor Menschen. Der Tourismus hat stark zugenommen. 99 Dollar kostet der Basistrip, er startet morgens in Kiew. Im Reisebus gibt es eine Dokumentation über die Katastrophe zu sehen.

35 Jahre Tschernobyl ist die Umgebung um den Reaktor jedoch noch immer alles andere als sicher. Die zweite Generation nach der Katastrophe aus der Gegend rund um Tschernobyl kämpft noch immer mit der Strahlenverseuchung. Nur zwanzig Prozent der Kinder sollen gesund sein – im Vergleich zu 90 Prozent vor dem Unglück.

In der Sperrzone nehmen Wissenschaftler täglich Proben, die im Labor untersucht werden. Abgefallene Blätter etwa verrotten hier nur schlecht, das haben Wissenschaftler 2014 herausgefunden: Die Strahlung hat die Mikroorganismen im Boden stark geschädigt.

Unter der neuen Hülle wird der havarierte Reaktor Stück für Stück auseinandergebaut und sein Atombrennstoff geborgen.

Im Kino ist das Unglück wieder ein Thema: "Tschernobyl" heißt der erste Film von Regisseur und Schauspieler Danila Koslowski, der sich in dem Mix aus Katastrophenfilm und Liebesdrama selbst in der Hauptrolle eines Feuerwehrmanns besetzt hat, der mithilft, das Schlimmste zu verhindern. Das Heldenepos ist Russlands Antwort auf die international erfolgreiche HBO-Miniserie "Chernobyl". In der Ukraine ist der Streifen verboten.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) schreibt auf Twitter: "Die Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke bis 2022 ist ein wichtiger Schritt." An den Folgen des Tschernobyl-Unfalls seien Tausende Menschen gestorben. "Die Zukunft liegt in erneuerbaren Energien", fügt er hinzu.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) teilt mit, Tschernobyl sei "ein tragischer Beleg für alles, was gegen die Atomkraft spricht: Diese Technik ist unverzeihlich gegenüber menschlichen Fehlern, ihre Risiken sind unbeherrschbar, ihre Folgen weitreichend."

8. Mai 2021. News from Science berichtet 35 Jahre nach Beginn der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl über "Befürchtungen, dass selbstverstärkende Kettenreaktionen im geschmolzenen Atombrennstoff schwelen". Anatolij Doroschenko vom Institut für Sicherheitsprobleme von Kernkraftwerken (ISPNPP) hat in Kiew erklärt, einige Sensoren in Bereichen von Block 4 zeigten langsam, aber stetig steigende Neutronenwerte. Das könnte ein Signal für eine sich selbst erhaltende Kernspaltung sein. Man habe aber durchaus einige Jahre Zeit, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Lange schon habe es die Befürchtung einer selbsterhaltenden Kernspaltung gegeben, da am 26. April 1986 ein Teil des Reaktorkerns mit Uranbrennstäben, ihren Zirkonium- Hüllen, den Steuerstäben und dem Sand verschmolzen ist, der auf den Reaktorkern gekippt wurde, um das Feuer zu löschen. Eine Art Lava floss in die unteren Räume der Reaktorhalle und verfestigte sich dort. Man spricht von "fuel-containing materials" (FCM), übersetzt als brennstoffhaltige Masse.

Eigentlich soll eine Sprinkleranlage in Tschernobyl dabei helfen, Neutronen einzufangen. Eine Gadoliniumnitratlösung kann dafür von der Decke gesprüht werden. Diese erreicht aber die Bereiche im Keller des Reaktors nicht, die unter Beton verborgen sind.

Im Inneren des alten Sarkophags um den havarierten Reaktorblock 4 in Tschernobyl verfolgen Sensoren das Geschehen genau. Ihr besonderes Augenmerk gilt jenen Räumen, in die während des Unfalls im Jahr 1986 das lavaartige Gemisch aus geschmolzenem Kernbrennstoff, Steuerstäben und Trümmern geflossen ist. Einer dieser Räume: 305/2. In ihn ist damals besonders viel dieses Coriums geflossen. 

Seit vier Jahren zeigen Sensoren in verschiedenen Bereichen eine steigende Anzahl von Neutronen an, was auf eine Kettenreaktion hinweist. Im unzugänglichen Raum 305/2 befinden sich Tonnen dieser brennstoffhaltigen Masse, die tief unter Trümmern begraben ist. Dort haben Sensoren in den vergangenen vier Jahren eine Verdoppelung der Neutronen registriert.

