Sonntag, 31. Oktober 2021

Abū Musʿab az-Zarqāwī

Trümmer des Hauses, in dem sich Zarqawi
aufhielt, nach dem Luftschlag (2006)

Der islamische Fundamentalist Abū Musʿab az-Zarqāwī (arabisch أبو مصعب الزرقاوي, DMG Abū Muṣʿab az-Zarqāwī, gebürtig Ahmad Fadil an-Nazzal al-Chalaila oder Ahmad Fadeel al-Nazal al-Khalayleh (arabisch أحمد فضيل النزال الخلايلة, DMG ’Aḥmad Faḍīl an-Nazāl al-Ḫalāyla) wurde am 30. Oktober 1966 in Zarqa (Jordanien) geboren. Er starb am 7. Juni 2006 nahe Hibhib bei Baquba (Irak).

Er war der Anführer der Gruppe al-Qaida im Irak. Seine vor allem in Bagdad und westlich von Falludscha aktive Organisation verfolgte von Anfang an die Absicht, Angriffe (Bombenanschläge, Ermordung von Geiseln) auf Zivilisten (Beamte, ausländische Hilfsarbeiter – im Jahr 2004 Dutzende von Toten) durchzuführen.

Später zählt seine Terrororganisation auch Parteien und alle am demokratischen Prozess Beteiligten zu den legitimen Zielen für Anschläge. Sie bekennt sich zum Attentat auf Ezzedine Salim. Über auf dschihadistischen Websites verbreitete Videos bezeichnet sich die Organisation als verantwortlich für die Entführungen und auf Video festgehaltenen Ermordungen folgender ausländischer Zivilisten: Nicholas Berg, Eugene Armstrong und Jack Hensley (USA), Kenneth Bigley (Großbritannien), Murat Yüce (Türkei), Kim Sun-Il (Südkorea), Shosei Koda (Japan), Georgi Lazov und Ivailo Kepov (Bulgarien).

Im Gegensatz zu Osama bin Laden, der im Kampf gegen den Westen eine Versöhnung mit den Schiiten anstrebte hegte Az-Zarqawi einen besonderen Hass gegenüber Schiiten, der die gesamte anti-schiitische Ausrichtung des Islamischen Staats (IS) prägte. Er war der Überzeugung, dass man diese nicht konvertieren könne, sondern auslöschen müsse. Diese Ansicht stand der Meinung al-Qaidas diametral gegenüber, die in Schiiten nur fehlgeleitete Muslime sehen, die man mit der richtigen Anleitung zurück zur Wahrheit führen könnte. Dies war einer der Gründe, warum az-Zarqawi niemals ernsthaft mit al-Qaida kooperieren wollte. Er stufte al-Qaida als schwache Institution ein, die falschen Vorstellungen folgte und machte sich in der Entstehungsphase des IS ausschließlich ihre Popularität zunutze, um Aufmerksamkeit und finanzielle Mittel für seine Organisation zu generieren.

Für die USA galt Zarqawi als Staatsfeind. Bis zu seinem Tod wurde er mit einem Kopfgeld von 25 Millionen US-Dollar als sogenannter Topterrorist weltweit von Interpol gesucht. Damit war auf ihn der gleiche Kopfpreis ausgesetzt wie einst auf Saddam Hussein. Nur auf Osama bin Laden war mit 50 Millionen US-Dollar jemals ein höheres Kopfgeld ausgesetzt.

Nach Berichten aus westlichen Geheimdienstkreisen solle sich Zarqawi vor allem auf Grund professioneller Verwandlung mit Hilfe von Kosmetika aus der europäischen Filmindustrie der Festnahme entzogen haben. So sei es möglich, dass er sein Aussehen so stark verändert habe, dass man ihn kaum wiedererkennen könne und er sich trotz intensivster Suche relativ frei im Irak bewegen könne. Die Kosmetika erhielt er wohl von Anhängern aus Europa, die die Schminke in großem Stil einkauften und in den Irak schmuggelten.

Zarqawi war jordanischer Staatsbürger. Sadschida al-Rischawi soll seine Schwester gewesen sein.

Weitere Transliterationen, die im deutschen Sprachraum verwendet werden, sind al-Sarkawi, al-Zarkawi, al-Zarqawi, al-Zargawi, Abu Mussab Al Sarkaui. Der Terrorist besaß mehrere Pseudonyme, darunter sind bisher bekannt: Ahmad Fadil al-Chalaila, Abu Ahmad, Abu Muhammad, Sakr Abu Suwaid.

Leben

30. Oktober 1966. Abū Musʿab az-Zarqāwī  aus dem Stamm Bani Hassan wird in Zarqa (Jordanien) geboren. Er wächst in Armut auf und hat sieben Schwestern und zwei Brüder. Sein Vater ist traditioneller Heiler; seine Mutter leidet an Leukämie. 

Zarqawis bürgerlicher Name lautet Ahmad Nazzāl al-Chalaila. Der von ihm später angenommene Namen Zarqawi bezieht sich auf seinen Geburtsort, die jordanische Stadt Zarqa. Az-Zarqawi gehört dem einheimischen Stamm der Bani Hassan an und ist nicht, wie oft behauptet wird, das Kind palästinensischer Flüchtlinge. Dies bestätigt seine Mutter in einem Fernsehinterview im Jahre 2003.

1973. Im Alter von 17 Jahren bricht er die Schule ab und beginnt zunächst, als Kartenabreißer in einem Kino zu arbeiten. Zu diesem Zeitpunkt träumt er von der See und lässt sich einen Anker auf den Arm tätowieren, den er sich später, nach Angaben eines Gefängsnisarztes, wieder selbst herausbrennt.

An die Religion führt ihn offenbar eine seiner Schwestern heran haben, die sich in Amman theologischen Studien widmet und in islamistischen Kreisen verkehrt.

1980er Jahre. Vagen Berichten aus jordanischen Geheimdienstkreisen zufolge ist Zarqawi kurzzeitig im Gefängnis. Ihm wird sexuelle Belästigung vorgeworfen.

1988. Zarqawi heiratet eine entfernte Cousine.

Herbst 1989. Zarqawi kämpft kurzzeitig gegen die sowjetischen Besatzer in Chost in Afghanistan. Da zu diesem Zeitpunkt die sowjetischen Truppen bereits aus Afghanistan abziehen, wird er Berichterstatter für ein islamistisches Mitteilungsblatt, al-Bunyān al-Marsūs. Danach arbeitet er für das Islamic Relief Committee, eine islamische NGO.

1991 oder 1992. Zarqawi kehrt zusammen mit seinem Mentor al-Maqdisi nach Zarqa zurück und schließt sich der islamistischen Gruppe Bai’at al-Imām (Treueeid dem Prediger) an.

