Montag, 20. Januar 2020

Otto Hahn

Otto Hahn
Der deutsche Chemiker und Pionier der Radiochemie Otto Emil Hahn wurde am 8. März 1879 in Frankfurt am Main geboren († 28. Juli 1968 in Göttingen).

Hahn gilt als "Vater der Atomkernchemie" und zählt zu den bedeutendsten Naturwissenschaftlern des 20. Jahrhunderts. Seine folgenreichste Leistung war zweifellos die Entdeckung der Spaltung von Uran, die zur Erschließung einer fast unerschöpflichen Energiequelle mit sehr eingreifenden Anwendungsmöglichkeiten – zum Guten oder Bösen – führte. Wie sehr Hahn die Beschränkung auf friedliche Ausnutzung der Atomenergie am Herzen lag, geht aus vielen seiner Reden und Vorträge hervor.

In den Jahren 1905–1921 entdeckte er zahlreiche Isotope (heute Nuklide genannt), 1909 den radioaktiven Rückstoß, 1917 das Element Protactinium und 1921 die Kernisomerie beim „Uran Z“.

Im ersten Weltkrieg war er an der Entwicklung und dem Einsatz von Giftgas beteiligt.

Für die Entdeckung und den radiochemischen Nachweis der Atomspaltung des Urans (Ende 1938) und des Thoriums (Anfang 1939) wurde ihm 1945 der Nobelpreis für Chemie des Jahres 1944 verliehen.

Ab 1912 war Hahn wissenschaftliches Mitglied und von 1928 bis 1946 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts (KWI) für Chemie in Berlin, außerdem von 1928 bis 1936 Senator der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG). 

Durch sein energisches und konsequentes Auftreten gegenüber den NS-Behörden konnte Otto Hahn, der von Anbeginn ein Gegner der Nazi-Diktatur war und sich immer wieder erfolgreich der Aufforderung zur Mitgliedschaft in der NSDAP widersetzte, zusammen mit seiner couragierten Frau Edith vielen gefährdeten oder verfolgten Institutsangehörigen und Privatpersonen beistehen und sie vor Fronteinsatz oder gar der Deportation in ein Konzentrationslager bewahren.

"In den Kriegsjahren wurde er für viele der Bewahrer des Lebens. Er war immer bereit, zu helfen und zu stützen, wenn ernste Schwierigkeiten drohten. Nur schnell Fertigem trat er mit ernster, auch ironischer Mahnung entgegen." - Hans Joachim Born und Fritz Strassmann

"Zahllos sind die Fälle, in welchen das Ehepaar Hahn Bedrängten und Verfolgten half, offen und noch mehr im verborgenen, ohne Rücksicht auf die eigene Gefährdung.“ – Walther Gerlach

Auch praktische humanitäre Überlebenshilfe für untergetauchte Mitbürger hat das Ehepaar Hahn geleistet, insbesondere Edith Hahn, wie aus einem Bericht hervorgeht:

"Hahns waren einmal bei uns, und Frau Hahn erzählte, dass sie Hunderte von illegal in Berlin untergetaucht lebenden Juden kenne, die in Kohlekellern und Dachböden verborgen würden, aber dass sie langsam verhungerten, weil sie ja keine Lebensmittelkarten bekamen, keine Fleischmarken, keine Brotmarken. Da muss ich ungefähr 16 gewesen sein, das war, glaube ich, Anfang 1943 oder Ende 1942. Und während sich Hahns und meine Eltern darüber unterhielten, auch über die Gefahr bei Luftangriffen, dass die illegal in Berlin lebenden Juden ja immer in den Dachböden bleiben müssten – der Luftschutzkeller wegen – hatte ich den Eindruck, da müsste man doch etwas tun und habe dann eine Reihe von Freunden gewonnen. Wir sammelten teils eigene, teils fremde Lebensmittelkarten – haben natürlich niemand kennengelernt von den Empfängern – sondern ich brachte die nach Lichterfelde, wo Hahns wohnten, zu Frau Hahn, und sie hatte den Verteilungsmechanismus." – Wolf Jobst Siedler

Max von Laue erinnert sich in einem Brief an seinen Freund Otto Hahn:

"Die Feuerprobe hatte unsere Freundschaft erst 1933 und danach zu bestehen. Über Hitler und den Nationalsozialismus dachten wir … dasselbe. Und wir setzten, was wir dachten, soweit möglich auch in Taten um. Wie oft hast Du, wie oft habe ich jüdischen Bekannten und anderen Verfolgten seelisch geholfen, indem wir sie allen Verboten zum Trotz besuchten oder in unsere Häuser einluden. Auch praktischer Unterstützung wissen wir uns zu erinnern, indem wir, meist unabhängig voneinander, ihnen die Auswanderung erleichterten. In der Preußischen Akademie konnten wir mehrmals den Braunen einen Strich durch die Rechnung machen, zum Beispiel bei Wahlen. Dies hatte, gegenüber dem Umfang des grauenvollen Geschehens, wenig zu bedeuten; für Weiteres reichte unser Einfluss nicht aus. Dein Meisterstück war es jedenfalls, als der Lise Meitner, für die wir alle gebangt hatten, die Flucht nach Holland gelang."

Der Chemiker Hans Götte, seit 1935 einer von Hahns Mitarbeitern im KWI für Chemie, der sich insbesondere bei der Institutsverlagerung nach Tailfingen 1944 bleibende Verdienste erworben hatte, schrieb in einem Rückblick:

"Zur Macht hatte Otto Hahn kein Verhältnis. Weder lag ihm das geringste daran zu herrschen oder zu organisieren, noch erregten die Mächtigen seine Bewunderung. Wo, wie im Dritten Reich, die Macht missbraucht wurde, hat er sich mit großem persönlichen Mut dagegen gewendet. Es sei nur daran erinnert, dass er seiner langjährigen Kollegin Lise Meitner persönlich zur Flucht über die holländische Grenze verhalf. Untergetauchte jüdische Mitbürger versorgte er mit Brotkarten und anderen lebenswichtigen Dingen. Selbst bei geringfügigen Anlässen hat er sich gegen das System zur Wehr gesetzt. Als 1943 in Strassburg eine Tagung abgehalten werden sollte, wollten zwei SS-Leute einem seiner Mitarbeiter schwedischer Nationalität die Einreise in das Elsass nicht gestatten. Der sonst so friedliche Hahn – er konnte, wenn es darauf ankam, sehr in Zorn geraten – fuhr die beiden mit erhobener Stimme so an, dass sie ihre Vorschriften vergaßen und die Reise nicht behinderten."

Schon unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg trat Hahn unter dem Eindruck der US-amerikanischen Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki entschieden gegen den Einsatz der Atomenergie für militärische Zwecke auf. Er gehörte zu den schärfsten Kritikern der atomaren Aufrüstung der Großmächte und der durch unkontrollierte Atomtests fortschreitenden radioaktiven Verseuchung der Erde. Er sah diese Art der Nutzung seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse als Missbrauch, ja sogar als Verbrechen an.
So verstärkte er in den 1950er und 1960er Jahren sein Engagement in zahlreichen Aufrufen für Abrüstung, Frieden und Völkerverständigung, ohne sich allerdings von kommunistisch gesteuerten Initiativen vereinnahmen zu lassen.
Dagegen setzte er sich wiederholt für die friedliche Nutzung der Atomenergie ein. Otto Hahn wurde zudem einer der einflussreichsten Vorkämpfer für globale Völkerverständigung und internationale Entspannungspolitik, für seinen aktiven Pazifismus wurde er seit 1957 mehrfach für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
Eine an ihn mehrfach herangetragene Mitgliedschaft in dem von Frédéric Joliot-Curie gegründeten Weltfriedensrat lehnte Hahn jedoch ebenso strikt ab wie die Teilnahme an dessen diversen Kongressen oder die Unterzeichnung von prosowjetisch orientierten Manifesten, wie z. B. in Warschau 1950, Stockholm 1951, oder in Wien und Ost-Berlin 1952. In mehreren Schreiben an Frédéric Joliot-Curie erklärte Hahn seinen Standpunkt, so auch Anfang Februar 1951, nachdem er von Joliot-Curie zur nächsten Tagung des Weltfriedensrates nach Ost-Berlin eingeladen worden war.

Ich erkenne es dankbar an, daß Sie sich die Mühe geben, die Bedeutung dieses Weltkongresses und der Tagesordnung in Berlin darzustellen. Ich denke, Sie kennen mich so weit, daß Sie mir glauben wollen, daß ich die Vermeidung eines 3. Weltkrieges ebenso herbeisehne wie Sie selbst, und daß ich mir immer wieder überlege, was für Schritte man ergreifen könnte, um zu diesem idealen Ziel zu gelangen. Aber, wie ich Ihnen früher schon gesagt habe, halte ich die persönliche Freiheit des Einzelnen und die Freiheit ganzer Völker für das Wichtigste überhaupt, und ich kann mir keinen allgemeinen Frieden als erträglich vorstellen, wenn diese Freiheit ohne Furcht, ohne Zwang und ohne vorgeschriebene Meinung damit nicht mehr gewährleistet ist. Dies ist ja sicher auch Ihre eigene Meinung. Sie schreiben in Ihrem Brief, daß diese liberté de pensée bei dem Weltkongress absolut garantiert sei. Ich bin davon überzeugt, daß dies der Fall sein wird, nicht aber bin ich davon überzeugt, daß die Herren, die in der Ostzone Deutschlands wohnhaft sind, es wagen würden, eine andere Meinung als die vorgeschriebene zum Ausdruck zu bringen.

Ich erlebe es immer wieder, daß Besucher von der Ostzone oder auch aus dem russischen Sektor von Berlin, wenn sie die Möglichkeit haben, ohne Zeugen sich allein mit uns zu unterhalten, ganz anders sprechen als sie es in der Öffentlichkeit tun, und man hat immer wieder den Eindruck, daß bei allen solchen Tagungen derselbe dumpfe Druck auf den Menschen liegt, wie wir dies in den Hitlerzeiten zur Genüge erlebt haben. […]

Lieber Herr Professor Joliot, ich schreibe Ihnen diese wenigen Bemerkungen so aufrichtig, weil ich manchmal glaube, daß Sie tatsächlich über die wirkliche Gewissens- und Glaubensfreiheit im Osten nicht genügend informiert sind. Sicher leben wir im Westen auch nicht in einem unschuldsvollen Paradiese, aber die Möglichkeit, seine Meinung zu sagen, sie auch in unabhängigen Zeitungen zu veröffentlichen, auch einmal auf den Tisch des Hauses zu schlagen, wenn es notwendig ist, macht doch sehr Vieles leichter.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir die Gelegenheit hätten, uns einmal ausführlich über alle diese Fragen zu unterhalten, aber der Weltkongress in Berlin ist leider nicht der geeignete Ort dazu.

Bis zu seinem Tode wurde er nicht müde, eindringlich in Wort und Schrift vor den Gefahren des atomaren Wettrüstens der Großmächte und einer radioaktiven Verseuchung der Erde zu warnen.

Von 1946 bis 1948 war Hahn als Nachfolger von Max Planck der letzte Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft sowie Gründer und von 1948 bis 1960 erster Präsident der aus der KWG hervorgegangenen Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften.

Zeit seines Lebens war Hahn ein „großer Musikliebhaber“, wie er sich selbst bezeichnete, der gerne, wann immer es irgendwie möglich war, Konzerte und Opernaufführungen besuchte. Während er sich in seiner Jugend noch an Richard Wagner begeistern konnte, wurde sein musikalisches Interesse mit zunehmendem Alter wählerischer und vielfältiger. So bevorzugte er später vornehmlich die Werke von Beethoven, Brahms und Tschaikowski und gehörte vor dem Ersten Weltkrieg mit seiner Tenorstimme sogar einem Berliner Chor an, der gelegentlich auch an den Hausmusikabenden bei den Familien Planck und Harnack teilnahm. Lise Meitner erinnerte sich insbesondere an das gemeinsame Singen in den Laborräumen des KWI:

"Wenn ich an unsere mehr als 30-jährige Zusammenarbeit zurückdenke, so sind – abgesehen von den wissenschaftlichen Erlebnissen – meine stärksten und liebsten Erinnerungen die an Hahns fast unzerstörbare Fröhlichkeit und heitere Gemütsart, seine stete Hilfsbereitschaft und seine Freude an der Musik. Obwohl er kein Instrument spielt, ist er ausgesprochen musikalisch begabt, mit sehr gutem musikalischen Gehör und einem außergewöhnlich guten musikalischen Gedächtnis. Ich erinnere mich, dass er die Themata aller Sätze sämtlicher Beethoven-Symphonien und einige Themen aus Tschaikowski-Symphonien zu singen oder zu pfeifen pflegte. War er besonders guter Laune, so pfiff er große Teile aus dem Violinkonzert von Beethoven und änderte manchmal absichtlich den Rhythmus des letzten Satzes, nur um über meinen Protest dagegen lachen zu können. Solange wir in der sogenannten Holzwerkstatt bei Emil Fischer arbeiteten, wo wir noch keine Assistenten hatten, sangen wir öfters zweistimmig Brahms-Lieder, besonders wenn die Arbeit gut ging."

Hahn, der bereits in seiner Studentenzeit ein wachsendes Interesse an Literatur, vor allem an Lyrik entwickelt hatte (zum Beispiel an den Gedichten Christian Morgensterns, von denen er zahlreiche bis ins hohe Alter auswendig rezitieren konnte), stand in späten Jahren mit mehreren Dichtern und Schriftstellern in näherer Beziehung, u. a. mit Reinhold Schneider, Carl Zuckmayer, Alice von Herdan, Irmgard Keun, Joseph Breitbach und Eugen Roth, der ihm einmal den folgenden Schüttelreim schrieb:

Karikatur von Gheorghe Manu, Rumänien
Stolz wandre ich des Lebens Bahn hin –
seit ich geliebt von Otto Hahn bin.

Auch mit einigen Theatermenschen pflegte Hahn engere Kontakte, so zum Beispiel mit dem Intendanten Heinz Hilpert und dem Schauspieler Klaus Behrendt, zumal er in den 1960er Jahren keine Gelegenheit versäumte, die Aufführungen des Deutschen Theaters in Göttingen zu besuchen. Alice von Herdan, Carl Zuckmayers Frau, schrieb dazu in ihren Erinnerungen:

"Wir haben mit Professor Hahn anläßlich des 70. Geburtstages von Heinz Hilpert in Göttingen ein köstliches Fest erlebt, das noch um so schöner wurde, weil es keine Riesentafel, sondern Einzeltische gab, wo wir mit Otto Hahn nur zu viert einen Tisch hatten. Unvergeßlich ist mir, daß er sich ungefähr um drei Uhr nach dem Essen von uns verabschiedete mit den Worten: ‚Ich muß ins Geschäft!‘, und das in einem Ton, als ob er Krawatten verkaufen würde."

Eine besondere Freundschaft verband Hahn mit dem Bankier Clemens Plassmann, der unter dem Anagramm seines Namens C. Palm-Nesselmanns einer der bekanntesten Schüttelreim-Dichter war und Hahn einige seiner wunderbaren (Hahn-) Gedichtbände widmete, so zum Beispiel die bei der DVA erschienene Sammlung Schüttelreime:

Man nennt mich scherzhaft manchmal einen Otto-manen.
Nun gut! So wird man Widmung leicht und Motto ahnen.
Ich widme dieses Büchlein meinem Otto Hahn.
Stets gütig hilft mir selbst zu einem Motto Hahn:
Mich hieß, der das Atom gespalten, Worte spalten.
Er ließ mich listig gern bei diesem Sporte walten.
Ihn hat mein Spalten oft – nie nannt’ er’s Wahn – erheitert.
So sei die Sammlung denn zum Büchlein, Hahn, erweitert. –
Dank Herz und Geist wirst Du der Nachwelt hehrer Ahn.
Du nennst mich Freund. Ich bleibe Dein Verehrer, Hahn.

Otto Hahn war einer der meistgeehrten und höchstdekorierten Wissenschaftler aller Zeiten. Er erhielt viele bedeutende akademische, städtische und staatliche Auszeichnungen auf der ganzen Welt.

'Ruhm ist ein Gift, das der Mensch nur in kleinen Dosen verträgt', sagte Honoré de Balzac. Otto Hahn ist eine markante Ausnahme von dieser Regel, und das scheint mir das Bewundernswerteste an ihm. Erfolgreicher Schüler und Freund des berühmten Ernest Rutherford, jahrzehntelang führend auf dem neuen Forschungsgebiet der Chemie radioaktiver Stoffe, Direktor des ältesten Kaiser-Wilhelm-Instituts, schließlich verehrt als Begründer des Atomzeitalters, betraut mit hohen Ämtern, überhäuft mit Lobpreisungen und höchsten Ehrungen – Hahn blieb einfach, oft voller Selbstironie, nicht selten von Zweifeln an sich selbst geplagt, immun gegen das Gift, von dem Balzac sprach.“ - Karl Erik Zimen

Hahn war Ehrendoktor zahlreicher Universitäten und Mitglied oder Ehrenmitglied von 45 Akademien und Wissenschaftlichen Gesellschaften – darunter die University of Cambridge, die Physical Society (heute Institute of Physics), die Royal Society und das University College in London, die Rumänische Physikalische Gesellschaft in Bukarest, die Königlich Spanische Gesellschaft für Physik und Chemie und das Consejo Superior de Investigaciones Científicas (CSIC) in Madrid, die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle sowie die Akademien in Allahabad (Indien), Bangalore (Indien), Berlin, Boston (USA), Bukarest, Göttingen, Helsinki, Kopenhagen, Lissabon, Madrid, Mainz, München, Rom, Stockholm, Vatikan und Wien. Außerdem war Hahn Ehrenmitglied der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) und der Deutschen Bunsen-Gesellschaft für Physikalische Chemie.

Im Laufe seines Lebens erhielt er 37 höchste nationale und internationale Orden und Medaillen, u. a. die Emil-Fischer-Medaille in Gold, die Cannizzaro-Medaille, die Kopernikus-Medaille, die Cothenius-Medaille in Gold der Leopoldina, die Goethe-Plakette, die Paracelsus-Medaille in Gold der Schweizerischen Chemischen Gesellschaft, die Fritz-Haber-Medaille, die Max-Planck-Medaille, die Faraday-Medaille der Royal Society of Chemistry, die Wilhelm-Exner-Medaille, die Ernst-Reuter-Plakette, die Theodor-Goldschmidt-Medaille in Gold, die Helmholtz-Medaille, die Heraeus-Medaille in Gold, die Becquerel-Medaille, die Harnack-Medaille in Bronze 1954, in Gold 1959, die Marie-Curie-Medaille, die Goldmedaille des Massachusetts General Hospital in Boston, die Medaille bene merenti und den rumänischen Kultur-Verdienst-Orden, die Friedensklasse des Ordens Pour le Mérite, den griechischen Erlöser-Orden, den belgischen Leopoldsorden, den Order of the British Empire und von Frankreichs Präsident Charles de Gaulle den Rang eines Offiziers der Ehrenlegion.

