Dienstag, 24. Mai 2022

Rebecca Harms

Rebecca Harms (2019)

Die deutsche Politikerin Rebecca Harms wurde am 7. Dezember 1956 in Hambrock geboren.

Sie ist Mitglied der politischen Partei Bündnis 90/Die Grünen). Sie war von 2004 bis 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments (MdEP), war bis 2016 Vorsitzende der Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz (Grüne/EFA) und Vorsitzende der Delegation in der Parlamentarischen Versammlung EURO-NEST.

Im Juli 2018 kündigte Harms an, aufgrund inhaltlicher Differenzen mit Teilen der europäischen Grünen bei der Europawahl 2019 nicht erneut zu kandidieren. 

Sie wurde von der Anti-Atomkraft-Bewegung politisch geprägt und ist erklärte Gegnerin der Atomkraft. Zur Suche nach einem Endlager äußerte sie sich mehrfach: „Die Hast des Gesetzgebungsprozesses ist tatsächlich unvereinbar mit der Geduld, die für ernsthafte Beteiligungsverfahren gebraucht wird“. „Vertrauen ist Voraussetzung für das Ziel, die Aufgabe der Endlagerung von Atommüll zu lösen. Bürger müssen wieder Vertrauen in die Politik entwickeln, aber die Politiker müssen auch den Bürgern Kompetenz in der Frage der Endlagersuche zugestehen“. Von einer Entscheidung zur Endlagersuche erwartet Rebecca Harms, dass sie auf breiter Mitsprache von Experten und Zivilgesellschaft beruht.

In Bezug auf das zur Diskussion stehende Transatlantische Freihandelsabkommen mit den USA plädiert Harms für eine Aussetzung der Verhandlungen. Die strengen Umwelt- und Verbraucherschutzstandards der EU dürften nicht unterlaufen werden, auch um gentechnisch veränderte Lebensmittel zu verhindern.

Harms ist Mitglied der Europa-Union Parlamentariergruppe Europäisches Parlament und Gründungsmitglied der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Sie gehört der Mitgliederversammlung der Heinrich-Böll-Stiftung an. Sie ist Mitglied des Zentrums Liberale Moderne.

Sie lebt in einem Dorf der Gemeinde Waddeweitz im Wendland.

Leben

7. Dezember 1956. Rebecca Harms wird in Hambrock geboren. Sie wächst in einem kleinen niedersächsischen Dorf in der Nähe von Uelzen auf. Sie hat zwei Geschwister. 

1975. Sie schließt ihre schulische Laufbahn mit dem Abitur in Uelzen ab.

1975 bis 1979. Sie absolviert erfolgreich eine Ausbildung als Baumschul- und Landschaftsgärtnerin.

1977. Sie ist war sie Mitbegründerin der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, die sich gegen das Endlagerprojekt Gorleben wendet.

1980. Sie ist Sprecherin der Freien Republik Wendland, einem vier Wochen lang bestehenden Hüttendorf im Wendland.

1982. Sie wird Vorsitzende der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg.

1984. Sie geht als Mitarbeiterin der Europaparlamentsabgeordneten Undine von Blottnitz nach Brüssel.

1988. Sie kehrt sie nach Niedersachsen zurück und wirkt an Filmprojekten mit.

1994 bis 2004. Sie ist Mitglied des Niedersächsischen Landtages.

1998 bis 2004. Sie ist Fraktionsvorsitzende der Grünen-Fraktion im Niedersächsischen Landtag. 

15. September 2004. Als die Fraktionsvorsitzende der niedersächsischen Grünen, Rebecca Harms, ins Europaparlament einzieht, rückt Filiz Polat als jüngste Abgeordnete in den Landtag nach, während Stefan Wenzel neuer Fraktionsvorsitzender wird.

