Dieter Dehm (2014) |
Der deutsche Musikproduzent, Liedermacher und Politiker Jörg-Diether Wilhelm Dehm-Desoi wurde am 3. April 1950 in Frankfurt am Main geboren.
Er gehört der politischen Partei Die Linke (PDS) an, zuvor war er in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD).
Von 1999 bis 2003 war er einer der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der PDS, von 2004 bis 2010 war er Landesvorsitzender in Niedersachsen. Von 2010 bis 2016 war er Schatzmeister der Europäischen Linken. Dem deutschen Bundestag gehörte er 1994 sowie von 2005 bis 2021 an.
Dehm ist einer von fünf Bundestagsabgeordneten der Linken aus Niedersachsen. Wahlkreisbüros befinden sich in Hannover und Wolfsburg. Dehm ist europapolitischer Sprecher seiner Fraktion und Mitglied des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Weiteres Aufgabenfeld ist seine Arbeit als mittelstandspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Bundestag. Weiterhin ist er stellvertretender Vorsitzender des Unterausschusses „Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“ und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien sowie des Ausschusses für Wirtschaft und Energie.
Dehm tritt dafür ein, den Begriff „Heimat“ nicht den Rechten zu überlassen, und warnte davor, Heimatgefühle „erziehungsdiktatorisch“ unterdrücken zu wollen. Die Nationalsozialisten hätten den Linken die Begriffe „national“ und „sozialistisch“ gestohlen und die Linke wäre töricht, wenn sie diese nicht zurückholen würde. Zu Dehms Ablehnung einer Verfassung für die Europäische Union schrieb die Europaabgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann (PDS), dass hier „keine scharfe Trennlinie zu deutsch-nationalen Anti-EU-Positionen erkennbar“ sei.
Er ist Geschäftsführer des Musikverlags Edition Musikant GmbH, Mitglied im Gesellschafterausschuss von Hitradio FFH, Autor, Unternehmer und MdB. Dehm ist Mitglied im Deutschen Textdichter-Verband, dem Europaverband der Selbständigen Deutschland und Mitglied des Parlamentarischen Beirats.
Er war Autor verschiedener Unterhaltungs- und Satire-Sendungen im Fernsehen (z. B. Hurra Deutschland oder Öko-SAT mit Stephan Wald, Ingolf Lück, Hans Werner Olm).
Dehm hat (meistens als Liedtexter) über 600 Lieder auf Tonträgern veröffentlicht, unter anderem mit und für Joe Cocker, Curtis Stigers, La Bouche, Christopher Cross, Ute Lemper, die Drum-Performance Stomp und in Deutschland mit und für Klaus Lage, Anne Haigis, bots, Heinz Rudolf Kunze, Udo Lindenberg, Emma, Stoppok, Albert Mangelsdorff, Wolfgang Dauner, Hans Werner Henze, Tony Carey, Zupfgeigenhansel, Gisela May, Sebastian Krumbiegel, Geier Sturzflug. Sein meistverkauftes Lied ist 1000 und 1 Nacht (Zoom!), das die Klaus-Lage-Band 1984 aufnahm. Es war 22 Wochen in den deutschen Charts und belegte Platz 7 in der Jahreswertung 1984. Unter den deutschsprachigen Liedern kam es sogar auf den 2. Platz. Bekannt wurde auch der ebenfalls von der Band gespielte Tatort-Song Faust auf Faust (Schimanski) (1985).
Als Musiker verwendete er anfänglich den Künstlernamen Lerryn. In den 1970er Jahren spähte er für das DDR-Ministerium für Staatssicherheit (MfS) den regimekritischen Liedermacher Wolf Biermann aus, dessen Manager er war. Das von Dehm mit verfasste Lied 1000 und 1 Nacht (Zoom!) war 1984 insgesamt 22 Wochen in den deutschen Charts.
Leben
3. April 1950. Jörg-Diether Wilhelm Dehm-Desoi wird als Sohn des Schlossers und Fußballspielers Otto Dehm und dessen Frau Inge, einer kaufmännischen Angestellten, in Frankfurt am Main geboren.
Er besucht die Frankfurter Helmholtzschule.
Späte 1960er Jahre. Dehm beginnt, eigene Protestlieder zu schreiben und vorzutragen. Er ist Preisträger bei den Internationalen Essener Songtagen für sein Lied Karriere. LPs mit Songs von ihm sind: Der Sänger mit den besseren Liedern; Goya malt Karl den IV. (1982 mit Albert Mangelsdorff, Manfred Schoof, Heiner Goebbels u. a.); Abweichend (mit bots 1984); Arbeiterlieder (mit Heiner Goebbels u. a.); Das weiche Wasser (1988 mit Willy Brandt, Heinz Rudolf Kunze, Götz George, Senta Berger u. a.).
Zeitweise verwendet Dehm den Künstlernamen „Lerryn“, über dessen Ursprung es verschiedene Versionen gibt. Laut Darstellung von taz (2012) und Spiegel (2010) ist „Lerryn“ ein Portmanteauwort aus zwei Spitznamen Dehms, nämlich „Lenin“ und „Larry“. Dehm selbst hingegen behauptet 2014 gegenüber dem Online-Musikmagazin Deutsche Mugge, er habe den Namen nach dem „schottischen Ort“ Lerryn ausgewählt, indem er blindlings auf eine Landkarte tippte. Tatsächlich liegt der einzige britische Ort dieses Namens allerdings am Südwestzipfel Englands, rund 600 km südlich von Schottland.
1966. Dehm wird mit 16 Jahren Mitglied dem SPD-nahen Kinder- und Jugendverband Die Falken und der SPD, wo er zunächst in deren Jugendorganisation Jusos aktiv ist.
1971. Dehm ruft in Frankfurt am Main die Veranstaltungsreihe Lieder im Park ins Leben, die später von zahlreichen bundesdeutschen Städten übernommen wird. Dabei arbeitet er eng mit dem Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann zusammen, der einige von Dehms Kulturprojekten in seinen Büchern zur Nachahmung empfiehlt.