Ihm zu Ehren und zu seinem Gedächtnis wurden folgende Auszeichnungen geschaffen: Otto-Hahn-Preis, Otto Hahn Award, Otto-Hahn-Medaille und Otto-Hahn-Friedensmedaille.

Zahlreiche Städte und Gemeinden im deutschsprachigen Raum benannten Gesamtschulen, Realschulen und Gymnasien nach ihm, und unzählige Straßen, Plätze, Brücken und Wege in Europa tragen seinen Namen. Mehrere Staaten ehrten Otto Hahn mit Medaillen-, Münzen- und Briefmarken-Editionen (u. a. die Bundesrepublik Deutschland, die DDR, die USA, Portugal, Österreich, Angola, Ungarn, Ghana, Guinea-Bissau, Madagaskar, Somalia, Rumänien, Moldavien, der Tschad, Kuba, Dominica, St. Vincent und die Grenadinen).

Otto Hahn ist auf der Frankfurter Treppe verewigt. An der Stätte seines Geburtshauses neben dem westlichen Eingang der Kleinmarkthalle Frankfurt befindet sich heute ein Denkmal. Eine Insel in der Antarktis (Hahn Island, nahe dem Mount Discovery) wurde ebenso auf seinen Namen getauft wie die Otto-Hahn-Bibliothek in Göttingen und das Otto-Hahn-Institut in Mainz.

Ferner benannte die Saint Louis Universität in Baguio City (Philippinen) eines ihrer Forschungsgebäude als Otto Hahn Building, zudem gibt es Otto-Hahn-Hörsäle in verschiedenen Universitäten und Instituten (zum Beispiel in Berlin, Heidelberg und Kiel).

In mehreren Städten und Gemeinden wurden ihm zu Ehren Büsten, Denkmäler und Gedenktafeln enthüllt, unter anderem in Albstadt-Tailfingen, Berlin (Ost und West), Boston (USA), Frankfurt am Main, Göttingen, Gundersheim (Rheinhessen), Mainz, Marburg, München (im Ehrensaal des Deutschen Museums), Punta San Vigilio (Gardasee), Rehovot (Israel) und Wien (im Foyer der IAEA). In der Stadt Göttingen und der Gemeinde Ottobrunn (bei München) wurden öffentliche Otto-Hahn-Zentren geschaffen. Auch in Frankfurt am Main ist ein Otto-Hahn-Zentrum geplant, das unter anderem eine Dauerausstellung über Hahns Leben und Wirken beherbergen soll.

Die Internationale Astronomische Union (IAU) ehrte Hahn durch die Benennung eines Mondkraters (zusammen mit Graf Friedrich II. von Hahn) und Marskraters, ferner, auf Vorschlag des Astronomen Freimut Börngen, des Kleinplaneten (19126) Ottohahn. Eine besondere Ehrung wurde Otto Hahn in den Niederlanden zuteil: Nachdem bereits eine Azalee (Rhododendron luteum Otto Hahn) und ein Kaktus (Trichocereus echinopsis hybride Otto Hahn) seinen Namen trugen, wurde von holländischen Rosenzüchtern eine neue Rose auf seinen Namen getauft, die Rosa ottohahniana. Sogar ein vor allem in den 1950er und 1960er Jahren populärer Cocktail wurde nach ihm benannt: Der „Otto Hahn“ besteht aus zwei gleichen Teilen Whisky (z. B. Balvenie, oder Macallan) und Rich Golden Sherry (z. B. Osborne oder Sandeman) und wird in vorher angewärmten Cognac-Gläsern serviert. Im Stadtzentrum von Rotterdam (Ommoord) gibt es ferner seit Jahren ein vielbesuchtes Restaurant und Musiklokal, das seinen Namen trägt: das Café Otto Hahn.

Leben

8. März 1879. Otto Hahn wird als jüngster Sohn des Glasermeisters und Unternehmers Heinrich Hahn (1845–1922, „Glasbau Hahn“) und dessen Frau Charlotte Hahn geb. Giese (1845–1905) in Frankfurt am Main geboren. Er verlebt zusammen mit seinen Brüdern Karl, Heiner und Julius eine behütete Kindheit. Walther Gerlach schreibt in seiner biographischen Analyse:

Die erste Jugend- und Schulzeit waren bestimmt durch die einfachen, soliden Verhältnisse des Elternhauses, die berufliche Strebsamkeit des Vaters und die geistigen Interessen der Mutter. Wesentlichen Einfluss auf Ottos Erziehung hatte der 9 Jahre ältere Stiefbruder Karl, der das Goethe-Gymnasium besuchte und später als Altphilologe ein bekannter Frankfurter Schulmann wurde. […] Alle übrigen Interessen während der Schulzeit wie Literatur, Musik, Wanderungen, Turnen, Theater waren weder oberflächlich noch besonders tief – bis auf eine, die sein Denken bis ins höchste Alter bestimmte. Okkulte Phänomene, der Spiritismus, hatten ihn interessiert und fasziniert. Aber was er in den damals ziemlich verbreiteten Schriften las und überdachte, beunruhigte ihn derart, dass er entschlossen damit Schluss machte. Es ist das einzige mir bekannte Beispiel einer selbstständigen kritischen Regung des jugendlichen Geistes. ‚Typisch für Hahn‘ würde jemand sagen, der nur seine spätere Stellung zu solchen Problemen kennt. Diese aber beruht auf jenem Jugenderlebnis. Denn aus ihm entwickelte sich seine lebenslange Ablehnung aller Spekulation, aller nicht auf klaren Gegebenheiten gegründeten Hypothesen. […] Sein Gedächtnis war in der Tat ungewöhnlich und blieb ihm bis ins Alter erhalten – ein wesentlicher Faktor für die Art und den Erfolg seiner späteren Forschungsarbeiten.

1894. Mit etwa 15 Jahren beginnt Hahn sich in besonderer Weise für Chemie zu interessieren und unternimmt zusammen mit einem Schulkameraden in der Waschküche seiner Mutter einfache chemische Experimente.

Ich lernte Wasserstoff herzustellen, mit Sauerstoff Kohle zu verbrennen, mit Natriummetall, gelbem Phosphor und Kaliumchlorat zu experimentieren. An Formelgleichungen wagten wir uns allerdings noch nicht heran. In den höheren Klassen wurde es ein bißchen besser. Ein Freund meines älteren Bruders Karl, der selbst Chemie studierte, schenkte mir das Lehrbuch Die Schule der Chemie von Stöckhardt, und in der Oberprima hörten wir sogar ein Kolleg über organische Farbstoffe bei Professor Martin Freund, dem späteren Ordinarius für Chemie an der Frankfurter Universität. Er zeigte uns sehr schöne Farbreaktionen. So verdichtete sich langsam bei mir der Wunsch, Chemiker zu werden.

Der Vater, durch innovative Ideen, Fleiß und Sparsamkeit zu Wohlstand gekommen, hätte Otto Hahn gern als Architekten gesehen, da er mehrere Wohn- und Geschäftshäuser gebaut oder erworben hatte. Aber er ließ sich überzeugen, dass sein Sohn Otto beabsichtigte, die Laufbahn eines Industriechemikers einzuschlagen.

1897. Nach dem Abitur an der Klinger-Oberrealschule in Frankfurt am Main beginnt Hahn an der Philipps-Universität Marburg sein Studium der Chemie und Mineralogie, als Nebenfächer belegt er Physik bei Franz Melde und Philosophie bei den Neukantianern Hermann Cohen und Paul Natorp, die einen entscheidenden Einfluss auf sein bereits empirisch geprägtes wissenschaftliches Denken und Handeln haben werden. Da sein Vater den Beitritt zu einer schlagenden Verbindung ablehnt, wird Hahn Mitglied im "Naturwissenschaftlich-Medizinischen Verein Studierender" zu Marburg, einer derzeit nicht schlagenden Studentenverbindung und Vorläuferin der heutigen Landsmannschaft Nibelungia:

"Der nicht couleurtragende Verein hat sich in die couleurtragende Verbindung ‚Nibelungia‘ verwandelt. Ich war plötzlich und eigentlich ganz ohne Zutun ‚Alter Herr‘ einer schlagenden Verbindung, ohne je Schläger gefochten zu haben. […] Nach dem 30. Januar 1933 nahm auch die ‚Nibelungia‘, wie alle Studentenverbindungen, den ‚Arierparagraphen‘ in ihre Satzung auf, der alle nichtarischen Mitglieder, ob sie nun Aktive oder Alte Herren waren, aus ihren Listen strich. Nach dem Schwur zur ewigen Treue wenige Jahre zuvor hielt ich meine Mitgliedschaft daraufhin nicht mehr für tragbar. Ich erklärte meinen Austritt aus dem Bund und habe mich auch nach 1945 nicht entschließen können, wieder einzutreten."

1898. Otto Hahn schnuppert erstmals alpine Luft, und zwar beim Aufstieg zum höchsten Berg Deutschlands, der Zugspitze, was seine Liebe zu den Bergen begründet. Danach gibt es jedoch eine mehrjährige Pause infolge seines Studiums und der Aufenthalte in London und Montreal.

1900/1901. Das dritte und vierte Semester verbringt Hahn bei Adolf von Baeyer an der Universität München, wo er sich, angeregt durch Besuche der Alten Pinakothek, nebenher auch mit wachsendem Interesse der Kunstgeschichte widmet.

Juli 1901. Er promoviert in Marburg magna cum laude mit einer Dissertation über „Bromderivate des Isoeugenols“, ein Thema aus der klassischen organischen Chemie. Nach Ende seines einjährigen Militärdienstes im Infanterie-Regiment Landgraf Friedrich I. von Hessen-Cassel (1. Kurhessisches) Nr. 81 in Frankfurt am Main entschliesst sich der junge Chemiker, für zwei Jahre als Assistent seines Doktorvaters, Geheimrat Theodor Zincke, an die Universität Marburg zurückzukehren.

1904. Hahn strebt eine Tätigkeit in der Industrie an. Aus diesem Grund und zur Verbesserung seiner Sprachkenntnisse wechselt er auf Empfehlung Zinckes an das University College London und wird Mitarbeiter von Sir William Ramsay, dem berühmten Entdecker der Edelgase. Hier beschäftigt sich Hahn mit dem seinerzeit noch jungen Gebiet der Radiochemie. 

1905. Bei der Arbeit mit Salzen des Elements Radium entdeckt Hahn das "Radiothorium", nach damaligen Vorstellungen ein neues radioaktives chemisches Element.
Tatsächlich ist das Radiothorium aber ein derzeit noch unbekanntes Isotop des schon bekannten Elements Thorium, 228Th. Die Begriffe Isotopie und Isotop werden aber erst 1913 von Frederick Soddy geprägt und setzen sich international durch.
Ramsay ist begeistert und führt Hahn in die wissenschaftlichen Kreise Londons und der Royal Society ein, wo er seine Entdeckung in einem Vortrag erklären und anschließend in den Proceedings of the Royal Society publizieren kann. Es ist – abgesehen von der Dissertation – die erste von über 250 wissenschaftlichen Veröffentlichungen. 

8. März 1905. Es erscheint ein zusammenfassender Bericht über das "Radiothorium" - "A new Element" - in einer Londoner Tageszeitung, dem Daily Telegraph:

An einer früheren Stelle habe ich die merkwürdige historische Tatsache erwähnt, dass niemand die Arbeit, die Madame Curie an Uranmineralien ausführte, mit Bewusstsein an Thoriummineralien wiederholt hat. Dies geschah versehentlich durch den heute weltberühmten Professor Hahn im Jahre 1905 im Laboratorium von Sir William Ramsay in London bei seiner allerersten Untersuchung auf jenem Gebiet, auf dem er sich als größte lebende Autorität erwiesen hat. Dabei entdeckte er sogleich das „Radiothorium“, einen neuen Alpha-Strahler der Thoriumreihe mit einer Durchschnittslebensdauer von 3 Jahren. Natürlich versuchten auch viele andere Chemiker dieses neue Thoriumglied aus Thoriumzusammensetzungen zu gewinnen, denn es wäre genau so wie Radium sehr wertvoll gewesen. Aber alle erlebten einen völligen Misserfolg. Wie war es aber dann dem Zauberer Hahn gelungen, der damals noch ein blutiger Anfänger auf dem Gebiet der Radiochemie war?“ - Frederick Soddy (1952)

Herbst 1905. Hahn wechselt auf Empfehlung von Ramsay an das McDonald Physics Building der McGill-Universität in Montreal, Kanada, um bei Ernest Rutherford seine Kenntnisse zu vertiefen. Hier erlernt Hahn unter anderem die Analyse der Alphastrahlen, die Messung der Gasionisation, der Reichweite und der elektromagnetischen Ablenkung, und kann mit diesen neuen Methoden die (nach damaliger Terminologie) radioaktiven chemischen Elemente Thorium C (heute: das Poloniumisotop 212Po), Radium D (das Bleiisotop 210Pb) und Radioactinium (das Thoriumisotop 227Th) entdecken, was Rutherford zu der Bemerkung veranlasst: "Hahn has a special nose for discovering new elements."

Gemeinsam mit Ernest Rutherford publiziert Otto Hahn zwei Arbeiten über die Alphastrahlen des Radiothoriums und über die Masse der Alphapartikel des Thoriums im Philosophical Magazine, der derzeit – zusammen mit der britischen Nature – führenden wissenschaftlichen Zeitschrift.

Sommer 1906. Er kehrt nach Deutschland zurück und wird Mitarbeiter am I. Chemischen Institut der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin bei Emil Fischer, der Hahn eine ehemalige "Holzwerkstatt" im Chemischen Institut  in der Hessischen Straße als eigenes Labor zur Verfügung stellt. 
Dort entdeckt Hahn in wenigen Monaten – mit äußerst primitiven Apparaturen – das Mesothorium I, das Mesothorium II und – unabhängig von Boltwood – die Muttersubstanz des Radiums, das Ionium. Das Mesothorium I (das Radiumisotop 228Ra) erlangt in den folgenden Jahren große Bedeutung, da es sich – ähnlich dem Curieschen Radiumisotop 226Ra – hervorragend für die medizinische Strahlentherapie eignet, mit dem großen Vorteil, dass es in der Herstellung nur die Hälfte kostet.

1907. Otto Hahn wird Mitglied des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins, Sektion Frankfurt am Main.

Juni 1907.  Hahn habilisiert sich an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin.

Sommer 1907. Er feiert ein "Wiedersehen mit den Bergen, und das in den Ötztalern bis hinauf zur Wildspitze."

28. September 1907. Er lernt im Physikalischen Institut bei Heinrich Rubens die fast gleichaltrige Physikerin Lise Meitner kennen, die von Wien nach Berlin gewechselt ist. Damit beginnt die 30 Jahre lang dauernde Zusammenarbeit und lebenslange innige Freundschaft der beiden Wissenschaftler.
Sie arbeitet mit Hahn – wie er auch – als "unbezahlter Gast" in der "Holzwerkstatt". Da im damaligen Preußen Frauen noch nicht studieren dürfen, muss sie das Gebäude immer durch den Hintereingang betreten und darf die Vorlesungsräume und Experimentierräume der Studenten nicht betreten.

Mai 1908. In der Physikalischen Zeitschrift erscheint von Hahn und Meitner die Abhandlung Über die Absorption der Beta-Strahlen einiger Radioelemente. Es ist die erste gemeinsame Publikation (von insgesamt 50), und bereits kurze Zeit später veröffentlichten Hahn und Meitner die Entdeckung eines neuen kurzlebigen Produktes des Actiniums, des Actinium C.

1908/1909. Nachdem die Physikerin Harriet Brooks 1904 zum ersten Mal den radioaktiven Rückstoß beobachtet, aber falsch gedeutet hat, gelingt es erst Otto Hahn, den Rückstoß bei der \alpha-Umwandlung nachzuweisen und richtig zu interpretieren. Otto Hahn formuliert das folgendermaßen:

"Der Zerfall eines radioaktiven Atoms geschieht bekanntlich explosionsartig, die Alphastrahlen erreichen eine Geschwindigkeit bis zu 1/10, die Elektronen nahezu volle Lichtgeschwindigkeit.

Zerplatzt nun ein derartig radioaktives Atom, so wird das übrigbleibende Rest-Atom durch das Ausschleudern der Elektronen oder mehr noch der Alphastrahlen einen Rückstoß bekommen, ähnlich wie die Kanone, wenn das Geschoss den Lauf verlässt. Die Geschwindigkeit des Rest-Atoms bestimmt sich daher nach dem Schwerpunktsatz."

Der Physiker Walther Gerlach kommentiert hierzu rückblickend:

"… eine grundsätzliche, bedeutungsvolle physikalische Entdeckung mit weittragenden Folgen für die weitere Klärung der radioaktiven Umwandlung. – Der radioaktive Rückstoß brachte nicht nur den Beweis, dass für den damals prinzipiell noch nicht verstehbaren radioaktiven Zerfallsvorgang (man wusste noch nichts von einem Atomkern!), welchen Hahn nun so anschaulich ein ‚Zerplatzen eines Atoms‘ nennt, die mechanischen Grundsätze von Energie und Impuls gelten."

In der Folgezeit werden von Hahn und Meitner mit der von ihnen neu entwickelten „Rückstoßmethode“ mehrere neue radioaktive Substanzen entdeckt, unter anderem die Isotope 214Po, 207Tl, 208Tl und 210Tl.

13. bis 15. September 1910. Hahn nimmt als Vertreter Deutschlands am "1. Internationalen Radium-Kongress" in Brüssel teil und wird Mitglied der dort neugegründeten "Radiumstandard-Kommission", zusammen mit Bertram B. Boltwood, Marie Curie, Stefan Meyer, Ernest Rutherford und Frederick Soddy.

10. Oktober 1910. Otto Hahn wird von der Preußischen Staatsregierung "in Rücksicht auf seine anerkennenswerten wissenschaftlichen Leistungen" der Titel "Professor" vergeben.

1911. In Berlin wird die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft gegründet. Otto Hahn besteigt das Matterhorn (4487 Meter hoch) in den Walliser Alpen über den Furggengrat und den Dent Blanche (4357 Meter hoch).

Juni 1911. Otto Hahn lernt anlässlich einer Tagung des Vereins Deutscher Chemiker in Stettin auf einer Dampferfahrt zur Ostsee die 23-jährige Kunststudentin Edith Junghans, seine spätere Frau, kennen.

