Wie meine werten Leser spätestens nach meinem Blogeintrag über die leidige Mieterselbstauskunft wissen bin ich auf Wohnungssuche. Eine bezahlbare Wohnung für eine Familie zu finden ist jedoch mindestens im Großraum Stuttgart kaum mehr möglich. Bei den günstigeren Angeboten brechen die Makler oft innerhalb kürzester Zeit ab weil sie bereits mehr Interessenten haben als sie Führungen anbieten können.
Auf dem normalen Wohnungsmarkt haben finanziell schwache Wohnungssuchende deshalb auch kaum eine Chance, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Selbst die, die einen Wohnberechtigungsschein haben, bekommen oft keine Sozialwohnung, weil einfach nicht genug da sind. Sie stehen auf Wartelisten.
Preise für Mietwohnungen im Großraum Stuttgart
Die Preise liegen etwa folgenden Höhen (nach oben sind die Grenzen fast ins Unendliche):
- 1 Zimmer, kalt, 400 bis 1100 Euro
- 2 Zimmer, kalt, 600 bis 1300 Euro
- 3 Zimmer, kalt, 900 bis 1500 Euro
- 4 Zimmer, kalt, 1500 bis 2500 Euro
Alleine im dritten Quartal 2022 kletterten die Mietpreise nach Daten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Schnitt kräftig um 5,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.
Einkommen in Deutschland
Die Einkommen der Bevölkerung sind in den letzten 3 bis 4 Jahren, nicht zuletzt wegen Corona und dem Ukrainekrieg dagegen kaum angestiegen während die Inflation massiv Kaufkraft gekostet hat. Die Inflation liegt im März 2023 bei 7,4% (nach jeweils 8,7% im Januar und Februar).
2023 ist der Anteil derjenigen, die angeben, für bestimmte Zwecke sparen zu können, von 42,5 auf 40,4 Prozent gesunken. Etwa ein Drittel der Bevölkerung hierzulande kann ungeplante Ausgaben nicht bestreiten.
2021 lag der Durchschnittsverdienst laut statistischem Bundesamt bei 4.100 Euro brutto im Monat. Durchschnitt ist hier aber nur die Höhe des Einkommens. Der Anteil der Bevölkerung mit der unterdurchschnittlichem Einkommen ist deutlich höher als derjenige mit überdurchschnittlichem Einkommen.
Ein Alleinverdiener mit Durchschnittsverdienst hat netto etwa 2650 Euro zur Verfügung. Bei ihm wird es also gerade so für eine 2 Zimmerwohnung reichen.
Ein Angestellter mit Frau und zwei Kindern bekommt bei dem Bruttoeinkommen nach Steuern noch ca. 2970 Euro. Wenn er eine drei Zimmer Wohnung mietet bleiben davon spätestens nach Abzug der Nebenkosten (Heizung, Strom ...) nur noch 1500 Euro, also etwa die Hälfte übrig. Das macht pro Person nicht einmal 400 Euro an Lebenshaltungskosten. Er dürfte auf jeden Fall bereits auf staatliche Unterstützung (z.B. Wohngeld) angewiesen sein.
Statistiken zu Mieten bezogen auf die Einkommen
Laut dem Statistischen Bundesamt lebten im Jahr 2019 knapp 14 Prozent der Bevölkerung, das sind etwa 11,4 Millionen Personen, in Haushalten, die von hohen Wohnkosten finanziell überlastet waren. Eine Überbelastung bei Wohnkosten sieht die Behörde, wenn ein Haushalt mehr als 40 Prozent des verfügbaren Einkommens für das Wohnen ausgibt.
Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung kam 2021 zu dem Ergebnis dass viele Haushalte in Großstädten so viel Geld aufbringen mussten, dass sie dabei oberhalb der Marke von 30 Prozent des Haushaltseinkommens lagen. 49,2 Prozent der rund 8,4 Millionen Haushalte, die in Deutschlands Großstädten zur Miete wohnen, befanden sich oberhalb dieser Schwelle. Gut ein Viertel der Haushalte musste da schon mindestens 40 Prozent des Einkommens für Warmmiete und Nebenkosten aufwenden. Knapp zwölf Prozent der Großstadthaushalte benötigten sogar mehr als die Hälfte ihres Einkommens für die Miete, also Warmmiete und Nebenkosten.