1972. Er schließt ein Studium der Sonder- und Heilpädagogik mit der Diplomprüfung ab.
Diether Dehm als „Lerryn“ (1976) |
1974. Er gehört zu den Mitgliedern des Koordinationsausschusses der AG Song – Arbeitsgemeinschaft der Liedermacherinnen und Liedermacher, der bis zu 1400 Liedermacher angehören.
Dehm übersetzt einige Lieder der niederländischen Folkrock-Band Bots ins Deutsche, darunter die bekannt gewordenen Liedtitel Was woll’n wir trinken 7 Tage lang, Das weiche Wasser bricht den Stein sowie Aufsteh’n.
1975. Er wird zum Dr. phil. promoviert.
Ab 1980. Er betätigt sich als Autor und Co-Autor diverser Musik-, Rock- und Kabarett-Künstler wie Dieter Hildebrandt, Klaus Lage, und Albert Mangelsdorff.
1983. Er gründet sein eigenes Schallplattenlabel Musikant unter dem Dach der EMI Elektrola.
1985. Er ist an der Gründung des Vereins Künstler in Aktion beteiligt. Er wird gemeinsam mit Klaus Lage, Udo Lindenberg, Heinz-Rudolf Kunze und Dietmar Schönherr Vorstandssprecher.
Diether Dehm auf dem SPD-Bundesparteitag in Münster (1988) |
Ab 1989. Er ist Manager und Medienberater von Katarina Witt, Klaus Lage, bots, Stoppok und Andreas Wecker.
Ab 1990. Dehm arbeitet an Text und Musik des 1996 ausgestrahlten Fernsehfilms Die Eisprinzessin mit Katarina Witt in der Titelrolle. Im gleichen Jahr kommt sein Musical Stars Nordhausen zur Uraufführung.
März 1990. Die CDU-Abgeordnete Erika Steinbach bezeichnet Dehm als „Stasi-Informanten“. Dehm lässt die Aussage gerichtlich untersagen.
2. Dezember 1990. Zur Bundestagswahl kandidiert er auf der Landesliste der Hessen-SPD, kommt aber zunächst nur auf einen Nachrückerplatz.
1993. Er wird in den Magistrat der Stadt Frankfurt gewählt, dem er bis 1997 angehört.
18. August 1994. Er rückt für die Abgeordnete Barbara Weiler in den Bundestag nach.
1995 bis 1997. Er ist Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD.
1996. Es tauchen Stasi-Unterlagen auf, nach denen er als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) „Dieter“ und IM „Willy“ von 1971 bis 1978 die Hauptabteilung XX/5 der Staatssicherheit informiert hat. Außerdem legt Erika Steinbach eine eidesstattliche Erklärung Wolf Biermanns vor, wonach ihm Dehm als sein damaliger Manager am 29. Mai 1988 in einem Vier-Augen-Gespräch seine Stasi-Kontakte gestanden hat. Das Landgericht Frankfurt am Main hebt daraufhin das Verbot auf. Ein SPD-Ausschlussverfahren gegen ihn wird eingestellt.
Sein innerparteilicher Rechtsbeistand ist Horst Winterstein. Nach Horst Winterstein beginnt die Stasi-Akte 1972 mit dem Versuch der Stasi, Dehm zum „Perspektiv-IM“ zu formen – mithin zum MfS-Spitzel auszubilden. Angeblich endete dieser Versuch 1977 vergeblich, weil sich Dehm öffentlich für Biermann und Bahro ausgesprochen habe. Nach Winterstein stempelte das MfS Dehm sogar zum Staatsfeind und legte ihn in die „DDR-Einreisefahndung“.
Dieser Darstellung wird von Wissenschaftlern, die sich mit der SED-Diktatur beschäftigen, entschieden widersprochen. Wolf Biermann verweist in seiner 2016 erschienenen Autobiographie auf verschiedene in der Stasiunterlagenbehörde vorhandene Dokumente, die Dehms Spitzeltätigkeit eindeutig beweisen. So wurden viele Treffberichte von „IM Willy“ und „IM Christa“ mit den Führungsoffizieren zwischen 1971 und 1978 verzeichnet.
Der Bericht vom 4. September 1978 beschreibt beispielsweise eine Flugreise nach Westberlin. Von dort fuhren die IMs nach Ost-Berlin in die DDR zum Treffen mit ihren Führungsoffizieren des MfS. Die Flugkosten in Höhe von 350 DM West wurden demnach erstattet. Schon 1977 wurde „IM Willy“ vom MfS für eine Auszeichnung mit einer Geldprämie von 500 DM West mit den unter anderem festgehaltenen Worten vorgeschlagen: „Der IM arbeitet zuverlässig, auf der Basis der politischen Überzeugung, mit dem MfS zusammen. … ist es gelungen, Biermann nach dessen Ausbürgerung im Operationsgebiet zeitweilig gut unter Kontrolle zu bekommen. Der IM erarbeitete wertvolle Informationen zur Person des Biermann, dessen Pläne und Absichten sowie der politischen Wirksamkeit …“
Nach Darstellung des Historikers Hubertus Knabe warb das MfS Dehm im Dezember 1971 auf der Basis politischer Überzeugung als IM „Dieter“ (später umbenannt in IM „Willy“) an.
Dem MfS berichtete er laut seiner 400 Seiten starken Akte insbesondere über die Frankfurter Jungsozialisten und den SPD-Bezirk Hessen-Süd. Nach der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann aus der DDR lieferte er als dessen Konzertmanager auch über diesen zahlreiche Berichte. Laut Wolf Biermann wurde Dehm 1977 von der Staatssicherheit für seine Zuverlässigkeit gelobt.
Auf Biermanns Aussage zu seiner Überwachung im Westen stützen sich die Gerichtsurteile, nach denen Dehm als Informant des Staatssicherheitsdienstes bezeichnet werden darf. Dehm unterschrieb mehrfach Quittungen für Geldbeträge von mehreren hundert Mark mit seinem Klarnamen und in anderen Fällen als IM „Willy“.
