Freitag, 16. Oktober 2015

Walther Bothe

Walther Bothe
Der deutsche Physiker Walther Wilhelm Georg Bothe wurde am 8. Januar 1891 in Oranienburg geboren († 8. Februar 1957 in Heidelberg).

Bothe zeichnete sich durch einen scharfen Verstand und unerbittlich logisches Denken aus, besaß eine Begabung für Musik und Malerei und einen zielstrebigen Willen. Er malte (Öl und Aquarell), hatte eine Vorliebe für Impressionisten in der Malerei, und spielte sehr gut Klavier (mit einer Vorliebe für Bach vor Beethoven).

Walter Bothe gehörte in den 20er bis 50er Jahren zu den führenden deutschen Experimentalphysikern. Er hat als Pionier der modernen Atom- und Elementarteilchenphysik mit einer Fülle herausragender wissenschaftlicher Leistungen eine bleibende Spur in der Physikgeschichte des 20. Jahrhunderts hinterlassen. In den 30er Jahren gehörten er und seine Mitarbeiter zu den ersten Wissenschaftlern, die den "atomaren Photoeffekt" beobachteten, kernspektroskopische Untersuchungen vornahmen und künstliche Isotope herstellten. Der Atomkernphotoeffekt ist eine Reaktionen eines Photons mit einem Atomkern. Seine Arbeiten waren ein wichtiger Beitrag zur Begründung der modernen Atomphysik. Für die Entwicklung der Koinzidenzmethode und der damit gemachten Entdeckungen erhielt er im Jahr 1954 den Nobelpreis für Physik.

Bothe pflegte einen barschen Umgangston, der Doktoranden und jüngeren Assistenten gegenüber oft dem eines Rekrutenfeldwebels nahekam. Auch Kollegen gegenüber äußerte er sich manchmal wenig verbindlich. Das hatte seinen Ursprung wohl einmal in dem militärischen Ton, der in seinen Jugendjahren in Teilen der kaiserlichen Physikalisch-Technischen Reichsanstalt üblich war. Zum anderen entsprang er der Haltung der Planckschen Schule. Lise Meitner hat dazu festgestellt, "dass er nie etwas getan oder nicht getan hat, weil es ihm nützlich oder schädlich hätte sein können. Was er für richtig erkannt hat, hat er durchgeführt ohne Rücksicht auf seine eigene Person." Diese Devise war für die Arbeit im Institut und die Position des Instituts unter den politischen Umständen der dreißiger und vierziger Jahre nicht unbedingt förderlich. Sein Mitarbeiter Wolfgang Gentner wirkte hier ausgleichend. Er wurde von Bothe voll respektiert und konnte zum Wohl des Instituts und insbesondere der jüngeren Mitarbeiter die großzügige weltoffene Atmosphäre der Frankfurter und Pariser Laboratorien, die er in seinen Jugendjahren kennengelernt hatte, zur Geltung bringen.

Bothes arbeitete auch am deutschen Uranprojekt zur Entwicklung einer Atombombe mit. Seine Beweggründe, dem Uranprojekt beizutreten, waren vielschichtig. Er war gegen das nationalsozialistische Regime eingestellt, besonders nach seiner Entfernung aus der Universität im Jahre 1933. Doch obwohl er auch wusste, dass die Gestapo ihn jahrelang überwacht hatte, meldete er sich aus patriotischen Gründen freiwillig zur Kriegsforschung. Dafür fand er nach dem Krieg weder entschuldigende noch erklärende Worte, wie dies andere Mitglieder des Uranvereins taten. 

Bothe war auch Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften in Leipzig.

Der Asteroid (19178) Walterbothe wurde ihm zu Ehren benannt.

Leben

8. Januar 1891. Bothe wird im Haus an der Berliner Straße 2 in Oranienburg als Sohn des Uhrmachermeisters Friedrich Bothe und der Schneiderin Charlotte, geborene Hartung, geboren. Er verbringt seine Kindheit und einen Großteil seiner Jugend in seiner Heimatstadt.

Ab 1892. Er wohnt  in der Bernauer Straße 7. Beide Häuser werden im Zweiten Weltkrieg vollständig durch Bomben zerstört. 

Ostern 1908. Bothe legt an der Oberrealschule in Berlin das Abitur ab.

1908 bis 1913. Er studiert Physik, Mathematik, Chemie und Musikwissenschaften an der Universität Berlin. Sein Studium wird durch Privatunterricht, Gelegenheitsarbeiten und Stipendien weitestgehend von ihm selbst finanziert.