1912. Hahn wird die Leitung der von ihm aufgebauten radiochemischen Abteilung im neugeschaffenen Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin-Dahlem übertragen (heutiger Hahn-Meitner-Bau an der Thielallee, Institut der Freien Universität Berlin). Die Arbeitsbedingungen von Hahn und Meitner verbessern sich darauf hin deutlich. Meitner arbeitet zunächst unentgeltlich weiter.

Ende März 1912. Die Radiumstandard-Kommission tagt erneut, diesmal in Paris, im Institut und in der Wohnung von Marie Curie, die ein Radiumstandardpräparat aus reinstem wasserfreien Chlorid hergestellt hat. Lise Meitner schreibt an Hahn, der sich anschließend noch in der Schweiz aufhält:

"Ich bin schon neugierig, was Sie von Paris erzählen werden. Dass Sie so vielerlei zu tun haben, darf Sie nicht ärgern, umsonst ist man nicht berühmt."

22. März 1913. Otto Hahn und Edith Junghans heiraten in Ediths Geburtsstadt Stettin, wo der Vater, Justizrat Paul Ferdinand Junghans (1859–1915), bis zu seinem frühen Tode 1915 Präsident des Stadtparlamentes ist. Die Hochzeitsreise führt das junge Paar zunächst nach Südtirol und Bozen. Otto Hahn schreibt in Mein Leben:

"Von Bozen fuhren wir weiter zum Gardasee und machten Station in San Vigilio auf der stilleren Ostseite des Sees. San Vigilio mit seiner wundervollen Zypressenallee und das einfache, hübsche Hotel gefielen uns so gut, dass wir beschlossen, hier zu bleiben und nicht, wie geplant bis Brioni zu fahren. Wenn der letzte Passagierdampfer den Ort abends verlassen hatte, waren wir mit einigen Malern fast allein.

Meine Frau, die eine große Schwimmerin war, bemühte sich, mich auch für das Wasser zu begeistern. Es war aber so kalt, dass ich fluchtartig wieder festen Boden suchte. So machten wir stattdessen Spaziergänge auf die schönen Anhöhen um San Vigilio herum und auf den alles überragenden Monte Baldo. Gelegentliche Dampferfahrten führten uns zu den vom Fremdenverkehr schon mehr erschlossenen Orten im Westen und Süden."

1914. Für die Entdeckung des Mesothoriums I, das derzeit auch als "deutsches Radium" bekannt ist, wird Otto Hahn erstmals von Adolf von Baeyer für den Chemie-Nobelpreis vorgeschlagen.

August bis Dezember 1914. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wird Otto Hahn zum Militärdienst einberufen. Zunächst dient er als Offiziersstellvertreter in zwei Regimentern an der Westfront. Bereits nach kurzer Zeit leitet er eine Maschinengewehrabteilung. In Deutschland laufen derweil die unter dem Chemiker Fritz Haber die Vorbereitungen für einen Gaskrieg an.

Januar 2015 bis Kriegsende 1918. Fritz Haber zog alle zur Verfügung stehenden Chemiker, unter ihnen Hahn, sowie auch Physiker und Meteorologen zusammen, um die Forschung zum Kriegseinsatz von Giftgas zu bündeln. Daraufhin dient Otto Hahn als Offizier (Leutnant) und Mitglied der von Fritz Haber geleiteten Spezialeinheit für chemische Kriegsführung (u. a. mit James Franck, Gustav Hertz, Erwin Madelung, Wilhelm Westphal und Heinrich Wieland). Diese entwickelt, testet und produziert Giftgaswie Phosgen und Zyklon A für Kriegszwecke, schult das Militär für den Umgang mit Giftgas, bereitet den Einsatz an der Front vor und überwacht die Gasangriffe.

Hahn hatte zunächst Bedenken, da er glaubte, dass die Verwendung giftiger Gase im Krieg gegen die ‚Haager Konvention‘ verstieß. Aber er ließ sich von Haber überreden. Das seine persönliche wie die staatsbürgerliche Erziehung bestimmende Pflicht- und Pflichterfüllungsprinzip und dazu die so ‚humane‘ Begründung, Gas verkürze den Krieg, erhalte also Menschenleben – der unselige Satz, dass der Zweck die Mittel heiligt – hatte seine Wirkung getan. 30 Jahre später, als mit der gleichen Argumentation der Abwurf der Atombomben in Japan gerechtfertigt werden sollte, musste Otto Hahn schwerer als sonst irgend jemand darunter leiden.“ – Walther Gerlach

Hahn dient dem Gasregiment (Pionierregiment 35) bis Kriegsende mit nur wenigen längeren Unterbrechungen. Dabei soll er eigenhändig Chlorgasgranaten gefüllt haben.

Er pendelt dabei ständig zwischen Ost-, West- und Süd-Front, Habers Institut für Physikalische Chemie in Berlin und den Bayer-Werken in Leverkusen.

Für seine militärischen Verdienste erhält Hahn die Hessische Tapferkeitsmedaille, beide Klassen des Eisernen Kreuzes, den Albrechts-Orden mit Schwertern und das Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern.

22. April 1915. Hahn überwacht zusammen mit James Franck und Gustav Hertz im Auftrag durch Fritz Haber am persönlich den erstmaligen Einsatz von Chlorgas in der Zweiten Flandernschlacht. Auf einer Breite von 20 Kilometer schrauben deutsche Soldaten Tausende Gasflaschen zeitgleich auf. 170 Tonnen Chlorgas treiben als Wolke auf die feindlichen Schützengräben zu.
Die Giftgaswolke überrascht den Gegner, eine kanadische Division und algerische Kolonialsoldaten. Das Gas verätzt ihre Atemwege, es entsteht Panik. Etwa 5000 Soldaten sterben und weitere etwa 10.000 werden kampfunfähig verletzt.
Weitere Gasattacken in Flandern und an der Ostfront in Galizien folgen. Dort soll Hahn laut dem Göttinger Historiker Martin Melchert "nicht nur beim Angriff persönlich anwesend" sein  "er trieb die zögerlichen Angreifer auch regelrecht voran". Hahn selbst erinnert sich: "Der Angriff wurde ein voller Erfolg; die Front konnte auf sechs Kilometern Breite um mehrere Kilometer vorverlegt werden."

25. April 1915. Meitner schreibt an Hahn: „Ich beglückwünsche Sie zu dem schönen Erfolg bei Ypern“. Meitner ist allerdings selbst nicht an Forschung oder Entwicklung chemischer Kampfstoffe beteiligt. Sie lässt sich zur Röntgenassistentin und Krankenpflegerin ausbilden.

Dezember 1916. Hahn wird Mitglied des "Hauptquartiers Seiner Majestät" in Berlin und kann sich daher zwischen Januar und September 1917 an seinem Institut wieder verstärkt der Radiumforschung widmen. Er arbeitet wieder mit Lise Meitner zusammen.

1917. Otto Hahn und Lise Meitner isolieren eine langelebige Aktivität. Sie nennen das chemische Isotop "Protactinium". Es handelt sich dabei um die langlebige Form des Elements Nr. 91.
Es steht in Konkurrenz zu der bereits im Jahr 1913 von Kasimir Fajans und Oswald Helmuth Göhring entdeckten kurzlebigen Aktivität die sie aus Uran isoliert (UX2) haben. Das Element wurde von ihnen Brevium genannt. Die beiden Aktivitäten sind unterschiedliche Isotope des gleichen Elements Nr. 91, das 1949 von der IUPAC endgültig Protactinium genannt wird und Hahn und Meitner als alleinige Entdecker bestätigt.

1918. Ihre Arbeit zum Protactinium veröffentlichen Hahn und Meitner unter dem Titel Die Muttersubstanz des Actiniums; ein neues radioaktives Element von langer Lebensdauer in der Physikalischen Zeitschrift.

Oktober 1918. Laut dem Göttinger Historiker Martin Melchert befasst sich Otto Hahn bis in die letzten Tage des ersten Weltkriegs mit der Erforschung neuer Giftwaffen und erhält in diesem Monat den Auftrag, auf einer Halbinsel vor Danzig Experimente mit einer neuen Geheimwaffe durchzuführen. Nach den ersten Versuchen wollte Hahn Bericht erstatten. Das Kriegsende kommt ihm zuvor.

1919. Hahn erhält den Lehrauftrag für Radioaktivität an der Berliner Universität.

1920er Jahren. Otto Hahn schafft sich ein neues Arbeitsgebiet: Mit der von ihm neuentwickelten "Emaniermethode" und dem "Emaniervermögen" begründet er die "Angewandte Radiochemie" zur Erforschung allgemeiner chemischer und physikalisch-chemischer Fragen. 

Februar 1921. Otto Hahn veröffentlicht die erste Mitteilung über seine Entdeckung des Uran Z (234Pa). Es ist die Entdeckung der Kernisomerie, die Walther Gerlach rückblickend so beschreibt:

"War die Entdeckung der Isotopie Hahn entgangen, weil er den Schritt vom experimentell nachweisbaren chemisch-nicht-unterscheidbar zu dem extrapolierten chemisch-gleich nicht wagte, so gelang ihm 1921 eine für die Kernphysik viel später sehr bedeutungsvoll werdende, damals unverständliche Entdeckung: die Kern-Isomerie. Das Wort entstammt der allgemeinen Chemie. Moleküle, welche die gleiche atomare Zusammensetzung haben, sich aber dennoch wegen verschiedener Strukturen in ihren Eigenschaften unterscheiden, nennt man isomere Moleküle. […] Wieder beruht die Hahnsche Entdeckung auf dem zähen Suchen nach der Ursache einer geringfügigen Abweichung vom Normalen. – Wie er zu dieser Entdeckung kam und diese gegen jeden Einwand sicherstellte, das hielt Hahn für seine beste Arbeit."

Erst 15 Jahre später, 1936, gelingt es dem jungen Carl Friedrich von Weizsäcker, das Phänomen der Kernisomerie als "metastabile Zustände der Atomkerne" theoretisch zu erklären. Auch für diese Entdeckung, deren volle Bedeutung doch einige wenige erkannten, wird Otto Hahn mehrfach von 1923 bis 1929, unter anderem von Bernhard Naunyn, Heinrich Goldschmidt und Max Planck, für den Chemie-Nobelpreis vorgeschlagen.

1922. Aus der Ehe mit Edith Junghans geht als einziger Sohn der spätere Kunsthistoriker und Architekturforscher (an der Hertziana in Rom) Hanno Hahn hervor, der 1960 zusammen mit seiner Frau und Assistentin Ilse Hahn auf einer Studienreise in Frankreich tödlich verunglückt. Sie hinterlassen einen 14-jährigen Sohn, Dietrich Hahn. Zum Gedächtnis an Hanno und Ilse Hahn und zur Förderung junger begabter Kunsthistoriker(innen) wird im Jahre 1990 der inzwischen international angesehene Hanno-und-Ilse-Hahn-Preis für hervorragende Verdienste um die italienische Kunstgeschichte geschaffen, der alle zwei Jahre vom Kuratorium der Bibliotheca Hertziana in Rom verliehen wird.

In diesem Jahr besteigt er in den Tauern den Großglockner und das Kitzsteinhorn.

1924. Hahn wird zum Ordentlichen Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin ernannt (auf Vorschlag von Albert Einstein, Fritz Haber, Max Planck, Wilhelm Schlenk und Max von Laue).

1924/1925. Hahn und Meitner werden für die Entdeckung von Protactinium von mehreren Kollegen für den Chemie-Nobelpreis vorgeschlagen, unter anderem von Max Bergmann, Viktor Moritz Goldschmidt und sogar von Kasimir Fajans selbst, der die entscheidende Veröffentlichung von Hahn und Meitner neidlos anerkennt.

Ab 1926. Er wird kommissarischer Leiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie.

1926. Hahn publiziert im Springer-Verlag seine erste Monographie Was lehrt uns die Radioaktivität über die Geschichte der Erde? Sie wird nach ihrer Veröffentlichung rasch zu einem Standardwerk. Hahn bestätigt in ihr die derzeit noch nicht allgemein anerkannte und umstrittene Theorie der Kontinentalverschiebung von Alfred Wegener voll. Eine Rezension in den Naturwissenschaften vermerkt:

"Die Gefahr, dass sich unberufene Hände dieses reizvollen Themas bemächtigten, war sehr groß. Nun hat es durch den berufensten Sachverständigen eine Bearbeitung erfahren. […] Das Buch behandelt drei große Probleme der Geologie resp. der Geophysik, die alle drei durch die Forschung auf dem Gebiet der Radioaktivität eine neue Beantwortung erfahren: 1. das Alter der festen Erdkruste, 2. den Wärmehaushalt der Erde, 3. die periodischen Oberflächenveränderungen der festen Erdkruste (Gebirgsauffaltungen). Auf jeden Fall mag dieses klar geschriebene kleine Buch jedem empfohlen sein, der sich über die geo-physikalische Bedeutung der radioaktiven Prozesse orientieren will."

Aufgrund gemeinsamer geologischer Interessen entwickelt sich zwischen Hahn und Fridtjof Nansen, der ihm seine Untersuchung Klima-Veränderungen in geschichtlicher Zeit und Nacheiszeit (Oslo 1926) widmet hatte, eine umfangreiche wissenschaftliche, sehr freundschaftliche Korrespondenz bis zu dessen Tode im Jahre 1930.

1927. Er ist mit seiner Frau auf dem Allalinhorn unterwegs.

1928 bis 1946. Er ist als Nachfolger von Alfred Stock Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie.

1928. Er ist den Drei Zinnen unterwegs. Mit dem allergrößten Respekt, als seiner schwierigsten Unternehmung, erinnert er sich oft an die Südlenzspitze und den Nadelgrat in der Mischabelgruppe bei Saas-Fee.

Sommer 1930. Hahn, inzwischen 51 Jahre alt, besteigt drei Viertausender in den Berner Alpen, das Finsteraarhorn über die südliche Ostwandrippe, die Jungfrau und den Mönch:

"Heute würden wir sagen, Otto Hahn hat alles mitgenommen, was gut und was teuer ist an Schweiß, ob in der Silvretta, in den Dolomiten, oder auf Skiern in Davos, im Wallis oder im Wetterstein, in den Stubaiern oder in den Ötztalern. […] Von der Familie und von Freunden ist überliefert, dass er seine Touren mit der gleichen Umsicht und Gründlichkeit vorbereitete wie seine Laborexperimente. Biograph Ernst Berninger schrieb über Hahns alpines Hobby: ‚Es war für einen Menschen von so intensiver Arbeitsweise selbstverständlich, dass er den Ausgleich während der Ferien in einem Bereich suchte, in dem er ebenso intensiv die gesetzten Ziele verfolgen konnte, und die ihm immer wieder das Erlebnis von Leistung und Erfolg in schwierigen Situationen brachten.‘"

1933. Hahn hat eine Gastprofessur an der Cornell University in Ithaca, New York (USA).

14. Juli 1933. Als Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) richtet Max Planck an Innenminister Wilhelm Frick ein Schreiben, in dem er mitteilt, dass die Gesellschaft gewillt sei, "sich systematisch in den Dienst des Reiches hinsichtlich der rassenhygienischen Forschung zu stellen". Jüdische Freunde und Kollegen Plancks werden gedemütigt und vor allem durch das Berufsbeamtengesetz aus ihren Ämtern gedrängt, hunderte Wissenschaftler verlassen Deutschland. Otto Hahn fragt daher Planck, ob man nicht eine Anzahl anerkannter deutscher Professoren für einen gemeinsamen Appell gegen diese Behandlung jüdischer Professoren zusammenbringen könne, worauf Planck antwortet: "Wenn Sie heute 30 solcher Herren zusammenbringen, dann kommen morgen 150, die dagegen sprechen, weil sie die Stellen der anderen haben wollen."
Fritz Haber gehört zu den wenigen, für den Planck seinen Einfluss offen einsetzt, indem er versucht, direkt bei Hitler zu intervenieren. Das misslingt, Haber stirbt 1934 im Exil. Ein Jahr darauf veranstaltet Planck in seiner Funktion als Präsident der KWG (seit 1930) aber eine Gedächtnisfeier für Haber. Im übrigen allerdings versucht Planck es weiterhin mit "Durchhalten und weiterarbeiten" und bittet emigrierwillige Physiker lediglich im Privaten, nicht zu gehen, womit er teilweise erfolgreich ist, und ermöglicht es auch einer Reihe von jüdischen Wissenschaftlern, für begrenzte Zeit weiter an Instituten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zu arbeiten.

1934. Der italienische Physiker Enrico Fermi beginnt mit Versuchen durch den Beschuss von Uran mit Neutronen. Gemeinsam mit Lise Meitner und seinem Assistenten Fritz Straßmann setzt Hahn diese Forschungsarbeiten fort. Bis 1938 glauben alle Wissenschaftler, dass die Elemente mit Ordnungszahlen größer als 92 (die sogenannten Transurane) entstehen, wenn man Uranatome mit Neutronen beschießt. Eine Ausnahme stellt die Chemikerin Ida Eva Noddack dar. Sie nimmt den Paradigmenwechsel von 1938/39 vorweg, indem sie in Angewandte Chemie (Nr. 47, Jg. 1934) mutmaßt:

"Es wäre denkbar, dass bei der Beschießung schwerer Kerne mit Neutronen diese Kerne in mehrere größere Bruchstücke zerfallen, die zwar Isotope bekannter Elemente, aber nicht Nachbarn der bestrahlten Elemente sind."

Aber kein Physiker greift die noddacksche Hypothese auf und überprüft sie, auch Ida Noddack selbst nicht. Der Zerfall schwerer Atomkerne in leichtere Elemente gilt als ausgeschlossen.

Hahn hält seinen verehrten Lehrer und Freund Ernest Rutherford über den Verlauf der sogenannten Transuran-Arbeiten von Beginn an auf dem Laufenden und informiert ihn über alle Fortschritte.

Anfang 1934. Otto Hahn tritt aus Protest gegen die Entlassung jüdischer Kollegen, darunter Lise Meitner, James Franck und Fritz Haber, aus dem Lehrkörper der Berliner Universität aus. In einem Brief an James Franck und seine Frau Ingrid schreibt Edith Hahn:

"Und wenn ich Euch nicht so gern hätte, könnte ich Euch beneiden (und es ist wirklich nicht nur eine Phrase), dass Ihr Juden seid und so ganz das Recht auf Eurer Seite habt, und wir haben die Schmach und die unauslöschliche, nie wieder gutzumachende Schande für alle alle Zeiten! […]

Ich habe in unserer Ullsteinfiliale am Mittwoch den ganzen Rest der Voss gekauft und an alle Leute geschickt, die ich noch nicht für ganz verloren halte, weil ich denke, Dein Brief müsste sie zur Besinnung bringen, und ich hoffe, die ganze Welt wird darauf reagieren."