1993. Zarqawi wird verhaftet und zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Ihm wird vorgeworfen, er wolle die Monarchie abschaffen und dafür einen islamischen Gottesstaat bilden. Im Gefängnis entwickelt er sich vom einfachen Kämpfer zu einer Führungspersönlichkeit und wird zu einem gefürchteten Anführer unter den Insassen. Da seine Familienangehörigen, die al-Chalaila, Mitglieder des Stammes der Bani Hasan sind, welche wiederum hohe Posten in Armee und Regierung haben, hat er gemäß Aussagen seiner Mithäftlinge eine Art Sonderbehandlung im Gefängnis und wird auch deshalb von den Mithäftlingen gefürchtet. Er löst sich vom Einfluss al-Maqdisis, der zusammen mit ihm ebenfalls zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden ist und im selben Gefängnis interniert ist. In dieser Zeit radikalisieren sich seine Ansichten weiter.

März 1999. Nach seiner Freilassung im Rahmen einer Amnestie für politische Gefangene in Jordanien reist er mit einem Teil seiner Familie nach Peschawar in Pakistan, da die Amnestie unter der Bedingung gewährt wird war, dass er Jordanien nie wieder betreten dürfe. Laut seinem Schwager spielt er mit dem Gedanken, einen Gemüseladen zu eröffnen und ein normales Leben zu führen. Noch in Pakistan läuft sein Visum ab. Zeitgleich wird er in Jordanien verdächtigt, in einen misslungenen Anschlag gegen eine christliche Einrichtung verwickelt gewesen zu sein.

Juni 2000. Zarqawi überquert alleine die Grenze nach Afghanistan. Um ihn gründet sich in Herat mit Unterstützung von al-Qaida ein eigenes Lager. In diesem Lager soll US-amerikanischen Geheimdienstberichten zufolge auch mit Giftgas experimentiert werden. Dort nimmt er auch seinen neuen Namen Abū Mus'ab al-Zarqawi an, der so viel wie „Musabs Vater aus Zarqa“ bedeutet. Tatsächlich nennt er später einen seiner Söhne Musab, der ursprüngliche Grund für die Annahme des Namens dürfte jedoch Zarqawis Verehrung für Musʿab ibn ʿUmair sein. Im Untergrund knüpft er ein Netzwerk namens at-Tauhīd.

2001. Durch den Einmarsch der USA muss die kleine Truppe um Zarqawi Afghanistan verlassen und kommt temporär in Pakistan und im Iran unter. Nachdem iranische Sicherheitskräfte mehrere seiner az-Zarqawis verhaftet haben, flieht er in den Nordirak und findet Unterschlupf bei einer Gruppe kurdischer Dschihadisten, die sich Ansar al-Islam nennen.

Er wird in Jordanien wegen Terroranschlägen in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Auch macht man ihn für den Mord an dem Israeli Yitzhak Snir am 6. August 2001 verantwortlich.

2002. Az-Zarqawi beginnt damit, seine Organisation für den Kampf im Irak vorzubereiten.

9. September 2002. Er reist nach jordanischen Angaben illegal über die syrische Grenze nach Jordanien ein.

5. Februar 2003. Vor dem Weltsicherheitsrat behauptet der US-amerikanische Außenminister Colin Powell, Zarqawi agiere als Bindeglied zwischen Saddam Hussein und al-Qaida. Abu Musab az-Zarqawi wäre der Statthalter im Irak. Die angebliche Verbindung zwischen al-Qaida und Saddam Hussein dient der US-amerikanischen Regierung als eine der Begründungen für den geplanten Irakkrieg.

Der bis dahin fast unbekannte Jordanier Zarqawi bekommt dadurch einen unbeabsichtigten „Ritterschlag“ vom US-amerikanischen Erzfeind. Seine Gruppe besitzt danach die größte Anziehungskraft für Dschihadisten im Irak, mit großen Vorteilen bei der personellen und finanziellen Ressourcengewinnung. Damit beginnt der Aufstieg der Gruppierung, der letztendlich in der Etablierung des sogenannten Islamischen Staates endet. 

Wie ein offizieller Bericht des Verteidigungsministeriums der USA am 5. April 2007 erklärt, gab es bis zu Saddam Husseins Absetzung durch die Amerikaner jedoch tatsächlich keine aktive Zusammenarbeit zwischen dem irakischen Diktator und al-Qaida. Saddam Hussein duldete jedoch die Anwesenheit von Zarqawi im Irak.

20. März 2003. Der Irak-Krieg beginnt. Die Lager Zarqawis werden als einige der ersten Ziele von den US-amerikanischen Streitkräften bombardiert, da dort Labore für Massenvernichtungswaffen vermutet werden. Az-Zarqawis Gruppe führt keine Anschläge gegen US-amerikanische Soldaten während der Kampfhandlungen im Irakkrieg aus, vielmehr wartet man ab, bis sich die Lage beruhigt hat.

Ab Juni 2003. Abu Musab az-Zarqawi beteiligt sich mit seiner Gruppierung am Widerstand sunnitischer Gruppen gegen die Besetzung des Irak.

August 2003. Der Dschihad beginnt mit dem Anschlag auf die UN-Vertretung in Bagdad, bei dem der Gesandte der Vereinten Nationen getötet wird. Einige Tage später fährt Yasin Dscharrad, Vater von Zarqawis zweiter Frau, mit einem mit Sprengstoff beladenen Wagen in die schiitische Imam-Ali-Moschee. Dabei werden 125 Menschen getötet, darunter auch Muhammad Baqir al-Hakim, Ajatollah und geistiger Führer des Obersten Rates der Islamischen Revolution im Irak.

Zarqawi hat angeblich ein Kopfgeld auf den irakischen Premierminister Iyad Allawi in Höhe von 230.000 Euro ausgesetzt. Dies wird von der al-Walid-Brigade im Internet veröffentlicht. Diese Gruppe gehört nach eigenen Angaben zu Zarqawis Gruppe at-Tauhīd wa al-Dschihād.

23. September 2003. Abu Musab az-Zarqawis Organisation wird für den Bombenanschlag auf die United Nations Assistance Mission for Iraq verantwortlich gemacht und auf die konsolidierte Liste des Al-Qaida Sanctions Committee des UN-Sicherheitsrates gesetzt.

13. Dezember 2003. Saddam Hussein wird von US-Besatzungstruppen festgenommen.

19. Februar 2004. Abu Muhammad Hamza (Zarqawis Hauptbombenbauer) wird getötet.

Anfang April 2004. Der Italiener Fabrizio Quattrocchi im Irak wird als erste westliche Geisel ermordet.