11. Juli 2006. Zur Atomkatastrophe von Tschernobyl wird mit The Other Report on Chernobyl (Kurzbezeichnung TORCH) wird ein „Gegenreport“ zur Ausarbeitung des Tschernobyl-Forums veröffentlicht. Dieser Report wurde von den britischen Wissenschaftlern Ian Fairlie und David Sumner erarbeitet. Er sagt weitaus schwerwiegendere gesundheitsschädigende Folgen der Atomkatastrophe voraus. Der Tod von rund 1700 Österreichern sei darauf zurückzuführen. In Auftrag gegeben wurde die Studie von der Grünen Europaabgeordneten Rebecca Harms und unterstützt von der „Altner-Combecher-Stiftung für Ökologie und Frieden“.

Nach Darstellung des Reports unterschätzen die bisherigen Berichte der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), UNSCEAR und des Tschernobyl-Forums die tatsächlichen Gesundheitsschäden in erheblichem Maß. Insbesondere gehen die offiziellen Berichte kaum auf die Kontamination europäischer Regionen außerhalb des Unglückzentrums (dem Grenzgebiet zwischen Weißrussland, Russland, und Ukraine) ein.

Außerdem schätzen die Autoren den Anteil der radioaktiven Spaltprodukte Jod-131 und Cäsium-137 deutlich höher als die offiziellen Angaben der weißrussischen Regierung und der IAEA. TORCH stellt fest, dass 40 % der gesamten Landfläche Europas mit mindestens 4000 Bq/m² Caesium belastet worden sind. Die damit verursachte Kollektivdosis geben Fairlie und Summer mit 600.000 Personensievert an; davon entfallen 36 % auf die Bevölkerung von Weißrussland, Ukraine und Russland; 53 % auf die Bevölkerung im übrigen Europa; und 11 % auf die übrige Weltbevölkerung. Durch Multiplikation von Dosis und Risikofaktor gelangen die beiden Autoren auf insgesamt weltweit 30.000 bis 60.000 zusätzliche Todesfälle durch Krebs bis zum Jahr 2056 (d.h. 70 Jahre nach der Katastrophe). Damit liegt ihre Schätzung um fast eine Größenordnung über den offiziellen Publikationen, die höchstens ca. 9000 zusätzliche Krebstodesfälle auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion erwarten.

Die Methodik der Studie basiert auf einer Abschätzung der gesundheitlichen Langzeitfolgen von kleinen Strahlendosis nach dem linear no-threshold model (LNT) über die gesamte nördliche Hemisphäre. Das LNT-Modell geht von der Annahme aus, dass das Risiko linear mit der Strahlendosis steigt, d.h. eine beliebig kleine Dosis hat Auswirkungen und die Zeitdauer, in der die Strahlendosis bekommen wurde, nicht relevant ist (eine große Belastung für kurze Zeit ist nicht gefährlicher als eine kleine Dosis für lange Zeit, anders als bei den meisten gesundheitsgefährdenden Faktoren). Viele Studien zeigen, dass das LNT-Modell eine Oberabschätzung ist, da Lebewesen Schutzmechanismen gegen kleine Strahlendosen haben, die bei großen Dosen nicht mehr wirksam sind.

1998 bis 2015. Rebecca Harms ist Mitglied des Parteirates von Bündnis 90/Die Grünen.

2004 bis 2009. Bei der Europawahl 2004 zieht sie als Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen ins Europäische Parlament ein. Dort ist sie Sprecherin der deutschen Gruppe sowie Vizepräsidentin der Fraktion Grüne/EFA und insbesondere in Sachen Klimaschutz und Energiepolitik aktiv.

2009. Für die Europawahl in Deutschland wird sie erneut von Bündnis 90/Die Grünen als Spitzenkandidatin nominiert. 

Juli 2010. Sie wird einstimmig zur Vorsitzenden der Fraktion Grüne/EFA gewählt. Ihr Co-Fraktionsvorsitzender ist Daniel Cohn-Bendit, der über die französische Liste von Europe Écologie ins Parlament gewählt wird.

Rebecca Harms (2011)

27. November 2011. Richter Thomas Stärk vom Amtsgericht Dannenberg hat laut Rebecca Harms (Die Grünen, Europaabgeordnete) offenbar heute Vormittag unter dem Aktenzeichen 39XIV106/11L entschieden dass die Ingewahrsamnahme der Gleisblockierer von Harlingen beim Castortransport 2011 rechtswidrig war, weil die festgehaltenen Menschen keinen ordnungsgemäßen Zugang zu einem Richter hatten. Die Einsatzleitung vor Ort verweigert sich offensichtlich der Umsetzung des Urteils und setzt damit Grundrechte außer Kraft.