Ende April 1935. Rutherford an Hahn:

"Vielen Dank für Deine kurzen Zeilen und für die Übersendung der Kopien Deiner neuesten Artikel über die Neutronenumwandlungen des Urans. Die Untersuchung dieses Punktes muss ganz genau in Dein Gebiet gefallen sein, und ich bin sicher, dass es Dir sehr viel Spaß gemacht hat, die Beschaffenheit der Umwandlungsprodukte klären zu können. Es ist alles sehr interessant und geht jetzt so schnell, dass es schwierig ist, alle erzielten Ergebnisse im Gedächtnis zu behalten."

Es ist eine Tragik, dass Ernest Rutherford, der immer der Überzeugung war, die Nutzbarmachung der Atomenergie würde niemals Realität werden, den großen Durchbruch seines Schülers Otto Hahn nicht mehr erleben kann. Rutherford stirbt am 19. Oktober 1937 in Cambridge, 66 Jahre alt, an den Folgen einer Operation, nur vierzehn Monate vor der Entdeckung der Atomspaltung.

1936. In englischer (und später in russischer) Sprache erscheint Hahns Lehrbuch Applied Radiochemistry das die 1933 von Hahn während seiner Gastprofessur an der Cornell University in Ithaca, New York (USA), gehaltenen Vorlesungen enthält. Diese Publikation hat einen bedeutenden Einfluss auf praktisch alle Atomwissenschaftler in den 1930er und 1940er Jahren, vor allem in den USA, Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion.

1938. Als Deutschland Österreich annektiert, wird Lise Meitner deutsche Staatsbürgerin und ist dadurch als gebürtige Jüdin in besonderer Weise gefährdet. Otto Hahn hat deshalb große Sorge um ihre Sicherheit und bereitet daher zusammen mit dem niederländischen Chemiker Dirk Coster ihre illegale Ausreise ins Exil vor. Sie selbst war sich in der Zeit zuvor der drohenden Gefahr weit weniger bewusst als Hahn, der fürchtete, Lise Meitner könne sehr bald ein Opfer der NS-Rassenideologie werden.

12. Juli 1938.  Die letzte Nacht vor ihrer Abreise aus Berlin verbringt Meitner im Dahlemer Haus von Edith und Otto Hahn, der ihr für dringende Notfälle einen wertvollen Brillantring, ein Erbstück seiner Mutter, schenkt. Im Rückblick schreibt Hahn:

Coster selbst traf erst auf der Bahn mit ihr zusammen; dann reisten sie beide ab. Die Gefahr für Lise Meitner bestand in den mehrfachen Kontrollen in den nach dem Ausland fahrenden Eisenbahnzügen durch die SS. – Wir zitterten, ob sie durchkomme oder nicht. Einen Tag später kam das verabredete Telegramm, dem wir entnahmen, dass Lise in Holland war. Ich werde den 13. Juli 1938 nie vergessen.

13. Juli 1938. Die Ausreise gelingt. Über die Niederlande und Dänemark kommt sie nach Schweden, wo sie ihre Forschungen bis 1946 am Nobel-Institut fortsetzt. Durch Otto Hahn wird sie weiterhin über alle in Berlin vollzogenen Versuche auf dem Laufenden gehalten (er informiert die Physiker in seinem Institut nicht sondern unterrichtet Lise Meitner als einzige über alle Experimente und Ergebnisse brieflich).

17. Dezember 1938. Otto Hahn und sein Assistent Friedrich Wilhelm Straßmann suchen bei dem entscheidenden Experiment – der berühmten "Radium-Barium-Mesothorium-Fraktionierung" – mit äußerst sorgfältigen radiochemischen Methoden in einer mit Neutronen bestrahlten Uranprobe nach Transuranen. Dabei finden sie Spuren des Elements Barium. Zum Nachweis dient ein organisches Bariumsalz des jüdischen Chemikers Wilhelm Traube, dessen spätere Verhaftung und Ermordung Hahn vergeblich zu verhindern versucht.
Otto Hahn schliesst auf ein "Zerplatzen" des Urankerns in mittelschwere Atomkerne. Damit ist die Machbarkeit der Atomspaltung nachgewiesen.

"Keiner konnte wie er die zeitlichen Veränderungen der Aktivität von mehreren im genetischen Zusammenhang stehenden Radionukliden im Kopf analysieren, und keiner konnte es ihm gleichtun im Geschick und in der Sorgfalt chemischer Operationen mit unwägbar geringen, oft nur als Atomzahlen auszudrückenden Substanzmengen." - Karl Erik Zimen

19. Dezember 1938. Otto Hahn kann die radiochemische Entdeckung zunächst nicht physikalisch interpretieren und schreibt in einem Brief an Lise Meitner von einem Vorgang den er als „Zerplatzen“ des Urankerns bezeichnet. Er fragt sie:

"Wäre es möglich, dass das Uran-239 zerplatzt in ein Ba und ein Ma? Es würde mich natürlich sehr interessieren, Dein Urteil zu hören. Eventuell könntest du etwas ausrechnen und publizieren."


Weihnachtsferien 1938. Der Physiker Otto Frisch besucht seine Tante Lise Meitner in  Kungälv. Zu der Zeit erhält diese den Brief von Otto Hahn. Bei einem berühmt gewordenen Schneespaziergang finden Meitner und Frisch eine erste physikalische Deutung für das Ergebnis des Experiments. Sie stellen als Erste die Hypothese auf, dass hier eine Spaltung des Uranatoms in zwei Teile, also eine „Atomspaltung“ erfolgt sein müsse.

"Dass Otto Hahn seine Kollegin und lebenslange Freundin Lise Meitner als erste und zunächst exklusiv über die große Entdeckung informiert hat, dazu gehörte sehr viel Mut. Man bedenke: Ein deutscher Institutsdirektor informiert im Jahr 1938 über eine Jahrhundert-Entdeckung zuerst seine emigrierte jüdischstämmige Kollegin! Das hätte ihn leicht ins KZ Sachsenhausen bringen können. Diese Tat ist eines der vielen Beispiele für den unverdrossenen Mut, die unerschütterliche Freundestreue, die Ehrlichkeit und Geradlinigkeit des großen Gelehrten." – Gerd Brosowski

1939 bis 1945. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitet Otto Hahn – zusammen mit den Mitarbeitern Hans Joachim Born, Siegfried Flügge, Hans Götte, Walter Seelmann-Eggebert und Fritz Straßmann – an den Spaltreaktionen des Urans und stellt bis 1945 eine Liste von nachgewiesenen 25 Elementen und 100 Isotopen auf – eine erstaunliche Leistung unter den durch den Krieg stark eingeschränkten Arbeitsbedingungen.

1939. Sohn Hanno veröffentlicht im Fachblatt "Unsere Katze" eine Erzählung über die Katzen die Otto und Edith Hahn hatten in ihrer Dahlemer Villa in der Altensteinstraße 48 immer hatten. Darunter "Muzie" und der französische Schäferhund, ein Briard namens "Tommy". In dem Haus gibt es auch ein Terrarium mit einem Laubfrosch, "Möppi" genannt, für den Hahn in seiner Freizeit gerne Fliegen fängt, was er als wohltuende Entspannung empfindet. Auch im KWI werden jüngere Mitarbeiter gelegentlich gebeten, "frische Fliegen" einzufangen, wie eine authentische Anekdote belegt:

"Otto Hahn im Dialog mit einem jungen Laboranten: ‚Haben Sie die Fliegen auch außerhalb Ihrer Dienstzeit gefangen?‘ – ‚Aber selbstverständlich, Herr Professor!‘ – ‚Gut. Denn sonst frißt sie mein Frosch nicht!'"

6. Januar 1939. Hahn und Straßman publizieren die radiochemischen Ergebnisse der Entdeckung der Atomspaltung mit den Messergebnissen in der Zeitschrift "Die Naturwissenschaften". Sie sind der unwiderlegbare Beweis (der durch Berechnungen der bei der Reaktion beteiligten Energien bestätigt wird), dass das Uran in kleinere, aus leichteren Elementen bestehende Bruchstücke gespalten wurde.


Ende Januar 1939. Lise Meitner und Otto Robert Frisch gelingt die atomphysikalische Deutung der Resultate für das von Otto Hahn formulierte "Zerplatzen" des Uran-Atomkerns. Frisch prägt dabei den Begriff "nuclear fission" (Atomspaltung), der in der Folgezeit international anerkannt wird.
Die beiden Bruchstücke (Atomkerne), die bei der Spaltung entstehen, haben zusammen eine geringere Masse als der ursprüngliche Uranatomkern. Aus dieser Massendifferenz errechnen Lise Meitner und Otto Robert Frisch mit Albert Einsteins Formel E=mc² die bei der Spaltung freiwerdende Energie von etwa 200 Millionen Elektronenvolt pro gespaltenem Atomkern. Das ist mehr als ein anderer Prozess zu liefern vermag.

10. Februar 1939. In ihrer zweiten Veröffentlichung, in der sie erstmals den Begriff "Uranspaltung" verwenden, sagen Hahn und Straßmann voraus, dass bei dem Spaltungsvorgang "mehrere zusätzliche Neutronen freigesetzt werden könnten" – ein Vorgang, der später von Frédéric Joliot, Hans von Halban und Lew Kowarski experimentell bestätigt und als "Kettenreaktion" verifiziert wird.

11. Februar 1939. Lise Meitner und ihr inzwischen ebenfalls nach Schweden emigrierter Neffe Otto Robert Frisch veröffentlichen ihre theoretisch-physikalische Deutung in der "Nature" in dem Aufsatz "Disintegration of Uranium by Neutrons: a New Type of Nuclear Reaction". Darauf aufbauend untersucht Niels Bohr gemeinsam mit John Archibald Wheeler die Möglichkeit der Energiegewinnung durch Atomspaltung im Flüssigkeitsmodell.

Februar/März 1939. Der ungarisch-deutsch-amerikanische Physiker Leó Szilárd erfährt von der neuen Entdeckung über seinen Freund Eugene Wigner in Princeton.

März 1939. Der französische Physiker Frédéric Joliot-Curie wiederholt die Experimente Hahns und findet heraus dass bei jeder Uranspaltung 2 bis 3 Neutronen freigesetzt werden. Damit ist den Physikern der westlichen Welt die Möglichkeit einer Kettenreaktion und die prinzipielle Möglichkeit einer technischen Nutzung als Energiequelle oder Waffe bekannt. Die Entdeckung der Atomspaltung beschwört in der Wissenschaftsgemeinde die Erkenntnis einer atomaren Bedrohung herauf.

3. März 1939. Szilárd führt ein eigenes Experiment der Met Labs der Columbia University durch. Zusammen mit Walter Zinn beobachtet Szilárd die bei der Atomspaltung durch freigewordene Neutronen hervorgerufenen Lichtblitze auf einer Fernsehröhre. Als Quelle für die anregenden Neutronen dient eine mit geliehenem Geld besorgte Radiumquelle.
Beunruhigt über das Fehlen weiterer Publikationen der Forscher um Hahn zum Thema Atomspaltung (was er als Indiz dafür deutet, dass die deutsche Regierung das Thema als wichtig erkannt hat und nun in militärischer, geheimer Forschung Bedrohliches entwickelt) und die Erstarkung des Nationalsozialismus und Faschismus in Europa, überredet er gemeinsam mit anderen Forschern Albert Einstein, einen vorformulierten Brief an Präsident Roosevelt zu unterschreiben, in dem dieser dazu aufgefordert wird, eine Atombombe entwickeln zu lassen, um einer möglichen Entwicklung von Atomwaffen durch Nazi-Deutschland zuvorzukommen. Dieser Brief wird als ein entscheidendes Dokument für das Ingangkommen des Manhattan-Projektes zur Entwicklung der ersten Atomwaffen gesehen.

Herbst 1939.  Durch eine umfassende Theorie der Atomspaltung (The mechanism of nuclear fission) von Niels Bohr und John Archibald Wheeler wird das Werk von Meitner und Frisch ersetzt.

1943. Otto Hahn wird als auswärtiges Mitglied in die Königlich Schwedische Akademie aufgenommen.

Spätherbst 1943. Die britische Luftwaffe beginnt mit ihren Angriffen auf Berlin.

11. bis 12. Februar 1944. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie wird von einer schweren Bombe getroffen, sodass eine konstruktive Forschungsarbeit kaum mehr weitergeführt werden kann. An seinen Bruder Heiner in Frankfurt am Main schreibt Otto Hahn:

"Mein Institut hat einen Volltreffer, der wohl gerade in meinem Direktorenzimmer explodiert ist. Die Hälfte des schönen Instituts wurde damit restlos zerstört. Alle meine Dokumente, Sonderdrucke, Manuskripte, Briefwechsel etc. sind atomisiert! Wertvolle und jetzt nicht wiederherstellbare Apparaturen, die im Frieden viele Tausende kosteten, sind dahin."

Daraufhin entschliesst sich Hahn, sein Institut nach Süddeutschland auszulagern, das von alliierten Bombenangriffen noch weitgehend verschont bleibt. In Tailfingen (Württemberg) können drei leerstehende Textilfabriken gefunden werden. In diese werden die noch intakten Reste des Instituts, insbesondere die stark aktiven Präparate und die Beryllium-Neutronenquellen, integriert werden. Otto Hahn und seine Frau beziehen zwei Zimmer in der Villa des Textil-Fabrikanten Julius Hakenmüller in der Panoramastraße 20, in denen sie bis zum Kriegsende untergebracht sind.
Kurt Diebner verlegt sein Labor nach Stadtilm in Thüringen, Paul Harteck und Wilhelm Groth ziehen mit der neuen Ultrazentrifuge zuerst nach Freiburg, später nach Celle.
Mit Uranwürfeln werden im "Atomkeller" von Haigerloch offensichtlich Versuche zur Erzielung einer atomaren Kettenreaktion in einem mit schwerem Wasser gefüllten Becken unternommen.

November 1944. Otto Hahn interveniert "im Falle der Jüdin Maria Sara von Traubenberg, geborene Rosenfeld", wie es in der Nazi-Terminologie heißt. In einem Brief an den SS-Hauptscharführer Dobberke schreibt Hahn, dass "Frau Dr. von Traubenberg als Physikerin und Mitarbeiterin ihres Mannes an den ‚Geheimarbeiten über das Uran‘ beteiligt gewesen sei. Nur sie könne die wichtigen Forschungsergebnisse ihres verstorbenen Mannes übersehen." Die Gestapo läßt sich von Hahns übertriebenen, aber wirkungsvollen Worten täuschen und deportiert Maria von Traubenberg nicht nach Auschwitz, sondern nach Theresienstadt, wo sie ein eigenes Zimmer bekommt, um den Nachlass ihres Mannes zu bearbeiten. Sie ist damit gerettet und überlebt. Ende 1945 verläßt sie Deutschland und zieht zu Verwandten nach England.

1944. Die Königlich Schwedische Akademie zeichnet Otto Hahn mit dem Nobelpreis für Chemie aus
– "für seine Entdeckung der Spaltung schwerer Atomkerne", so die offizielle Begründung. Mit der Bekanntgabe wartet die Akademie jedoch bis nach dem Zusammenbruch der Hitler-Diktatur, denn sonst wäre Hahn gezwungen, den Nobelpreis abzulehnen. 

23. April 1945. Alliierte Spezialeinheiten der Alsos-III-Mission entdecken in Haigerloch die Anlage in der die deutsche Entwicklung zum Bau einer Atombombe unter Werner Heisenberg stattfand. Ein kleines Unternehmen im Vergleich zum Manhattan-Projekt der USA. Die 664 Uranwürfel - zu wenig um einen Forschungsreaktor in Gang zu bringen - wurden versteckt. Der Reaktorbehälter strahlte nicht. Es hat dort keine Kettenreaktion stattgefunden. Heisenberg und sein Team haben lange mit falschen Zahlen gerechnet und daher erwartet dass mehrere Tonnen Uran-235 für eine Atombombe notwendig wären. Tatsächlich werden nur wenige Kilo benötigt.
Der Reaktor wird zerstört und alle Materialien und Forschungsberichte beschlagnahmt und zur Analyse in die USA geschafft. Die deutschen Wissenschaftler des Uranprojekts werden verhaftet. Erich Bagge, von Weizssäcker und Karl Wirtz werden in Hechingen gefasst, Heisenberg in seiner Heimat Urfeld, Walther Gerlach und Diebner in München und Harteck in Hamburg. In Teilfingen (heute: Albstadt) werden die Chemiker Otto Hahn, Horst Korsching und Max von Laue aufgegriffen.
Über kurze Zwischenaufenthalten in Reims, Versailles und Huy werden sie nach England in das Landhaus Farm Hall, in Godmanchester nahe Cambridge (England) gebracht.

April 1945 bis 1946. Die führenden Wissenschaftler des Uranprojekts  (dabei Otto Hahn, Max von Laue, Walther Gerlach, Werner Heisenberg und Carl Friedrich von Weizsäcker) sind in "Farm Hall" in England interniert. Die Gespräche der Wissenschaftler werden durch das englische Militär abgehört und aufgezeichnet.

Walther Gerlach schreibt später:

"Alle hatten in irgendeiner Weise in dem Uran-Verein an der Entwicklung eines Uranreaktors gearbeitet – außer Hahn selbst und Max von Laue. – Warum man sie holte, war und blieb so unklar wie ihr Status – ob gefangen, interniert, in Schutzhaft, sichergestellt: Hahn erfand das Wort die Detainten, die als guests of His Majesty, at the pleasure of His Majesty zu einem, abgesehen von Radio und Zeitungen, weltabgeschlossenen Leben gezwungen waren. Von Anfang an war er ganz selbstverständlich der Doyen der Gruppe; schnelle Erfassung einer Situation, klares Urteil, Menschlichkeit, Humor, Schlagfertigkeit und Standhaftigkeit, alle Register standen ihm für die Verhandlungen mit den ‚Betreuern‘, für die Regelung von Schwierigkeiten zur Verfügung."

Eine Beurteilung der britischen Bewachungsoffiziere charakterisiert Hahn als wohlwollend und kooperativ:

"Ein Mann von Welt. Er hat sich von allen Professoren als am hilfsbereitesten erwiesen, und sein Humor und gesunder Menschenverstand haben bei zahlreichen Gelegenheiten die Situation gerettet. Gegenüber England und Amerika ist er entschieden freundlich eingestellt."