News from Science zitiert Neil Hyatt (Atom-Chemiker der Universität Sheffield). „In diesem brennstoffhaltigen Material beobachten wir einen Anstieg des Neutronenflusses: Es werden also mit der Zeit mehr Neutronen emittiert. Neutronen können Uran- und Plutoniumatome spalten, wodurch weitere Neutronen entstehen. Und das ist das, was gemessen wird.“ Hyatt spricht von "Glutnestern wie in einer Feuerstelle".

Er spricht von "glaubhaften und plausiblen Daten", doch für ihn ist noch unklar, welcher Mechanismus wirkt. Sicher ist er, dass die Bedrohung nicht ignoriert werden darf, da sich "die Spaltreaktion exponentiell beschleunigen" könnte und es zu "einer unkontrollierten Freisetzung von Atomenergie" kommen könne.

Der Anstieg ist nicht bei allen Sensoren für diesen Raum gleich stark, er läuft jedoch kontinuierlich, sagt Robert Kilger von der Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit GRS: „Bei dem Detektor, der hier den größten Ausschlag zeigt, hat sich das Messsignal wohl innerhalb dieser letzten vier Jahre in etwa verdoppelt.

Raum 305/2 ist mit einer Betonwand versiegelt und deshalb unzugänglich. Es bleibt also nichts anderes, als die Signale der Sensoren mit Hilfe von Modellrechnungen zu interpretieren. Allerdings gebe es dafür zu wenige Sensoren, so Robert Kilger: „Dieser Anstieg von diesem Messsignal kann verschiedene Ursachen haben. Eine ist die Möglichkeit, dass hier so diese atomare Kettenreaktion, diese Kritikalität, möglicherweise langsam in Gang kommt und hier eine Verstärkung dieses Neutronenflusses bewirkt, der dann auch außerhalb von diesem Raum messbar ist.“

Neu wäre das nicht. Solche Nester mit erhöhter Aktivität sind auch früher immer wieder einmal gemessen worden, und sie flauten immer wieder ab. Ein wichtiger Faktor dabei ist Wasser. „So ein Neutron, wenn das aus so einer Spaltung entsteht, ist sehr schnell. Wenn es mit Wasser zusammenkommt, dann wird es abgebremst, und erst wenn es langsam ist, kann es wieder zu neuen Spaltungen führen. Das funktioniert dann, wenn genau die richtige Menge Wasser drin ist. Es darf nicht zu viel und nicht zu wenig sein.“

"Es gibt viele Unwägbarkeiten", meint auch Maxim Saveliev vom Institut für Sicherheitsprobleme von Atomkraftwerken (ISPNPP) in Kiew. "Wir können die Möglichkeit eines Unfalls nicht ausschließen", erklärt der ukrainische Experte. Er verweist darauf, dass die "Zahl der Neutronen langsam ansteigt", weshalb er davon ausgeht, dass man einige Jahre Zeit haben werde, um herauszufinden, wie man die Bedrohung eindämmen kann.

Dass es zu einer Explosion und zu einem Feuer und einer neuen radioaktiven Wolke über Europa kommen könnte, befürchten die Wissenschaftler nicht. Das schlimmste denkbare Szenario wäre gleichwohl, dass es in dem besagten Kellerraum mit der Nummer „305/2“ zu einer Dampfexplosion kommt. Dadurch könnte die erst vor wenigen Jahren fertiggestellte Schutzhülle über der Reaktorruine zum Einsturz gebracht werden. Das wieder würde die Wahrscheinlichkeit für die Freisetzung radioaktiver Substanzen in die Umwelt dramatisch erhöhen.

Das Problem ist, dass es die Strahlungswerte nicht einmal zulassen, nahe genug an den Raum 305/2 heranzukommen, um Sensoren zu installieren. Überwachen will man nun aber verstärkt auch zwei weitere Bereiche, die ebenfalls kritisch werden könnten.

Das Material im Raum 305/2 mit Gadoliniumnitrat zu besprühen, das Neutronen abfängt, um die Kettenreaktion zu bremsen, scheidet als Option offenbar aus, da er zu tief unter Trümmern begraben ist. Überlegt wird, einen Roboter zu entwickeln, der der intensiven Strahlung lange genug standhält, um Löcher in die Masse zu bohren, um Bor-Zylinder einzusetzen. Bor bremst die Kettenreaktion ebenfalls.