April 2004. Zarqawis Organisation tritt als Dschamāʿat al-Tauhīd wa al-Dschihād (JTJ, Gemeinschaft für Tauhīd und Dschihad) in Erscheinung, wird aber auch Zarqawi-Gruppe bzw. Az-Zarqawi-Netzwerk genannt.

11. Mai 2004. Im Internet wird ein Video veröffentlicht, das die Enthauptung des US-Amerikaners Nicholas Berg zeigt. Das Video ist mit der Botschaft versehen: „Abu Musab az-Zarqawi schlachtet einen Amerikaner“.

1. Juli 2004. Zum vierten Mal in vier Wochen findet eine gezielte Tötungsaktion gegen Zarqawi statt, indem ein Haus bombardiert wird, wobei nach Augenzeugenberichten vier Menschen getötet und mehr als 10 verletzt werden.

22. Juni 2004. Auf einem Video ist die Enthauptung des Tage zuvor entführten Südkoreaners Kim Sun-Il zu sehen.

28. Juni 2004. Zarqawis angebliche Verhaftung wird gemeldet, die dann wieder dementiert wird.

17. Juli 2004. Zarqawi bekennt sich zu dem Mordanschlag auf den irakischen Justizminister Malik Dohan al-Hassan, den dieser überlebt, sowie zu einem Selbstmordanschlag auf ein Rekrutierungsbüro in Mahmudiyya südlich von Bagdad, bei dem nach Krankenhausangaben zwei Menschen getötet und 47 verletzt werden.

September 2004. Mit Abu Ahmad Tabuki und Abu Anas asch-Schami werden zwei mit Zarqawi in Verbindung gebrachte Männer getötet.

20. September 2004. Zarqawi enthauptet anscheinend eine weitere Geisel, den US-Amerikaner Eugene Armstrong, vor laufender Kamera.

21. September 2004. Die zweite Geisel, der US-Amerikaner Jack Hensley, wird ermordet.

8. Oktober 2004. Der Brite Kenneth Bigley, eine dritte Geisel, wird ebenfalls vor laufender Kamera geköpft, nachdem er eine Mitteilung verlesen hat.

14. Oktober 2004. US-amerikanische Truppen starten mit Spezialeinheiten der irakischen Armee gegen die irakische Stadt Falludscha einen Großangriff, da vermutet wird, dass sich Zarqawi und seine Kämpfer dort versteckt halten. Die Truppen fordern die Herausgabe des Terroristen und drohen mit der Eroberung der Stadt. Bereits in den Tagen zuvor haben mehrere Luftbombardments auf vermutete Aufenthaltsorte von Zarqawi stattgefunden. Dabei starben mehrere Menschen.

17. Oktober 2004. Auf einer Internetseite von der Gruppe um Zarqawi wird bekanntgegeben, dass er sich al-Qaida zugehörig fühle und dass er den Befehlen von Osama bin Laden Folge leisten wolle. Zugleich werden Anschläge auf ausländische Tanklastwagen angekündigt. Seit der veröffentlichten Zugehörigkeit zu al-Qaida tritt die Gruppe unter dem neuen Namen Qāʿidat al-Dschihād fī Bilād ar-Rāfidain („Basis des Dschihad im Zweistromland“) auf. Zuvor hat sie sich at-Tauhid wa-l-Jihad („Monotheismus und Dschihad“) genannt.

24. Oktober 2004. Zarqawi bekennt sich zum Massenmord an 49 irakischen Rekruten an der Straße von Badra nach Mandali. Alle Rekruten wurden durch Kopfschuss getötet, nachdem sie auf dem Weg in den Heimaturlaub mit ihren Kleinbussen in einen Hinterhalt geraten sind. Die Gruppe um den Terroristen veröffentlicht eine Botschaft, in der es u. a. heißt: „Den Söhnen von Qāʿidat al-Dschihād fī Bilād ar-Rāfidain gelang es, die stinkenden Köpfe von 48 Leuten zu ernten, die zur so genannten irakischen Nationalgarde gehörten.“

25. Oktober 2004. Nach Berichten der US-Armee wird ein führendes Mitglied seiner Gruppe und enger Vertrauter Zarqawis bei einer Razzia durch US-Militärs in Falludscha festgenommen. Bereits Tage später wird eine weitere Geisel, der Japaner Shosei Koda, genommen. Die japanische Regierung erfüllt auch hier die Forderungen der Gruppe um Zarqawi nicht. 

29. Oktober 2004. Ein Video, das Shosei Kodas Enthauptung zeigt, wird veröffentlicht.

7. November 2004. Auf Polizeistationen in den Städten Haklaniyya und Haditha nordwestlich von Bagdad werden 22 Polizisten exekutiert. In einer im Internet veröffentlichten Erklärung der Gruppe bekannt sich Zarqawi zu den Anschlägen.

8. November 2004. Zarqawi veröffentlicht auf einer arabischen Internetseite einen Aufruf zum Dschihad mit folgendem Wortlaut (zitiert von Spiegel online):

„Oh, Volk, der Krieg hat begonnen und der Aufruf zum Dschihad (Heiliger Krieg) ist gemacht worden. Trotz der Höllenqualen, die wir leiden, bei Gott, die Feinde werden nur Dinge sehen, die ihnen Schaden zufügen … Widersetzen wir uns ihnen mit unserer ganzen Kraft.“

Es wird vermutet, dass dies mit der Großoffensive der US-Militärs gegen Falludscha zusammenhängt. Bei dieser Großoffensive, bei der Falludscha laut Militärkreisen vollständig abgeriegelt wird, ist es, gemäß der Aussage von US-Heereskommandeur Thomas Metz vom 10. November, Zarqawi gelungen, die Stadt unbemerkt zu verlassen. Eine massive Offensive gegen Falludscha, die größte seit Kriegsende, findet trotzdem statt, und 1.200 männliche Falludschaner fallen den Kämpfen und der Zerstörung der Stadt zum Opfer.

Nach Presseinformationen halten es Landeskenner vor Ort für möglich und wahrscheinlich, dass Zarqawi in die irakische Stadt Mossul flüchtet. Nach US-amerikanischen Militärangaben findet man in Falludscha das Haus, in dem sich Zarqawi aufgehalten hat. Das Haus ist ein großes, kaum zu übersehendes Haus mit der großen, ebenfalls kaum zu übersehenden Anschrift „al-Qaida-Organisation“. 

