Freitag, 9. April 2021

Heinrich Strößenreuther

Heinrich Strößenreuther (2019)
Der deutsche Politiker, Manager, Wirtschaftsinformatiker, Unternehmer, Campaigner und Umweltaktivist Heinrich Strößenreuther wurde am 26. Dezember 1967 in Wilhelmshaven geboren.

Er gehört seit 2021 der politischen Partei Christlich Demokratische Union (CDU) an.

Strößenreuther gilt als Deutschlands wohl bekanntester Fahrrad-Aktivist und laut taz als „Deutschlands erfolgreichster Verkehrslobbyist“. Die Zeit bezeichnet ihn als Verkehrsrebell im schwarzen Anzug. Die Initiative gegen das Falschparken, die Heinrich Strößenreuther als „Tabubruch zur Gefahrenabwehr“ beschreibt, läuft für Andere unter Denunziantentum bzw. Blockwart 2.0.

Das erfolgreiche Berliner Volksbegehren wurde in anderen Städten Deutschlands kopiert. Ausgehend von Strößenreuthers Absicht, man müsse der Politik mehr Angst vor den Radfahrenden als vor der Autolobby machen, wird der Beschluss des Berliner Volksbegehrens auch als ein erfolgreiches Beispiel für politische Prioritätenverschiebung durch basisdemokratisches Engagement gewertet.

Leben

26. Dezember 1967. Heinrich Strößenreuther wird in Wilhelmshaven geboren.

1989 bis 1995. Strößenreuther studiert an der Universität Mannheim Wirtschaftsinformatik mit den Schwerpunkten Verkehr, Logistik und Industriebetriebslehre und schließt mit dem Diplom ab. Er ist Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung.

1995 bis 1996. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Enquete-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" des Deutschen Bundestages.

1995 bis 1997. Er ist Vorstand und Vorsitzender der Vereinigung für ökologische Wirtschaftsforschung (ehrenamtlich).

1997 bis 1998. Er ist Campaigner für Ökosteuern und Wachstumskritik bei Greenpeace.

1998 bis 2007. Er ist Projektmanager und Obere Führungskraft bei der Deutschen Bahn, davon 1998–2000 in der Konzernstrategie, 2000–2002 als Leiter Umweltmanagement im Personenverkehr, 2001–2004 als Projektleiter Energiesparen, 2005–2007 in verschiedenen Projekten in den Bereichen Supply Chain Management, Instandhaltung aus Ausschreibungsmanagement in München, Kiel und Frankfurt.

2008 bis 2009. Er ist Direktor bei der BSL Management Consultants, einer Management-Beratung im Bereich Public Transport.

2009. Mit dem Schritt in die Selbständigkeit und der Gründung seiner Beratung Verkehrs Innovations Partner legt Heinrich Strößenreuther die Basis für sein Leben als Consultant, Interims-Manager, Aktivist und Buch-Autor. U.a. leitet er die Metronom Eisenbahn GmbH und die ODIG GmbH und baut die Bike+Ride-Offensive der Deutschen Bahn AG mit auf.

2009 bis 2010. Er ist Gründer und Geschäftsführer der hejo Deutsche Bus GmbH, einem Startup in dem entstehenden Fernbusmarkt.

2013. Er gründet die Agentur für clevere Städte als Plattform für sein ehrenamtliches Engagement in der Initiative für clevere Städte und für Aufträge im Bereich PR, Kommunikation und Verkehrswende. Darüber hinaus ist Strößenreuther akkreditierter Gründungsberater, Business Angel bei der Distribusion Technologies GmbH und der Nüwiel GmbH, vom BAFA gelisteter Energie-Auditor und ehrenamtliches Mitglied im Ausschuss für Stadtentwicklung und Infrastruktur der IHK Berlin.

Herbst 2013. Strößenreuther startet mit der Initiative Clevere Städte mit der Crowdfunding-Kampagne für die Falschparker-App Strassensheriff – eine Kampagne gegen das Falschparken.

Frühjahr 2014. Die Falschparker-App wird unter dem Namen Wegeheld online gestellt. Sie erzielt ein enormes Medienecho und schiebt die Diskussion zum Flächenkonflikt, zu dem Ärgernis des Falschparkens und der Verkehrspolitik insgesamt an.

Sommer 2014. Strößenreuther veröffentlicht den Flächengerechtigkeitsreport mit der Vermessung von 200 Berliner Straßen. Erstmals wird dargestellt, wem wie viel Straßenfläche zusteht.