11. Mai 2021. Die ukrainischen Ermittlungsbehörden haben 1500 Flaschen "Atomik Apple Spirit" des Unternehmens "The Chernobyl Spirit Company" beschlagnahmt. Die für den Apfelschnaps verwendeten Früchte stammen aus dem Bezirk Narodychi. Dabei handelt es sich um eine der wenigen Gebiete in Reaktornähe, die in der Sperrzone rund um das havarierte AKW noch bewohnt sind.

"Wir arbeiten hart daran, ein Unternehmen zu gründen, um Arbeitsplätze und Investitionen in die von Tschernobyl betroffenen Gebiete der Ukraine zu bringen und die Gemeinde mit 75 Prozent aller Gewinne, die wir erzielen, zu unterstützen", so Jim Smith, Professor an der Portsmouth Universität. Smith hat das Unternehmen mit ukrainischen Kollegen gegründet. 

"Unsere erste Produktion von Atomik Apple Spirit wurde aus für uns unklaren Gründen von ukrainischen Sicherheitsdiensten beschlagnahmt", schreibt das Unternehmen auf seiner Webseite. Demnach seien die Flaschen nun in den Händen der Kiewer Staatsanwaltschaft, nachdem der ukrainische Sicherheitsdienst ermittelt habe.

"Es scheint, dass sie uns beschuldigen, gefälschte ukrainische Verbrauchssteuerstempel zu verwenden, aber das macht keinen Sinn, da die Flaschen für den britischen Markt bestimmt sind und eindeutig mit gültigen britischen Verbrauchssteuerstempeln gekennzeichnet sind", wird Smith in dem Beitrag zitiert. Das Unternehmen arbeite an einer Freigabe, "aber wir können ihnen noch nichts verkaufen".

3. September 2021. Expertinnen und Experten des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) sowie der Bundespolizei untersuchen bis zum 19. September 2021 die radioaktive Verseuchung rings um den zerstörten Atomreaktor von Tschernobyl in der Ukraine. Das teilen das Bundesamt sowie das Bundesumweltministerium in Berlin mit. Demnach sollen sowohl am Boden wie auch von Hubschraubern aus Messungen vorgenommen werden.

Dabei soll in Zusammenarbeit mit ukrainischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern untersucht werden, wie sich die Kontamination in diesem Zeitraum verändert hat. Ziel sei eine Neukartierung der radiologischen Situation in der Sperrzone von Tschernobyl. Dabei sollen die Höhe der vorhandenen Strahlung sowie die Art und Menge der am Boden abgelagerten Stoffe, die diese Strahlung verursachen, ermittelt werden.

Die beiden Hubschrauber der Bundespolizei aus Deutschland sind täglich vier bis sechs Stunden im Einsatz. An Bord sind etwa 200 Kilogramm schwere Messsysteme. Direkt über dem verunglückten Reaktor mit seiner rund zwei Milliarden Euro teuren und 2016 eingeweihten Stahlhülle dürfen die Hubschrauber nicht fliegen. Zu groß ist den ukrainischen Behörden das Risiko eines möglichen Absturzes. Drohnen des ukrainischen Staatsunternehmens Ekozentr sorgen für Messergebnisse. Der Teil der Sperrzone, die sich auf das benachbarte Belarus erstreckt, wird nicht betreten oder überflogen.

Die aus Mitarbeitern des Katastrophenschutzes des westukrainischen Atomkraftwerks Riwne und des deutschen Bundesamts für Strahlenschutz bestehenden mobilen Teams arbeiten am Boden 200 Messpunkte ab.

"Alle Messpunkte sind miteinander durch Straßen verbunden, damit sie mit dem Fahrzeug erreichbar sind", erläutert Daniel Esch vom Bundesamt für Strahlenschutz. Dabei werden mit einem Handbohrer 15 Zentimeter tiefe Proben genommen, die wiederum in 2,5 Zentimeter große Schichten unterteilt werden. Zuvor musste jedoch geklärt werden, ob der Boden unbearbeitet ist, da die damals sowjetischen Behörden nach der Atomkatastrophe große Gebiete umpflügen ließen. "Je tiefer das Cäsium im Boden sitzt, um so geringer trägt es zur Hintergrundstrahlung bei", erklärt Physiker Esch den Hintergrund. Die Auswertung wird dabei sofort von einem örtlichen Labor in Tschernobyl vorgenommen.

