Freitag, 9. April 2021

Dieter Wedel

Dieter Wedel (2016)

Der deutsche Regisseur und Drehbuchautor Dieter Wedel (geb. Dieter Karl Cäsar Wedel) wurde am 12. November 1939 oder 1942 in Frankfurt am Main geboren. 

Als Fernsehregisseur machte sich Wedel einen Namen mit aufwendigen Mehrteilern.

So konsequent wie der Erfolg ziehen sich durch Wedels Werk auch Plagiatsvorwürfe, da manche Dialoge und auch ganze Szenen Filmkenner immer wieder an bekannte Vorbilder erinnern. Teile seines Scheidungsdramas Papa und Mama entdeckte die Süddeutsche Zeitung in Jenseits von Afrika, es fanden sich aber auch schon in früheren Wedel-Produktionen komplette Szenen von Oliver Stone, Woody Allen, Francis Ford Coppola und vielen mehr (was Harald Schmidt zur Persiflage Hollywood klaut bei Wedel nutzte). Am heftigsten war diese Kritik beim Schattenmann und der Affäre Semmeling, wo es deswegen zu einem Prozess kam. Wedel räumte diese Vorwürfe hier später ein, fand die Aufregung darum jedoch übertrieben.

Wedel ist Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg.

Ein Dieter-Wedel-Archiv mit der Laufzeit 1972 bis 2008 befindet sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.

Wedel ist mit seiner langjährigen Partnerin, der Kauffrau Ursula Wolters verheiratet, Tochter des ehemaligen Bremer Senators Hermann Wolters. Während dieser Zeit hatte er Beziehungen zu weiteren Frauen:

Bis etwa 1980 hatte er eine Beziehung mit Hannelore Elsner, mit der er einen Sohn hat.

Zwischen 1988 und 1992 war er mit Ingrid Steeger liiert.

Von 1997 bis 2009 lebte er in einer polyamoren Beziehung mit Ursula Wolters in Hamburg und der Tänzerin und Fitness-Trainerin Dominique Voland auf Mallorca, bis diese 2009 mit dem gemeinsamen Sohn nach Deutschland zog.

Wedel hat insgesamt sechs Kinder.

Leben

12. November 1939 oder 1942. Dieter Karl Cäsar Wedel wird in Frankfurt am Main geboren.

Die Informationen zum Geburtsjahr Wedels sind widersprüchlich: Der Öffentlichkeit gegenüber gab er 1942 als sein Geburtsjahr an, obwohl er bereits 1946 eingeschult wurde. 2010 äußerte Wedel gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, dass er sich 1968 drei Jahre älter gemacht habe, um seine erste Regiearbeit für den Film Gedenktag (1970) zu bekommen. Aus einem von ihm verfassten Lebenslauf im Anhang seiner bereits 1965 an der Philosophischen Fakultät der Freien Universität Berlin eingereichten Inaugural-Dissertation mit dem Titel Das Frankfurter Schauspielhaus in den Jahren 1912 bis 1929 geht indes hervor, dass Wedel am 12. November 1939 in Frankfurt am Main geboren wurde.

Wedel ist der Sohn des 1957 verstorbenen Ingenieurs Karl Wedel, der auch Besitzer einer Lederwarenfabrik war. Seine Mutter Ada, geborene Stroh, trat unter dem Künstlernamen Ada Torana als Pianistin auf.

Wedel wächst in Bad Nauheim auf und geht auf die Ernst-Ludwig-Schule Bad Nauheim.

1946. Er wird eingeschult.

21. Mai 1957. Er inszeniert als Schüler im Kurhaus von Bad Nauheim sein erstes Theaterstück, das Drama Massada.

Im Alter von 17 Jahren ist Wedel hessischer Tennis-Jugendmeister.

An der Freien Universität Berlin studiert er bei seinem „Ersatzpapa“ Hans Knudsen Theaterwissenschaft, Publizistik und Geschichte. Während seines Studiums leitet er die dortige Studentenbühne. Daneben ist er als Lektor und Theaterkritiker tätig. Später inszeniert Wedel im Berliner Amerika-Haus und am Hebbeltheater.

1966. Wedel beginnt seine berufliche Laufbahn als Autor und Hörspielregisseur bei Radio Bremen.

1967. Er geht zum NDR Hamburg und wird zunächst Assistent in der Redaktion von Egon Monk, dem Leiter der Fernsehspielabteilung. Unter Dieter Meichsner wird er dann Hausregisseur.

1969. Sein erster Kurzfilm Willi basiert auf Wolfdietrich Schnurres Kurzgeschichte Reusenheben.

1970. Über den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 handelt sein erster großer Fernsehfilm Gedenktag.

