Dienstag, 30. März 2021

Agnès S. Callamard

Agnès S. Callamard (2019)

Die französische Menschenrechtsexpertin Agnès S. Callamard wurde 1964 oder 1965 geboren.

Seit Ende März 2021 ist sie Generalsekretärin in der Londoner Zentrale von Amnesty International(AI).

Seit 2013 leitet sie als Direktorin das Projekt Global Freedom of Expression an der Columbia University in New York City. Von 2016 bis 2021 war sie auch Sonderberichterstatterin für außergerichtliche, standrechtliche oder willkürliche Hinrichtungen im Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte.

Sie gilt als Expertin in Menschenrechtsfragen, insbesondere in den Bereichen freie Meinungsäußerung, Geschlechtersensibilität und extralegale Hinrichtungen. Sie führte in Afrika, Asien und im Nahen Osten Menschenrechtsuntersuchungen durch. Ihre Publikationsliste umfasst auch Beiträge zu Frauenrechten, zu Flüchtlingsbewegungen und globaler Verantwortlichkeit. Sie arbeitete im Bereich der internationalen Flüchtlingsbewegungen mit dem Centre for Refugee Studies in Toronto zusammen.

Leben

1964 oder 1965. Agnès S. Callamard wird geboren.

1985. Sie graduiert am Institut d’études politiques de Grenoble und erwirbt einen Master in International and African Studies an der Howard University in Washington, D.C.

Sie wird in Politikwissenschaften an der New School for Social Research in New York promoviert.

1995 bis 2001. Sie ist Kabinettsdirektorin des Generalsekretärs von Amnesty International und leitet als Koordinatorin für Forschungspolitik die Arbeit von Amnesty im Bereich der Frauenrechte.

2001. Sie gründet HAP International (Humanitarian Accountability Partnership), eine Organisation, die sie bis 2004 leitet. Es handelt sich um die erste internationale Selbstregulierungsbehörde für humanitäre Organisationen, die sich für die Stärkung der Rechenschaftspflicht gegenüber von Katastrophen betroffenen Bevölkerungsgruppen einsetzt. Callamard leitet Feldversuche in Afghanistan, Kambodscha und Sierra Leone.

2004 bis 2013. Callamard ist Executive Director von Article 19, einer britischen Menschenrechtsorganisation für das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Ab November 2013. Callamard ist Direktorin des Global-Freedom-of-Expression-Projekts der Columbia University in New York City.

2016 bis 2021. Sie ist – als Nachfolgerin des Südafrikaners Christof Heyns – Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für Hinrichtungen.

Mai 2017. Ein Auftritt bei einer Konferenz auf den Philippinen bei welchem sie die Drogenpolitik der dortigen Regierung unter Rodrigo Duterte kritisiert, führt zu Vandalismus gegen ihren Wikipedia-Eintrag.

10. November 2017. Rodrigo Duterte hält sich in Vietnam anlässlich des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) auf, an dem auch der amerikanische Präsident Donald Trump teilnimmt.

In einer Rede vor Landsleuten in der vietnamesischen Stadt Danang sagt Duterte: „Als Teenager bin ich immer wieder ins Gefängnis gekommen. Ich hatte viele Schlägereien. Schon als 16 Jahre alter Junge habe ist jemanden getötet. Einen echten Menschen, eine Schlägerei, eine Messerstecherei. Es war nur wegen eines Blicks. Und umso mehr wäre es das jetzt, da ich Präsident bin.“

Zudem droht er Agnes Callamard (UN-Sonderberichterstatterin für außergerichtliche Tötungen) Gewalt an weil sie ihn wiederholt für seinen Drogenkrieg kritisiert hat. Er werde Agnes Callamard „vor euren Augen schlagen. Warum? Weil du mich beleidigst.“

Anfang Oktober 2018. Den saudi-arabische Journalist Jamal Khashoggi, Kolumnist der Washington Post, möchte im Konsulat seines Heimatlandes in Istanbul Dokumente für seine Hochzeit abholen. Dort wird er jedoch von einem saudischen Tötungskommando ermordet. Nach massivem internationalen Druck räumt die Regierung in Riad den Mord ein, versucht aber nach wie vor die Verantwortung zu minimieren.