6. August 1945. Major Terence H. Rittner (Diensthabender Offizier des Internierungslagers "Farm Hall") erhält aus London den Befehl dass die Gefangenen um 18 Uhr Radio hören sollen. Ritter soll die Reaktionen der Wissenschaftler auf die Meldungen verfolgen. Hahn, Heisenberg und Wirtz hören die Nachricht der BBC von der US-amerikanischen Atombombe die auf die japanische Stadt Hiroshima abgeworfen worden ist. Die Reaktionen der drei Wissenschaftler sind unterschiedlich:
  • Wirtz äußert dass er froh  ist dass sie nicht selbst die Bombe hatten.
  • Heisenberg vermutet zunächst einen "Bluff" und vertritt später die Meinung dass es wohl der schnellste Weg war, den Krieg zu beenden.
  • Hahn sieht sich in all seinen Befürchtungen bestätigt die ihn seit seiner Entdeckung der Atomspaltung im Dezember 1938 gequält haben. Er ist stark erschüttert, fühlt sich für den Tod von hunderttausenden japanischen Zivilisten verantwortlich und ist dem Suizid nahe. Er ist nur froh dass es den Deutschen nicht gelungen ist. In diesen schweren Stunden erwächst Hahns aktiver Pazifismus, der ihn in den nachfolgenden Jahren zu einem der engagiertesten und bedeutendsten Vorkämpfer für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung werden lässt.
  • Von Weizsäcker sagt dass es schrecklich sei was die Amerikaner getan haben und dass er die Aktion für Wahnsinn halte.
Carl Friedrich von Weizsäcker erinnert sich:

"Otto Hahns Reaktion auf Hiroshima war schrecklich. Denn Hahn war von früh an ein entschlossener Gegner des Nationalsozialismus. Er war ein guter, klassischer Liberaler. Seine ganze Hoffnung hatte er auf einen Sieg des Westens gesetzt, also auf einen Sieg Amerikas. Und nun erfuhr er, dass die Leute, auf die er seine Hoffnung gesetzt hatte, diese Waffe entwickelt und auch tatsächlich eingesetzt hatten. Das hat ihn erschüttert.

Diese Erschütterung von Otto Hahn am Tage von Hiroshima hat ihn mir noch einmal ein ganz großes Stück menschlich nähergebracht, gerade weil evident war, dass er sich für etwas verantwortlich fühlte, das er nach jeder normalen Regel nicht zu verantworten hatte. Denn Otto Hahn war ein wirklich moralischer und reifer Mensch, und so waren die Toten von Hiroshima für sein Empfinden auf seinem Gewissen. Und für dieses Empfinden habe ich ihn verehrt."

Und Werner Heisenberg schreibt in seinen Erinnerungen:

"Am tiefsten getroffen war begreiflicherweise Otto Hahn. Die Uranspaltung war seine bedeutendste wissenschaftliche Entdeckung, sie war der entscheidende und von niemandem vorhergesehene Schritt in die Atomtechnik gewesen. Und dieser Schritt hatte jetzt einer Großstadt und ihrer Bevölkerung, unbewaffneten Menschen, von denen die meisten sich am Kriege unschuldig fühlten, ein schreckliches Ende bereitet. Hahn zog sich erschüttert und verstört in sein Zimmer zurück, und wir waren ernstlich in Sorge, dass er sich etwas antun könnte."

Der Wissenschaftshistoriker Friedrich Herneck fasst in einer historischen Analyse die wesentlichen Punkte zusammen:

"Dass die von Hahn erschlossene Einsicht zunächst nicht zum Nutzen der Menschheit, sondern zu ihrem Verderben, zur Schaffung von Massenvernichtungsmitteln, ausgewertet wurde, ist den politischen Verhältnissen zuzuschreiben, in die diese Entdeckung zeitlich fiel. Den Gelehrten trifft daran keine Schuld. Aber gerade durch diese tragische Verkettung von Wissenschaft und Gesellschaft wurde Otto Hahn zu einer einzigartigen weltgeschichtlichen Gestalt, zu einem jener Naturforscher, die in ihrer Bedeutung hoch hinausragen über den Bereich ihres fachwissenschaftlichen Sondergebietes, wie – auf andere Weise – Galilei oder Darwin."

9. August 1945. Über Nagasaki wird die zweite US-amerikanische Atombombe abgeworfen.

16. November 1945. Otto Hahns Wahl zum Nobelpreis 1944 wird veröffentlicht. Der Preis kann ihm allerdings, da er sich im Dezember 1945 noch in englischer Internierung befindet noch nicht überreicht werden. Lise Meitner und Otto Frisch werden dabei nicht berücksichtigt, und auch in den darauf folgenden Jahren wird ihnen diese Ehrung nicht zuteil, obwohl sie von mehreren Physikern – auch von Otto Hahn selbst – für den Physik-Nobelpreis vorgeschlagen werden. 

Dazu bemerkt Otto Robert Frisch:

"Das ist auch nach meiner Meinung ganz richtig. Die Entdeckung der Uranspaltung [...] war die entscheidende Beobachtung, aus der sich alles weitere sehr rasch entwickeln musste."

Frisch betont gelegentlich, um Mißverständnissen vorzubeugen:

"Diese Entdeckung, die 1944 verdienterweise mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, rief auf der ganzen Welt große Erregung hervor. […] Otto Hahn nannte den Vorgang Zerplatzen, während er heute als Spaltung bezeichnet wird."

In einer späteren Würdigung schreibt Lise Meitner:

"Die Entdeckung der Atomspaltung durch Otto Hahn und Fritz Strassmann hat ein neues Zeitalter in der Geschichte der Menschheit eröffnet. Die dieser Entdeckung zugrunde liegende wissenschaftliche Leistung scheint mir darum so bewundernswert, weil sie ohne jede theoretische Wegweisung auf rein chemischem Weg erreicht worden ist."

Carl Friedrich von Weizsäcker, Lise Meitners ehemaliger Assistent, ergänzt später:

"Er hat in der Tat diesen Nobelpreis verdient, hätte ihn auch verdient, ohne dass er diese Entdeckung gemacht hätte. Aber dass für die Kernspaltung ein Nobelpreis fällig war, das war wohl jedermann klar."

Der niederländische Chemiker Dirk Coster, der Lise Meitner im Juli 1938 auf ihrer Flucht begleitet hat, schreibt ihr anlässlich der Nobelpreis-Verleihung:

"Otto Hahn, der Nobelpreis! Er hat ihn sicher verdient. Es ist aber schade, dass ich Sie 1938 aus Berlin entführt habe […] Sonst wären Sie auch dabei gewesen. Was sicher gerechter gewesen wäre."

Dennoch wird seit einigen Jahren von der amerikanischen Chemikerin und Feministin Ruth Lewin Sime die Ansicht vertreten, Otto Hahn habe den Nobelpreis nicht oder nicht allein verdient, habe Lise Meitner sogar bewusst ausgebootet, um ihn nicht mit ihr teilen zu müssen. Auch habe er sich ihr gegenüber in der Nachkriegszeit charakterlos verhalten. Diese Unterstellungen entfachen einen Sturm der Empörung unter den mit den historischen Fakten vertrauten Experten, werden aber nach wie vor in der heutigen Literatur immer wieder einmal zitiert und kontrovers diskutiert. Ernst Peter Fischer, Physiker und Wissenschaftshistoriker der Universität Konstanz bezeichnet die Tatsache, dass Lise Meitner keinen Nobelpreis erhielt, sogar drastisch als "Dummheit der schwedischen Akademie". Lise Meitner hätte allerdings dieser simplifizierenden Einschätzung entschieden widersprochen, da sie Vorurteile und einseitige Interpretationen strikt ablehnt.

"Das ist in meinen Augen gerade der große moralische Wert der naturwissenschaftlichen Ausbildung, daß wir lernen müssen, Ehrfurcht vor der Wahrheit zu haben, gleichgültig, ob sie mit unseren Wünschen oder vorgefaßten Meinungen übereinstimmt oder nicht."

Ein deutliches Urteil vertritt auch Berta Karlik, die Leiterin des Instituts für Radiumforschung in Wien, die an ihre Kollegin Erika Cremer schreibt:

"Da ich die Berliner Arbeiten seinerzeit eingehend verfolgt habe, und sowohl mit Hahn wie mit Meitner persönlich so gut bekannt, ja befreundet war, bin ich stets der Auffassung gewesen, dass die Entdeckung der Spaltung einzig und allein Hahn zuzuschreiben ist."

Walther Gerlach, Experimentalphysiker, langjähriger Augenzeuge und einer der besten Kenner der historischen Zusammenhänge, hebt in einer späteren Analyse hervor:

Das Leid, das Otto Hahn durch die Vertreibung von Lise Meitner aus seinem Institut und aus Deutschland erlitten hat, die Achtung des Menschen, der ohne Rücksicht auf persönliche Gefahren Bedrängten half und Not linderte, wo er nur konnte, der alle Kränkungen im Bewusstsein des rechten Weges hinnahm, weil ihm in Wissenschaft und Leben das gute Gewissen mehr bedeutete als äußere Anerkennung – das alles mag auch bei der Zuteilung des Preises unter ungewöhnlichen Umständen mitgespielt haben. Aber letzten Endes ist es doch die Anerkennung eines Forscherlebens von seltener Fruchtbarkeit, dessen Schlußstein unmittelbar die Naturwissenschaft, die Weltpolitik und die Lage der Menschheit veränderte.

Und Elizabeth Rona, die ab 1919 bei Hahn am KWI für Chemie gearbeitet hatte und 1938 emigrieren musste, schrieb in ihren Erinnerungen:

Ich habe oft gedacht, dass er einen zweiten Nobelpreis verdient hätte - den Friedensnobelpreis.

Otto Hahn erhielt von 1914 bis 1945 insgesamt 22 Nominierungen für den Chemie-Nobelpreis (u. a. auch von Walther Nernst, Adolf Deismann, The Svedberg, Frans Jaeger, Wilhelm Palmaer und Arne Westgren). Ferner wurde Hahn von 1937 bis 1947 auch 16-mal, meist zusammen mit Lise Meitner, aber auch mit Fermi, Yukawa, Stern, Pauli und Bethe, für den Physik-Nobelpreis vorgeschlagen (u. a. von Werner Heisenberg, Max von Laue, Dirk Coster, Arthur H. Compton, James Franck, Samuel Goudsmit, Manne Siegbahn, Boris Iliin, Hendrik Kramers, Cyrias Quellet, Felix Bloch, Jean Thibaut und Louis de Broglie).

Ende November 1945. Lise Meitner, die das „Zerplatzen“ des Urankerns exklusiv aus erster Hand von Otto Hahn erfahren hat und die chemischen Leistungen ihres Kollegen wohl am besten beurteilen kann, sieht die Nobelpreis-Verleihung ganz sachlich. An ihre Freundin B. Broomé-Aminoff schreibt sie:

Hahn hat sicher den Nobelpreis für Chemie voll verdient, da ist wirklich kein Zweifel. Aber ich glaube, dass Frisch und ich etwas nicht Unwesentliches zur Aufklärung des Uranspaltungsprozesses beigetragen haben – wie er zustande kommt und dass er mit einer so großen Energieentwicklung verbunden ist, lag Hahn ganz fern.

Anfang Januar 1946. Die Gruppe der zehn Internierten darf wieder nach Deutschland zurückkehren, und nach einem Aufenthalt in Alswede (Westfalen) werden Hahn, Heisenberg und von Laue nach Göttingen in die britische Zone entlassen.

1. Februar 1946. Otto Hahn tritt die Nachfolge von Max Planck als Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft an. Er ersucht u.a. Albert Einstein als Mitglied der Gesellschaft zu gewinnen. Dieser verzeiht jedoch bis zu seinem Tod Deutschland die Beteiligung am Massenmord an den Juden nicht. Er sieht auch nach dem Krieg kein ausgeprägtes Reue- oder Schuldgefühl in Deutschland und lehnt jegliche Einlassung mit öffentlichen Institutionen in Deutschland ab.

"Noch in England erreichte ihn die Bitte des greisen Max Planck, die Präsidentschaft der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zu übernehmen. Im Februar 1946 übertrug man Otto Hahn die schwere Aufgabe, die aus dem Kriege noch geretteten Reste der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zu sammeln, um Bestand und Organisation der Gesellschaft zu erhalten und ihre Institute wieder mit wissenschaftlichem Leben zu erfüllen. Nur ein Mann seiner Größe, seines wissenschaftlichen Ansehens, seines untadeligen Charakters und seines gütigen Wesens, der bei jedem einzelnen seiner Weggefährten zwischen Schuld und Irrtum zu unterscheiden vermochte, konnte den Wiederaufbau der Gesellschaft unter dem Namen Max Plancks durchsetzen und der deutschen Wissenschaft einen neuen Anfang und ein neues Ziel setzen. […]

Vierzehn Jahre lang stand er als Präsident an ihrer Spitze, und als er im Jahre 1960 sein Amt abgab, gehörten der Max-Planck-Gesellschaft wieder 40 Institute und Forschungsstellen an, die 840 Wissenschaftlern Arbeitsmöglichkeiten boten. Die Finanzierung der Max-Planck-Gesellschaft wurde in den Jahren seiner Präsidentschaft durch das Königsteiner Staatsabkommen der Länder und durch laufende Zuschüsse des Bundes gesichert." – Adolf Butenandt

"Nachdem er das Amt übernommen hatte, halfen ihm seine angeborene Liebenswürdigkeit und die allem politischen Vorurteil ferne Sachlichkeit seines Denkens über manche Verhandlungsschwierigkeit hinweg. Er konnte gespannte Situationen durch ein Scherzwort auflösen, und er gewann sich oft die Herzen selbst derer, die andere Wege gehen wollten als er. In der Aufbauzeit kam es gelegentlich auf schnelle Entschlüsse an. Hahn traf nicht selten wichtige Entscheidungen, ohne irgendwelche Gremien zu fragen. Er freute sich, wenn er damit Erfolg hatte. […] Er wollte sich beim Wiederaufbau der Max-Planck-Gesellschaft nach dem Bild der alten Kaiser-Wilhelm-Institute richten, die zwar für die damaligen Verhältnisse eine reichliche, im Vergleich zu den Notwendigkeiten der neuen Zeit aber eine äußerst bescheidene Ausrüstung besessen hatten. Hahn hatte keine rechte Freude an der enormen Expansion des wissenschaftlichen Betriebs, deren Unvermeidlichkeit er einsah, die er aber nur ungern mit seinem Namen deckte. Im ganzen hat ihm trotzdem die aktive Teilnahme am Wiederaufbau Freude gemacht, und am Ende seiner Amtszeit war er stolz auf die Max-Planck-Gesellschaft und das wissenschaftliche Leben in ihren Instituten, die unter seinen Händen entstanden waren." – Werner Heisenberg

10. Dezember 1946. Otto Hahn bekommt von König Gustav V. von Schweden den Nobepreis in Stockholm überreicht.

1948 bis 1960. Otto Hahn amtiert als Gründungspräsident der neugeschaffenen Max-Planck-Gesellschaft (MPG) zur Förderung der Wissenschaften, die durch sein Wirken und seine weltweit geachtete Persönlichkeit das frühere Ansehen der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zurückgewinnen kann.

"So sehr er mit dem weithin sichtbaren und anerkannten Erfolg für den Ausbau der Institute und die Erweiterung der MPG wirkte, so nachdrücklich betonte er, dass diese Gesellschaft nur ein Glied der wissenschaftlichen Aktivität des Landes ist. Senat und Hauptausschuss der Forschungsgemeinschaft, deren tätiges Mitglied Hahn viele Jahre war, verdanken ihm manchen Rat und Hilfe. In seiner Objektivität und Uneigennützigkeit ging er so weit, die Befürwortung von Zuwendungen an die MPG hinter die finanziell schlechter gestellten Hochschulinstitute zurückzustellen. […]

Hahn führte die MPG als Präsident bis 1960. Aber auch unter seinem Nachfolger Adolf Butenandt nahm er an der Arbeit der Gesellschaft bis zu seinem letzten Lebensjahr tätigen Anteil: Die Ernennung zum „Ehrenpräsidenten“, der Dank der ihm ihre Existenz verdankenden Gesellschaft, war für ihn kein Schmuck, sondern eine Verpflichtung." - Walther Gerlach

1949. Lise Meitner bekommt gemeinsam mit Otto Hahn die Max-Planck-Medaille.

Juli 1950. Auf der ersten „Ausstellung für Chemisches Apparatewesen“ nach dem Zweiten Weltkrieg, der ACHEMA IX in Frankfurt am Main wird Otto Hahn eingeladen, die Eröffnungsrede zu halten. Seine Ansprache mit zahlreichen historischen Beispielen und Bezügen, der er den Titel „Forschung und Technik – Freiheit und Verantwortlichkeit“ gibt, gipfelt in den mahnenden Worten:

Das Ideal des Wissenschaftlers war immer die geistige Freiheit, das Streben nach Erkenntnis und die Möglichkeit, sie Gleichgesinnten mitzuteilen und sich an dem Erfolg zu erfreuen. Jeder Zwang, sei er privater oder staatlicher Art, führt zur Verkümmerung der Forschung, und Geheimnistuerei fördert das Misstrauen des Einzelnen gegen den Einzelnen, das Misstrauen der Völker gegeneinander.

Es ist leider so, dass die geistige Haltung der Menschheit, ihr Verantwortungs- und ihr Mitgefühl gegenüber dem Nebenmenschen weit hinter dem wissenschaftlichen und technischen Fortschritt zurückgeblieben ist, sodass dieser Fortschritt gegen statt für die Beziehungen der Menschen untereinander ausgenutzt werden kann. Die Wissenschaft ist heute zweifellos ein politischer Machtfaktor ersten Ranges geworden. Sie sollte deshalb vor politischen Entscheidungen, bei denen Ergebnisse der Forschung eine Rolle spielen, gehört werden.

Wir sollten lernen, dass auch die größten technischen Leistungen, die größte sogenannte ‚Tüchtigkeit‘, der Glaube, dass man alles tun kann, wenn es nur Erfolg verspricht, dass dies nicht die richtige Weltanschauung sein kann. Wir müssen wieder Ehrfurcht vor dem Menschenleben haben!

1954. Otto Hahn erhält von Bundespräsident Theodor Heuss das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband.

17. Dezember 1954. In Genf soll im Jahr 1955 die 1. UN-Konferenz "Atome für den Frieden" (Atoms for Peace) stattfinden. Otto Hahn schreibt aus diesem Anlass in einem Brief an den Präsidenten der UN-Generalversammlung, den früheren niederländischen Außenminister Eelco van Kleffens:

"Wie ich aus amerikanischen Zeitungen und auch aus Paris erfahren habe, planen die Vereinten Nationen in New York eine allgemeine Aussprache über die Verwendung der Atomenergie für den Frieden. Dies ist ja ein Thema, das die ganze Welt interessiert, und es ist sehr zu begrüßen, dass die vielen Hemmungen, die einer allgemeinen internationalen Aussprache bisher entgegengestanden haben, allmählich gelockert werden.