Dort werden Dokumente, Computer, Notizhefte, Korane und einige Leichen gefunden. Unter den Dokumenten befinden sich zwei Briefe Zarqawis an ranghohe Untergebene. Ein Brief ist an ihn gerichtet, mit der Bitte um Geld und Unterstützung. In der Nähe wird eine Bombenwerkstatt gefunden. Ein Jeep mit US-Kennzeichen, wie sie von privaten Sicherheitsleuten im Sold der US-Armee benutzt werden, befindet sich dort gerade zum Umbau zur möglichen Selbstmordbombe. Ferner wird berichtet, dass Zarqawi eine sehr gute Führungsstruktur besessen haben soll, die nach dem Einmarsch weitestgehend zerstört wurde. Außerdem werden Videoaufnahmen der toten Geiseln und ihre Kleidung dort gefunden.

Zarqawis Stellvertreter Umar Hamid wird in Falludscha getötet.

Anfang Dezember 2004. Ein Gefolgsmann mit dem Namen Hassan Ibrahim Farhan wird bei einem Gefecht getötet, zwei weitere Helfer werden verhaftet.

12. Dezember 2004. In einem Bericht der deutschen Tageszeitung Der Tagesspiegel werden Teile eines sechsstündigen Interviews mit einem kurdischen Gefolgsmann von Zarqawi wiedergegeben. Sein Name wird mit Fathallah F. angegeben. Der Mann soll sich zum Zeitpunkt des Interviews in Kirkuk aufgehalten haben und von den Amerikanern mit Hilfe der Kronzeugenregelung verhört worden sein. 

Danach plante Zarqawi einen Anschlag, der noch größer als die Terroranschläge in den USA vom 11. September 2001 sein sollte. Dies gab Zarqawi gegenüber Fathallah F. in Falludscha vor dem Einmarsch der US-Amerikaner bekannt. Angeblich hat er dies auch im Jahre 2004 bereits in Jordanien versucht. Dort wurden mehrere Gefolgsleute Zarqawis zusammen mit mindestens 20 Tonnen Chemikalien und Sprengstoff von der jordanischen Polizei verhaftet. Es wird vermutet, dass ein solcher Anschlag in Amman zu bis zu 80.000 Toten hätte führen können. Eventuell plante Zarqawi auch eine Radiologische Waffe (Schmutzige Bombe), also eine konventionelle Bombe, vermischt mit radioaktivem Material.

Weiter berichtete Fathallah F., dass er Zarqawi ein einziges Mal persönlich getroffen habe. Dieses Treffen habe in Falludscha stattgefunden. Fathallah beschreibt Zarqawi zu diesem Zeitpunkt als schlank, mit kurzem Haar und Bartstreifen an beiden Mundwinkeln bis zum Kinn. Er soll zwei Armbanduhren aus Edelstahl getragen haben. Beide Beine seien voll funktionsfähig gewesen, d. h., er trage keine Prothese.

Auf die Frage, ob er Kontakt zu Osama bin Laden habe, antwortete er: „Nein, im Moment nicht, aber ich suche den Kontakt. Es ist schwierig. Wir haben vereinbart, dass wir kein Risiko eingehen.“ Zarqawi schien über fast unerschöpfliche Geldquellen zu verfügen, so wurden an diesem Tage angeblich 172.000 US-Dollar von ihm in bar an die Mitglieder seiner Gruppe zur Vorbereitung von Terroranschlägen ausgezahlt.

Über die Finanzierung seiner Gruppe äußerte er sich wie folgt (Zitat): „Finanzielle Unterstützung bekommen wir hauptsächlich aus Saudi-Arabien, logistische aus Syrien. Einige arabische Firmen helfen uns bei den Geldtransfers. Das ist fast das Wichtigste, weil alle Geldflüsse überwacht werden. Unsere zuverlässigsten Partner sind in Syrien. Die eifrigsten Selbstmordkandidaten kommen aus dem Jemen und Saudi-Arabien. Es wäre kein Problem, ein Jahr lang täglich zehn Männer dafür zu finden. Wir haben Kämpfer aus 16 Nationen.“

Ein Ex-Geheimdienstmann von Saddam Hussein, Abu Wael, hat erklärt, dass viele Selbstmordattentäter gar nicht wüssten, dass sie in die Luft gesprengt würden. Die Attentäter würden angewiesen, einmal bei einer Polizeiwache vorbeizufahren, und dann würde ohne Wissen der Fahrer die Bombe im Auto ferngezündet.

13. Dezember 2004. Die Gruppe von Zarqawi bekennt sich zu einem Selbstmordanschlag in Bagdad am Eingang zur sog. Grünen Zone, bei dem mindestens sieben Menschen getötet worden sind. Auf einer Internetseite erscheint das Zitat: „An diesem gesegneten Tag hat ein Löwe des Märtyrer-Bataillons eine Gruppe von Abtrünnigen und Amerikanern in der Grünen Zone angegriffen“.

15. Dezember 2004. In Zarqawis Abwesenheit beginnt der Prozess in Amman gegen ihn und seine Gefolgsleute wegen der Planung eines verheerenden Chemie-Anschlags. Die neun Mitangeklagten seiner Gruppe verweigern die Aussage wegen angeblich unzumutbarer Haftbedingungen. Der Anführer der Gruppe, ein Mann namens Asmi Dschayyusi, erklärt im jordanischen Staatsfernsehen, dass er von Zarqawi 130.000 US-Dollar erhalten habe, um damit giftige Chemikalien herzustellen, unter anderem, um einen Anschlag auf den Sitz des jordanischen Geheimdienstes zu verüben.

23. Dezember 2004. Nach Angaben der US-Armee wird Abu Marwan in Mossul verhaftet. Er soll für Zarqawi in leitender Funktion gearbeitet haben.

25. Dezember 2004. Von der US-Armee wird bekanntgegeben, dass bereits Anfang Dezember 2004 zwei Gefolgsleute von Zarqawi verhaftet worden seien.

27. Dezember 2004. Eine Stimme, die sich als Osama bin Laden ausgibt, verkündet auf einem Tonband das dem arabischen Fernsehsender al-Dschazira vorliegt, er erkenne den von Zarqawi ausgesprochenen Treueschwur (baiʿa) an und erklärt, dass Zarqawi nun der Chef von al-Qaida im Irak sei.

30. Dezember 2004. Die US-Armee meldet, dass sie mit dem 26-jährigen Kurden Fadil Husain Ahmad al-Kurdi, genannt Rida, einen wichtigen Helfer von Zarqawi festgenommen habe. Rida soll für den Nachrichtenaustausch zwischen Zarqawi und Osama bin Laden verantwortlich gewesen sein. Mit dieser erneuten Festnahme im Umfeld von Zarqawi sieht die US-Armee dessen Terrorstrukturen stark geschwächt.