Laut dem statistischen Bundesamt haben haben die rund 19,9 Millionen Hauptmieterhaushalte durchschnittlich 27,8 Prozent ihres Einkommens im Jahr 2022 für die Miete aufgebracht. Für die rund 6,6 Millionen Haushalte, die ihre Wohnung 2019 oder später angemietet haben, lag die Belastung mit 29,5 Prozent besonders hoch.
Die Kosten fürs Wohnen sollten 30 Prozent des Einkommens nicht überschreiten, empfehlen Experten. Für Millionen Haushalte ist dies jedoch nur noch ein frommer Wunsch. 2023 liegt die Mietbelastung bei bei Geringverdienern laut Sebastian Dullien (Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK)) im Schnitt bei mehr als 40 Prozent der Einkommen. Das sind laut statistischem Bundesamt etwa 16% der 19,9 Millionen Mieterhaushalte hierzulande.
Sebastian Dullien, bezeichnete im März 2023 die Mietbelastung "insbesondere von Haushalten mit geringen Einkommen und in den Großstädten" auch als "dramatisch". Es sei ein Alarmzeichen, dass der Anteil der Einkommen, der für Wohnkosten aufgewendet werden müsse, in den vergangenen Jahren noch weiter gestiegen sei.
"Dabei dürften die aktuellen Zahlen aus dem Mikrozensus die tatsächliche Dramatik des Wohnungsmangels und der hohen Mieten in den Ballungsgebieten noch unterzeichnen", sagte Dullien. Der Mikrozensus bilde Bestandsmieten ab, die seien im Durchschnitt viel geringer als die Mieten bei Neuvermietungen.
Zudem bilde der Mikrozensus nicht gut ab, wenn Menschen überhaupt keine neue Wohnung finden, weil es einfach zu wenig Wohnungen gibt. Gerade Menschen mit geringen bis mittleren Einkommen hätten in den angespannten Wohnungsmärkten oft praktisch keine Chance, angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Immoscout24 teilt im April 2023 mit, dass die Angebotsmieten alleine zwischen Januar und März 2023 um 7,4 Prozent für Bestandswohnungen und um 7,7 Prozent für Neubau-Mietwohnungen angestiegen sind. Demnach verzeichnen Berlin und Stuttgart im Bereich der Neubau-Mietwohnungen innerhalb des ersten Quartals extreme Anstiege von rund 8 und 9 Prozent "die so nie dagewesen sind".
Spiegel macht denn auch Besuch auf einem Campingplatz, wo Deutsche jetzt hinziehen "die nicht mehr mithalten können – und wollen" und denkt darüber nach ob es bald auch in Deutschland Trailerparks (Wohnwagensiedlungen) geben wird.
Wohnungsbau
Bauvorhaben, egal ob gefördert oder nicht, werden immer teurer. Sprangen für Investoren bei geförderten Projekten auch mit Mieten um die sechs Euro noch Rendite raus wird das jetzt auch von den Kosten aufgefressen. Viele Städte melden, dass die laufenden Baustellen noch abgearbeitet werden, neue Projekte aber kaum geplant sind.
Die Zinssteigerungen führen laut Axel Gedaschko (Präsident des Bundesverbandes der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW)) am Wohnungsbautag (20. April 2023) kombiniert mit einem Förderfiasko dazu, dass Unternehmen nur noch in der Lage seien, Wohnungen fertig zu bauen, die zwischen 15 Euro und 20 Euro netto kalt pro Quadratmeter vermietet werden könnten. Dazu kommt Materialmangel, hohe Kosten für Baumaterialien (u.a. durch den Krieg in der Ukraine) und der Fachkräftemangel.
2022 ist die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen auf den niedrigsten Stand seit 2018 gesunken. Die Behörden bewilligten gerade einmal 354.400 Vorhaben. Das sind 6,9 Prozent weniger als im Vorjahr, wie das statistische Bundesamt mitteilte.
Während im ersten Halbjahr noch 2,1 Prozent weniger Wohnungen genehmigt wurden als im Vorjahreszeitraum, betrug die Lücke im zweiten Halbjahr 12,6 Prozent. Seit Mai 2022 wurden durchgängig weniger Anträge für neu zu errichtende Wohnungen genehmigt als im jeweiligen Vorjahresmonat.
Nachdem es Ende 2022 bei Kaufimmobilien noch Preisrückgänge von bis zu 10 Prozent gab liegen laut Immoscout24 im April 2023 deutschlandweit die Angebotspreise für Eigentumswohnungen im Bestand und im Neubau im ersten Quartal je 2,3 Prozent über dem Niveau des Vorquartals. Die Angebotspreise für Eigentumswohnungen im Bestand liegt im Schnitt bei 2778 Euro pro Quadratmeter und im Neubau bei 3992 Euro.