Dehm behauptet, wie seine Frau (alias IM „Christa“) durch das MfS nicht angeworben, sondern lediglich abgeschöpft worden zu sein. In ihrer Akte ist zu finden, dass Dehm „konkrete Kenntnis von der Auswertung seiner Informationen durch das Ministerium für Staatssicherheit“ hatte.
1997. Dehm wird zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD-Unternehmer gewählt. Er unterstützt Kultur- und Zeitschriftenprojekte, unter anderem die Zeitschrift spw – Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft.
1998. Nachdem er anlässlich der Haltung der SPD zu den Jugoslawienkriegen zunehmend in Konflikt mit der Parteispitze geraten ist tritt er zusammen mit 24 weiteren Frankfurter Sozialdemokraten aus der Partei aus.
27. September 1998. Am Tag der Bundestagswahl tritt er in die PDS ein.
1999 bis 2003. Er ist einer der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der PDS. Er wird zweimal wiedergewählt.
2000. Der Milchmädchenreport entsteht, der im Berliner Ensemble und im Staatstheater Kassel aufgeführt wird. Seit Jahren arbeitet Dehm mit Künstlern wie Peter Sodann, Konstantin Wecker, Rolf Hochhuth oder der Thüringer Band Emma zusammen.
22. September 2002. Seine Bundestagskandidatur als Spitzenkandidat der PDS Niedersachsen ist erfolglos, da die PDS die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt.
2003. In der sogenannten Wachbuchaffäre um Dehm und den vorherigen PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch bestreitet Dehm, einen Wachmann des Karl-Liebknecht-Hauses angewiesen zu haben, dafür Sorge zu tragen, dass Bartsch keinerlei Unterlagen aus der Parteizentrale mitnehme. Der Vorfall ist Mitauslöser für den Rücktritt von Gabi Zimmer als PDS-Bundesvorsitzende.
März 2003. Dehm unterliegt bei der Wahl für das Oberbürgermeisteramt in der südbadischen Stadt Lörrach gegen Amtsinhaberin Gudrun Heute-Bluhm (CDU), erreicht aber mit 17,7 % das bis dahin beste Ergebnis der PDS bei einer Wahl im Westen der Bundesrepublik Deutschland. Die SPD hat keinen eigenen Kandidaten aufgestellt.
Juli 2003. Beim außerordentlichen Parteitag scheitert Dehm mit der Wiederwahl in den Bundesvorstand der PDS.
2004. Er wird Landesvorsitzender der PDS-Niedersachsen.
Ab 2004. Dehm ist Lehrbeauftragter an der Hochschule Fulda, wo er Kulturmanagement und Kreativschreiben unterrichtet.
18. September 2005. Er zieht als Spitzenkandidat der Linkspartei.PDS zur Bundestagswahl in Niedersachsen erneut in den Deutschen Bundestag ein.
2005 bis 2009. Dehm ist Vorsitzender des der PDS bzw. Linkspartei nahestehenden Unternehmerverbandes OWUS.
2006. Dehms Album Adelante con Rosa, Brecht y Che, erscheint, auf dem er unter anderem Texte von Pete Seeger, Rosa Luxemburg, Che Guevara und Bertolt Brecht verarbeitet. Auf der 2012 erschienenen CD Grosse Liebe.Reloaded des Bandprojektes „Diadem“ interpretiert er eigene Lieder sowie Titel der Beatles.
8. September 2007. Er wird beim Zusammengehen von PDS und WASG zur Linkspartei auf dem niedersächsischen Gründungsparteitag in Hannover zusammen mit Kreszentia Flauger in einer Doppelspitze zum Vorsitzenden im Landesverband der Linken gewählt.
27. Januar 2008. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen erreicht dieser unter seinem Vorsitz 7,1 % der Stimmen.
November 2008. Er wird mit 81 % zum Landesvorsitzenden wiedergewählt.
27. September 2009. Bei der Bundestagswahl zieht Dehm erneut als Spitzenkandidat der niedersächsischen Linken in den Bundestag ein.
Mai 2010. Auf dem 2. Bundesparteitag in Rostock wird er in den Parteivorstand gewählt, dem er bis 2014 angehört.
30. Juni 2010. Im Vorfeld der Bundespräsidentenwahl bezeichnete Dehm den Kandidaten Joachim Gauck als „Brunnenvergifter“ und „Hexenjäger“, dessen Reden „rufmörderisches Gequäke“ seien.
Bei der Bundesversammlung, für die Christian Wulff (CDU) und Joachim Gauck als aussichtsreichste Kandidaten nominiert worden sind, wird Dehm von einem ZDF-Journalisten gefragt, ob er jetzt nicht doch Gauck wählen müsse, worauf er antwortet:
„Was würden Sie denn machen, Sie hätten die Wahl zwischen Stalin und Hitler? Was würden Sie denn machen, wenn Sie die Wahl zwischen Pest und Cholera haben? Das sind hypothetische Fragen. Warum soll ich mich zwischen etwas entscheiden, was beides Krieg und sehr viel Leid für Hartz-IV-Empfänger und sehr viel Leid übrigens auch für Gewerkschafter in diesem Land bedeutet?“
Am nächsten Tag entschuldigt sich Dehm bei den beiden Präsidentschaftskandidaten, falls sie sich „in die Nähe von Hitler und Stalin gerückt fühlen sollten“.
Renate Künast (Grüne) fordert jedoch eine „echte Entschuldigung“ von Dehm für seinen Stalin-Hitler-Vergleich. Auch innerhalb seiner eigenen Partei gibt es Kritik an dem Vergleich, unter anderem von der Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch und dem Berliner Landesvorsitzenden Klaus Lederer. André Brie wirbt hingegen dafür, Dehm nicht zu ernst zu nehmen, da dieser „ja auch mit antisemitischen Verschwörungstheorien hervorgetreten“ sei. Joachim Gauck weist die Entschuldigung Dehms nachdrücklich zurück.