Meine persönliche Meinung ist nun die, dass man der Tagung eine möglichst große Resonanz dadurch verleihen könnte, dass man eine Anzahl international anerkannter Wissenschaftler zu den Besprechungen der Vereinten Nationen hinzuzieht. Ich denke dabei an solche Persönlichkeiten, die einerseits als wirkliche Sachverständige gelten können, aber auch an andere, denen die moralischen und ethischen Zukunftsmöglichkeiten der Verwendung der Atomenergie am Herzen liegen."

1955. In ihrem Artikel Otto Hahn – der Entdecker der Uranspaltung (1955) hebt Lise Meitner explizit hervor:

"Hahns folgenreichste Leistung ist zweifellos die Entdeckung der Uranspaltung, die zur Erschliessung einer fast unerschöpflichen Energiequelle mit sehr eingreifenden Anwendungsmöglichkeiten – zum Guten oder Bösen – geführt hat. Wie sehr Hahn die Beschränkung auf friedliche Ausnutzung der Atomenergie am Herzen liegt, geht aus vielen seiner Reden und Vorträge hervor."

In diesem Jahr erhält sie den ersten "Otto-Hahn-Preis für Chemie und Physik".

Im selben Jahr appelliert Otto Hahn in seiner Rede auf der Hauptversammlung der Max-Planck-Gesellschaft an das gegenseitige Verständnis der Völker:

"Wir fordern die Völker der Erde und ihre Staatsmänner auf, die Wege zu vermeiden, die zu der Zerstörung unserer Erde führen. Zunächst kann dies wohl kaum durch ein allgemeines Verbot der Atomwaffen geschehen. Heute verhindert noch der beiderseitige Besitz dieser Waffe ihre Anwendung. Aber die Formen des Austrags menschlicher Spannungen müssen sich grundsätzlich ändern. Wenn wir auch unserer eigenen Überzeugung gegenüber kritisch bleiben und dabei bereit sind, die Ansicht des Gegners zu verstehen, dann kommt vielleicht doch einmal die Zeit, in der die Kriege nicht durch Besitz einer genügend großen Anzahl von Massenvernichtungsmitteln verhindert werden, sondern durch das gegenseitige Verständnis der Völker, auch wenn ihre Ideologien so verschieden sind, wie heute die von Ost und West."

13. Februar 1955. Weithin bekannt werden Hahns Ausführungen in seiner Rundfunk-Rede vom "Cobalt 60 – Gefahr oder Segen für die Menschheit?", die zeitgleich in Deutschland, Dänemark, Österreich und Norwegen, wenige Tage später auch in englischer Übersetzung über die BBC in London weltweit übertragen wird. Darin sagt er unter anderem:

"In der Hand der politischen Führer liegt heute eine ungeheure Verantwortung. Wenn auch die gewöhnlichen Atombomben, wenn selbst die Wasserstoffbomben nur örtlich begrenzte, dort aber schreckliche Wirkungen haben, dann kommt doch darüber hinaus noch die Möglichkeit der Erzeugung des Cobalts 60 mit diesen Wasserstoffbomben. Ein geisteskranker oder machtbesessener Diktator könnte dann, nach dem Vorbilde ‚après nous le déluge‘ die zivilisierte Welt, damit aber auch sein eigenes Land, dem Strahlentod übergeben. Auch ohne Cobalt entstehen bei der Explosion durch die dabei freiwerdenden Neutronen gefährliche radioaktive Staubteilchen, die auf große Entfernungen fortgetragen werden können. Diese Möglichkeit darf niemals eintreten, und darum die Notwendigkeit einer wahrhaft internationalen Kontrolle über die Entwicklung der Atomwaffen, oder besser eines friedlichen Zusammenlebens der Völker. […]

Einem vereinten Appell aller verantwortungsbewussten Wissenschaftler, denen die Gefahren der Anwendung eines die Welt bedrohenden Kriegsmittels bekannt sind, sollte es doch gelingen, die Verantwortlichen der großen Politik auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs an einen Verhandlungstisch zu bringen.

Heute ist der Krieg nicht mehr ‚die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln‘. In einem Bombenkrieg gibt es nicht mehr Sieger und Besiegte. Die großen Bomben zerstören in einem Augenblick die Stätten der Zivilisation. Die tödlichen Strahlungen tun dann ihr Vernichtungswerk langsamer, aber umfassend. Sollten nicht die vielen Möglichkeiten für Frieden und Wohlstand der Völker den Sieg davontragen können, wenn die Menschen wirklich erfahren, um was es geht?"

Die international große positive Resonanz auf diesen Appell, sogar seitens der Ostblock-Staaten, nutzt Otto Hahn zu zahlreichen weiteren Aktionen mit vergleichbarem friedenspolitischem Inhalt.

Juni 1955. Otto Hahn wird von Außenminister Heinrich von Brentano gebeten, die Bundesrepublik Deutschland auf der UN-Konferenz "Atome für den Frieden" in Genf zu vertreten und die Leitung der deutschen Delegation zu übernehmen.

9. Juli 1955. Dieses sogenannte Russell-Einstein-Manifest wird veröffentlicht und später weithin bekannt. Einige Wochen zuvor hat Bertrand Russell bei Otto Hahn angefragt, ob er bereit sei, ein von ihm, Russell, vorbereitetes Manifest zu unterzeichnen, in dem auf die Auswirkungen von Atomwaffen hingewiesen werden soll.

 12. Juli 1955. Otto Hahn schreibt in seinem Notizbuch:

"Der Russell-Aufruf in den Zeitungen bringt etwa den Inhalt unseres Manifestes. Aber wegen der einseitig linken Tendenz hatte ich Russell abgelehnt zu unterschreiben."

15. Juli 1955. Er ist, der Initiator der Mainauer Kundgebung in der zunächst 18 und ein Jahr später dann 52 Nobelpreisträger auf die Gefahren der Atombombe aufmerksam machen und die Staaten der Welt eindringlich vor der Anwendung von Atomwaffen jeglicher Art warnen. Darin heißt es unter anderem:

"Mit Freuden haben wir unser Leben in den Dienst der Wissenschaft gestellt. Sie ist, so glauben wir, ein Weg zu einem glücklicheren Leben der Menschen. Wir sehen mit Entsetzen, dass eben diese Wissenschaft der Menschheit Mittel in die Hand gibt, sich selbst zu zerstören. Voller kriegerischer Einsatz der heute möglichen Waffen kann die Erde so stark radioaktiv verseuchen, dass ganze Länder und Völker vernichtet würden. Dieser Tod kann die Neutralen ebenso treffen wie die Kriegführenden.

Wenn ein Krieg zwischen den Großmächten entstünde, wer könnte garantieren, dass er sich nicht zu einem solchen tödlichen Kampf entwickelte? So ruft eine Nation, die sich auf einen totalen Krieg einlässt, ihren eigenen Untergang herbei und gefährdet die ganze Welt.

Wir leugnen nicht, dass vielleicht heute der Friede gerade durch die Furcht vor diesen tödlichen Waffen aufrechterhalten wird. Trotzdem halten wir es für eine Selbsttäuschung, wenn Regierungen glauben sollten, sie könnten auf lange Zeit gerade durch die Angst vor diesen Waffen den Krieg vermeiden. In äußerster Gefahr wird keine Nation sich den Gebrauch irgendeiner Waffe versagen, die die wissenschaftliche Technik erzeugen kann.

Alle Nationen müssen zu der Entscheidung kommen, freiwillig auf die Gewalt als letztes Mittel der Politik zu verzichten. Sind sie dazu nicht bereit, so werden sie aufhören zu existieren."

8. August 1955. Die zwölftägige Konferenz "Atoms for Peace" wird in Anwesenheit der Abordnungen aus 73 Nationen unter dem Vorsitz von Homi Jehangir Bhabha eröffnet:

"Die Genfer Konferenz wurde für viele zu einem unvergeßlichen Erlebnis. Hunderte von Teilnehmern wurden sich zum ersten Mal des tieferen Sinnes einer Entdeckung bewusst, die nun 17 Jahre zurücklag und die durch Hiroshima und Nagasaki mit so entsetzlicher Deutlichkeit in das Weltbild unserer Zeit eingedrungen war. […]

Vorträge, deren Inhalt zuweilen sensationell war, lösten sich mit Empfängen und Einzelgesprächen ab. Die Repräsentanten der Atommächte wetteiferten miteinander in der Preisgabe bisher geheimgehaltener Informationen. Aus den gesamten Einsendungen hatten die Vereinten Nationen 450 für den mündlichen Vortrag und die Diskussion auf der Tagung selbst ausgewählt. […]

Es war denkbar bescheiden, was die deutsche Delegation an praktischer Erfahrung zum Sachgebiet der Konferenz in den Händen hielt. Indessen saß mitten unter den Teilnehmern jener Mann, der gerade in bezug auf das Motto der Konferenz – Atoms for Peace – im Jahre 1938 den ersten, den entscheidenden Schritt getan hatte: Otto Hahn. Er war gewiß der allerletzte, dem nach der Uranspaltung auch nur ein Gedanke gekommen wäre, diese neue, noch weithin unübersehbare Kraft kriegerisch zu nutzen. […]

Mit seinem Humor und seiner großen menschlichen Sicherheit gewann Otto Hahn auf der Konferenz schnell an Terrain, was uns übrigen Mitgliedern der deutschen Delegation sehr zugute kam. Wir gingen sogar zu dem offiziellen sowjetischen Empfang, auf dem wir uns ebenfalls im wissenschaftlichen Ruhm Hahns sonnen konnten. Dieser Besuch fand allerdings gegen den Widerstand des Repräsentanten des Auswärtigen Amtes statt, denn die Bundesrepublik unterhielt mit Moskau noch keine diplomatischen Beziehungen."

28. Juni 1956. Während der Hauptversammlung der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) in Stuttgart, hebt Hahn in seiner Rede nochmals alle ihn bewegenden wesentlichen Punkte hervor:

"Diese Achtzehn haben, und zwar jeder für sich, im Bewusstsein ihrer besonderen Verantwortung auf Grund ihrer Sachkenntnis gehandelt. Dass der Aufruf vor allem von Seiten der Ostzone und der westdeutschen politischen Opposition ein so starkes Echo gefunden hat, hatten wir in diesem Umfang nicht erwartet. Dass wir mit einigen westdeutschen Regierungsstellen zunächst in einen gewissen Konflikt kommen mussten, war uns klar. Aber wir konnten es nicht ändern, wenn es wirklich endlich einmal zu einer ernsthaften Diskussion kommen sollte.

Deshalb halten wir unser jetziges Vorgehen für berechtigt und wir stehen zu ihm. Wir glauben, damit der Weltöffentlichkeit einen Dienst erwiesen zu haben. Die zahlreichen persönlichen Zustimmungen, auch aus westlichen Ländern, bestätigen dies. Es sieht jetzt so aus, als ob wirklich allmählich Gedanken über eine Rüstungskontrolle ernsthaft diskutiert werden, und wir waren bei unserem Gespräch mit dem Herrn Bundeskanzler am 17. April tief beeindruckt von seiner Sorge vor dem Wettrüsten in der Welt und seiner Hoffnung auf eine allmähliche Abrüstung.

Es war doch ein unerträglicher Zustand, dass die Schrecken eines heißen Atomkrieges immer wieder an die Wand gemalt wurden. Wenn die eine Seite sich brüstet, dass sie mit Super-Wasserstoffbomben das Polareis zum Schmelzen bringen kann, so dass die Kontinente überflutet werden, dann hätte die andere Seite daran erinnern können, dass sie Todesstaub mit Strontium 90 oder Cobalt 60 über die feindliche Welt rieseln lassen und alles Leben dort für die Dauer unmöglich machen kann.

Statt dieses Aufpeitschens in Furcht werden nun hoffentlich Wege gefunden, eine allmähliche Entspannung einzuleiten, auch auf das Risiko hin, dass die eine Seite ein Opfer bringt, ohne zu wissen, wie sich die andere Seite zunächst dazu stellt. Aber wir müssen zu einer allmählichen Einschränkung des Rüstungswettlaufs kommen!

Die dauernde Fortführung der H-Versuche ist dabei allerdings eine wenig angenehme Begleitmusik. Darum der Wunsch der Physiker nach Einstellung weiterer Versuche, die ja durch Versuche der Gegenseite immer wieder übertrumpft werden. Daher auch unsere Hoffnung, dass kleinere Länder keine Bomben herstellen sollten. Was können diese nützen? Sie können nur die Gefahr vermehren, dass plötzlich einmal eine Bombe explodiert und die weltweite Auseinandersetzung dann einsetzt.

Ich denke, ich gehe mit meinen Kollegen von der Physik einig, wenn ich eine wirklich internationale, nicht von Parteien abhängige Aussprache der führenden Sachverständigen der USA und Europa, aber auch der russischen Physiker für einen sehr nützlichen Beitrag zur Verständigung halte; zunächst wäre dies die Stelle, die die Methoden zur Kontrolle der Rüstungsvorbereitungen ausarbeiten könnte, und solche Methoden bestehen. Damit hoffen wir, oder sind sogar überzeugt, unseren Regierungen im Bemühen um eine allmähliche Abrüstung einen wirklichen Dienst erweisen zu können.

Der Genfer Kongress über die friedliche Verwendung der Atomenergie vor zwei Jahren stand im Zeichen freundschaftlicher Diskussionen zwischen Ost und West. Er hat die Tür zu manchem bis dahin gehüteten Geheimnis geöffnet. Warum nicht ein Kongress derselben Menschen zur friedlichen Verminderung und vielleicht Verhinderung eines Wettrüstens, das die Welt nicht mehr zur Ruhe kommen lässt?

Ich bin kein Politiker, aber ich spreche hier nicht nur im Namen der 18 Atomphysiker, sondern ich bin überzeugt, ich spreche auch im Namen der ungezählten Menschen, die nicht in der Lage sind, dem Druck ihres Gewissens öffentlich Ausdruck zu verleihen."

Otto Hahn beklagt auf der Versammlung, dass die staatlichen Zuschüsse für die Max-Planck-Gesellschaft immer wieder hinter den Erwartungen zurückblieben. In seinem Manuskript, das der Presse vorab übermittelt wird, und die Hahns Ansprache in Auszügen veröffentlicht, finden sich die beschwörenden Worte:

"Ich habe den Eindruck, daß unsere Herren Kultusminister sich noch mehr gegenüber den Herren Finanzministern durchsetzen müßten. Wir geben in den nächsten Jahren Milliarden für die Rüstung aus. Sollte es nicht möglich sein, wenigstens einige hundert Millionen für Forschung, Wissenschaft und Schulen aufzubringen?"

Bundespräsident Theodor Heuss hat zuvor in seiner Ansprache hervorgehoben:

"Wir sind alle froh und dankbar, daß es ihn gibt, so, wie er ist, so, wie er waltet. […] Und deshalb scheue ich mich nicht, indem ich ihm danke und huldige, auch ein recht altmodisches Wort zu gebrauchen, das im Vokabular der öffentlichen und der wissenschaftlichen Diskussion in der Gefahr des Frierens steht: Er ist ein reiner Mensch, und das ist, scheint mir, für die Öffentlichkeit, ist für die Wissenschaft, ist für die Wissenschaftspolitik, nichts Geringes."

Mitte Juli 1956. Anlässlich des Staatsbesuchs des indischen Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru wird Hahn von Heuss und Bundeskanzler Konrad Adenauer nach Bonn eingeladen. In seinem Notizbuch vermerkt Hahn:

13. Juli 1956. "Ab nach Bonn. Abends 21.30 große Frackeinladung Adenauer für Nehru. Alle Diplomaten und Frauen, von Conant bis Sorin. Ich lerne Nehru kennen: ernster Mann, kein Pathos. Sehr schöne Tochter Indira Gandhi."

14. Juli 1956. "13 Uhr: Mittagessen bei Heuss, kleinerer Kreis. Als Diplomaten nur die vom Commonwealth. Schöne Rede von Heuss, schöne und ernste Rede von Nehru auf Englisch, die gleich vorzüglich übersetzt wird. Ich übersiedle auf den Petersberg. Dort noch Vortrag von Nehru in geschl. Gesellschaft für Auswärtige Politik: sehr eindrucksvoll. Wahrscheinlich nichts für die deutschen Scharfmacher."

1957. Otto Hahn wird die Ehrenbürgerschaft der Stadt Magdeburg in der DDR angetragen. Diese lehnt er jedoch ab.

Ab 1957. Otto Hahn wird von internationalen Organisationen mehrfach für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen (u. a. von der größten französischen Gewerkschaft CGT, der Confédération générale du travail). Der Friedensnobelpreisträger von 1962 Linus Pauling, bezeichnet einmal Otto Hahn als "eines meiner Vorbilder":

"Ich habe Otto Hahn seit meiner frühen Jugend bewundert, den Forscher und den Menschen. Hahns Grund für seine Friedensarbeit war ganz einfach der, dass er mehr über die Atomwaffen wusste als andere Staatsbürger und es daher als seine Pflicht empfand, in dieser für die Menschheit so entscheidenden Frage zu sprechen. Er konnte aufklären, er musste sein Wissen einsetzen. Sein Wissen wofür? Für einen uralten Wunsch der Menschen. Et in terra pax – und Friede auf Erden. So lesen wir es im Neuen Testament. So hören wir es an einer Stelle von Beethovens Missa Solemnis, in erschütternden Tönen. So wurde, nach dem Ersten Weltkrieg, der Völkerbund geschaffen, den schon Immanuel Kant gefordert hatte, der größte aller Philosophen, in seinem Buch Zum ewigen Frieden (1795). So wurden, nach dem Zweiten Weltkrieg, die Vereinten Nationen gegründet, mit der großen Hoffnung, den Weltfrieden zu erschaffen. Und so schrieb Otto Hahn, eingedenk der Atomwaffen, bis kurz vor seinem Tod, von der Notwendigkeit eines Weltfriedens."

12. April 1957. Otto Hahn gehört zu den Verfassern der "Göttinger Erklärung". In dieser spricht er sich mit 17 führenden westdeutschen Atomwissenschaftlern gegen die atomare Aufrüstung der deutschen Bundeswehr aus:

"Die Pläne der atomaren Bewaffnung der Bundeswehr erfüllen die unterzeichnenden Atomforscher mit tiefer Sorge... Die Unterzeichner fühlen sich daher verpflichtet, öffentlich auf einige Tatsachen hinzuweisen, die alle Fachleute wissen, die aber der Öffentlichkeit noch nicht hinreichend bekannt zu sein scheinen... Jede einzelne taktische Atombombe ...hat eine ähnliche Wirkung, wie die erste Atombombe, die Hiroshima zerstört hat...Heute kann eine taktische Atombombe eine kleinere Stadt zerstören, eine Wasserstoffbombe aber einen Landstrich von der Größe des Ruhrgebiets zeitweilig unbewohnbar machen. Durch Verbreitung der Radioaktivität könnte man mit Wasserstoffbomben die Bevölkerung der Bundesrepublik wahrscheinlich heute schon ausrotten ... Gleichzeitig betonen wir, dass es äußerst wichtig ist, die friedliche Verwendung der Atomenergie mit allen Mitteln zu fördern, und wir wollen an dieser Aufgabe wie bisher mitwirken."