Erste Ergebnisse deuten an, dass die Gefahr noch nicht verschwunden ist. Die Ergebnisse der Messungen sollen im April auf einer Fachtagung präsentiert werden. Vorab kann Christopher Strobl vom Bundesamt bereits sagen, dass die Cäsiumverteilung derjenigen ähnelt, die in den 1990er Jahren von den örtlichen Kollegen erstellt wurde. "Das heißt, wir haben das bestätigt, was die Kollegen damals in aufopferungsvoller Arbeit geleistet haben."

15. September 2021. Der neueste Trend sind Fahrradtouren durch das Sperrgebiet.

16. September 2021. Auch 35 Jahre nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl weisen einige Pilzarten in Deutschland stark erhöhte Mengen an radioaktivem Cäsium auf. Laut dem in Salzgitter veröffentlichten Pilzbericht des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) ist das vor allem bei Pilzen in Wäldern Süddeutschlands der Fall.

Für den Bericht untersucht das Bundesamt jährlich die Cäsium-Belastung von Pilzen an ausgewählten Standorten in Süddeutschland. Insgesamt gehe die Belastung langsam zurück. "Aber vereinzelt treten immer noch Werte von über 4000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse auf", erklärt BfS-Präsidentin Inge Paulini.

Pilze im Handel dürfen höchstens 600 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse aufweisen. Wie stark ein Pilz belastet ist, hängt sowohl von der Pilzart als auch vom Standort ab. Höher belastete Pilze kommen demnach beispielsweise im Bayrischen Wald vor.

Besonders hohe Cäsium-Werte von mehr als 1000 Becquerel pro Kilo Frischmasse fand das BfS in den vergangenen Jahren unter anderem bei Semmelstoppelpilzen, Maronenröhrlingen, Gelbstieligen Trompetenpfifferlingen und Ockertäublingen. Niedrig belastet und daher für den Verzehr unbedenklich seien demnach Sorten wie der Blutende Waldchampion, Mönchskopf und Riesenporling. Auch Zuchtpilze wie der Champignon weisen demnach nur geringe Mengen an Cäsium-137 auf.

Bilder aus Wikimedia Commons
Atomkraftwerk Tschernobyl - Reaktorblock 4, Lizenz: Creative Commons Namensnennung 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert), Urheber: Carl Montgomery
Reaktor Nr. 4 (2013), Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany, Urheber: Arne Müseler / www.arne-mueseler.com
Lage des Atomkraftwerks in der Nähe der Stadt Prypjat, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Poland, Urheber: Holek
Satellitenbild der Region  (1997), Lizenz: Public Domain, Urheber: NASA/Jerry M. Linenger
Caesium-137-Kontamination im Jahr 1996 in Weißrussland, Russland und der Ukraine in Kilobecquerel pro Quadratmeter, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic, Urheber:  Sting Editors: Luxo, Devil m25, Enricopedia
Herz der Medaille der Liquidatoren, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic, Urheber: Lamiot
Weitere Medaillen von Tschernobyl, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported, Urheber: Lamiot
Verlassene Schiffe auf dem Prypjat, Lizenz: Public Domain, Urheber: Elena Filatova
Sarkophag des 4. Blocks im März 2006, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported, Urheber: Ernmuhl at lb.wikipedia
„Neuer Sarkophag“ im Bau, Juni 2013, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany, Urheber: Arne Müseler / www.arne-mueseler.com
Neue Schutzhülle in endgültiger Position über dem havarierten Reaktorblock, Oktober 2017, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International, Urheber: Tim Porter
Gedenkveranstaltung 25 Jahre nach dem Reaktorunfall (Wien 2011), Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported, Urheber: Manfred Werner - Tsui
Kang Jinmo bei der Einweihungsfeier in Bamberg 2011, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International, Urheber: PeterBraun74
Aufnahme aus dem Hubschrauber (1986), Lizenz: Creative-Commons „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 generisch“ (US-amerikanisch), Urheber: IAEA Imagebank
Tage nach der ersten Explosion werden weiterhin Dampfwolken erzeugt, Lizenz: Non-free, Urheber: unbekannt
Pripyat mit dem Kernkraftwerk Tschernobyl in der Ferne, Lizenz: Public Domain, Urheber: Jason Minshull
Reaktorhalle 1 des Atomkraftwerks, Lizenz: Creative Commons Attribution 2.5 Generic, Urheber: Saibo
Eingang zur Sperrzone um Tschernobyl, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported, Urheber: Slawojar
Anti-Atom-Protest am 1. Mai 1986 in Berlin, Lizenz: Creative Commons Attribution 2.0 Generic, Urheber: quapan
Atomkraftprotest in Berlin (2011), Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported, Urheber:  Chrischerf