Ab Januar 2019. In Riad stehen elf Verdächtige wegen dem Mord an Jamal Khashoggi vor Gericht. Callamard initiiert die Untersuchung und berichtet dem UN-Menschenrechtsrat in Genf. 

2019. Knapp vier Monate nach dem Mord an Jamal Khashoggi beginnt Callamard mit Untersuchungen in der Türkei.

19. Juni 2019. Der UN-Untersuchungsbericht von Agnès Callamard wird veröffentlicht. Im Bericht werden die Einzelheiten zum Hergang dargestellt und die Tötung Jamal Khashoggis als eine außergerichtliche Hinrichtung bewertet. Des Weiteren werden Ermittlungen gegen den saudischen Kronpirnzen Mohammed bin Salman al-Saud gefordert. Callamard sieht in ihrem Bericht an den UN-Menschenrechtsrat „glaubwürdige Beweise“, dass der Kronprinz persönlich hinter dem Mord steckt und versucht hat, die Spuren zu verwischen. Callamard wörtlich: „Es handelt sich um einen staatlichen Mord. Es handelt sich nicht um eine Operation einzelner Krimineller.“

Januar 2020. Der Leiter der saudi-arabischen Menschenrechtskommission, Awwad al-Awwad, bedroht Agnès Callamard zweimal in Genf vor zahlreichen anwesenden Uno-Mitarbeitern: Man „werde sich um sie kümmern“, sollte die UNO ihren Untersuchungsbericht über die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi nicht zurückziehen.

Die Äußerungen Alawwads werden von den an dem Treffen in Genf beteiligten UNO-Vertretern als „Morddrohungen“ gegen Callamard wahrgenommen und entsprechend auch in einem schriftlichen Bericht an UNO-Generalsekretär António Guterres bezeugt.

2. Januar 2020. Die gezielte Tötung des iranischen Generalmajors Qasem Soleimani und des irakischen Brigadegenerals Abu Mahdi al-Muhandis durch das US-amerikanische Militär bezeichnet sie als „höchstwahrscheinlich illegal“ und menschenrechtswidrig.

10. Juli 2020. Ein Bericht an den UN-Menschenrechtsrat kommt zu dem Schluss, dass die Ermordung des iranischen Generals Qasem Soleimani durch eine US-amerikanische Drohne im Irak Anfang Januar ein gefährlicher Präzedenzfall gewesen sei. Die Welt dürfe nicht zulassen, dass dieses Beispiel Schule mache, sagt Agnes Callamard (Berichterstatterin des UN-Menschenrechtsrats für außergerichtliche, standrechtliche und willkürliche Hinrichtungen) in Genf. Sie verlangt internationale Standards, die den Einsatz solcher Drohnen regulieren. Mindestens 102 Staaten hätten militärischen Drohnen, 40 hätten bereits bewaffnete Drohnen oder seien dabei, diese zu kaufen. Einige Länder hätten solche Drohnen nach Berichten schon eingesetzt, teils für gezielte Tötungen.

US-Außenminister Mike Pompeo beschimpft sie deshalb. Er twittert: „Wir lehnen den unberechtigten Bericht der UN-Sonderberichterstatterin ab“. Die Vereinigten Staaten seien hinsichtlich der völkerrechtlichen Grundlage des Angriffs transparent gewesen. Man werde „immer handeln, um Amerika zu schützen“.

Bilder aus Wikimedia Commons
Agnès S. Callamard (2019), Lizenz: Creative-Commons „Namensnennung 2.0 generisch“ (US-amerikanisch), Urheber: Foreign and Commonwealth Office