1913. Er besteht die Lehramtsprüfung. Danach arbeitet Bothe kurzzeitig als Assistent an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin. Bald wird er jedoch wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt (PTR) im ein Jahr zuvor gegründeten Radioaktiven Laboratorium von Hans Geiger. 

1914. Als Schüler von Max Planck promoviert er zum Dr. phil. mit der theoretischen Arbeit "Zur Molekulartheorie der Brechung, Reflexion, Zerstreuung und Extinktion".

1915. Im Ersten Weltkrieg gerät Bothe in russische Kriegsgefangenschaft. In Sibirien widmet er seine Kraft dem Studium der russischen Sprache und verfolgt weiter mathematische Probleme. Zudem baut er während dieser Zeit mit primitivsten Mitteln eine Zündholz- und eine Sodafabrik mit auf.

1920. Bothe kehrt aus der Kriegsgefangenschaft nach Deutschland zurück. 

8. Juli 1920. Bothe heiratet in Moskau Barbara (Warwara) Belowa. Er hat sie vor dem Krieg in Berlin kennengelernt und stand mit ihr in ständigem Briefwechsel. Aus der Ehe gehen zwei Töchter hervor.

1920 bis 1925. Er arbeitet unter der Leitung von Hans Geiger an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt. Von Hans Geiger lernt er, mit dem Phänomen der Radioaktivität experimentell umzugehen und entwickelt sich so zu einem theoretisch wie experimentell besonders gut ausgebildeten Atomphysiker. 

1924. Niels Bohr verfasst gemeinsam mit Hendrik Anthony Kramers und John Clarke Slater die Arbeit „The Quantum Theory of Radiation“. In dieser wird angenommen, dass die Sätze von der Impuls- und Energieerhaltung auf atomarer Ebene nur statistische Gültigkeit besäßen. Diese Arbeit stellt einen gewissen Wendepunkt auf dem Wege zur Klärung der quantentheoretischen Grundlagen dar.

Ab 1924.  Bothe und Hans Geiger beginnen mit Versuchen zur Untersuchung des Compton-Effekts (die Rückstoßelektronen von Stößen mit Röntgenstrahlen sieht Bothe schon einige Monate vor Entdeckung des Comptoneffekts in Wilson-Kammern) und sie entwickeln die Koinzidenzmethode.
Die Experimente von Hans Geiger und Walter Bothe sowie von Arthur Holly Compton und Alfred W. Simon zeigen sehr bald, dass die Erhaltungssätze auch den einzelnen Elementarprozess beherrschen. Damit bricht die Kopenhagener Begründung der verwendeten „dispersionstheoretischen Methode“, die Strahlentheorie von Bohr, Kramers und John Slater und die darin geforderte nur statistische Erhaltung von Energie und Impuls in atomaren Prozessen, zusammen. Die Widerlegung der Theorie von Bohr, Kramers und Slater, bei der Geiger und Bothe die Koinzidenzmethode anwenden, verschafft beiden große Aufmerksamkeit.

1925. Bothe habilitiert sich bei Max Planck an der Universität Berlin „Über den Elementarprozess der photoelektrischen Elektronenauslösung“. Damit ist er der letzte der sieben Habilitanden Plancks.
Aus der Berliner Zeit wird folgender Zwischenfall berichtet: Wenn Otto Frisch, der Neffe von Lise Meitner, den Flur in der Nähe von Walther Bothes Laboratorium entlang geht, pfeifft er gerne seine Interpretation der Brandenburgischen Konzerte von Bach. Bothe lässt sich dadurch regelmäßig beim Auszählen von Alphateilchen ablenken, was ihn viel Zeit für die Wiederholung der Versuche kostet.

1925 bis 1930. Er ist Geigers Nachfolger als Laboratoriumsvorsteher.

1928. In den folgenden Jahren untersucht er mit Hans Fränz den Beschuss von Bor und dann auch anderen Atomkernen mit Alphateilchen, wobei Gruppen von Protonen als Streuprodukte entstehen, die definierte Energiedifferenzen haben. Das ist ein deutlicher Hinweis auf Atomkernanregungen und Bothe sucht zur Bestätigung seiner Vermutung nach Gammastrahlung mit gleicher Energie, die er auch 1930 findet (bei Bor mit einer Energie von 3 MeV). Auch dafür entwickelt er ein Koinzidenzverfahren.