1972. Wedel hat seinen ersten großen Erfolg mit dem Dreiteiler Einmal im Leben – Geschichte eines Eigenheims. Zahllose deutsche Häuslebauer erkennen sich in der fiktiven Familie Semmeling wieder, die nahezu alle Probleme eines Hausbaus durchlebt.

1976. Das Konzept in Alle Jahre wieder – Die Familie Semmeling wird erneut aufgegriffen, diesmal wird der Urlaub der fiktiven deutschen Durchschnittsfamilie kritisch porträtiert.

1978. Wedel macht sich selbständig, gründet mit dem Filmproduzenten Jürgen Dohme die Active Film GmbH und dreht so als Regisseur und Produzent zahlreiche gesellschaftskritische Fernsehspiele. Später realisiert er seine Projekte über die Corona Film GmbH, bei der seine Lebensgefährtin Ursula Wolters Geschäftsführerin ist.

1980 bis 1985. Er inszeniert unter Intendant Peter Striebeck am Hamburger Thalia-Theater unter anderem Macbeth von William Shakespeare und Die Frau des Bäckers von Marcel Pagnol mit Peter Striebeck, dessen Aufführung 1986 auch in der ARD gesendet wird.

1986. In Hamburg beginnen die Dreharbeiten für seinen – auch in den Vereinigten Staaten gedrehten – Wilder Westen inclusive (1988) mit einem Etat von 20 Millionen Mark, das bis dato teuerste Fernsehspiel für den Westdeutschen Rundfunk.

Es folgen Der große Bellheim (1992), Der Schattenmann (1995), Der König von St. Pauli (1998), Die Affäre Semmeling (2002) sowie Papa und Mama (2006) und zuletzt Gier (2010). Wie Regisseur Alfred Hitchcock in seinen eigenen Produktionen tritt auch Wedel in seinen eigenen Produktionen für wenige Sekunden selbst auf (z. B. deutlich in Erscheinung tretend in Der große Bellheim, Der König von St. Pauli und Der Schattenmann).

2001. Wedel versucht, unter Verzicht auf den humoristisch-satirischen Ansatz, an die erfolgreichen Semmeling-Filme der 1970er Jahre mit dem Mehrteiler Die Affäre Semmeling über die deutsche Finanzbürokratie anzuknüpfen. In einer mittlerweile völlig veränderten Fernsehlandschaft können die Einschaltquoten der 1970er Jahre aber nicht mehr erreicht werden.

Dieter Wedel (2008)

2002 bis Sommer 2014. Wedel leitet die Nibelungenfestspiele in Worms, zunächst als Regisseur, danach auch als Intendant in Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Karin Beier oder Gil Mehmert.

Sommer 2011. Der Versuch, in Dresden mit den Zwingerfestspielen einen ähnlichen Erfolg wie in Worms zu starten, endet vorläufig nach einer Saison im  mit John von Düffels Die Mätresse des Königs.

2011/2012. Wedel erweitert erfolgreich mit zwei Stücken über Die Geschichte des Joseph Süß Oppenheimer, genannt Jud Süß und Das Vermögen des Herrn Süss das Repertoire.

2013. Er kehrt mit Hebbels Nibelungen – born to die zu den Wurzeln der Nibelungenfestspiele zurück kehrte und kündigt für 2014 seine letzte Inszenierung in Worms an.

Ab 2015. Wedel ist Intendant der Bad Hersfelder Festspiele. Seine erste Inszenierung in Bad Hersfeld ist die Komödie der Irrungen mit Darstellern wie Sonja Kirchberger und Heinz Hoenig.

2016. Er inszeniert Hexenjagd. Zum Ensemble gehören unter anderem Elisabeth Lanz, Richy Müller und Motsi Mabuse.

2017. Wedel bringt das Theaterstück Martin Luther – Der Anschlag auf die Bühne. Sein zuerst bis 2018 geltender Vertrag wird bis zum Jahr 2022 verlängert.

22. Juni 2017. Wedel entlässt einen Tag vor Beginn der 67. Bad Hersfelder Festspiele den Schauspieler Paulus Manker nach einer Auseinandersetzung während einer der letzten Proben. Manker kritisiert Wedel danach heftig, dieser herrsche wie ein „nordkoreanischer Diktator“, der „wochenlang Angst und Schrecken“ bei seinen Schauspielern verbreite. Manker sollte in der Uraufführung Martin Luther – Der Anschlag die Titelrolle verkörpern.

Ende November 2017. Wedel schaltet sich in die #MeToo-Debatte ein und stellt sich dabei selbst als Sexismus-Opfer dar.