8. März 2012. Anlässlich der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 erneuert Harms ihren Appell zu einem internationalen Atomausstieg: Fukushima habe gezeigt, dass die Sicherheit der Reaktoren nicht garantiert werden könne. In einem Gastbeitrag im Tagesspiegel zum Thema Bürgerbeteiligung bei der Atommüllendlagersuche äußert Harms, dass das von Bundesumweltminister Peter Altmaier einberufene Endlagerforum ein „Reinfall“ sei.

31. März 2012. Nach Veröffentlichung des jüngsten Weltklimaberichts des IPCC äußert Harms sich kritisch hinsichtlich der mangelnden Handlungsbereitschaft der EU-Mitgliedstaaten sowie der EU-Kommission: «Die Kluft zwischen den Erkenntnissen der Wissenschaftler und der Handlungsbereitschaft der europäischen Politik wird immer größer». Die Klimaziele für 2030, die zurzeit zur Diskussion stehen, reichten bei Weitem nicht aus.

Juni 2012. Sie demonstriert zusammen mit dem MdEP Werner Schulz im Charkiwer Metalist-Stadion im Rahmen des EM-Spiels Deutschland gegen die Niederlande für die Freilassung von Julija Tymoschenko und anderen in der Ukraine inhaftierten politischen Gefangenen.

9. Oktober 2012. Nach dem Motto "Wenn man nicht mehr weiterweiß gründet man einen Arbeitskreis" schlägt Rebecca Harms eine Endlager-Komission mit Personen wie Klaus Töpfer (Ex-Umweltminister) oder Heiner Geißler vor.

November 2012. Rebecca Harms besucht das Flüchtlingslager Amygdaleza in Attika, Griechenland, in dem auch minderjährige Flüchtlinge inhaftiert sind. Mit einem Protestbrief wendet sie sich gegen die Bedingungen in dem Lager.

Juni 2013. Rebecca Harms protestiert gemeinsam mit den Mitarbeitern des griechischen Staatssenders ERT in Athen. Die Mitarbeiter besetzen die Rundfunkanstalt, deren Programm von der Polizei Anfang Juni stillgelegt wird. Im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Schließung des Senders verurteilt Harms die Austeritätspolitik der EU.

14. Juni 2013. Im Rahmen ihrer Griechenlandbesuche kritisiert Harms die europäische Austeritätspolitik: „Wir sehen, dass die Austeritätspolitik am Ende ist. Wir brauchen Investitionen, wir müssen den Spardruck mindern, wir brauchen Direkthilfen für den Gesundheitssektor, der ebenfalls zu Grunde gespart wird. Was hier in Griechenland passiert, muss gestoppt werden.“

25. Oktober 2013. Zur EU-Agrarreform äußert sich Harms kritisch: „Wenn wir nicht aufpassen, wird diese Reform den Strukturwandel massiv verstärken. Die Großen werden wieder die Gewinner sein. Die Direktzahlungen wurden nicht energisch gekappt. Ursprünglich sollte eine Entkoppelung und Kappung von flächengebundenen Zahlungen erreicht werden. Die nun gefundenen Kompromisse setzen die Ungerechtigkeit der Förderung fort.“

29. November 2013. Rebecca Harms warnte im Rahmen des geplanten, vorerst gescheiterten, Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Ukraine davor, das Vorhaben auf „unbestimmte Zeit zu vertagen“. Nötig sei „eine europäische Führung, die geschlossen und konsequent sowohl gegenüber Russland Interessen definiert, aber auch in der Ukraine die Sache nicht einfach schleifen lässt“. Zudem ist es ihrer Ansicht nach von Bedeutung, dass die EU die politische Opposition der Ukraine unterstütze und den Wunsch vieler Ukrainer nach Annäherungen mit der EU ernst nehme.