1929. Bothe wird Privatdozent und außerordentlicher Professor an der Universität Gießen.

1929. Nachdem Victor Franz Hess im Jahr 1912 bei Ballonfahrten die Höhenstrahlung entdeckt hat, ist es nun sein Zeitgenosse Walter Bothe zusammen mit Werner Kolhörster, die in Koinzidenzmessungen den Beweis durchdringender extraterrestrischer Strahlung, der Kosmischen Strahlung, erbringen. Sie beweisen damit auch, dass es sich um Teilchenstrahlung und nicht wie damals vielfach angenommen (insbesondere nach einer Theorie von Robert Millikan) um Gammastrahlung handelt.
Bothe und Kolhörster entwickeln dazu eine spezielle Methode, um die Entladung von zwei oder mehreren getrennten Geiger-Müller-Zählrohren nur dann anzeigen zu lassen, wenn die Messung in einem vorbestimmten Zeitintervall erfolgt. Diese neue „Koinzidenzzählung“ ermöglicht es, die Bahn eines geladenen Teilchens durch die Zählrohre hindurch zu verfolgen.

11. Juni 1929. Bothe wird von Arnold Sommerfeld in einem Brief an Tübingen charakterisiert:

„Bothe, Physikal.-Techn. Reichsanstalt, Charlottenburg, ist ein höchst origineller Kopf und ein vorzüglicher Experimentator. Er hat zusammen mit Geiger berühmte Präzisionsarbeiten gemacht, hat aber auch nach dem Fortgang Geigers selbstständig mit bestem Erfolg geforscht. Ueber seine Lehrbefähigung, die er wohl noch keine Gelegenheit hatte sie zu erproben, bin ich nicht unterrichtet.“

1930. Er wird ordentlicher Professor an der Universität Gießen und Direktor des Physikalischen Instituts. Er ist der Erste, der die Quantenmechanik in seine Vorlesungen aufnimmt.
 Die Gießener Universität wurde im Jahre 1607 durch Landgraf Ludwig gegründet und zählt damit zu den ältesten deutschen Universitäten. Eine Reihe großer Physiker hatte einen Lehrstuhl in Gießen inne. Zu ihnen gehörten außer Walther Bothe auch Wilhelm Conrad Röntgen, Wilhelm Wien, Christian Gerthsen und Wilhelm Hanle
Im selben Jahr gelingt Walter Bothe in Gießen die Entdeckung des angeregten Atomkerns. Die Situation der Experimentalphysik in Gießen wird durch Bothe trotz seiner nur zweijährigen Tätigkeit völlig verändert. Gießen ist zu einer Forschungsstätte größter Aktualität geworden.

1930. Walther Bothe und sein Student Herbert Becker sind die ersten, die sich mit der Entdeckung des Neutrons beschäftigen. Sie beschreiben einen ungewöhnlichen Typ von „Gammastrahlung“, der entsteht, wenn sie Beryllium mit Polonium-Alphateilchen beschießen mit dem Ziel, die Theorie Ernest Rutherfords zu bestätigen und herauszufinden, ob bei diesem Vorgang sehr energiereiche Strahlen emittiert werden. Er erkennt allerdings nicht, dass es sich um ein neues Teilchen handelt. Für die Entdeckung des Neutrons erhält später James Chadwick den Nobelpreis.

Mai 1930. Das Heidelberger Kaiser-Wilhelm-Instituts (KWI) für medizinische Forschung wird unter der Leitung des Internisten Ludolf von Krehl eingeweiht. Krehl strebt für seine Kreislaufforschungen die Zusammenarbeit mit anderen naturwissenschaftlichen Disziplinen an, und so werden in diesem Institut vier Fachrichtungen in selbständigen Teilinstituten gleichberechtigt vereinigt: Pathologie, Physiologie, Physik und Chemie. Die Umstände bedingen, dass sich der Arbeitsschwerpunkt des Heidelberger KWI gegen Ende der dreißiger Jahre stark in Richtung Chemie und Physik verschiebt, die von Richard Kuhn und Walther Bothe vertreten werden.

1932. Bothe geht an die Universität Heidelberg und wird Nachfolger von Philipp Lenard. Bothe beschäftigt sich jedoch mit den fundamentalen Eigenschaften und der Struktur des Atoms. Er hat kaum Interesse an medizinischer Forschung – das Angebot in Heidelberg ist offensichtlich der Versuch, einen der führenden Experimentalphysiker Deutschlands davon abzuhalten, das Land zu verlassen. 

1933. Die Nationalsozialisten übernehmen die Macht. Infolge der eintretenden politischen Veränderungen tritt Bothe vom Ordinariat und von der Institutsleitung der Universität Heidelberg zurück. 