Sommer 2015. Heinrich Strößenreuther schiebt die Initiative Volksentscheid Fahrrad an, die im November 2015 mit mehr als 30 Radverkehrsaktivisten startet. Hierbei werden zehn radverkehrspolitischen Ziele ausgearbeitet, die später in den Entwurf von Deutschlands erstem Radverkehrsgesetz einfließen und Vorlage für die Forderungen zahlreicher Radentscheide werden. Im Dezember 2015 geht der Volksentscheid Fahrrad an die Öffentlichkeit.

2016. Strößenreuther ist Mitinitiator des Radgesetzes und übernimmt die Pressearbeit für die Initiative Volksentscheid Fahrrad Berlin, die in das Berliner Mobilitätsgesetz überführt wird. Kurz darauf gibt es Nachahmer, die ihrerseits in ihren Kommunen kommunale Bürgerentscheide zum Radverkehr (Radentscheide) starten.

2. Februar 2016. Im Nachgang zu einem tödlichen illegalen Autorennen auf dem Ku'damm organisiert Strößenreuther einen Sit-in von Fahrradaktivisten für den getöteten Autofahrer. Unter anderem die Presseresonanz führt dazu, dass illegale Autorennen als Straftat geahndet werden und erstmals in Deutschland wegen Mord im Straßenverkehr angeklagt und verurteilt wird.

2017. Der Trägerverein des Volksentscheid Fahrrad wird in Changing Cities e.V. umbenannt.

15. Februar 2018. Die Petition für das 365-Euro-Ticket befördert die Diskussion über einen höheren Stellenwert des ÖPNVs im Rahmen der Dieselkrise.

28. Juni 2018. Das Berliner Abgeordnetenhaus beschließt das Radgesetz.

18. Juli 2018. Das Radgesetz tritt in Kraft.

2019. Unter anderem die Petition für höhere Bußgelder für Falschparker vom Herbst 2014 führt zu einer deutlichen Erhöhung der Bußgelder.

Juli 2019. Er schiebt die Gründung der Klimaschutzorganisation GermanZero an, deren Geschäftsführer er bis November 2020 ist.

Die Mission ist, ein 1,5-Grad-Klimaschutzgesetz zu erarbeiten und 2022 in dem ersten Jahr der neuen Legislaturperiode mit einer 2/3-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat entscheiden zu lassen. Dieses Klimagesetz soll die Klimaneutralität für Deutschland bis 2035 gesetzlich sicherstellen. Als erklärtes Ziel soll Deutschland seinen von der Bundesregierung auf der Klimakonferenz in Paris 2015 bindend zugesagten Beitrag zur Begrenzung der Erdüberhitzung auf 1,5 °C leisten.

Erreicht werden sollen die Ziele von GermanZero durch die Erstellung eines „Klimaplans“ und entsprechende Gesetzentwürfe. Die daraus resultierenden Gesetze sollen ab Beginn der Legislaturperiode 2021 vom Bundestag beschlossen werden.

Eine bundesweite Kampagne und die Hilfe von Freiwilligen aus der Zivilgesellschaft sollen diese politische Mehrheit im Bundestag und Bundesrat ermöglichen. 

Die Organisationsform der Initiative ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Hamburg, die Geschäftsstelle befindet sich in Berlin. Der Verein erhielt im Jahr 2019 Zuwendungen von rund 483.000 Euro, 450.000 Euro davon durch insgesamt sechs Großspender. Vereinsziele sind Wissenschaft und Forschung, Bildung, Umweltschutz, welche nach § 52 Abs. 2 AO als gemeinnützig gelten. Stand Juli 2020 arbeiten 20 Personen in Festanstellung für den Verein.

November 2019. Aus der Initiative GermanZero wird der gemeinnützige Verein GermanZero e.V. gegründet. Der Klimaplan von GermanZero, der in wenigen Wochen mit führenden Klimawissenschaftlern unter Moderation vom Metaplan erarbeitet wird, stellt Maßnahmen vor, wie die Klimaneutralität bis 2035 erreichbar sein soll.

17. Dezember 2019. GermanZero erreicht nach der ersten Pressekonferenz ein bundesweites Medienecho.

Bis Anfang 2020. Es sind bisher mehr als 40 Radentscheide in Deutschland an den Start gegangen und größtenteils erfolgreich abgeschlossen worden, oft bereits in der ersten Stufe, bevor es zum eigentlichen Bürgerentscheid kam.