November 2010. Er tritt bei der Wahl für den Landesvorsitz seiner Partei in Niedersachsen nicht wieder an.
Dezember 2010. Dehm wird in Paris zum Schatzmeister der Europäischen Linken gewählt und erneut beim Kongress 2013 in Madrid mit dieser Aufgabe betraut. Zu seinem Aufgabenbereich gehört das Projekt „Europäisches Kulturnetzwerk“. Diese Idee wurde gemeinsam in Gesprächen mit Gregor Gysi, Pierre Laurent, Mikis Theodorakis und dem Mailänder Bürgermeister Giuliano Pisapia entwickelt.
21. Mai 2013. Dehm wird wegen eines Aufrufs zum massenhaften Schottern, also zum Herauswühlen von Schottersteinen aus dem Gleisbett entlang der Castor-Strecke Richtung Atomlager Gorleben, im Oktober 2010 vom Amtsgericht Lüneburg zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen à 150 Euro verurteilt.
Am 9. April ist bereits der Linken-Bundestagsabgeordnete Jan van Aken zu 2250 Euro verurteilt worden. Ende April verurteilte das Lüneburger Amtsgericht seine beiden Fraktionskolleginnen Sevim Dagdelen und Inge Höger zu Strafen in Höhe von 4500 beziehungsweise 2250 Euro.
22. September 2013. Er wird wieder in den Bundestag gewählt.
2014. Als Xavier Naidoo unter anderem für seine Nähe zur Reichsbürgerbewegung und zu den „Mahnwachen“ kritisiert wird, verteidigt ihn Dehm und bezeichnet die Kritiker als „antideutsche Shitstorm-SA“.
April 2014. Dehm erklärt in einem Interview mit dem russischen Staatssender Stimme Russlands zum Ukraine-Konflikt, dass US-amerikanische Geheimdienste Einfluss auf die Berichterstattung deutscher Medien hätten. Seine eigene Fraktion im Bundestag distanziert sich umgehend von dieser Äußerung.
9. Juni 2014. Dehm tritt bei einer der vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise entstandenen Mahnwachen für den Frieden am Brandenburger Tor in Berlin mit Wort- und Gesangsbeiträgen auf. Damit setzt er sich in Widerspruch zum Bundesvorstand seiner Partei, der sich Ende Mai von den „Rechtspopulisten, Nationalisten, Verschwörungstheoretikern und Antisemiten“ distanziert hat, die diese Veranstaltungen benutzen würden, um „rechtspopulistische Welterklärungsmuster und ‚Querfront‘-Strategien salonfähig zu machen“. Mit diesen Kräften werde die Linke „ganz grundsätzlich nicht zusammenarbeiten“.
Dehm rechtfertigt sich, indem er auf den großen Applaus verweist, den seine scharfen Worte gegen Antisemitismus im Publikum gefunden hätten. Auf der Demonstration habe er „Antisemiten weder gehört noch gesehen“. Der Berliner Landesvorsitzende der Linken Klaus Lederer bedauert, dass Dehm den Parteivorstandsbeschluss ignoriert. Sein Verhalten werde im Bundesvorstand diskutiert werden. Bereits 2009 hat Dehm in diesem Kontext erklärt: „Antisemitismus ist Massenmord und muss dem Massenmord vorbehalten bleiben“. Dies brachte ihm von Felix Bartels den Vorwurf ein, dass er damit fordere, von Antisemitismus erst dann zu reden, wenn wieder massenhaft Juden umgebracht würden, und ähnlich wie Konrad Adenauer in der Schlussstrichdebatte eine „Naziriecherei“ unterbinden wolle.
13. Dezember 2014. Bei der „Friedenswinter“-Demonstration marschiert Dehm mit Ken Jebsen an der Spitze des Zuges.
16. Dezember 2014. Die Linksfraktion beschließt hinsichtlich des „Friedenswinters“, zu dem auch Ken Jebsen und Lars Mährholz aufgerufen haben, dass aus ihren finanziellen Mitteln keine Veranstaltungen mehr unterstützt werden, soweit sich an diesen Zusammenkünften Organisatoren der Montagsmahnwachen verantwortlich beteiligen.
2015. Er hält in Berlin bei einer Demonstration die Flagge der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hoch. später wird Dehm deshalb wegen Werbung für eine Terroristische Vereinigung mit einer Strafe von 3.000 Euro belegt.
Ab 2015. Dehm äußert zur Flüchtlingskrise in Europa ab 2015: „Leute“, „die Rüstungsindustrie“, hätten „enorme Geschäfte gemacht mit den Ursachen der Flüchtlingskrise“. Man müsse „diejenigen, die Bomben auf Syrien geworfen haben“, deshalb „zur Kasse bitten“. Betreffen würde dies ihm zufolge die USA und die deutsche Rüstungsindustrie. Von dem Geld könne man beispielsweise benötigte Sozialwohnungen bauen.
Ferner bezeichnet Dehm es als „ganz falsch“, alle Menschen pauschal als Rassisten zu bezeichnen, die „Sorgen“ äußern. Man müsse für die „Sorgen“ der „sogenannten ‚kleinen Leute‘“ stattdessen „ein offenes Ohr“ haben. Auch könne man Europa zwar nicht „umzäunen“, der „Flüchtlingszustrom“ müsse aber auf Dauer begrenzt werden, obgleich politisch Verfolgte uneingeschränkt Asyl erhalten sollten. Zur Umsetzung fordert Dehm „eine gerechte Weltwirtschaftsordnung“ und ein Ende der Bombardierung von Staaten wie Libyen: „Kein Mensch hat den USA gesagt, dass sie Gaddafi wegbomben sollen, der hatte den Staat – bei all seiner Verrücktheit – irgendwo noch im Griff und jeden dritten Dollar, den er eingenommen hat, hat er in den Sozialstaat gesteckt.“
Februar 2016. Es wird bekannt, dass Dehm seit mehreren Jahren den ehemaligen RAF-Terroristen und 1985 wegen neunfachen Mordes und anderer Verbrechen verurteilten Christian Klar als freien Mitarbeiter für die Administration der Website des Bundestagsabgeordneten beschäftigt. Der Vorgang kommt ans Licht, als Dehms Antrag auf Erteilung eines Bundestags-Hausausweises für Klar abgelehnt wird. Parlamentarierer von CDU/CSU üben scharfe Kritik an dem Anstellungsverhältnis.