1934 bis 1945. Er arbeitet als  Honorarprofessor Kaiser-Wilhelm-Instituts für medizinische Forschung.

1934 bis 1957. Er ist (bis 1945 gleichzeitig) Leiter des Instituts für Physik des Kaiser-Wilhelm-Instituts für medizinische Forschung – später geht aus einem Teil das Max-Planck-Institut für Kernphysik hervor.

1935. Heinz Maier-Leibnitz promoviert bei James Franck, dem Nobelpreisträger von 1925. Seine wissenschaftliche Laufbahn in der experimentellen Atomphysik beginnt er als Mitarbeiter von Walther Bothe am Kaiser-Wilhelm-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg, das nach dem Zweiten Weltkrieg als Max-Planck-Institut für medizinische Forschung weiter geführt wird. 
Auch Wolfgang Gentner kehrt nach nach Ablauf seines Pariser Stipendiums nach Deutschland zurück an das Kaiser-Wilhelm-Institut für medizinische Forschung (heute: Max-Planck-Institut für medizinische Forschung) in Heidelberg zur Gruppe um Walther Bothe.
Bothe ist zusammen mit Horn bei seinen Untersuchungen zum Durchgang harter Gammastrahlung durch Materie zu ähnlichen Ergebnissen wie Gentner gekommen und untersucht ebenfalls Neutronen aus Atomkernreaktionen. Gentner setzt seine Pariser Arbeiten in Heidelberg einerseits mit Bothe, andererseits mit Fleischmann nahtlos fort. Bei dem Versuch, die Energieabhängigkeit des Kernphotoeffektes am Beryllium zu bestimmen und bei Überlegungen über die Fortsetzung dieser Arbeiten wird klar, dass die Energie der Gammastrahlung relativ zur Bindungsenergie der Neutronen im Kern zu klein ist und dass Gammastrahlungsquellen mit deutlich höherer Energie und mit deutlich größerer Intensität benötigt werden. Bothe und Gentner beschliessen daraufhin, einen Bandgenerator nach Van de Graaff zu bauen. Dieses mit den wesentlichen Merkmalen und Instrumenten moderner elektrostatischer Beschleuniger ausgestattete Gerät wird von Gentner unglaublich schnell aufgebaut.
Zusammen mit Heinz Maier-Leibnitz und Wolfgang Gentner entwickelt Bothe den "Atlas typischer Nebelkammerbilder".

November 1936. Bereits jetzt ist die Anregungsfunktion für


{}^{11} \mathrm B + {}^{1}_{+1} \mathrm p\to {}^{12}_6 \mathrm C + \mathrm {Gamma}


bis 500 keV Energie gemessen.

Sommer 1937. Nun liegen umfangreiche Daten über den Kernphotoeffekt der 17 MeV 7Li (p, gamma) Strahlung an vielen mittelschweren und schweren Kernen vor. Der Wirkungsquerschnitt, ein Maß für die Wahrscheinlichkeit, dass infolge einer Wechselwirkung zwischen einem einfallenden Teilchen und einem anderen Teilchen eine Reaktion stattfindet, ergibt sich um zwei Zehnerpotenzen größer als von Hans Bethe und Placzek berechnet.

1937. Mit Wolfgang Gentner gelingt es, künstliche Radioaktivität zu erzeugen. Dazu verwenden sie eine Hochspannungsanlage mit einer Million Volt. Gentner und Bothe entdecken damit die Möglichkeit, eine Vielzahl künstlich radioaktiver Nuklide zu erzeugen. Diese Entdeckung des Kernphotoeffektes an mittelschweren und schweren Kernen ist der bedeutendste Erfolg des Bothe’schen Instituts in diesen Jahren. Dieser Erfolg verschafft Gentner in gewisser Weise eine Sonderstellung.

1939 bis 1945. Peter Jensen ist Lehrassistent von Walther Bothe am Kaiser-Wilhelm-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg. In dieser Zeit ist Jensen ebenso wie Bothe Mitglied im Uranprojekt, das die technische Nutzung der Atomspaltung als Ziel hat. Im Rahmen dieser Tätigkeit veröffentlichen die beiden Artikel in den als streng geheim klassifizierten Kernphysikalischen Forschungsberichten.