Unter den 18 Unterzeichnern die auf Anraten des Religionsphilosophen Martin Buber eine Selbstverpflichtung abgaben, in der sie versicherten dass keiner der Unterzeichner "sich an der Herstellung, Erprobung oder Einsatz von Atomwaffen in irgendeiner Weise beteiligen werde" sind neben Otto Hahn auch Werner Heisenberg, Karl Wirtz, Otto Hahn und Carl-Friedrich von Weizsäcker die an der Göttinger Georg-August-Universität lehren und forschen. Carl-Friedrich von Weizsäcker hatte bei einem gemeinsamen Frühstück mit seinem Kollegen Walter Gerlach (Experimentalphysiker) in der Morgenzeitung eine Äußerung des Bundeskanzlers gelesen. Daraufhin telefonierte er die Prominenz der deutschen Atomphysik zusammen und verfasste einen Entwurf für das Manifest.

Neben der pazifistischen Einstellung einiger der 18 Wissenschaftlern  spielte möglicherweise auch ein interessenpolitisches Vorgehen eine Rolle. Die hervorgehobene Beschränkung auf ausschließlich zivil genutzte Atomenergie bot den Wissenschaftlern in Deutschland die einzige Möglichkeit wieder in größerem Rahmen Atomforschung zu betreiben.

Franz Josef Strauß (Bundeskriegsminister), der die atomare Bewaffnung energisch vorantreibt, äußert sich daraufhin vor Journalisten abfällig und beleidigend über Hahn ("Ein alter Trottel, der die Tränen nicht halten und nachts nicht schlafen kann, wenn er an Hiroshima denkt!"). Bundeskanzler Konrad Adenauer entschärft die Situation einige Tage später bei einer Aussprache mit Otto Hahn und vier führenden Wissenschaftlern der Göttinger Achtzehn im Kanzleramt.

Die Göttinger Erklärung findet in der öffentlichen Meinung, nicht nur in Deutschland, ein unerwartetes Echo, vor allem aber bei den Gewerkschaften und an Universitäten, wo sich eine starke studentische Opposition daran anlehnt.

Die Göttinger Erklärung und alle von ihr angeregten und beeinflussten Kampagnen sind fast erfolgreich, denn die deutsche Bundeswehr verbleibt bis zum heutigen Tage von den US-amerikanischen Atomwaffen abgesehen atomwaffenfrei, und es ist wohl kaum anzunehmen, dass sich an diesem Zustand etwas ändern dürfte.

Anfang Juni 1957. Die Londoner Wochenzeitung Observer kommt zu folgender Einschätzung:

"Otto Hahn ist eine Gestalt der Weltgeschichte. Er ist auch eine Schlüsselfigur der gegenwärtigen deutschen Politik. Aber er besitzt keines der Attribute der traditionellen Helden aus den Geschichtsbüchern. […] Diese undefinierbare persönliche Vornehmheit, zusammen mit seinem hohen Alter, seinem großen Ruhm und der Würde seiner Stellung verleihen Otto Hahn ein fast einzigartiges Prestige in Deutschland und verliehen im Fühjahr der Göttinger Erklärung ihre gewaltige Wirkung auf die deutsche Öffentlichkeit. In den Augen der Deutschen wog die Unterschrift von Otto Hahn wahrscheinlich schwerer als die der übrigen 17 Wissenschaftler zusammen, und zwar nicht nur, weil er der große alte Mann der deutschen Wissenschaft ist, sondern weil seine Entscheidung lebendiger als jede andere einen Akt des Gewissens verkörperte."

13. November 1957/28. Dezember 1957. Otto Hahns hält den "Wiener Appell gegen die A- und H-Bomben-Experimente" und einen Aufruf über den bulgarischen Rundfunk in Sofia für eine "dringende internationale Entspannungspolitik und allgemeine atomare Abrüstung". Beide Appelle schliesst Hahn mit den beschwörenden Worten:

"Möge die Erkenntnis wachsen, dass bei der heute bestehenden Möglichkeit der Zerstörung alles irdischen Lebens ein großer Krieg nicht mehr die ‚Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln‘ ist."

Unter Hahns Zuhörern in Wien befindet sich auch der Schriftsteller Reinhold Schneider, der darüber in seinen Tagebuchaufzeichnungen Winter in Wien berichtet:

"Seine Bestimmung, seine Persönlichkeit beschäftigen mich immerfort, wie mir ja die Forscher als Regenten der Zeit mehr als die Künstler zu sagen haben vom Menschlichen, vom Schicksal des Geistes, von Geschichte. […] Otto Hahns Vortrag im besetzten Konzerthaus ist der Versuch einer Rechenschaft: Ein Mann, dessen Bestimmung Fragen und Finden ist, gelangte vor Sein und Nichtsein der Welt; die Forschung war nicht darauf vorbereitet, die Verantwortung für Geschichte, ihren Übergang in Geschichte anzunehmen. Forschung kann sich vielleicht in persönlich-ethischem Sinne festigen; ihr geschichtlicher Ort ist eine überraschende Entdeckung und noch kaum erforscht. Auch das Genie arbeitet heute im Steinbruch der Macht.

Der kühne Versuch eines ringenden Gewissens sittliche Freiheit zu dokumentieren, ist achtungsgebietend, ergreifend. Die Zuhörer spüren, dass es sich nicht um einen Vortrag handelt, sondern um ein Ereignis. Während sie danken, packt der Redner, über einen Stuhl gebeugt, die Tafeln, die ihm zum Vortrag dienten, sorgfältig in seine Mappe. Macht und Unmacht des Geistes, Macht und Unmacht des Gewissens, und also: Persönlichkeit."

6. Dezember 1957. Die DDR-Tageszeitung Neues Deutschland bringt die folgende Meldung:

"In einem Interview mit der Kopenhagener Zeitung Politiken äußerte der deutsche Atomphysiker Prof. Hahn die Hoffnung, dass es den 18 Göttingern gelingen werde, jetzt eine breite internationale Bewegung von Wissenschaftlern zum Kampf gegen das Atomwettrüsten ins Leben zu rufen. Prof. Hahn warnte mit Nachdruck vor den Plänen der USA, in allen westeuropäischen NATO-Ländern Atomraketenstützpunkte zu errichten und die Armeen dieser Länder mit Atomwaffen auszurüsten. Ein ‚kleiner Hitler‘ könnte damit die Möglichkeit bekommen, ganz Europa ins Verderben zu stürzen."

1958. Die SPD, die den Standpunkt der Göttinger 18 auch im Bundestag vertritt gründet das Komitee Kampf dem Atomtod, das ebenfalls vom Deutschen Gewerkschaftsbund unterstützt wird.
Im selben Jahr wird Hahn für „herausragende Verdienste um die Verbreitung des Völkerrechts“ die „Hugo-Grotius-Medaille mit dem Ölzweig“ der Internationalen Grotius-Stiftung in Den Haag verliehen.

1958. Ihm wird die Ehrenmitgliedschaft der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften in Moskau angetragen. Diese lehnt er jedoch ab.

Januar 1958. Otto Hahn unterzeichnet gemeinsam mit Albert Schweitzer den „Pauling-Appell an die Vereinten Nationen“ in New York zum „sofortigen Abschluß eines internationalen Abkommens zur weltweiten Einstellung der Kernwaffenversuche“.

März 1958. Otto Hahn erhält die Einladung der belgischen Regierung, auf der ersten Weltausstellung nach dem Zweiten Weltkrieg, der Expo 58 in Brüssel, einen Vortrag über Atomenergie zu halten. Er sagt zu. – Zuvor hat er ein "Gespräch mit Hübinger, Innenministerium, über den Vortrag in Brüssel. Ich verspreche, nicht politisch zu werden, also nicht über unsere Ablehnung von Atomwaffen zu sprechen, nur über die friedliche internationale Zusammenarbeit."

Das Motto der Brüsseler Expo lautet "Fortschritt der Menschheit durch Fortschritt der Technik", dazu passend werden die neuen Zukunftstechnologien Atomkraft und Raumfahrt erstmals einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt.

18. Juni 1958. Otto Hahn hält vor großem Auditorium seine sogenannte "Atomium-Rede" (Originaltitel: Atomium – Symbol internationaler Zusammenarbeit in der Wissenschaft). Darin führt er unter anderem aus:

"Die große Ausstellung, auf der auch wir Deutsche zu Gast sind, zeigt uns als Haupt-Attraktion das ‚Atomium‘. Das Wunderwerk ist das vielmilliardenfach vergrößerte Bild eines einzelnen Atoms. Die Anlage ist sozusagen das Symbol für das moderne, ins Gewaltige gewachsene Gebiet der Atomforschung. Die frühe geschichtliche Entwicklung war meist an einzelne Namen gebunden. Man könnte fast sagen, aus der Literatur kannte jeder jeden. Mit der Kettenreaktion, dem Uran-Pile, dem Kernreaktor, wurde dies anders. In den USA sind seit 1939 etwa 40.000 Arbeiten durchgeführt worden, die als offizielle Arbeiten der AEC gelten. Die entsprechende Zahl für Großbritannien beläuft sich auf 11.000 bis 12.000. Die Zahl der jährlich auf der ganzen Welt erscheinenden Arbeiten über naturwissenschaftliche und technologische Fragen der Atomkernenergie wird man heute mit etwa 20.000 angeben können. Aber die Ausmaße der Anlagen werden immer größer, die finanzielle Belastung für die einzelne Arbeitsgruppe, ja für ein ganzes Land wird zu groß, und so erleben wir jetzt in der Atomwissenschaft allmählich den Übergang vom einzelnen Land zu der Ländergemeinschaft. Die Geheimhaltung weicht der Aussprache, das Misstrauen dem Vertrauen. […]

Ich glaube, wir können das, was wir auf dieser Ausstellung über das Atom erfahren und sehen, als einen Triumph wahrer internationaler Forschung in uns aufnehmen und uns daran erfreuen, denn die Wissenschaft ist international, sie soll es wenigstens sein, sie soll dem Frieden und dem Fortschritt der ganzen Menschheit dienen."

Für seine sachlich-neutralen, unpolitischen Worte erhält Hahn allgemeine Zustimmung, unter anderem auch von König Baudouin, der ihm zu Ehren einen Empfang und ein Abendessen gab, bei dem Hahn in einer kurzen Ansprache dann doch politisch wird und seiner Hoffnung Ausdruck verleiht, die "internationale Atomforschung möge sich ausschließlich auf friedfertige Anwendungen beschränken und auf jegliche Mitarbeit an militärischen Entwicklungen verzichten."

Oktober 1958. Otto Hahn unterzeichnet zusammen mit Clement Attlee, Edgar Faure, Tetsu Katayama u. a. das „Abkommen, eine Versammlung zur Ausarbeitung einer Weltverfassung“ einzuberufen.

1959. Er wird, bevor Theodor Heuss seine zehnjährige Amtszeit beendet, von mehreren Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, denen sich auch die Freie Demokratische Partei (FDP) anschliesst, als Nachfolger von Heuss für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen. Aber er lehnt aus Altersgründen ab – mit den berühmten ironischen Worten: "Das käme sowieso nie in Frage. Zwei Achtziger in Bonn? Einer reicht schon voll und janz …" (Bundeskanzler Adenauer ist bereits 83.)
In diesem Jahr erhält Otto Hahn von Bundespräsident Theodor Heuss auch das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Februar 1959. Auch zu der Tagung des Japan Council sendet Hahn eine entsprechende Botschaft, die er für die Tagung im September 1960 in Tokyo nochmals präzisiert und die auf der Hauptversammlung vom Vorsitzenden in seiner Eröffnungsrede verlesen wird. Anschließend werden Hahns Worte in mehreren japanischen Tageszeitungen veröffentlicht:

"Wie ich oftmals bei offiziellen Anlässen und in meinen Vorträgen hervorgehoben habe, halte ich die Herstellung von A- und H-Bomben für eine große Gefahr für die Menschheit, insbesondere, wenn kleinere Staaten, einer nach dem anderen, diese ebenfalls herstellen wollen. Es wäre sehr zu begrüssen, wenn die USA und Grossbritannien auf der einen Seite, und die Sowjetunion auf der anderen, durch den Besitz dieser Waffen sich gegenseitig neutralisieren würden. Wir müssen durch Verhandlungen ein Abkommen mit diesen Atomwaffen produzierenden Nationen erreichen, aber auch nach diesem Vertrag bin ich ein entschiedener Gegner der immer weiter anwachsenden Zahl von Atombomben und unterstütze alles, was zu ihrer Beseitigung beiträgt. Ich wünsche dem Japan Council auf ganzer Linie einen vollen Erfolg."

März 1959. In Berlin wird  – in Anwesenheit beider Namensgeber – das „Hahn-Meitner-Institut für Atomforschung“ (HMI) offiziell vom Regierenden Bürgermeister Willy Brandt eingeweiht.

8. März 1959. Anlässlich seines 80. Geburtstageswird Otto Hahn zum Ehrenbürger von Frankfurt am Main und seiner langjährigen Wirkungsstätte Göttingen ernannt. Die erstere von beiden Urkunden fasst zusammen:

"Die Vaterstadt Frankfurt ehrt damit einen Gelehrten von internationalem Ruf, der durch bahnbrechende Entdeckungen auf dem Gebiet der Atomforschung, der Radioaktivität und der Radiochemie überragendes Ansehen in der Welt genießt. Sie würdigt zugleich ihre Verbundenheit mit einer Persönlichkeit von ungewöhnlicher Begabung und Schaffenskraft, deren wissenschaftliche und administrative Arbeit dem Fortschritt und dem Wohl der ganzen Menschheit dient."

Lise Meitner die extra von Stockholm nach Göttingen gereist ist um ihrem Freund Otto Hahn persönlich und öffentlich zu gratulieren sagt:

"Dein 80. Geburtstag wird Dir Beweise aus der ganzen Welt dafür bringen, dass Du als Mensch und Wissenschaftler die Liebe, Verehrung und Dankbarkeit von mindestens zwei Generationen der Menschen erworben hast und ein sehr schwer erreichbares Vorbild der jüngsten Generation bist. Mögest Du das noch lange in Gesundheit und Freude geniessen. – In alter Freundschaft, Deine Lise."

In einem ARD-Fernsehinterview sagt Meitner:

Es gelang mit einer ungewöhnlich guten Chemie von Otto Hahn und Fritz Strassmann, mit einer phantastisch guten Chemie, die zu dieser Zeit wirklich niemand anderer gekonnt hat. Später haben's die Amerikaner gelernt. Aber damals waren wirklich Hahn und Strassmann die einzigen, die das überhaupt machen konnten, weil sie so gute Chemiker waren. Sie haben wirklich mit der Chemie einen physikalischen Prozeß sozusagen nachgewiesen.

Fritz Straßmann erwidert in demselben Interview präzisierend:

Frau Professor Meitner hat vorhin erklärt, dass der Erfolg auf die Chemie zurückzuführen ist. Ich muss sie etwas korrigieren. Denn die Chemie hat lediglich zustande gebracht eine Isolierung der einzelnen Substanzen, aber nicht eine genaue Identifizierung. Um das durchzuführen, war die Methode von Herrn Professor Hahn notwendig. Das ist also sein Verdienst.

November 1959. Otto Hahn besucht mit einer Delegation der Max-Planck-Gesellschaft, der der Biochemiker Feodor Lynen, der Atomphysiker Wolfgang Gentner und Hahns Sohn Hanno als Vertreter der Geisteswissenschaften angehören, in offizieller Mission erstmals Israel, vornehmlich das Weizmann Institute of Science, um die ersten wissenschaftlichen Kontakte zu israelischen Kollegen zu knüpfen – u. a. mit Abba Eban, dem damaligen Präsidenten des Instituts und späteren Außenminister, als auch mit den Professoren Yigael Yadin, Giulio Racah und Yehuda Hirshberg von der Hebrew University in Jerusalem. Auch Vera Weizmann, die Witwe des Staatsgründers und ersten israelischen Präsidenten Chaim Weizmann, gibt in Rehovot ein Essen und einen Empfang zu Ehren Otto Hahns, auf dem dieser eine weithin beachtete Ansprache hält. Das Auftreten Otto Hahns und seiner Delegation, sechs Jahre vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen, markiert einen Wendepunkt im Verhältnis zwischen Israel und Deutschland und kann wesentlich zur Überwindung der durch den Holocaust und die Nazi-Verbrechen verursachten tiefen Gräben zwischen beiden Staaten beitragen. Ab 1989 wird diese Reise in mehreren Gedenkveranstaltungen in Israel und Deutschland als historisches Ereignis gewürdigt – jeweils in Anwesenheit des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und des Präsidenten des Weizmann-Instituts Haim Harari.

Ab 1960. Otto Hahn ist Ehrenpräsident der Max-Planck-Gesellschaft.

1961. Papst Johannes XXIII. überreicht ihm in Rom die Goldmedaille der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften.

1962. Lise Meitner bekommt die Dorothea-Schlözer-Medaille der Georg-August-Universität Göttingen. die Ehrung hat Otto Hahn sie vorgeschlagen.

5. August 1963. Nach Inkrafttreten des in Moskau beschlossenen Atomversuchstopps, des sogenannten 'Moskauer Vertrages' zwischen der Sowjetunion, den USA und Großbritannien, begrüßt Otto Hahn in einem Brief an den ADN das Abkommen und plädiert für den baldigen Beitritt der Bundesrepublik Deutschland:

In einem Interview mit CTK, Prag, ergänzt er:

"Ich betrachte jedes Gespräch, das zu einer wirklichen Entspannung zwischen Ost und West führen kann, als wünschenswert. Deshalb begrüße ich wärmstens die Einstellung der Kernwaffenversuche in der Atmosphäre, im Kosmos und unter Wasser. Es ist bewiesen, dass die ständig wachsende Zahl solcher Tests auch die Radioaktivität der Luft und des Wassers anwachsen lassen. Ebenso bekannt ist die Tatsache, dass davon ein ungünstiger Einfluss auf die menschliche Gesundheit ausgeht, der sogar zu ernsten erblichen Schäden führen kann. Ich betrachte jeden Schritt zur Verhütung dessen als etwas Gutes."

19. August 1963. Bereits zwei Wochen später, tritt die Bundesrepublik Deutschland dem Moskauer Vertrag bei und setzt somit umgehend Hahns Empfehlung in die Tat um.