1. Januar 2005. Auf einer Webseite der Terrorgruppe erscheint ein Video, auf dem die Erschießung von fünf Mitgliedern der irakischen Nationalgarde zu sehen ist. Weiteren Irakern drohe dasselbe Schicksal, wenn sie, wie die Getöteten, in der Nationalgarde dienten, erklärt die Gruppe weiter. Sie bekennt sich auch zur Ermordung des Vorsitzenden des Provinzrates von Baquba und dessen Bruders.

4. Januar 2005. Der Bürgermeister von Bagdad, Ali al-Haidari, wird ermordet. Auf einer Website erscheint ein Video der Ermordung, in dem die Gruppe die Verantwortung übernimmt:

„Eine Gruppe von Mudschahidin der al-Qaida-Organisation für den Heiligen Krieg im Irak hat den amerikanischen Handlanger und Tyrannen Ali al-Haidari getötet.“ Dieses Schicksal stehe allen Verrätern bevor, die mit Juden und Christen kollaborierten, heißt es weiter.

Gleichzeitig dementiert ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums eine Meldung, die aus Baquba stammen soll und besagt, dass Zarqawi von den US-Amerikanern gefasst worden sei. Diese Meldung wird in der arabischen Zeitung al-Bayyan veröffentlicht, die sie vom Iraqi Kurdistan Radio erhalten haben will, welches wiederum damals als erstes die Verhaftung Saddam Husseins meldete.

6. Januar 2005. Die irakische Übergangsregierung gibt bekannt, dass bereits am 22. Dezember 2004 Abd al-Aziz Saʿdun Ahmad Hamduni, genannt Abu Ahmad, ein Stellvertreter von Zarqawi in Mossul, festgenommen worden ist. Die Identität des Gefangenen sei zweifelsfrei geklärt worden.

10. Januar 2005. Der Bagdader Vize-Polizeichef, Brigadegeneral Amir Ali Nayif, und sein Sohn, Leutnant Chalid Amr, werden auf der Fahrt zur Arbeit im Süden Bagdads mit Maschinengewehrsalven aus zwei Autos getötet. Auf einer Webseite erscheint erneut eine Meldung, in der sich die Gruppe um Zarqawi zu dem Anschlag bekennt. Dort heißt es: „Die Brüder der Organisation al-Qaida haben Amir Ali Nayif und seinen Sohn erschossen und so ergeht es allen, die mit der amerikanischen Besatzungsmacht kollaborieren.“

11. Januar 2005. Bei einem Selbstmordanschlag mit einer Autobombe vor einer Polizeistation in Tikrit werden sieben Polizisten getötet. Auch hier bekennt sich die Gruppe um Zarqawi auf einer Webseite zu dem Anschlag.

15. Januar 2005. Sami Mohammed Ali Said al-Dschaaf wird zusammen mit zwei weiteren Mitarbeitern Zarqawis festgenommen. Er gilt als einer der engsten Mitarbeiter des Terroristen und Extremistenführers Zarqawi und gesteht laut Regierungsangaben, rund 75 Prozent der Autobomben in Bagdad gebaut zu haben. Die irakische Übergangsregierung gibt die Meldung erst am 24. Januar 2005 bekannt.

17. Januar 2005. Die Gruppe bekennt sich auf einer islamistischen Internetseite zu dem Anschlag in Baquba, bei dem ein Selbstmordattentäter an einem Kontrollposten der Armee eine Bombe zündet und nach Behördenangaben sieben Soldaten mit in den Tod reist. Gleichzeitig erklärt die Gruppe, auch drei Wahlbüros in der Stadt zerstört zu haben.

22. Januar 2005. Es erscheint erneut ein Video, das dieses Mal die „Hinrichtung“ zweier Iraker in der Öffentlichkeit (auf dem Bürgersteig) zeigt. Das Video trägt die Botschaft: „Die Informationsabteilung der al-Qaida im Zweistromland präsentiert Euch ein Band mit den Geständnissen und der anschließenden Vollstreckung des göttlichen Urteils zweier vom Glauben Abgefallener, die den USA geholfen haben“.

23. Januar 2005. Ein Sprecher von Zarqawi veröffentlich eine Ansprache im Namen Zarqawis im Internet. Darin wird der Kampf gegen die Demokratie angekündigt und eine Todesdrohung gegen alle Kandidaten ausgesprochen, die bei den Wahlen antreten. „Wir haben den Krieg erklärt“, heißt es wörtlich. Das Dokument stützt sich in seinen Aussagen auf viele religiöse Aussagen. Die Botschaft ist in Verbindung mit den am 30. Januar 2005 geplanten Wahlen im Irak zu sehen, gegen die Zarqawi mit allen Mitteln vorzugehen versucht.

24. Januar 2005. Bei einem Anschlag in Bagdad, zu dem sich Zarqawi bekennt, werden mindestens zehn Menschen nach Krankenhausangaben verletzt. Das US-Militär gibt ferner bekannt, dass Zarqawi laut zahlreicher Hinweise in die Rebellenhochburg Falludscha zurückgekehrt sei. Der Terrorchef soll in der Stadt mit einem Konvoi aus sechs Fahrzeugen vorgefahren sein. Dort werde nun nach ihm verstärkt gefahndet.

27. Januar 2005. Ein Video mit der Ermordung des Sekretärs des irakischen Ministerpräsidenten Iyad Allawi wird von der Gruppe veröffentlicht. Darauf ist zu sehen, wie der Mann mit dem Namen Salim Dschaʿfar al-Kanani erschossen wird, nachdem er zuvor in die Kamera gesagt hat: „Ich rufe alle Iraker auf, insbesondere junge Menschen, die feindlichen Besatzer weder zu unterstützen, noch mit ihnen zusammenzuarbeiten.“. An diesem Tag bekennt sich die Gruppe zu fünf Morden, einem Selbstmordanschlag, einer Hinrichtung, einem Zusammenstoß mit US-Truppen und der Explosion eines vermeintlichen Wahllokals. Alle Botschaften sind mit Abu Maisara al-Iraqi unterzeichnet, wobei nicht klar ist, ob es sich dabei um Zarqawi selbst oder eine andere Person handelt.

28. Januar 2005. Der Staatsminister für innere Sicherheit, Qasim Dawud, gibt bekannt, dass zwei „wichtige Führungsmitglieder“ von Zarqawis Terrorgruppe festgenommen worden seien. Es handelt sich dabei um Salah Salam al-ʿUbaidi und Muhammad Yasin al-ʿIsawi, die bereits am 15. Januar und 17. Januar 2005 gefangen genommen worden sind.