29. April 1939. Unter Leitung von Abraham Esau (Präsident der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt) wird eine Expertenkonferenz im Reichsministerium in Berlin einberufen. Dabei sind neben Wilhelm Hanle und Georg Joos auch die Physiker Walther Bothe, Robert Döpel, Hans Geiger, Wolfgang Gentner und Gerhard Hoffman. Auf der Konferenz wird die Herstellung eines "Uranbrenners" (Atomreaktor) beschlossen. Dazu sollen alle Uran-Vorräte in Deutschland sichergestellt werden. Die führenden Atomkernphysiker möchte man zu einer "Arbeitsgemeinschaft für Atomphysik" (Uranprojekt), die als erster "Uranverein" bekannt wird, zusammenführen. Die Forschungen sollen vor allem an der Physikalischen-Technischen Reichsanstalt in Berlin und an der Universität in Göttingen vorangetrieben werden.

6. Dezember 1939. In einem Bericht an das Heereswaffenamt beschreibt Werner Heisenberg die Möglichkeit der technischen Energiegewinnung mit Hilfe der Uranspaltung genauer. Er zeigte dass dazu Natururan benützt werden könnte wenn es mit einer weiteren Substanz (Moderator) kombiniert werden würde, durch die die bei der Spaltung freigesetzten Neutronen verlangsamt, aber wenig absorbiert werden. Dazu könnte man entweder schweres Wasser oder besonders reinen Kohlenstoff verwenden.

Ab Juni 1940. Bothe beginnt in Heidelberg für das Heereswaffenamt (HWA), Messungen am Neutronenquerschnitt des Kohlenstoffs durchzuführen.

Sommer 1940. Nach dem Waffenstillstand zwischen Deutschland und Frankreich im Sommer 1940 erhalten Bothe und Gentner den Auftrag, das Pariser Zyklotron, dessen Bau Joliot-Curie in Angriff genommen hatte, zu inspizieren. Noch im selben Jahr erscheinen Walter Bothe und Wolfgang Gentner mit Mitarbeitern des Heereswaffenamtes im Pariser Institut. Joliot-Curie ist abwesend, und sie stellen fest, dass das Zyklotron wegen Mängeln in der Hochfrequenzanlage noch nicht läuft. Bothe bekommt den Auftrag in Heidelberg ein Zyklotron zu bauen

1941. Bothe ist es gelungen beinahe alles für den Bau des geplanten Heidelberger Zyklotrons notwendige zu arrangieren.

Januar 1941. In Heidelberg werden von Walther Bothe Experimente mit Graphit durchgeführt. Er kommt zu einem völlig falschen Resultat für die Diffusionslänge von Neutronen in Graphit. Dadurch kommt es zu der Annahme dass Graphit wegen zu hoher Neutronenabsorbtion nicht sehr geeignet sei, sondern nur zur Not gerade noch verwendet werden könnte. Später wird festgestellt dass der verwendete Graphit mit dem starken Neutronenabsorber Bor verunreinigt war.
Heisenberg berechnet in Berlin die Werte für schweres Wasser und findet heraus dass dieses eine noch bessere Wirkung hat als ursprünglich angenommen wurde. Damit fällt die Entscheidung zu einer Entwicklung mit schwerem Wasser.
Beim Manhattan-Projekt das 3 Jahre nach dem deutschen Uranprojekt in den USA gestartet wurde verwendet man dagegen Graphit in der Reaktorenentwicklung von Anfang an erfolgreich. Enrico Fermi betreibt den ersten Reaktor in Chicago mit Graphit als Moderator.
Eine abweichende Meinung von Georg Joos in Göttingen, der die Notwendigkeit hochreinen Graphits erkennt, setzt sich nicht durch und Paul Harteck in Hamburg wird von weiteren Experimenten entmutigt. Der Fehler wird erst 1945 bei Versuchen im Forschungsreaktor Haigerloch erkannt, wo man Graphit als Reflektor verwendet.

Nach 1942. Bothe kehrt allmählich zu seiner ursprünglichen Grundlagenforschung zurück. So arbeitet er auch an der kontrollierten Atomspaltungs-Kettenreaktion. In diese Zeit fällt der Bau des ersten deutschen Zyklotrons, ein Teilchenbeschleuniger, den Bothe zusammen mit seinem Assistenten Wolfgang Gentner konstruiert. Damit findet dann die fast zehnjährige Zusammenarbeit Gentners mit Walther Bothe ihren Abschluss, die sich als so fruchtbar erweist, weil Gentner mit seinem Blick für das Wesentliche, mit seiner Großzügigkeit und seiner auf solider Gesundheit gegründeten Arbeitskraft Bothe in glücklicher Weise ergänzt.