September 2016. Dehm erklärt, einen minderjährigen afrikanischen Halbwaisen im Kofferraum seines Fahrzeugs unbemerkt und ohne Registrierung von Italien über die Schweiz zu dessen Vater nach Deutschland gebracht zu haben. Er sei mit sich „im Reinen“. Wie Dehm am 23. September 2016 gegenüber der taz bestätigt, hat die Staatsanwaltschaft aufgrund einer Strafanzeige die Aufhebung seiner politischen Immunität beantragt, um das Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zur unrechtmäßigen Einreise einleiten zu können. Dehm wird von dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler (CSU) rechtsanwaltlich vertreten. Das Verfahren wird mangels ausreichenden Tatverdachts eingestellt.
17. Januar 2017. Björn Höcke hält nach einer Einladung des Jugendverbandes "Junge Alternative" (JA) eine medial stark rezipierte und kritisierte Rede in Dresden (laut Einladung „Hauptstadt des Widerstands“) im Ball- und Brauhaus Watzke am Elbufer im Stadtteil Mickten.
Pegida-Ordner stellten den Saalschutz. Die wöchentliche Pegida-Demonstration fällt dafür aus. Höcke erscheint in Begleitung von Götz Kubitschek. Elsässer überträgt seine Rede auf Youtube, während anderen Journalisten der Zutritt verwehrt wird. Im Saal befindet sich auch Maximilian Krah (Ex-Kreisvorstandsmitglied der Dresdner CDU).
Jens Maier (Richter am Landgericht Dresden), der Steffen Kailitz im Jahr 2016 die Aussage verboten hat, die NPD plane "rassistisch motivierte Staatsverbrechen" ist inzwischen Direktkandidat der AfD im Bundestagswahlkreis Dresden I und sagt als Vorredner von Höcke: Die AfD habe die NPD mit ihrer Politik marginalisiert. "Wir bieten Patrioten eine echte Heimat." Zum Thema Aufarbeitung proklamiert er: "Ich erkläre hiermit diesen Schuldkult für endgültig beendet."
In Bezug auf das Berliner Holocaust-Mahnmal sagt Höcke: „Wir Deutschen – und ich rede jetzt nicht von euch Patrioten, die sich hier heute versammelt haben – wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Deutschland müsse eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ vollziehen. Die Erinnerungskultur seit 1945 bezeichnet er als „dämliche Bewältigungspolitik“. Im Weiteren vergleicht er die Luftangriffe der Alliierten auf Dresden mit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki. Die Bombardierungen deutscher Städte hätten „uns unsere kollektive Identität rauben“, „uns mit Stumpf und Stiel vernichten“ und „unsere Wurzeln roden“ sollen. „Mit der nach 1945 begonnenen Umerziehung“ habe man das auch fast geschafft. Der deutsche Gemütszustand sei bis heute immer noch der "eines brutal besiegten Volkes". "Unsere einst geachtete Armee ist von einem Instrument der Landesverteidigung zu einer durchgegenderten multikulturalisierten Eingreiftruppe im Dienste der USA verkommen."
Statt die junge Generation in den Bildungseinrichtungen mit den vielen deutschen „großen Wohltätern, den bekannten, weltbewegenden Philosophen, den Musikern, den genialen Entdeckern und Erfindern in Berührung zu bringen“, werde die deutsche Geschichte „mies und lächerlich“ gemacht.
Richard von Weizsäckers Rede Zum 40. Jahrestag der Beendigung des Krieges in Europa und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft (1985) habe sich „gegen das eigene Volk“ gerichtet. Deutschland sei durch den „Import fremder Völkerschaften“ bedroht. Es gebe „keine moralische Pflicht zur Selbstauflösung“, sondern zur Weitergabe von deutscher Kultur, Wohlstand und „noch vorhandener staatlicher Wohlordnung“ an die kommende Generation.
Parteiintern kritisiert er das Weiterwirken sogenannter „Luckisten“, die „keine innere Haltung besitzen, die Establishment sind und Establishment bleiben wollen oder so schnell wie möglich zum Establishment gehören wollen.“ Auf AfD müsse dagegen in ihr und zusammen mit befreundeten gesellschaftlichen Bewegungen eine „inhaltliche Fundamentalopposition“ bilden. Sie sei „die letzte evolutionäre und die letzte friedliche Chance für unser Vaterland“. Es brauche ihren „vollständigen Sieg“.
Sie dürfe allenfalls als stärkerer „Seniorpartner“ eine Koalition eingehen, müsse aber 51 % der Mandate anstreben. Oder, ersatzweise, als Seniorpartner in einer Koalition "mit einer der Altparteien" regiere. "Denn wir führen einen gerechten Kampf. Einen Kampf, der bei der Bundestagswahl nicht endet und der darüber entscheiden wird, ob wir und unsere Kinder noch eine Zukunft in der Mitte Europas haben oder ob wir und unsere Kinder, unser Staat, unsere Kultur, und unser liebes Volk in Chaos versinken."
Die Rede wird viel beachtet und kritisiert. Laut Extremismusforscher Armin Pfahl-Traughber möchte Höcke damit eine nationalistische Geschichtsrevision einleiten und politische Schritte „weg von den Normen des demokratischen Verfassungsstaates“ legitimieren. Historiker Martin Sabrow sieht einen „erinnerungskulturellen Tabubruch“: Höcke hole „die Sprache des Faschismus zurück in die Gegenwart“ und stelle die historische Aufklärung in Frage. Justus Bender, Matthias Meisner und andere sehen Höckes Auftritt als „gezielten Tabubruch“ gemäß der AfD-Strategie „sorgfältig geplanter Provokationen“. Die Rede habe sich kaum von Reden der 1930er Jahre aus der „Hauptstadt der Bewegung“ München unterschieden.