1964. Das bisher einzige europäische Schiff mit Atomantrieb, der Atomfrachter NS Otto Hahn, wird nach ihm benannt.

1965. Otto Hahn lehnt die Einladung der südafrikanischen Regierung Verwoerd ab, das erste Atomforschungszentrum des Landes und den ersten Atomreaktor des afrikanischen Kontinents (SAFARI 1) in Pelindaba nahe der Hauptstadt Pretoria einzuweihen. Er begründet diese Entscheidung mit dem Hinweis, es sei für ihn "unmöglich das rassistische Apartheids-Regime und die Diskriminierung und Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung in irgendeiner Weise zu unterstützen". Als Miriam Makeba, die 2001 für ihren Kampf gegen die Apartheid und für ihre Verdienste um die Menschenrechte in Südafrika mit der Otto-Hahn-Friedensmedaille ausgezeichnet wird, davon erfährt, reagiert sie spontan mit emotionaler Anerkennung: "Oh, I would have loved him! A great man! He was really my brother!"

1966. US-Präsident Lyndon B. Johnson und die United States Atomic Energy Commission (AEC) verleihen ihm in Washington, D.C. den Enrico-Fermi-Preis, zusammen mit Lise Meitner und Fritz Straßmann. Sie sind die ersten Ausländer, die mit dem Fermi-Preis ausgezeichnet werden.

Der Dramatiker Carl Zuckmayer, der sich seit 1958 in Saas Fee niedergelassen hat, schreibtin diesem Jahr an Hahn:

"Wie schön, dass Sie in Saas Fee die gleichen Touren gemacht haben wie ich. Das Allalinhorn gleich zweimal, beidesmal von der Britanniahütte aus, da das, mit der Wanddurchkletterung und dem Grat, die viel interessantere Aufstiegsroute ist. Ich weiß nichts Schöneres in der Welt als dieses morgendliche Aufbrechen um zwei oder drei Uhr früh von der Hütte, und die Lichter der ersten Dämmerung und des Sonnenaufgangs zwischen 3000 und 4000 Metern. Jetzt sehe ich diese Frühlichter oft aus einiger Entfernung, aber auch das ist herrlich."

1966. Glenn T. Seaborg, der Mitentdecker zahlreicher Transuran-Elemente und Präsident der United States Atomic Energy Commission (AEC), schreibt im Vorwort der US-amerikanischen Ausgabe von Hahns wissenschaftlicher Autobiographie:

"Mitte der 30er Jahre, sowie in Verbindung mit unserer Arbeit mit Plutonium einige Jahre später, benutzte ich sein Buch ‚Applied Radiochemistry‘ als meine Bibel. […] Ich denke, es ist gerecht, Otto Hahn als den Vater der Radiochemie und der daraus entstandenen modernen Kernchemie zu bezeichnen."

Juli 1966. Otto Hahn besucht auf Einladung der dortigen Stadtverwaltung die tschechische Stadt Jáchymov, das frühere St. Joachimsthal, um an der Enthüllung eines Denkmals zu Ehren des Ehepaares Marie und Pierre Curie teilzunehmen und eine Ansprache zu halten. Es wird seine letzte Auslandsreise. In Jáchymov trifft er auch mit Frantisek Behounek, einem Schüler von Marie Curie, zusammen, der seinerzeit Experimente mit Hahns Mesothorium I (Radium 228) unternommen hat.

"Otto Hahn war am 10. Juli mit einiger Skepsis aus Göttingen abgereist, denn er fühlte sich als Angehöriger einer Nation, die dem tschechoslowakischen Volk während der Nazizeit schweres Leid zugefügt hatte. Die Regierung seines Landes lehnte es zudem damals noch ab, mit der CSSR diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Um so erfreuter war Hahn über den außerordentlich gastfreundlichen Empfang. ‚Ich habe mich noch nicht von der Überraschung erholt über die freundschaftliche Aufnahme, der ich überall begegnet bin‘, äußerte er sich gegenüber der Zeitung Lidová Demokracie. ‚Meiner Meinung nach sind persönliche Begegnungen dieser Art der beste Weg zur Beseitigung aller Missverständnisse und zur Schaffung von guten Beziehungen, die mit Sicherheit zu einem dauerhaften Frieden führen.‘

Als Gast der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften folgte Otto Hahn zum Abschluss seiner Reise einer Einladung nach Prag. In einer Ansprache über den tschechoslowakischen Rundfunk nahm Hahn auch Stellung zu den Beziehungen der beiden Länder zueinander. Einem zeitgenössischen Bericht zufolge bewies Hahn ‚ein erstaunliches Gespür für reale und ideale Werte, die Völker miteinander verbinden können‘. Otto Hahn habe Worte gefunden, die manchem Politiker gut zu Gesicht stehen würden."

Bei einem Essen wird Hahn von Oberbürgermeister Ludvík Cerný der "Ehrenschlüssel der Stadt Prag" überreicht, zum Dank und als Anerkennung seiner unermüdlichen internationalen Friedensarbeit.

Walther Ottendorff-Simrock, der Urenkel des Dichters und Philologen Karl Simrock, lernt Hahn in Jáchymov kennen und begleitet ihn anschließend nach Prag. In seinem Buch Begegnungen erinnert er sich:

"Otto Hahn fehlte jeder Hang zur fachlichen Einseitigkeit und menschlichen Enge, die man seinem hohen Alter ohne weiteres zubilligen würde. Er überrascht immer wieder durch Weltoffenheit und vielseitige Kenntnisse auch auf dem Gebiet der schönen Literatur. Immer wird in mir nachklingen eine abendliche Viertelstunde im Schatten des Wallensteinpalais. Es begann zu dämmern, die Gaslaternen flammten auf. Keiner von uns konnte sich dem Zauber der ‚Goldenen Stadt‘ mit ihrem von Historie getränkten Boden entziehen. Otto Hahn, der auf so vielen Instrumenten zu spielen weiß, ist von dieser Stimmung eingefangen. Spontan beginnt er aus 'Wallenstein' zu rezitieren, nicht nur Bruchstücke aus Schillers Dichtung, sondern zu unserem Erstaunen den gesamten Monolog. ‚Herr Professor, wie ist so etwas möglich? Wie können Sie sich heute noch so präzise auf Ihr Gedächtnis verlassen?‘ Unsere überraschten Fragen dringen auf ihn ein. Und mit einem leichten Lächeln erwidert er wie selbstverständlich: ‚Was ich einmal in der Schule gelernt habe, das habe ich alles behalten.‘ – Vielleicht hätte man ihm mit Schiller antworten sollen: ‚Mit dem Genius steht die Natur im ewigen Bunde.‘"

März 1968. Der belgische Friedensnobelpreisträger Dominique Pire fragt bei Hahn an, ob er bereit wäre, das Protektorat für den bei der Weltausstellung 1970 in Osaka geplanten Pavillon de la Paix zu übernehmen. Hahn hat zunächst Bedenken wegen seines hohen Alters, aber da er Père Pire außerordentlich schätzt, und dieser ihm zusichert, ihm würden keinerlei administrative Verpflichtungen entstehen, sagt er schließlich zu. Seinen Brief an Pire vom 18. März 1968 – dem letzten offiziellen Schreiben – beendet Hahn mit den Worten:

"Es sollte mich sehr freuen, wenn Ihre Bestrebungen dazu beitragen würden, endlich alle Völker bzw. deren Herrscher von der Notwendigkeit eines Weltfriedens zu überzeugen, so dass in nicht zu ferner Zeit jegliche Kriegsgefahr gebannt sein wird."

21. März 1968. Hahn wird infolge einer Verletzung der Halswirbelsäule, die er sich durch einen Sturz beim Aussteigen aus seinem Dienstwagen zugezogen hat, in die Göttinger Klinik "Neu Mariahilf" verlegt.

17. Juni 1968. Am "Tag der Deutschen Einheit", ernennen Senat und Abgeordnetenhaus Otto Hahn zum Ehrenbürger des Landes und der Stadt Berlin. Senator Werner Stein erklärt zur Begründung:

"Sein Name ist viel zu groß, um nur einer Stadt, ja einer Nation allein zu gehören. Wir wussten das, als wir ihm am Ende seines Lebens einen Titel antrugen, der unsere Hochachtung und Dankbarkeit nur unvollkommen ausdrücken kann. Es ist eine Ehre für Berlin, seinen Namen auf diese Weise besonders fest mit der Geschichte der Stadt verbinden zu dürfen. Berlin verneigt sich vor Leben und Werk Otto Hahns. Auch diese Stadt ist ihm tief verpflichtet."

28. Juli 1968. Otto Hahn stirbt nach einem viermonatigen Klinikaufenthalt in Göttingen an akutem Herzversagen. Sein Tod ist von weltweiter Würdigung und Anteilnahme begleitet. Die Städte Frankfurt am Main und Göttingen, sowie die Bundesländer Niedersachsen und Berlin flaggten drei Tage halbmast an allen öffentlichen Gebäuden.

Bundespräsident Heinrich Lübke scheibt in seiner Kondolenz an Hahns Witwe Edith Hahn:

"In tiefer Trauer gedenke ich Ihres verstorbenen Gatten, der mir wie ein Freund nahestand. Ein reich begnadetes und gesegnetes Leben ist vollendet. Unser deutsches Volk und die Menschheit nehmen Abschied von einem Mann, der durch die Kraft des Geistes, durch hohes Verantwortungsbewusstsein, Güte des Herzens und ungewöhnliche Leistungen zum Vorbild für die schöpferische Aufgabe der Wissenschaftler unserer Zeit geworden ist. Der Verstorbene ist durch sein Leben und Werk ein leuchtendes Beispiel jenes Geistes und jener Gesinnung, die dem deutschen Namen in der Welt Ehre macht."

Die Chemie-Professoren Hans Joachim Born (München) und Fritz Straßmann (Mainz) bestätigen nach Otto Hahns Tod nochmals übereinstimmend:

"Dass ihm als Chemiker die Entdeckung der Spaltung schwerer Atomkerne gelang, war die Erfüllung eines arbeitsamen Lebens und die Krönung unermüdlicher Forschertätigkeit."

29. Juli 1968. Die Max-Planck-Gesellschaft veröffentlicht in allen großen Zeitungen eine Todesanzeige:

"Unser Ehrenpräsident Otto Hahn ist in seinem 90. Lebensjahr am 28. Juli entschlafen. Als Begründer des Atomzeitalters wird er in die Geschichte der Menschheit eingehen. Deutschland verliert mit ihm einen Gelehrten, der sich durch aufrechte Haltung und innere Bescheidenheit in gleicher Weise auszeichnete. Die Max-Planck-Gesellschaft trauert um ihren Gründer, der die Aufgaben und die Tradition der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft nach dem Kriege fortführte, und um einen gütigen und geliebten Menschen, der allen unvergessen bleibt, die ihm begegnen durften. Sein Werk wird fortbestehen. Wir gedenken seiner in großer Dankbarkeit und Verehrung."

1. August 1968. In der Göttinger Universitätskirche St. Nicolai findet die Trauerfeier statt, an der rund 600 Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur teilnehmen, darunter der Bundespräsident, der Bundesratspräsident, der niedersächsische Ministerpräsident und mehrere Bundesminister als Vertreter der Bundesregierung der großen Koalition unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und Außenminister Willy Brandt, die Bürgermeister von Frankfurt am Main, Göttingen und Berlin, die Präsidenten zahlreicher Akademien und Universitäten, die Botschafter von Belgien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Schweden und den USA, zwei Gesandte der israelischen Regierung und des Weizmann-Instituts, sowie der Apostolische Nuntius Erzbischof Corrado Bafile als Vertreter von Papst Paul VI., ferner Max Born, Manfred Eigen, Walther Gerlach, Werner Heisenberg, Fritz Strassmann, Carl Friedrich von Weizsäcker und zahlreiche mit Hahn befreundete Wissenschaftler, Bankiers und Industrielle, unter ihnen Hermann Josef Abs, Clemens Plassmann und Karl Winnacker. Das Zweite Deutsche Fernsehen überträgt die Feier ungekürzt in seinem Abendprogramm.

Landesbischof Hanns Lilje hält die Trauerpredigt und MPG-Präsident Adolf Butenandt würdigt Hahn in seiner Gedenkrede als "Großen im Geiste", "Genius der Wissenschaft" und "Unsterblichen der Menschheit".

Walther Gerlach, Otto Hahns Freund, erinnert sich: "Am 1. August geleiteten ihn Freunde und Wissenschaftler aus aller Welt, der Bundespräsident, der Landesbischof und die ganze Bevölkerung Göttingens zum Ehrengrab auf dem Göttinger Friedhof neben Max Planck und Max von Laue. Der einfache Grabstein trägt nur seinen Namen und die Formel der Uranspaltung."

In einem Nachruf in der Süddeutschen Zeitung schreibt Werner Heisenberg:

"Seine berühmteste Entdeckung hat in ihren Folgen das politische und wirtschaftliche Bild der Welt von Grund auf umgestaltet. Vielleicht war diese Entdeckung in ihren Auswirkungen umstrittener als irgendein anderer wissenschaftlicher Fortschritt vorher. Aber es hat, wenn man an die Persönlichkeit Otto Hahns denkt, auch kaum je einen Forscher gegeben, der so wenig umstritten, so allgemein geachtet und geliebt gewesen wäre, wie er. Vielleicht war die tiefste Wurzel für seinen überragenden menschlichen und wissenschaftlichen Erfolg der Umstand, dass er allen Schwierigkeiten zum Trotz ohne Vorbehalt zum Leben ‚ja‘ sagte, und dass er dieses fröhliche Ja auch auf seine Mitarbeiter und Freunde übertragen konnte.

Die große Entdeckung Otto Hahns wird auch in viel späteren Zeiten noch als der Beginn einer völlig neuen Epoche der Weltgeschichte erscheinen, in der Naturwissenschaft und Technik, und das hinter ihnen stehende rationale Denken das Leben der Menschen in einem bisher ungekannten Ausmaß beherrschen – eine Epoche, von der wir einstweilen nur mit Bangen hoffen können, dass sie glücklicher sein werde als die schwierige Vergangenheit, in der doch Otto Hahn mit Freude gewirkt hat."

Sein Grab befindet sich am sogenannten Nobelpreisträger-Rondell auf dem Stadtfriedhof Göttingen, auf dem auch Max Born, Walther Nernst, Max von Laue, Max Planck, Otto Wallach, Adolf Windaus und Richard Zsigmondy bestattet sind.

14. August 1968. Seine Witwe Edith verstirbt kurz nach ihm und wird in seinem Grab bestattet.

August 1968. Zwei Wochen nach Hahns Tod veröffentlicht der Münchner Bruckmann Verlag seine Erinnerungen unter dem Titel "Mein Leben", die in zahlreichen Rezensionen überaus positiv beurteilt werden, in nur wenigen Monaten fünf Auflagen erreichen, und zwei Jahre später auch in England, den britischen Commonwealth-Ländern, den USA und Japan in Lizenzausgaben erscheinen. Arndt Rühle schreibt zum Beispiel im Münchner Merkur:

"Was man an seinem Grabe rühmte: sein Genie natürlich, aber auch die Bescheidenheit, Liebenswürdigkeit, seinen Mut und Einsatz, das wird hier alles auf uneitle Weise bestätigt. Eine sehr private, humorvolle und selbstkritische, vor allem aber informationsreiche Biographie. Und der seltene Glücksfall: ein mit leichter Hand, dazu spannend geschriebenes Zeitdokument voller Anekdoten, von der Frankfurter Kindheit, vom Studium in Marburg und München und seinen schon spektakulären wissenschaftlichen Anfängen, bis zu den weltverändernden Erfolgen, stets eng verflochten mit dem politischen und privaten Leben. Ein Geschichtslehrbuch der Radiochemie nebenbei."

Ernst H. Haux kommentiert im Berliner Tagesspiegel:

"Und wer da geglaubt hat, in den Annalen der Naturwissenschaft stehe der Name Otto Hahn lediglich bei dem Stichwort ‚Kernspaltung‘, der wird hier selbst seinen großen Irrtum erkennen. Mit dieser epochalen Entdeckung musste Hahn sich den späteren, fälschlichen Ruf eines ‚Großvaters der Atombombe‘ ebenso einhandeln wie die Gefangennahme und Internierung als Quasi-Kriegsverbrecher in den ersten Nachkriegsmonaten. Seine bescheidene, gütige Natur verbot es ihm, je Kapital aus seiner Entdeckung zu schlagen. Nur dann trat er vor die Öffentlichkeit, wenn es darum ging, gegen Unrecht und Unmenschlichkeit aufzustehen. Seine schlichten Erinnerungen, denen es an Humor nie fehlt, sind ein unschätzbares Dokument seiner und unserer Zeit."

1970. Zwei Jahre nach seinem Tod schlagen US-amerikanische Forscher vor, das neu synthetisierte Element Nr. 105 ihm zu Ehren Hahnium zu nennen, 1997 wird es jedoch von der IUPAC nach dem russischen Forschungszentrum in Dubna endgültig Dubnium genannt.

1971. Zwei Intercity-Züge der Deutschen Bundesbahn (Strecke Hamburg-Altona – Basel SBB) werden nach ihm benannt.

1974. In Würdigung der besonderen Verdienste Otto Hahns um die deutsch-israelischen Beziehungen erhält ein Flügel des Weizmann Institute of Science in Rehovot (Israel) den Namen Otto Hahn Wing.

1978. Am Ort des Geburtshauses an der Kleinmarkthalle in Frankfurt wird das Hahn-Denkmal enthüllt.

1979. Die DDR gibt eine Hahn-Briefmarke heraus.

Ab 1980. Die Bergsteiger-Ausrüstung des Alpinisten Otto Hahn, eine Schenkung seines Enkels Dietrich, befindet sich in den Sammlungen des Alpenverein-Museums in Innsbruck.

2009. Das "Hahn-Meitner-Institut für Atomforschung" (HMI) geht im Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie auf.

Ab 2011. In Albstadt-Tailfingen befindet sich eine Otto-Hahn-Gedenkstätte in der dort ansässigen Akademie der IHK Reutlingen, die insbesondere an Hahns Arbeit in Tailfingen von 1944 bis 1945 erinnert.

Anfang 2014. In der Universitätsbibliothek Dortmund werden zwei neue Otto-Hahn-Bibliotheken als Bereichsbibliotheken für Naturwissenschaften eröffnet.

31. Juli 2014. Das Göttinger "Bündnis Antikriegsforschung" verlangt wegen Otto Hahns Beteiligung am Einsatz von Giftgas im Ersten Weltkrieg einhundert Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieg die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Göttingen von Otto Hahn und die Umbenennung des Otto-Hahn-Gymnasiums sowie der Otto-Hahn-Straße.

Bilder aus Wikimedia Commons
Otto Hahn, Lizenz: Public Domain, Urheber: Nobel Foundation

Quellen
Wikipedia, Otto Hahn