1943. Bothes Interessen liegen nicht so sehr in biologischer Richtung. Deshalb wird auf Vorschlag von Bothe der bereits das am Pariser Zyklotron arbeitende Personal ärztlich überwachende Gerhard Schubert zu biologischen Versuchen, insbesondere Tierversuchen mit künstlichen radioaktiven Stoffen, hinzugezogen.

März 1943. Der Magnet für das geplante Zyklotron trifft ein.

Herbst 1943. Das Zyklotron ist bereits im Einsatz. Gegenüber Albert Speer erklärt Bothe, die Maschine werde nur für die medizinische und biologische Forschung nützlich sein.

29. August 1944. Nach der Befreiung von Frankreich werden dort im Rahmen der Alsos-Mission II weitere Untersuchungen zum deutschen Uranprojekt durchgeführt. Frédéric Joliot-Curie wird nach London geflogen um über das Projekt und die Arbeit deutscher Physiker zu berichten. Während der Zeit der Okkupation arbeiten Erich Schumann, Kurt Diebner, Walther Bothe, Abraham Esau, Wolfgang Gentner und Erich Bagge in seinem Labor. Damit ist ein Großteil der deutschen Atomwissenschaftler identifiziert. Ausserdem werden Dokumente und sensitives Material wie Uran und schweres Wasser sichergestellt.

Ende 1944. Werner Heisenberg, Walther Bothe und Karl Wirtz bleiben zunächst in Berlin und bereiten die Errichtung des großen Uranreaktors im fast fertig gebauten Bunker vor. Er kann von Wirtz mit 1,25 Tonnen Uran und 1,5 Tonnen schwerem Wasser bestückt werden. Der Versuch zeigt eine deutliche Vermehrung der aus einer radioaktiven Neutronenquelle zugeführten Neutronen. Wirtz bereitet daraufhin einen größeren Versuch vor. 

30. Januar 1945. Nachdem die Rote Armee bei Kienitz die Oder überquert und unmittelbar darauf einen Brückenkopf errichtet, so dass der Vorstoß auf Berlin absehbar ist, gibt Wirtz die Anweisung, Berlin zu verlassen. Das Uran und das schwere Wasser werden zu Kurt Diebner nach Stadtilm verfrachtet, während die Physiker nach Hechingen fliehen.

Mitte März 1945. Die ersten alliierten Truppen überqueren den Rhein von Ludwigshafen nach Mannheim. Dabei sind schon Alsos-Mitarbeiter. Das erste Ziel ist Heidelberg wo am Kaiser-Wilhelm-Institut für medizinische Forschung unter der Leitung von Professor Walter Bothe das einzige deutsche Zyklotron steht.

30. März 1945. In Heidelberg wird ohne Zwischenfälle übergenommen. Die Physiker Walther Bothe und Wolfgang Gentner werden aufgegriffen, die dort an ihrem Zyklotron arbeiten. Bothe wird verhört. Seine Arbeiten konfisziert.
Bothe teilt Goudsmit jedoch mit, dass er entsprechend den Anweisungen der Regierung alle seine geheimen Berichte verbrannt habe. Bis zur deutschen Kapitulation verweigert Bothe die Aussage, er wird jedoch nicht wie die anderen Mitglieder des Uranvereins in Farm Hall in England interniert. Schließlich übergibt Bothe sämtliche verbliebene Dokumente an Alsos, möchte sich jedoch zu geheimen Forschungen an seinem Institut nicht äußern.
Dennoch erfährt Goudsmit, dass die Atomforschungsanlagen des Uranprojekts nach Haigerloch bei Hechingen und in die zukünftige sowjetische Besatzungszone nach Stadtilm verlagert worden sind. Pash beschliesst, zunächst Stadtilm aufzusuchen, um der sowjetischen Armee zuvorzukommen. Sie schaffen es, etwa drei Wochen vor den sowjetischen Streitkräften dort einzutreffen. Kurt Diebner ist jedoch mit seinen Mitarbeitern und Materialien bereits in Richtung München in die zukünftige US-amerikanische Besatzungszone geflohen. Nun müssen sie nur noch verhindern, dass der Haigerlocher Reaktor in französische Hände fällt.
In der Zeit der Besatzung fertigt Bothe im Rahmen der "Field Information Allied Technical (FIAT) reports" zusammen mit Siegfried Flügge einen Band über Atomkernphysik und kosmische Strahlen an, der sich mit der Arbeit des Uranprojekts befasst.
Nach dem Krieg entstehen Physikalische Gesellschaften zunächst als getrennte Vereine für die Britische Zone, für Württemberg, Baden, Pfalz, für Hessen, für Bayern für Berlin. Im Südwesten versammeln sich 160 Mitglieder unter dem Vorsitz von Bothe.