Josef Schuster (Zentralrat der Juden in Deutschland) kritisiert die Rede als Ausdruck eines antisemitischen und menschenfeindlichen Charakters der AfD: „Dass 70 Jahre nach der Schoah solche Aussagen eines Politikers in Deutschland möglich sind, hätte ich nicht zu glauben gewagt.“
Ser Sprachwissenschaftler Peter Schlobinski nennt Höckes Rede „eine richtig rechte Brühe“. Zwar habe Höcke semantisch nicht das Holocaust-Denkmal, sondern den Holocaust als Schande bezeichnet, das ändere jedoch wenig, da man die Aussage im Gesamtkontext betrachten müsse, der die rechtsextremistische Gesinnung Höckes entlarve. Nach dem Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber ginge es Höcke „um eine Geschichtsrevision im nationalistischen Sinne, welche zur Legitimation von politischen Schritten weg von den Normen des demokratischen Verfassungsstaates dienen“ solle. Der Historiker Martin Sabrow, der Höcke als „Rechtsextremisten“ sieht, macht einen „erinnerungskulturellen Tabubruch“ aus. Höcke hole „die Sprache des Faschismus zurück in die Gegenwart“ und stelle die historische Aufklärung in Frage.
Der Tagesspiegel wertet den Auftritt als einen „gezielten Tabubruch“ im Rahmen der von der AfD-Parteiführung vorgegebenen Strategie „sorgfältig geplanter Provokationen“. Laut Bender handelt es sich hierbei um eine ganz gezielte Provokation Höckes. Die Rede aus Dresden (gemäß JA-Einladung: „Hauptstadt des Widerstands“) habe sich kaum von den Reden der 1930er Jahre aus der „Hauptstadt der Bewegung“ München unterschieden. Mely Kiyak sieht in der „Brauhaus-Rede“ keine neue Grenzüberschreitung, sondern vielmehr eine Kontinuität in der Auslassung und Neuerzählung bestimmter Kapitel der deutschen Geschichte und verwies insoweit auf Höckes „Kyffhäuser-Rede“ vom 4. Juni 2016, in der Höcke erklärt hat, man habe in Deutschland lange genug Mahnmale gebaut, und gefordert hat, „endlich wieder Denkmäler [zu] errichten“. Höckes Rede wird auch von ausländischen Medien rezipiert. So berichtet der Korrespondent des The Daily Telegraph, der Veranstaltungsort habe Vergleiche mit dem frühen Aufstieg der NSDAP in Münchner Bierzelten nahegelegt.
Weiterhin wird Höckes Rede scharf von Politikern aller Parteien kritisiert. Jürgen Kasek (Grüne) bezeichnet ihn als „Antisemit“, Marco Wanderwitz (CDU) und Thomas Oppermann (SPD) nennen ihn „Nazi“. Scharfe Kritik kommt auch von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke). Höcke verschiebe am Tag des NPD-Verbotsverfahrens das politische Feld weiter nach rechts.
Mehrfach wird eine Beobachtung von mindestens Teilen der AfD durch den Verfassungsschutz gefordert. Während sich der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, André Schulz, durch Höckes Rede in seiner Auffassung bestärkt sieht, die AfD unter Beobachtung zu stellen, sieht der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan J. Kramer, dazu noch keine hinreichende Notwendigkeit.
Die Rede sorgt innerhalb der AfD für Kritik, und über einen Parteiausschluss wird innerhalb einer Sitzung des Bundesvorstandes diskutiert. Letztlich kommt die Partei zu keinem Ergebnis, der Bundesvorstand hält allerdings Ordnungsmaßnahmen für erforderlich. Höcke selbst gibt an, sich in der Diskussion um seine umstrittene Rede als Opfer innerparteilicher Machtkämpfe zu sehen. Die beiden Bundessprecher der AfD bewerten die Rede unterschiedlich.
Frauke Petry sagt: "Es bestätigt sich, was ich schon vor einem Jahr sagte. Björn Höcke ist mit seinen Alleingängen und ständigen Querschüssen zu einer Belastung für die Partei geworden", sagte Petry der "Jungen Freiheit" und warnte: "Wir werden Realisten sein oder politisch irrelevant werden." Dagegen spricht Jörg Meuthen davon, dass die Rede lediglich zu tadeln sei.
Höcke teilt in der Folge mit, er habe nicht das Mahnmal, sondern den Holocaust selbst als Schande bezeichnet. Es sei ihm nur um die Bedeutung „Denkmal zur Erinnerung an eine Schande“ gegangen. Er sei „erstaunt über die Berichterstattung“, schreibt Höcke. Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung) wertet dies als Teil einer „Strategie der AfD“. „Wer so oft provoziert wie Höcke, meint es auch so“, äußert der Politikwissenschaftler Jürgen Falter. Höcke entpuppe sich immer mehr „als echter Rechtsradikaler“.
Frauke Petry attestiert Björn Höcke in einem Rundschreiben an alle Mitglieder der Partei, dass seine Rede „nicht nur Sprengpotential für die Einheit der Partei, sondern insbesondere auch für das Demokratieverständnis der AfD“ habe und bereits seine früheren Auftritte zu „Hunderten von Parteiaustritten“ geführt hätten. Den „durch Björn Höcke aufgezeigten Weg einer 180-Grad-Wende in der Geschichtsbetrachtung sowie die Verächtlichmachung des Parlamentarismus und seiner Vertreter“ nennt sie einen „Irrweg“. In einer internen Kommentierung der Rede wird Höcke ein „erneuter Rückgriff auf die nationalsozialistische Vergangenheit“ vorgeworfen, darunter ein rhetorischer Rückgriff auf das Heimtückegesetz und mit seiner Formulierung eines „total besiegten Volkes“ auf die Sportpalastrede von Joseph Goebbels.