Winter 2013/2014. Rebecca Harms reist mehrfach nach Kiew, um die dortige Protestbewegung Euromaidan, die für eine engere Anbindung der Ukraine an die Europäische Union eintritt, zu unterstützen. Sie ist überzeugt, dass die Ukraine eine europäische Perspektive brauche, und der Ansicht, dass es für die EU sehr wichtig sei, dass in der Ukraine demokratische und stabile Verhältnisse herrschen. Harms fordert deshalb die schnelle Einberufung eines Runden Tisches, an dem nicht nur Regierung und Opposition sitzen sollen, sondern auch Vertreter der Zivilgesellschaft.

8. Februar 2014. Sie wird auf Listenplatz 1 der Europaliste gewählt und damit ein weiteres Mal Spitzenkandidatin für Bündnis 90/Die Grünen zur Europawahl 2014. Sie wird ebenfalls als Fraktionsvorsitzende bestätigt.

3. März 2014. In einem Interview bei Radio Bremen spricht sich Harms im Rahmen der Krimkrise für Sanktionen gegen die russische Führung aus. Russland wolle die Ukraine destabilisieren und habe sich auf einen Einmarsch in die Ukraine vorbereitet.

Mitte März 2014. Mittels einer im Europäischen Parlament eingebrachten Resolution wollen Harms und Daniel Cohn-Bendit öffentliche EU-kritische Aussagen des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder zur Krimkrise verhindern. Schröder solle „keine öffentlichen Aussagen zu Themen machen, die Russland betreffen“, da er sich aufgrund seiner Beziehungen zu Gazprom in einem eindeutigen Interessenkonflikt befinde. Der Antrag wird abgelehnt.

25. September 2014. Harms wird die Einreise nach Russland verweigert. Ihr wird erklärt, sie sei eine unerwünschte Person. Harms wollte in Moskau einer Gerichtsverhandlung gegen die ukrainische Pilotin Nadija Sawtschenko beiwohnen.

2015 bis Ende 2016. Sie leitet die Fraktion Grüne/EFA gemeinsam mit dem belgischen EU-Abgeordneten Philippe Lamberts.

14. Januar 2016. Rebecca Harms, Ko-Vorsitzende der Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz im Europäischen Parlament und Jean-Marc Nollet (Abgeordneter des belgischen Parlaments), Ilse Tweers (Materialwissenschaftlerin) stellen eine Auswertung erhältlicher Dokumente zu Materialfehlern in den Druckbehältern der belgischen Atomreaktoren Doel 3 und Tihange 2 und einen Kommentar zur Abschlussbewertung der FANK vor.

Ende Mai 2015. Es wird bekannt dass sie zu 89 Personen aus der Europäischen Union gehört, gegen die Russland ein Einreiseverbot verhängt hat. Harms unterzeichnet einen offenen Brief an die deutsche Bundeskanzlerin und den Bundesaußenminister, in dem diese darum gebeten werden, sich für die Freilassung des in Russland inhaftierten ukrainischen Filmemachers Oleh Senzow einzusetzen.

Ab Februar 2017. Sie ist Vorsitzende der Delegation in der Parlamentarischen Versammlung Euronest und Mitglied der Konferenz der Delegationsvorsitze. Sie ist Mitglied im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE), im Untersuchungsausschuss zu Emissionsmessungen in der Automobilindustrie (EMIS) und in der Delegation im Parlamentarischen Assoziationsausschuss EU-Ukraine, als auch in der Delegation im Ausschuss für parlamentarische Kooperation EU-Russland. Als Stellvertreterin ist sie im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten (AFET) und im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI).

Juli 2018. Harms kündigt an, aufgrund inhaltlicher Differenzen mit Teilen der europäischen Grünen-Fraktion bei der Europawahl 2019 nicht erneut für das Europaparlament zu kandidieren.

In der Debatte um die EU-Urheberrechtsreform mit umstrittenen Aspekten wie Upload-Filtern und Leistungsschutzrecht positioniert sich Harms als Unterstützerin des Entwurfs. In einer Ausgabe ihres Newsletters führt sie an, dass damit die Kreativwirtschaft gestärkt würde und Internetgiganten notwendige Regulierung erfahren würden. Darüber hinaus verbindet sie ihre Position argumentativ mit „antiwestlicher Propaganda Putins“.