1945. Bothe kehrt in diesem Jahr ins I. Physikalische Institut der Universität Heidelberg zurück und wird, obwohl er nicht auf seinem ursprünglichen Gebiet der Atomkernphysik arbeiten darf, wieder als Direktor eingesetzt. Er nutzt diese Position, um seine alte Arbeitsgruppe zu erhalten und das Institut zu modernisieren und auf feste Füße zu stellen. Die Hauptsorge derzeit ist Essen und ein Dach über dem Kopf zu finden. Daher ist es nicht einfach die Arbeitsgruppe aufrechtzuerhalten und so etwas wie ernsthafte Forschung zu betreiben.

1946. Wolfgang Gentner entscheidet sich für Freiburg, wo das Physikalische Institut vollständig zerstört ist. Schon während des Krieges haben Bothe und Gentner Pläne für ein neues Kaiser-Wilhelm-Institut mit größeren Teilchenbeschleunigern ausgearbeitet. Gentner greifft diese Ideen wieder auf. In engem Kontakt mit den Atomkernphysikern der Universität, insbesondere mit Otto Haxel und J. Hans D. Jensen, nimmt Gentner als ersten Schritt die Aufstellung eines Tandem-Beschleunigers mit einer Maximalspannung von 6 MV in Angriff. Außerdem wird ein besonderes Gebäude für Kosmophysik vorgesehen, um mit radioaktiven Methoden Altersbestimmungen an Meteoriten durchzuführen. Zu beiden Arbeitsgebieten kommen jüngere Physiker aus Freiburg mit Gentner nach Heidelberg.

Mai 1946 bis Februar 1957. Bis zu seinem Tod leitet Bothe das Physikalische Institut beim Max-Planck-Institut (dem Nachfolger des Kaiser-Wilhelm-Instituts) der Universität Heidelberg.

1947. Walther Bothe, der nach dem Zweiten Weltkrieg in Heidelberg alleiniger Lehrstuhlinhaber für Physik ist und außerdem der atomkernphysikalischen Abteilung des dortigen Kaiser- Wilhelm- Instituts für medizinische Forschung vorsteht, versucht Hans Jensen für Heidelberg zu gewinnen.

Vor 1948. Bothe nimmt bereits jetzt das einzige existierende Zyklotron in Heidelberg wieder in Betrieb. Er führt mit seinen Studenten atomkernphysikalische Experimente durch und stellt radioaktive Präparate für die benachbarte Klinik her. Zum Umbau des Zyklotrons holt Bothe Christoph Schmelzer aus Jena, der sich 1949 mit einer Arbeit über das dielektrische Verhalten polar aufgebauter Materie habilitiert. Bothe veranlasst auch, dass Hans Jensen aus Hamburg 1949 nach Heidelberg berufen wurde, ebenso wie Otto Haxel aus Göttingen.
Interesse an den Heidelberger Forschungsarbeiten stellt sich ein. Wolfgang Pauli, der Deutschland nach dem Kriege zunächst fernbleibt, kann von Jensen bewogen werden, nach Heidelberg zu kommen. Eine Gelegenheit dazu bietet sich beim 60. Geburtstag von Walther Bothe. Auch Hans Bethe, George Gamow, Maria Goeppert-Mayer, Lothar Nordheim, Isidor Isaac Rabi, Victor Weisskopf, Eugene Wigner und viele andere hervorragende Persönlichkeiten kommen bald zu Besuchen nach Heidelberg.

Wintersemester 1948/49. Jensen folgt dem Ruf Bothes. Abgesehen von einer vertretungsweisen Lehrveranstaltung durch Walter Wessel, der jedoch bald in die Vereinigten Staaten geht, gibt es nach Kriegsende in Heidelberg keine Vorlesung über theoretische Physik. Das erste theoretisch-physikalische Seminar wird vom Assistenten Jensens, Helmut Steinwedel, der schon einige Monate vor Jensen nach Heidelberg kommt, durchgeführt. Dazu kommen Michael Danos, den Jensen ebenfalls von Hannover her kennt, und etwas später Heinz Koppe und Arnold Schoch. Der Aufbau des Instituts für Theoretische Physik hat begonnen.

1952. Bothe wird in den Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste aufgenommen. Er ist dort neben Max von Laue der einzige Physiker.