2023 werden voraussichtlich nur 245.000 bis 280.000 Wohnungen fertig gestellt. Die Bundesregierung hat etwa 400.000 geplant. Vor allem Privatleute überlegen sich 2023 den Bau des Eigenheims zweima. Im März 2023 klagten 16 Prozent der Unternehmen über Auftragsstornierungen, wie das Münchner IFO-Institut im April 2023 zu seiner monatlichen Umfrage mitteilte. Im Februar hatte der Anteil noch bei 14,3 Prozent gelegen, im Januar bei 13,6 Prozent.
Weil Eigentum teurer wird, weichen viele Menschen wieder verstärkt auf Mietwohnungen aus. Die Folge: Mieten werden auch weiterhin deutlich teurer.
Sozialwohnungen
Die Anzahl der Sozialwohnungen in Deutschland ist seit den 1990er Jahren von etwa 3 Millionen auf 1,1 Millionen im Jahr 2023 gesunken.
Die Bundesregierung wollte 2022 etwa 100.000 neue Sozialwohnungen schaffen, am Ende des Jahres gab es in Deutschland etwa 27.000 Sozialwohnungen weniger als im Jahr zuvor. Die Zahl der nach 25 bis 30 Jahren aus der Mietbindung gefallenen Wohnungen überstieg die Zahl der geförderten Neubauten.
2023 soll mehr staatliches Geld in den Sozialen Wohnungsbau fließen. Vorgesehen sind 1,28 Milliarden Euro. 750 Millionen waren es im Jahr 2022.
Gebäudeenergiegesetz
Das Bundeskabinett plant 2023 derweil den Austausch der Heizungen. Das soll ein Schritt auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität Deutschlands im Jahr 2045 sein – dann sollen nicht mehr klimaschädliche Gase ausgestoßen werden als auch wieder gebunden werden. Ab dem Jahr 2024 soll jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Das soll »technologieneutral« passieren.
Bauministerin Geywitz sagt, das Gesetz werde nicht dazu führen, dass Menschen gezwungen seien, ihr Haus zu verkaufen, weil sie sich nicht an die Anforderungen halten könnten. Es gebe großzügige Übergangsfristen und Ausnahmen. Geplant ist auch eine neue Förderung mit »Klimaboni«, um Hauseigentümer finanziell nicht zu überfordern. Trotz aktuell höherer Investitionskosten für klimafreundlichere Heizungen werde sich ein Umstieg auf lange Sicht lohnen.
Wer zur Miete wohnt – also die Mehrheit der Deutschen –, soll vor einem starken Anstieg der Heizkosten geschützt werden. So sollen Vermieter bei der Betriebskostenabrechnung bei Gasheizungen auf Basis von Biomethan nur den Betrag weitergeben dürfen, der zur Erzeugung derselben Menge an Heizwärme mit einer normalen Wärmepumpe anfiele.
Bei der derzeitigen Rechtslage können jedoch bei einer Modernisierung – und der Heizungsaustausch zählt dazu – 8 Prozent der Investitionskosten pro Jahr auf die Kaltmiete aufgeschlagen werden. Das ist keine klassische Umlage wie im Bereich der Nebenkosten, sondern ein Aufschlag auf die Miete. Der Vermieter geht in Vorleistung, aber der Mieter zahlt schrittweise alles ab.
Bosch freut sich und kündigt eine Wärmepumpeoffensive an. Nach Polen an den Fertigungsstandort in Dobromierz nahe Wroclaw sollen bis Ende 2027 rund 255 Millionen Euro fließen. Die Kleinstadt nahe der deutschen Grenze liegt in einer Wirtschaftszone, die finanzielle Anreize zur Ansiedlung von Produktionsstätten bietet. Produktionsstart sei für den Jahreswechsel 2025/26 geplant. Bis 2027 sollten rund 500 neue Arbeitsplätze entstehen, erklärte Bosch weiter. Bis Ende des Jahrzehnts seien Investitionen von mehr als einer Milliarde Euro in das Geschäft mit den modernen stromgetriebenen Heizungen geplant.
Derweil fehlen in Deutschland nach Einschätzung des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima zurzeit rund 60.000 Heizungsinstallateure.