Quellen
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18.04.2011, taz, 25 Jahre Tschernobyl, Die vergessenen Helfer
18.04.2011, Spiegel, 25 Jahre Tschernobyl, "Jeder Soldat strahlte wie ein kleiner Reaktor"
18.04.2011, Spiegel, Filmkritik, Moralische Kernschmelze
14.04.2011, Welt, TSCHERNOBYL, Die Katastrophe, die niemals endet
13.04.2011, Stern, Aufräumarbeiter aus Tschernobyl, Der Strahlenkrieger
12.04.2011, Welt, TÖDLICHER SUPER-GAU, Wahre Zahl der Tschernobyl-Opfer bleibt im Dunkeln
08.04.2011, Welt, TSCHERNOBYL, Explodierter Reaktor 4 in extrem unsicherem Zustand
08.04.2011, Sueddeutsche, 25 Jahre nach dem Super-GAU, Ex-Tschernobyl-Direktor warnt vor neuer Katastrophe
08.04.2011, Welt, RADIOAKTIVER SUPER-GAU, Tschernobyl – Bis zu 125.000 Liquidatoren tot
07.04.2011, taz, Kongress 25 Jahre Tschernobyl, Verdrängt, vertuscht, verharmlost
01.04.2011, Welt, SOWJETISCHER SUPER-GAU, Die Liquidatoren. Kanonenfutter für Tschernobyl
21.03.2011, Welt, STRAHLENEXPERTEN, Russen empfehlen Japanern Tschernobyl-Rezepte
20.03.2011, Sueddeutsche, Fotograf Igor Kostin über Tschernobyl, "Sie müssten doch längst tot sein"
19.03.2011, Spiegel, Kreml-Dokumente, Forscher warnten vor Tschernobyl-Katastrophe
17.03.2011, Focus, Reaktor-Katastrophe, Die Helden von Tschernobyl bereuen nichts
07.03.2011, BZ, Papa Klitschko in Tschernobyl verstrahlt
14.02.2011, Focus, Berlinale, Beim Katastrophenfilm über Tschernobyl stehen die Menschen im Mittelpunkt
11.02.2011, Telepolis, Koalition will Tschernobyl-Gedenken hinter verriegelten Türen
14.12.2010, Zeit, Ukraine, Tschernobyl soll Tourismus-Magnet werden
14.12.2010, Spiegel, Katastrophentourismus, Ukraine will Tschernobyl für Besucher öffnen
15.10.2010, Sueddeutsche, Langfristige Folgen von Tschernobyl, Strahlende Pilze, belastete Schweine
17.09.2010, Focus, Tschernobyl, Zur Stippvisite ins Katastrophengebiet
16.09.2010, Spiegel, Tschernobyl, Pflanzen passen sich der Radioaktivität an
23.08.2010, Welt, REAKTORKATASTROPHE, Forscher streiten über Spätfolgen von Tschernobyl
11.08.2010, Sueddeutsche, Russland: Brände nahe Tschernobyl, Flammen erreichen verseuchte Gebiete
24.04.2010, taz, Menschenkette gegen Atomkraft, Hochgesteckte Ziele weit übertroffen
24.04.2010, Welt, ANTI-ATOMKRAFT-PROTEST, 120.000 beim Maskenball am "Geilen Brüter"
24.04.2010, Spiegel, Menschenkette gegen Atomkraft, 120 Kilometer Widerstand
19.10.2009, Spiegel, Tschernobyl-Fotograf Lubricht, "Ich habe die Radioaktivität geschmeckt"
24.04.2009, Sueddeutsche, Tschernobyl: Jahrestag, "Denk' an die schönen Seiten"
24.04.2009, Welt, ATOMKATASTROPHE, Ein neuer, gigantischer Stahl-Sarg für Tschernobyl
23.04.2009, Focus, Tschernobyl-Tag, Die Halbwertszeit der Erinnerung
18.03.2009, Spiegel, Unglücksreaktor Tschernobyl, Radioaktivität dezimiert Insekten
25.04.2008, Sueddeutsche, Tschernobyl: Jahrestag, "Denk' an die schönen Seiten"