29. Februar 1952. Es formiert sich eine Kommission für Atomphysik der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG, der unter Werner Heisenbergs Vorsitz auch Walther Bothe angehört.
In den Folgejahren widmet sich Bothe weiteren Forschungen auf dem Gebiet der Atomkernphysik und die Anwendung künstlich erzeugter radioaktiver Elemente. Fortschreitende Krankheit zwingt ihn dann jedoch, sich schrittweise aus dem Forscherleben zurückzuziehen.

1953. Mit wachsendem Alter mehren sich bei Bothe die Krankheiten. Bothe zieht sich mit 61 Jahren auf den Direktorsposten des Instituts für Physik im Max-Planck-Institut für medizinische Forschung an der Heidelberger Jahnstraße zurück mit der Absicht, hier nur mit wenigen hochqualifizierten Assistenten und Studenten zu arbeiten. Drei wichtige wissenschaftliche Projekte fallen in diese Zeit: der Wiederaufbau des Zyklotrons, die Weiterentwicklung der Kernspektroskopie sowie die Fortsetzung der Untersuchungen von kosmischer Strahlung.

1953. Bothe wird die Max-Planck-Medaille verliehen. Die Max-Planck-Medaille ist eine Auszeichnung, die seit 1929 jährlich von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Theoretischen Physik verliehen wird. Diese Auszeichnung gilt als die bedeutendste in diesem Fach in Deutschland. Sie besteht aus einer Urkunde und einer goldenen Medaille mit dem Porträt Max Plancks.

10. Dezember 1954. Bothe erhält den Nobelpreis für Physik zusammen mit dem deutschen Forscher Max Born. Gewürdigt wird die von Bothe entwickelte Koinzidenzmethode und die damit gemachten Entdeckungen. Das Verfahren aus der Elementarteilchen- und Atomkernphysik zieht Rückschlüsse aus dem gleichzeitigen oder mit definiertem zeitlichem Abstand erfolgenden Eintreffen von atomkernphysikalischen Messungen auf unterschiedliche Merkmale von Elementarteilchen. So lassen sich durch die Verwendung verschiedener Nachweisgeräte Flugbahnen, Geschwindigkeiten und Reichweiten einzelner Teilchen bestimmen. Die Erkenntnisse sind von grundlegender Bedeutung für das Verständnis vom Aufbau der Materie und von unterschiedlichen Strahlungen. Bothe ist aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, nach Stockholm zu reisen. Auf seinen Wunsch nimmt seine Tochter Dr. Elena Riedel die Auszeichnung in Empfang. Die deutsche Fassung seines Nobelvortrages befindet sich im Archiv der Max-Planck-Gesellschaft (MPG).

1955. Bothe erhält das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.

15. Juli 1955.  Bothe gehört neben weiteren Nobelpreisträgern zu den Unterzeichnern eines Appells an die Staatsmänner der Welt, auf die Gewalt als Mittel der Politik zu verzichten. Anerkennung findet die Rolle seiner früheren Mitarbeiter Wolfgang Gentner und Heinz Maier-Leibnitz in deutschen und europäischen Wissenschaftsprojekten, z. B. der Gründung des Europäischen Zentrums für Kernforschung (CERN) und des Institut Laue-Langevin (ILL).

1956. Das umgebaute Zyklotron ist in Betrieb und es laufen weltweit anerkannte Arbeiten über die Nichterhaltung der Parität in der schwachen Wechselwirkung.

1956. Er bekommt die Ehrendoktorwürde der Universität Gießen.

8. Februar 1957. Walther Bothe stirbt in Heidelberg. Fortschreitende Gefäßverengungen haben die Amputation eines Beines notwendig gemacht. Von diesem Eingriff erholte er sich nicht mehr richtig.
Nach Bothes Tod steht die Zukunft seines Heidelberger Instituts längere Zeit zur Diskussion. Stimmen, die vorher für Schließung plädiert haben, treten schließlich in den Hintergrund, weil die Physiker der Heidelberger Universität die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit des Instituts zur Geltung bringen.

1958. Ein Jahr nach seinem Tod bekommt das Institut für Physik einen eigenständigen Status als Max-Planck-Institut für Kernphysik unter der Leitung Wolfgang Gentners.

1993. In Oranienburg wird die Ernst-Thälmann-Straße in Walther-Bothe-Straße umbenannt.

Bilder aus Wikimedia Commons
Walther Bothe, Lizenz: Public Domain, Urheber: Nobel foundation

Quellen