Nach der Rede ermittelt die Staatsanwaltschaft Dresden wegen des Verdachts der Volksverhetzung und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener. Zudem werden 91 Strafanzeigen gegen Höcke erstattet, unter anderem durch die Bundestagsabgeordneten Michaela Engelmeier (SPD) und Dieter Dehm (Die Linke).
Am selben Tag behauptet Höcke, er habe nicht das Holocaustgedenken, sondern den Holocaust als „Schande“ bezeichnet und dazu einen schon etablierten Ausdruck verwendet. Sprachwissenschaftler verweisen dagegen auf den Kontext: „Sich pflanzen“ bedeute umgangssprachlich „sich unangemessen breitmachen“. Zudem hat Höcke den früheren CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß zitiert, der für einen Schlussstrich bei der angeblich lähmenden „Vergangenheitsbewältigung“ plädiert hat, und ihn mit der Forderung einer erinnerungspolitischen Kehrtwende überboten. Höcke empfinde also eindeutig das Holocaustdenkmal als Schande für das deutsche Volk. Für den Politikwissenschaftler Jürgen W. Falter entlarvt sich Höcke mit der Rede „als echter Rechtsradikaler“. Auch für den Sprachwissenschaftler Peter Schlobinski zeigt der Redekontext Höckes rechtsextreme Gesinnung.
24. September 2017. Er wird wieder in den Bundestag gewählt.
Dehm gibt zu Beginn der 19. Legislaturperiode des Bundestages Beteiligungen an drei Unternehmen sowie Nebeneinkünfte der Stufe 4 (15.000 bis 30.000 EUR jährlich) an.
Dezember 2017. Der Betreiber des Kino Babylon lehnt eine dort angekündigte Preisverleihung an Ken Jebsen ab, nachdem der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke) die Veranstaltung kritisiert hat. Lederer bekommt dabei Unterstützung durch einen entsprechenden Beschluss des Bundesvorstandes der Partei.
Dehm mobilisiert daraufhin zu einer Protestdemonstration vor der unweit des Kinos gelegenen Bundesgeschäftsstelle seiner Partei wegen „Zensur“. Dehm tritt unter Missachtung des Parteivorstandsbeschlusses auf der Demonstration gegen seine eigene Partei auf. Der den Preis verleihende Blog, die NRhZ-Online, geht mit Erfolg gerichtlich gegen die Kündigung seitens des Kinos vor.
Zur Verleihung sind als musikalische Begleitung auch Die Bandbreite und Gilad Atzmon angekündigt. Atzmon, dem vorgeworfen wird, er bediene antisemitische Ressentiments, erhielt vom Kinobetreiber Hausverbot, Jebsen sagt seine Teilnahme an der Verleihung ab.
Zwei Unternehmen aus Dehms Firmennetzwerk sponsorn die Veranstaltung. Christian Bommarius hält Dehm kurz danach in einem Leitartikel der Frankfurter Rundschau Ignoranz gegenüber Antisemitismus vor und nimmt dabei Bezug auf dessen Aussage von 2009, Antisemitismus sei Massenmord und müsse dem Massenmord vorbehalten bleiben.
Anfang 2018. Nachdem Dehm den Tagesspiegel-Redakteur Matthias Meisner, der seit 1999 über die PDS bzw. Linke berichtet, als „Schreibagenten“ von der „BND-Tankstelle“ beschimpft und Meisner sich darüber beschwert, fordern die Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger die eigene Fraktion zu einem fairen Umgang mit kritischen Journalisten auf. „Aus historischen Gründen und auch bezüglich aktueller Anlässe“ betont Kipping, „dass die Pressefreiheit für die Linke ein hohes Gut ist und bleibt.“ Bundesgeschäftsführer Harald Wolf bezeichnet Dehms „Äußerungen [als] vollkommen deplatziert“. Sie würden „jeder sachlichen Auseinandersetzung [entbehren]“.
27. Februar 2018. Nachdem eine vermutlich kremlnahe Gruppe im russischen Sozialen Netzwerk VKontakte (VK) ein Foto einer ukrainischen Stadt im Hakenkreuzschmuck – angeblich Lwiw – veröffentlicht, teilt Dehm es auf Twitter als Beleg für den Neofaschismus in der Ukraine, ohne die Herkunft des Bildes zu hinterfragen. Tatsächlich stammt es von Dreharbeiten eines Films über die NS-Besatzungszeit der Ukraine. Dehm löscht das Bild später wieder.
März 2018. Dehm wiederholt seine Anschuldigung gegen Matthias Meisner und legt nahe, auch die beiden Journalisten Christian Bommarius und Markus Decker (DuMont-Hauptstadtredaktion) bezögen ihre Informationen vom Geheimdienst.
Anfang April 2018. Dehm bezeichnet im Rahmen eines Berliner Ostermarsches Bundesaußenminister Heiko Maas als „gut gestylten NATO-Strichjungen“. Hintergrund der Äußerung ist die Ausweisung russischer Diplomaten aus mehreren NATO-Staaten als Reaktion auf den Nervengiftanschlag auf den Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter.
Der Vorsitzende der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg, Oliver Nöll, beantragt daraufhin, ein Parteiordnungsverfahren gegen Dehm mit dem Ziel des Ausschlusses einzuleiten. Zuspruch erhält Dehm für seinen Angriff auf Maas hingegen aus den Reihen der rechtsradikalen politischen Partei Alternative für Deutschland (AfD).
Die Berliner Linkspartei-Vorsitzende Katina Schubert kommentiert den Vorfall damit, dass Dehm „mit seinen Querfront-Aktivitäten, ehrverletzenden Vergleichen, antisemitischen und homophoben Äußerungen der Linken fortgesetzt Schaden“ zugefügt habe.