Al-ʿUbaidi, der unter dem Namen Abu Saif bekannt sein soll, habe die Operationen der Gruppe in Bagdad geleitet, heißt es weiter. Er habe sich in den letzten drei Monaten mindestens 40-mal mit Zarqawi getroffen. Ferner habe er die Gruppe finanziell und logistisch unterstützt. Issawi, genannt Abu Hassan, habe angeblich nach eigenen Angaben als Türsteher und Vermittler für Zarqawi gearbeitet.

29. Januar 2005. Der irakischen Regierung gelingt es, Anat Muhammad Hamad al-Qais, alias Abu Alid, tags zuvor festzunehmen. Der 31-jährige Verhaftete soll als Berater für Finanzen und Logistik fungiert haben.

20. Februar 2005. Eine Spezialeinheit der US-Armee verpasst den Terroristen nur knapp bei einem Treffen bei Ramadi. Nach Berichten des US-Nachrichtensenders ABC flieht er in letzter Sekunde auf einem Pritschenwagen. Es werden angeblich sein Wagen, Bargeld im Wert von 80.000 Euro und ein Computer mit sehr großer Festplatte sichergestellt. Ein Fahrer und ein Leibwächter werden bei dieser Gelegenheit festgenommen.

Anfang März 2005. Der US-Nachrichtensender CNN veröffentlicht neue Bilder von Zarqawi, deren Herkunft allerdings nicht bestätigt werden können. Auf dem sichergestellten Computer wären neuere Bilder Zarqawis. Wenige Tage danach teilt die irakische Regierung mit, zehn führende Mitglieder des Terrornetzwerks von Zarqawi seien gefasst worden, unter denen sich sein Stellvertreter, Leibwächter und Kurier Abu Kutaiba sowie sein Fahrer mit Kampfnamen Abu Usama befänden.

20. März 2005. Zarqawi wird in Abwesenheit in Jordanien wegen der Ermordung von Laurence Foley zum Tode verurteilt.

Mitte Mai 2005. Es gibt britische Presseberichte über eine angebliche Verwundung von Zarqawi. Er wurde angeblich in einem Krankenhaus in der Nähe von Ramadi gesehen.

24. Mai 2005. In diversen Internetforen wird bekannt gegeben, dass Zarqawi angeblich im Kampf (schwer) verletzt worden sei und man für seine Genesung beten solle. Die Nachricht kann, wie so häufig, nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft werden. Internationale Medien spekulieren, ob es sich dabei nicht um einen PR-Gag handeln könnte, mit dem Hintergrund zu zeigen, wie mutig und gefährlich Zarqawi lebe, und um seine Anhänger zu mobilisieren. Es kursieren auch Gerüchte im Internet, nach denen Zarqawi schwere Atemprobleme habe, nachdem ihn Kugeln in die Brust getroffen hätten. Angeblich sei er bereits nicht mehr im Irak, sondern unter Begleitung eines sudanesischen und eines saudi-arabischen Arztes unterwegs.

25. Mai 2005. Es wird ein weiteres Internetstatement bekannt, nachdem nun ein gewisser Abu Hafs al-Qarni Chef der al-Qaida im Irak sei, solange Zarqawi verletzt sei. Das Schreiben ist mit Abu Dudschana al-Tunini unterzeichnet. Es wird gemutmaßt, dass evtl. die Anhänger auf den Tod von Zarqawi vorbereitet werden sollen. Weitere unbestätigte Meldungen besagen, dass Zarqawi bei der US-Offensive im westirakischen al-Qa’im verwundet wurde.

Die arabische Zeitung al-Hayat berichtete unter Berufung auf einen Informanten aus der Heimatstadt Zarqa, Zarqawi sei vor zwei Wochen an der rechten Niere verwundet worden. Er habe wegen der schwierigen Lage in der westirakischen Anbar-Provinz nicht richtig behandelt werden können. Zusätzlich wird bekannt, dass der Berater Zarqawis, Sabhan Ahmad Ramadan, nach Angaben der irakischen Regierung an einem Kontrollposten in der Provinz Ninawa getötet worden sei. Ramadan, auch unter dem Namen Agha Abu Saad bekannt, sei ein enger Mitarbeiter von Abu Talha gewesen, dem Regionalleiter von al-Qaida in Mossul.

28./29. Mai 2005. Die Vielfalt an Informationen über Zarqawi wird noch größer. Es gibt Medienberichte, nach denen er sich im Iran aufhalten soll, gefolgt von Dementis der iranischen Regierung und der irakischen Regierung. Al-Qaida meint in Veröffentlichungen, Zarqawi sei wieder gesundet, gleichzeitig sei er aber auch weiterhin der al-Qaida-Chef im Irak.

31. Mai 2005. Es wird ein Tonband veröffentlicht, indem sich angeblich Zarqawi an Osama bin Laden wendet. In der Botschaft, die als ein Brief eines Soldaten von der Front an seinen Kommandeur bezeichnet wurde, erklärt der Terrorist, Osama bin Laden habe sicher durch die Medien gehört, dass er verwundet und in einem Krankenhaus in Ramadi behandelt worden sei. Das sei eine reine Unterstellung. Es war eine leichte Verletzung, Gott sei Dank … Wir sind zurück und bekämpfen sie (die US-amerikanischen Truppen) im Zweistromland, heißt es weiter. Zarqawi habe bin Laden auch einen Plan für das weitere Vorgehen geschickt und bitte um seine Billigung. Die Echtheit des Tonbandes und die Authentizität der Stimme Zarqawis werden zwei Tage nach Darstellung von US-Geheimdienstkreisen bestätigt. Dies scheint zu zeigen, dass es trotz der Erfolge der US-Armee Zarqawi immer wieder gelingt, sich zu einem von ihm gewählten Zeitpunkt an die Öffentlichkeit zu wenden.

17. Juni 2005. Die irakische Übergangsregierung gibt bekannt, dass irakische Sicherheitskräfte bei einer Razzia Ende Mai einen Terroristen mit Beziehungen zu Zarqawi festgenommen hätten. Er sei an mehr als 60 Sprengstoffanschlägen beteiligt gewesen.

2. Juli 2005. Issam al-Barkawi, auch al-Maqdisi genannt, einer der wichtigsten Weggefährten von Zarqawi und zugleich sein Mentor aus jordanischen Zeiten, wird aus dem Gefängnis entlassen. Am selben Tag wird der ägyptische Botschafter im Irak, Ihab asch-Scharif, von der Gruppe um Zarqawi entführt.

5. Juli 2005. Zarqawi kündigt in einer erneuten Tonbandbotschaft an, seinen Kampf gegen US-amerikanische und irakische Truppen fortzusetzen. Auch schiitischen Milizen wird mit Gefechten gedroht.