Januar 2020. Die Arbeit für die Klimaentscheide wird aufgenommen. Mit namhaften Experten des kommunalen Klimaschutzes wird der KlimaStadtPlan-Generator konzipiert und programmiert: Mit wenigen Stunden Arbeit lasse sich für jede Stadt in Deutschland ein bezüglich Kosten, Investitionen, Stellenbedarf, Job- und CO2-Effekte ein kommunales Klimaschutzkonzept durchkalkulieren und in eine 40-seitige layoutete Broschüre überführen, den sogenannten KlimaStadtPlan. Dieser werde dann Grundlage der KlimaEntscheide, kommunaler Bürgerentscheide Klimaschutz, die "über die Dörfer" und Stadt für Stadt den klimapolitischen Druck von unten Richtung Bund und Länder erhöhen soll. Aus sozialwissenschaftlichen Studien ist bekannt, dass schon vier Prozent einer Gruppe reichen, um die ganze Gruppe in eine neue Richtung zu bewegen: Diese Schwelle werde automatisch mit dem Quorum von Bürgerentscheiden erreicht, dass je nach Kommunalverfassung zwischen 3 und 10 % liegt. Die Strategie, die Strößenreuther maßgeblich entwickelt, führt bis Ende des Jahres zu über 20 Klimaentscheiden.

März 2020. Für die Mitgliederwerbung wird auf die Sozialen Netzwerke der Aktivisten gesetzt. So werden über Mundpropaganda eine Videobotschaft und ein Spendenvideo verbreitet, in der 53 prominente Personen (u. a. Rike Schmid, Rezo, Jan Josef Liefers, Christine Urspruch, Mojib Latif, Joko Winterscheidt, Christoph Kramer und Jan Delay) sich als Teil der Bewegung bezeichnen und zum Aufbruch aufrufen. Das Video geht am Tag der Ausrufung der Covid-19-Pandemie online, spielt jedoch in den Medien kaum eine Rolle.

Ende März 2021. Die Gründungsversammlung des Vereins "KlimaUnion" wird abgehalten. Zu den Initiatoren gehören Wiebke Winter, Philipp Schröder sowie Heinrich Strößenreuther. Die Gruppe betont: Man verstehe sich als »Graswurzelbewegung«. Die »KlimaUnion« will eine anerkannte Parteigliederung der Unionsparteien werden, wie es etwa die FrauenUnion oder Junge Union ist. Dafür will man auf dem Bundesparteitag aber auch eine neue Klimapolitik durchsetzen.

Strößenreuther sagt: "Ziel muss sein, dass wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen und in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren klimaneutral werden. Dafür wollen wir uns in der Union einsetzen". Zu einer der Aufgaben der "KlimaUnion" solle es etwa gehören, in Wahlkämpfen zu unterstützen und den CDU-Straßenwahlkämpfern Argumente für die "gute und richtige Klimapolitik" an die Hand zu geben.

Die "1,5-Grad wirksame Klimapolitik" müsse fester Bestandteil der CDU werden. Es gehe einerseits um den christlichen Beweggrund der Schöpfung, um Generationengerechtigkeit. Es gehe aber auch um industriepolitische Erwägungen. "Der Weltmarkt von morgen wird klimaneutral sein und die deutsche Wirtschaft wird einen Wettbewerbsvorteil haben, wenn sich unsere Industrie schnellstmöglich darauf vorbereitet", so Strößenreuther.

Philipp Schröder mahnt: "Der Klimawandel wird für Deutschland eine größere Herausforderung als die Wiedervereinigung. Wir brauchen für diesen Politikwechsel das bürgerliche Lager und müssen unsere Bubble erweitern." Die CDU dürfe das Thema nicht ausklammern aus der Befürchtung heraus, damit womöglich nur den Grünen zu helfen. »Unser Ziel ist es, dass CDU-Wahlkämpfer einen Button der ›Klimaunion‹ tragen und für das 1,5-Grad-Ziel einstehen, aber mit eigenem Vokabular und eigenen Argumenten«.

"Wir wollen das klimapolitische Profil der CDU schärfen und die ›KlimaUnion‹ fest in der Partei verankern", sagt Wiebke Winter.

Bilder aus Wikimedia Commons
Heinrich Strößenreuther (2019), Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International, Urheber: Wegeheld