3. Januar 2018. Im Zuge der #MeToo-Debatte werfen in einem Artikel des Zeitmagazins mehrere Schauspielerinnen sowie ehemalige Mitarbeiter Wedel gewalttätige und sexuelle Übergriffe vor, die er in den 1990er-Jahren begangen haben soll. Sie gaben dazu eidesstattliche Versicherungen ab.

Die Schauspielerin Jany Tempel bezichtigt Wedel, sie bei einem Vorsprechen 1996 in einem Hotel in München vergewaltigt zu haben.

Wedel widerspricht den Aussagen der Frauen und gibt laut Angaben seines Anwalts seinerseits „eine umfassende eidesstattliche Erklärung“ zu den Anschuldigungen ab. Er kündigt an, sich gegen die Print- und Online-Veröffentlichung des Artikels juristisch zur Wehr zu setzen.

Im Nachgang gibt es Querelen beziehungsweise juristische Auseinandersetzungen zwischen Tempel, ihren Anwälten und der Zeit. Außerdem reichte Tempels Anwalt Alexander Stevens eine Fachaufsichtsbeschwerde wegen der Dauer der Ermittlungen gegen die Staatsanwaltschaft München I ein, der jedoch die Generalstaatsanwaltschaft keine Folge gegeben hat, wie 2021 berichtet wird.

Wedel bedauert als Reaktion auf den Bericht der Zeit über seinen Anwalt, dass er bei seiner „langjährigen Tätigkeit als Produzent und Regisseur“ insbesondere bei Dreharbeiten Schauspieler „manchmal überharter, wohl auch verletzender Kritik ausgesetzt“ habe.

22. Januar 2018. Wedel erklärt seinen Rücktritt als Intendant der Bad Hersfelder Festspiele, nachdem ihm mehrere Schauspielerinnen im Rahmen der #MeToo-Debatte sexualisierte Gewalt vorgeworfen haben. Seine geplante Inszenierung Das Karlos-Komplott wird aus dem Spielplan genommen. Laut Angaben aus seinem Umfeld erleidet Wedel einen Herzinfarkt.

Ab 23. Januar 2018. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt wegen Anfangsverdachts einer nicht verjährten Sexualstraftat.

25. Januar 2018. In einem Nachfolgebericht der Zeit werfen weitere Schauspielerinnen und ehemalige Mitarbeiter Wedel sexuelle Übergriffe vor. Unter anderem soll es 1975 bei der Produktion der NDR-Serie Pariser Geschichten zu einer Vergewaltigung in einem Waldstück gekommen sein. Zudem beschreibt die Schauspielerin Esther Gemsch einen weiteren mutmaßlichen sexuellen Übergriff 1980 in einem Hotelzimmer, der sie an der Halswirbelsäule verletzt und traumatisiert habe. Ihre Rolle habe man deshalb mit Ute Christensen neu besetzt, die Wedel ebenfalls der sexuellen Belästigung beschuldigt. Beim Saarländischen Rundfunk wurden Vorfälle schriftlich festgehalten. Bei internen Untersuchungen von Sat.1, des NDR, des ZDF und Bavaria Film hingegen können keine Belege für sexuelle Übergriffe oder strafbare Handlungen gefunden werden.

März 2021. Die Staatsanwaltschaft München I erhebt Anklage wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung gegen Wedel. Die Ermittlungen laufen seit dem Jahr 2018 und die Anklage umfasst nunmehr 20 Zeugen, eine Gutachterin sowie Kalendereinträge als Beweismittel.

9. April 2021. Dem Verteidigerteam von Dieter Wedel gehört laut Spiegel seit Neuestem auch der ehemalige Bundesrichter Thomas Fischer an. Fischer hat demnach in dieser Woche seine Zulassung erhalten und arbeitet als externer Anwalt für die Münchner Kanzlei Gauweiler & Sauter. Der Anwalt und CSU-Politiker Peter Gauweiler sowie die Strafverteidigerin Dörthe Korn haben Wedel bisher schon vertreten. Co-Teilhaber der Kanzlei ist der CSU-Politiker Alfred Sauter.

Der Fall Wedel ist der erste Fall von Thomas Fischer als Strafverteidiger. Noch 2019 schrieb Fischer einen Aufsatz über „10 Gründe, warum ich froh bin, nicht Strafverteidiger geworden zu sein“. Fischer war von 2000 bis 2017 Richter am Bundesgerichtshof, dann trat er in den vorzeitigen Ruhestand. Erst kürzlich schrieb er ein Buch über Sexualstrafrecht: „Sex and Crime: Über Intimität, Moral und Strafe“.

Bilder aus Wikimedia Commons
Dieter Wedel (2016), Lizenz: Creative Commons Attribution 3.0 Unported, Urheber: JCS
Dieter Wedel (2008), Lizenz: Creative Commons Attribution 3.0 Unported, Urheber: Klaus Mueller

Quellen