7. Juli 2005. Die Gruppe Zarqawi gibt bekannt, dass sie Ihab asch-Scharif ermordet habe. „Das islamische Gericht der al-Qaida-Organisation im Irak hat entschieden, den Botschafter Ägyptens, eines Verbündeten der Juden und Christen, den heiligen Kriegern zur Hinrichtung zu übergeben“, heißt es in einer Erklärung, die auf einer Web-Site der Organisation veröffentlicht worden sei, zitiert der Spiegel.

9. Juli 2005. In einem Brief Aiman az-Zawahiris an Abu Musab az-Zarqawi erklärt Zawahiri u. a. die Wichtigkeit des Irakkriegs für den weltweiten Dschihad, dass der Krieg nicht mit dem Abzug US-amerikanischer Truppen enden werde, die zumindest zeitweilige Notwendigkeit der Unterstützung durch die Volksmassen, die Forderung nach politischen Aktionen, die Einsicht, dass mehr als die Hälfte des Konflikts in den Medien ausgetragen werde.

27. Juli 2005. Die Gruppe Zarqawi bekennt sich zur Ermordung der beiden algerischen Diplomaten Ali Belaroussi und Ezzedine Ben Kadi. In einer – wie immer nicht sicher verifizierbaren Verlautbarung – heißt es ferner: „Eure Brüder vom militärischen Arm der al-Qaida im Zweistromland haben das Gottesurteil heute vollstreckt.“

September 2005. Abu Musab az-Zarqawi erklärt den Rāfida wegen Anschlägen von Schiiten auf Sunniten den Krieg.

9. November 2005. Bei Bombenanschlägen in Luxushotels in Amman werden 67 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt. Auch hier bekennt sich die Terrorgruppe zu dem Anschlag. Auf einer Website heißt es u. a.: „… eine Gruppe von Löwen der al-Qaida hat einen neuen Angriff im Land der Muslime in Amman gestartet …“. Da es sich bei vielen Opfern auch um Jordanier und Muslime einer Hochzeitsgesellschaft handelt, sieht sich Zarqawi genötigt, in einer Botschaft, die über das Internet verbreitet wird, sich für die jordanischen Opfer zu entschuldigen. Der Spiegel zitiert die Ansprache wie folgt: „Es wäre ein leichtes für uns gewesen, dafür zu sorgen, dass die Attentäter sich auf einem öffentlichen Platz in die Luft sprengen … Wir haben nicht einen Moment daran gedacht, sie (die Unschuldigen, die Red.) ins Visier zu nehmen.“ Zugleich kündigt Zarqawi die Ermordung des jordanischen Königs an. Die jordanische Bevölkerung reagiert auf diese Anschläge mit großer Ablehnung.

19. November 2005. Es gibt Berichte, nach denen beim Sturm auf ein Bauernhaus nahe Mossul hochrangige Vertreter von al-Qaida getötet worden seien. In Medien und US-Regierungskreisen gibt es daraufhin unterschiedliche Aussagen dazu, ob Zarqawi unter den Toten ist. Bis zum 21. November gibt es hierzu keine Klarheit.

20. November 2005. 57 Mitglieder der Familie Zarqawis (einschließlich seines Bruders und seines Cousins) veröffentlichen halbseitige Anzeigen in jordanischen Tageszeitungen, in denen sie sich von ihrem Familienmitglied distanzieren. Sie sagen, wer gegen den König sei, solle nichts mit ihnen zu tun haben bis „zum jüngsten Tage“. Ferner kündigen sie an, dass es sogar zu seiner Exekution kommen könnte, sollten sie seiner habhaft werden. Hintergrund sind die engen Verbindungen zwischen dem Stamm Bani Hassan und dem jordanischen Königshaus.

15. Dezember 2005. Der US-amerikanische Nachrichtensender CNN berichtet unter Berufung auf den stellvertretenden Innenminister des Iraks, Hussain Kamal, dass Abu Musab az-Zarqawi im November 2004 von der irakischen Polizei gefasst worden, aber nach einem Verhör freigelassen worden sei, weil sie zum Zeitpunkt der Festnahme nicht wussten, wen sie da vor sich hatten.

Ab 28. Dezember 2005. Zarqawi wird von Interpol mit internationalem Haftbefehl auf Antrag Algeriens wegen der Ermordung zweier algerischer Diplomaten im Irak gesucht. Er wird von Interpol auf die sogenannte Rote Suchliste gestellt. Damit werden Polizeibehörden weltweit mit Fotos, Fingerabdrücken und Informationen über Zarqawi versorgt.

Januar 2006. Diverse dschihadistische Gruppen schließen sich TQJBR an und unter ihrer Führung wird die Dachorganisation „Schura-Rat der Mudschahedin im Irak“ (MSC, Madschlis Schura al-Mudschahidin fi 'l-Iraq) ausgerufen. Zum Anführer wird Abu Abdullah ar-Raschid al-Baghdadi (auch Abu Omar al-Baghdadi) erklärt, bis zu Zarqawis Tod im Juni 2006 kontrolliert jedoch dieser die Organisation. Nach Zarqawis Tod übernimmt Abu Ayyub al-Masri die Leitung von TQJBR. Die Aktivitäten von TQJBR/ISI konzentrierten sich in diesem Jahr auf Bagdad, Kerbela, Tuz Churmatu und Kufa mit ca. 440 Toten.

31. Januar 2006. Es erfolgt ein Aufruf von ranghohen sunnitischen Geistlichen, die den Terroristen nun nicht mehr unterstützen, sondern ihn aus dem Irak vertreiben wollen. Damit ist ein wichtiger Rückzugsraum für Zarqawi verloren und sein selbst postuliertes Ziel eines Bürgerkrieges zwischen Sunniten und Schiiten im Irak wird gefährdet. Es wird vermutet, dass der Anschlag wenige Wochen zuvor in Ramadi durch einen Selbstmordattentäter der Terrorgruppe, der 42 sunnitische Rekruten aus der Stadt tötete, den Sunniten zu viel gewesen ist.

25. April 2006. Erstmals wird ein Video von Zarqawi selbst im Internet veröffentlicht, auf dem er selbst unvermummt zu sehen ist. Er bezichtigt sich selbst der Ermordung vieler Menschen im Irak und droht erneut den Besatzern im Irak mit dem Tode.

Anfang Juni 2006. Ein enger Mitarbeiter Zarqawis, Qasim al-Ani, wird bei einer Razzia in Bagdad festgenommen.

2. Juni 2006. Zarqawi veröffentlicht eine letzte Audiobotschaft. In der Botschaft ruft er die Sunniten erneut zum Kampf gegen die schiitische Mehrheit auf. Die Sunniten sollen die Appelle zur nationalen Einheit ignorieren und sich für die Konfrontation mit den schiitischen Schlangen rüsten.