Dehm wird im Zusammenhang mit der als homophob und sexistisch empfundenen Verbalinjurie vorgeworfen, nicht wenig Anteil an der drohenden Spaltung der Linken in ein kosmopolitisches und ein traditionelles Lager zu haben. Dehm äußert kurz darauf diesbezüglich: „Gern entschuldige ich mich bei jeder Sexarbeiterin und jedem Sexarbeiter, die alle eine edlere Motivation haben als willfährige NATO-Politiker.“
Juli 2018. Dehm spricht gegen eine Aufnahme von syrischen Weißhelmen aus, unter denen er Befürworter von Terrorismus und Gewalt sowie Graue Wölfe und türkische Geheimdienstmitarbeiter vermutet. Dehm sieht in der Aufnahme der Weißhelme eine „Aushöhlung des von Antifaschisten erkämpften politischen Asylrechts“, wenn man ihnen „dieselben Rechte und Standards“ wie politischen Flüchtlingen einräume.
Diether Dehm (2019) |
Ende 2019. Dehm wendet sich in einer gemeinsamen Erklärung zusammen mit sieben anderen Mitgliedern der Linksfraktion gegen einen Bundestagsantrag der Grünen, in dem diese ein Betätigungsverbot für die libanesische Islamistengruppe Hisbollah fordern.
Ende Februar 2020. Zusammen mit sieben weiteren Mitgliedern der Linksfraktion erstattet Dehm beim Generalbundesanwalt im Zusammenhang mit der Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani durch eine US-Drohne Strafanzeige gegen Angela Merkel (Bundeskanzlerin) und weitere Mitglieder der Bundesregierung wegen Beihilfe zum Mord durch Unterlassung. Die Bundesanwaltschaft sieht keinen Tatverdacht. Dehms Aktion stößt innerhalb und außerhalb seiner Partei auf Kritik.
Ende August 2020. Ein Lied Dehms über die angeblich wahren Hintergründe der COVID-19-Pandemie sorgt auch parteiintern für Konfliktstoff: Dehm textet darin Verse wie „Ein junger Virus plus uralte Mächte. Ja, dieser Mix macht geil auf unsre Rechte“ oder „Worauf reimt sich Covid? Auf jeden Fall auf Profit.“ Der Song nimmt damit laut taz das Verschwörungsnarrativ auf, dass hinter der Coronakrise eine „globale Elite“ stecke.
Der Landesvorstand der niedersächsischen Linken fasst einen Beschluss, in dem es heißt: „Das ist kein Lied unserer Partei“ und „Die Linke Niedersachsen macht sich den Inhalt des Liedtextes nicht zu eigen.“ Auf dem Youtube-Kanal des Landesverbandes wird das Lied als „Unser Corona-Song“ zunächst veröffentlicht, aber nach nur einem Tag wieder gelöscht. Dehm bestreitet, dass das Lied Anknüpfungspunkte zu rechten Verschwörungsfantastereien aufweise.
September 2020. Als der Europaausschuss des Bundestages über die deutsche Position zur Krise in Belarus und Russland als Schutzmacht des umstrittenen belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenka diskutiert, verteidigt Dehm gegenüber Bundesaußenminister Heiko Maas Russland „auf ganzer Linie“.
24. April 2021. Für die Bundestagswahl wird er nicht auf einem vorderen Platz der Landesliste von Die Linke Niedersachsen aufgestellt.
Mai 2021. Dehm lässt sich in Russland in Anwesenheit von Journalisten des staatlichen Fernsehens mit dem dort entwickelten Impfstoff Sputnik V gegen das Corona-Virus impfen. Er kritisiert, dass der Impfstoff in Deutschland bislang nicht verfügbar sei. Das sei eine politische Entscheidung.
Die Impfung findet während einer vom Bundestag bezahlten Dienstreise aus Anlass des 76. Jahrestags des Sieges der Sowjetunion über Nazideutschland statt. Konstantin Kuhle (FDP) bezeichnet die öffentlichkeitswirksame Impfung während einer Dienstreise als „Zweckentfremdung öffentlicher Mittel“. Auch in der eigenen Fraktion wird Dehm kritisiert, weil sein Vorgehen den Interessen Russlands diene. Für die Zweitimpfung reist Dehm nach San Marino.
26. September 2021. Bei der Bundestagswahl verpasst er trotz Unterstützung von Sarah Wagenknecht den Wiedereinzug in den Bundestag. Wagenknechts Wahlwerbung für Dehm wurde bei YouTube nur 449 Mal aufgerufen, ein zweites Video ebenfalls nur etwas mehr als 1.000 Mal.
4. Oktober 2021. Diether Dehm will ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in Kassel, demzufolge »Sputnik-V«-Geimpfte keinen Anspruch auf ein deutsches Impfzertifikat haben, nicht akzeptieren. Er kündigt an, in die nächste Instanz zu gehen, und vor das Bundesverwaltungsgericht zu ziehen.
Nach seinen Impfungen hat er beim Gesundheitsamt des Landkreises Fulda die Ausstellung eines deutschen Impfzertifikates beantragt. Der Landkreis lehnte das mit der Begründung ab, der Impfstoff »Sputnik V« gehöre nicht zu den vom Paul-Ehrlich-Institut aufgelisteten Impfstoffen. Der VGH gab dem Landkreis recht.
Die Europäische Union habe beschlossen, dass Menschen, in deren Herkunftsländern die russische Vakzine zugelassen ist, sich innerhalb der EU frei bewegen könnten, sagt Dehm. Menschen, deren Herkunftsländer den Impfstoff nicht zugelassen haben, bleibe dies hingegen verwehrt. »Es ist absurd, dass beispielsweise ein mit ›Sputnik V‹ vollständig geimpfter Ungar in einer deutschen Gaststätte, die sich auf die 2G-Regel verpflichtet hat, speisen darf und ein Deutscher – in diesem Fall ich – nicht.«
Dieter Dehm (2014), Lizenz: Creative-Commons „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland“, Urheber: Olaf Kosinsky