12. September 2018. Bei der Abstimmung zur EU-Urheberrechtsreform stimmen 5 von 11 deutschen Abgeordneten der Fraktion Grüne/EFA gegen den von Harms unterstützten Urheberrechtsentwurf.

31. März 2021. Bei den Grünen bahnt sich eine Auseinandersetzung um Sprach- und Identitätspolitik an. Etwa 30 Grüne, darunter der Tübinger Bürgermeister Boris Palmer, haben einen Aufruf verfasst, der die „Kunstfreiheit und eine offene Debattenkultur, auch an unseren Universitäten und Hochschulen und in unseren Kultureinrichtungen“ bedroht sieht.

Das Papier mit dem Titel „Ohne Angst verschieden sein!“ betont, dass sich die Grünen „immer gegen Rassismus, Diskriminierung und Beleidigung von Minderheiten eingesetzt“ haben. Gefordert wird ein „positiver Umgang mit Differenz, der die Aufarbeitung des Kolonialismus, des Antisemitismus und der Islamophobie miteinschließt.“

Zudem heißt es: „Wir sind für gleiche Rechte für Migrantinnen und Migranten, Schwule, Lesben und Queers“. Unterzeichnet haben es auch die langjährige Europaabgeordnete Rebekka Harms und die frühere Bremer Senatorin und Europaabgeordnete Helga Trüpel.

Zudem, so die AutorInnen, habe man sich „immer gegen rechte Identitätspolitik eingesetzt“ und sei „den Pegida-Aufmärschen entschieden entgegengetreten.“ Dann kommt ein Aber, das es in sich hat. „Aber genauso wenden wir uns auch gegen linke Identitätspolitik!“ Also Pegida gleich Gendersternchen?

Weiter heißt es: Auch „eine linke Politik der Selbstüberhöhung kann in neue Unfreiheit umschlagen“. Als Beispiel wird die Debatte darüber angeführt, wer die Lyrik der schwarzen Lyrikerin Amanda Gorman übersetzen dürfe. Wenn Weiße keine Gedichte von Schwarzen mehr übersetzen dürften, „hat das mit einer lebendigen, freiheitlichen Kultur nichts mehr zu tun.“

„Wir wollen keine Cancel Culture, sondern einen offenen Dialog darüber, was gelebte kulturelle Vielfalt bedeutet“ heißt es am Ende des grünen Plädoyers. Und: „Wir wollen keine selbsternannte Avantgarde, die allen vorschreibt, was übersetzt, gemalt oder geschrieben werden darf. Nicht, wer etwas sagt, sondern was gesagt wird, muss der Maßstab in unseren Auseinandersetzungen sein.“

Einer der Initiatoren des Aufrufs ist Rainer Lagemann aus Steinfurt, grünes Parteimitglied seit 40 Jahren. Ein Auslöser für den Aufruf sei die Entschuldigung der grünen Spitzenkandidatin in Berlin Bettina Jarasch gewesen, so Lagemann. Jarasch hat auf einem Parteitag gesagt, als Kind wäre sie gern „Indianerhäuptling“ geworden. Nach Kritik an dieser für Indigene diskriminierenden Wortwahl entschuldigte sich Jarasch für ihre „unreflektierten Kindheitserinnerungen“. Das gehe, so Lagemann zur taz, „zu weit“. Er hätte sich da „mehr Selbstbewusstsein gewünscht.“

In der SPD gab es eine ähnliche Diskussion, die Wolfgang Thierse mit einem Beitrag in der FAZ ausgelöst hat. Auch Thierse wandte sich gegen übertriebene Geltungsansprüche von Minderheiten und assoziierte diese mit rechten Bewegungen.

Bilder aus Wikimedia Commons
Rebecca Harms (2019), Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic, Urheber: Heinrich-Böll-Stiftung from Berlin, Deutschland
Rebecca Harms (2011), Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic, Urheber: Heinrich-Böll-Stiftung