7. Juni 2006. US-Spezialkräfte landen durch Abseilen aus Hubschraubern außerhalb von Hibhib, etwa 80 Kilometer nördlich von Bagdad, im Irak. Bei der Annäherung an Zarqawis Versteck kommt es zu einem Schusswechsel zwischen dem US-Militär und Zarqawis Anhängern. Um seine Flucht zu verhindern, fordern die anwesenden amerikanischen Soldaten einen gezielten Luftschlag auf sein Versteck an, der laut US-Angaben (Col. Steve Jones, Chefarzt der Multinational Force) um 18:12 Uhr durch zwei F-16 ausgeführt wird.

Der tote Abū Musʿab az-Zarqāwī (2006)

Entgegen den ersten Informationen überlebt Zarqawi den Luftangriff. US-Truppen sind um 18:40 Uhr vor Ort und treffen auf irakische Polizisten. Zarqawi verstirbt um 19:04 Uhr, 52 Minuten nach der Bombardierung. US-Militärsprecher Bill Caldwell sagt, dass Zarqawi gestöhnt und vor sich hingemurmelt habe. Seine Worte seien aber nicht mehr zu verstehen gewesen. Irakische Polizisten, die als erste in das bombardierte Haus hineingelangt seien, hätten den Jordanier auf eine Krankentrage gelegt. Zarqawi habe versucht, sich von der Trage zu rollen.

Entgegen dieser Darstellung berichten N24 und die Washington Post von einem Augenzeugen, der gesehen haben soll, dass US-Soldaten einem Mann, der Zarqawi ähnlich gesehen habe, auf Brust und Bauch herumgetrampelt seien, bis er tot war.

General George W. Casey junior, Kommandeur der Koalitionstruppen im Irak, berichtet, dass Zarqawis Leiche geborgen und die Identität durch Koalitionstruppen einwandfrei festgestellt worden sei. Dazu waren Fingerabdrücke, Narben und Gesichtsabdrücke als Merkmale verwendet worden.

Es wird eine Autopsie durchgeführt, die unter Berücksichtigung der islamischen Regeln von US-Militärs stattfindet. Dieser zufolge starb Zarqawi an den Verletzungen durch die Bombardierung. Eine anschließende Misshandlung kann nach US-Angaben nicht festgestellt werden. Zusätzlich ergibt eine DNA-Analyse, die durch Spezialisten des FBI durchgeführt wird, dass es sich bei der Leiche tatsächlich um Zarqawi handelt.

Kurz nach seinem Tod gibt der irakische Regierungschef Dschawad al-Maliki bekannt, dass zusätzlich fünf weitere Mitglieder der Terrorzelle ums Leben gekommen seien, unter ihnen Abd ar-Rahman. Nach US-Angaben war er sofort tot.

Angeblich haben Informationen aus dem engeren Führungszirkel Zarqawis zu dem Tipp geführt, dass ein Treffen in dem bombardierten Haus stattfand. Zusätzlich soll der jordanische Geheimdienst nach Angaben des Nachrichtensenders N24 wichtige Informationen geliefert haben. Diese sollen nach Informationen des jordanischen Geheimdienstes von einem ranghohen al-Qaida-Mitglied gekommen sein, welches in Jordanien festgenommen worden sein soll. Zusätzliche Informationen zur Ergreifung seien durch Auswertung des Videos von Zarqawis gekommen, teilte der irakische Außenminister Hoshyar Zebari mit. Es soll auch Hinweise aus der Bevölkerung gegeben haben. Ob die Belohnung von 25 Millionen US-Dollar ausgezahlt würde, blieb vorläufig offen.

Unmittelbar nach dem Bombardement werden bei Razzien in 17 Häusern und bei 39 weiteren Aktionen nach Angaben des US-Militärs mindestens 25 Personen festgenommen. Dabei werden Waffen, irakische Armeeuniformen, Nachtsichtgeräte, Pässe und falsche Autonummernschilder beschlagnahmt.

Einige Tage später nehmen irakische Sicherheitskräfte mehr als 40 mutmaßliche Extremisten fest. Einige von ihnen sollen sie aufgrund von Dokumenten aufgespürt haben, die in Zarqawis letztem Versteck gefunden worden waren.

Der irakische Ministerpräsident al-Maliki und der US-Botschafter in Bagdad Zalmay Khalilzad bezeichnen die Tötung als großen Erfolg im Kampf gegen den Terrorismus und für einen demokratischen Neuaufbau im Irak. Al-Qaida bestätigt den Tod und kündigt zugleich eine Fortsetzung ihres Kampfes an: „Wir sagen unserem Prinzen, Scheich Bin Laden, dass Deine Soldaten der al-Qaida im Irak so weiterkämpfen, wie Du es Abu Mussab al-Sarkawi vorgegeben hast“.

Der kubanische Präsident Fidel Castro verurteilt unterdessen den US-amerikanischen Luftangriff auf Zarqawi als barbarisch und meint, dass alle Verdächtigen ein Recht auf einen Prozess hätten. Eine Eliminierung sei nicht hinzunehmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet den Tod Zarqawis als „gute Nachricht“.

In einer Tonbandaufnahme bezeichnet Osama bin Laden az-Zarkawi als einen „Löwen des Dschihad“.

11. Juni 2006. Auf einer Internetseite erscheint eine Erklärung im Namen der von Zarqawi gegründeten Terrorgruppe. Darin heißt es, der Heilige Krieg im Irak werde auch ohne den getöteten Anführer fortgesetzt. Die Gruppe habe beschlossen, „große Operationen vorzubereiten, die den Feind erschüttern werden“. Zu einem möglichen Nachfolger ihres Emirs Abu Mussab werden keine Informationen bekannt. Die Echtheit des Dokuments kann nicht überprüft werden.

12. Juni 2006. Auf einer islamischen Webseite wird Abu Hamza al-Muhadschir als Nachfolger benannt. Mögliche Nachfolger Zarqawis könnten auch der offizielle Stellvertreter Abu Abd ar-Rahman al-Iraqi oder der Chef des von al-Qaida dominierten sogenannten Ratgebergremiums, Abdallah Raschid al-Baghdadi, sein.

Bilder aus Wikimedia Commons
Trümmer des Hauses, in dem sich Zarqawi aufhielt, nach dem Luftschlag (2006), Lizenz: Public Domain, Urheber: PD-USGov-Military-Army
Der tote Abū Musʿab az-Zarqāwī (2006), Lizenz: Public Domain, Urheber: User FairNBalanced on en.wikipedia

Quellen