Klaus Kinkel |
Der deutsche Politiker und Jurist Klaus Kinkel wurde am 17. Dezember 1936 in Metzingen geboren. Er starb am 4. März 2019 in Sankt Augustin.
Kinkel gehörte der politischen Partei Freie Demokratische Partei Deutschlands (FDP) an.
Von 1979 bis 1982 war er Präsident des Bundesnachrichtendienstes, von 1991 bis 1992 Bundesminister der Justiz, von 1992 bis 1998 Bundesminister des Auswärtigen und von 1993 bis 1998 Vizekanzler. Von 1993 bis 1995 war er außerdem Bundesvorsitzender der FDP.
Mitgliedschaften
- Kinkel war seit seiner Studienzeit Mitglied der katholischen Studentenverbindung AV Guestfalia Tübingen im CV.
- Mitglied des Kuratoriums der Bundesliga-Stiftung
- Ehrenmitglied der „Liberalen Türkisch-Deutschen Vereinigung“ (LTD)
- Mitglied im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen
- Unterstützer des Opferfonds Cura
- Pate des Kinderhospiz Bethel in Bielefeld für unheilbar erkrankte Kinder
- Mitglied der Deutschen Initiative für den Nahen Osten (DINO)
Kinkel war seit 1962 verheiratet mit seiner Frau Ursula („Uschi“) und Vater von vier Kindern. Er wohnte in Sankt Augustin-Schmerbroich.
Seine älteste Tochter starb 1982 mit 20 Jahren bei einem Verkehrsunfall.
Leben
17. Dezember 1936. Klaus Kinkel wird als Sohn eines westfälischen Vaters und einer schwäbischen Mutter in Metzingen geboren. Er wächst Hechingen (Baden-Württemberg) auf. Sein Vater, der erst 1946 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, ist Internist und Kardiologe.
1956. Er macht das Abitur am Staatlichen Gymnasium Hechingen.
Danach absolviert Kinkel zunächst ein Praktikum für Medizinstudenten in der Chirurgie am Kreiskrankenhaus in Balingen und fing ein Medizinstudium in Tübingen an. Er wechselt aber schnell ins Studienfach RECHTSwissenschaft an der Eberhard Karls Universität Tübingen und später der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
1960. Er beendet das Studium mit dem Ersten juristischen Staatsexamen in Tübingen. Danach macht er ein Referendariat am Landgericht Hechingen.
1964. Kinkel wird an der Universität zu Köln mit der Arbeit Die Lehre von Popitz für die Gestaltung des gemeindlichen Finanzausgleichs zum Dr. jur. promoviert. Er tritt dann in das Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz, Vorläufer des Bundesamtes für Zivilschutz, ein und gehört damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern.
1965. Er macht das Zweite juristische Staatsexamen.
1966 bis 1968. Er ist zum Landratsamt Balingen abgeordnet.
1970 bis 1974. Nach seiner Rückkehr zum Bundesministerium des Innern ist Kinkel persönlicher Referent von Bundesminister Hans-Dietrich Genscher, zuletzt auch als Leiter des Ministerbüros.
Zu seinen heikelsten Aufgaben gehört es, dem SPD-Kanzler Willy Brandt ein Dossier zu übergeben, das die Nachrichtendienste über dessen Privatleben angelegt haben. Der Inhalt trägt 1974 dazu bei, dass Brandt seinen Rücktritt einreicht.
Mai 1974. Als Genscher Außenminister wird ist (Kabinett Schmidt I), geht Kinkel mit und wird im Auswärtigen Amt Leiter des Leitungsstabes. Die Medien sprechen von Genschers "politischem Ziehsohn". Doch trotz der Nähe bleiben Kinkel und Genscher immer beim Sie, duzen sich nie.
1979. Kinkel wird Leiter des Planungsstabes.
1979 bis 1982. Er wird als erster Zivilist Präsident des Bundesnachrichtendienstes.
Oktober 1982. Er wird unter Hans A. Engelhard zum Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz ernannt. In dieser Funktion ist er nach dem Fall der Mauer auch entscheidend am deutsch-deutschen Einigungsvertrag beteiligt.
18. Januar 1991. Nach der Bundestagswahl 1990 wird er als Bundesminister der Justiz in die von Bundeskanzler Helmut Kohl geführte Bundesregierung berufen. Erst kurz danach tritt er der FDP bei.
18. Mai 1992. Nach dem Rücktritt von Hans-Dietrich Genscher wird Kinkel zum Bundesminister des Auswärtigen ernannt. Erst in einer FDP-internen Kampfabstimmung setzte er sich gegen Irmgard Adam-Schwaetzer durch, die sich schon als erste deutsche Außenministerin gefühlt hat.
21. Januar 1993. Als Vizekanzler und Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann von seinem Amt zurücktritt, wird Kinkel zusätzlich Stellvertreter des Bundeskanzlers. Er fasst er die Ziele der Innen- und Außenpolitik, wie er sie betreibt, so zusammen:
"Zwei Aufgaben gilt es parallel zu meistern: Im Inneren müssen wir wieder zu einem Volk werden, nach außen gilt es etwas zu vollbringen, woran wir zweimal zuvor [Anm.: gemeint sind die Entwicklungen, die in zwei Weltkriegen mündeten] gescheitert sind: Im Einklang mit unseren Nachbarn zu einer Rolle zu finden, die unseren Wünschen und unserem Potenzial entspricht. Die Rückkehr zur Normalität im Inneren wie nach außen entspricht einem tiefen Wunsch unserer Bevölkerung seit Kriegsende. Sie ist jetzt auch notwendig, wenn wir in der Völkergemeinschaft respektiert bleiben wollen. […] Unsere Bürger haben begriffen, dass die Zeit unseres Ausnahmezustandes [Anm.: gemeint ist die Teilung des Landes in BRD und DDR bis 1989] vorbei ist.“
– Verantwortung, Realismus, Zukunftssicherung. Deutsche Außenpolitik in einer sich neu ordnenden Welt. In: FAZ, 19. März 1993
11. Juni 1993 bis 10. Juni 1995. Kinkel ist Bundesvorsitzender der FDP. In seine Amtszeit als Bundesvorsitzender fallen 14 Wahlen, bei denen die FDP erhebliche Verluste hinnehmen musst. So verfehlt sie bei zwölf Landtagswahlen den Einzug ins Parlament. Kinkel kandidiert daher nach Ablauf seiner Amtszeit als Bundesvorsitzender nicht zur Wiederwahl. Sein Nachfolger wird Wolfgang Gerhardt.
5. Juni 1993. Die fünf Opfer des Brandanschlags von Solingen werden nahe Taşova in der Türkei beigesetzt. An der Trauerfeier nehmen zahlreiche türkische Regierungsmitglieder teil und auch Bundesaußenminister Klaus Kinkel als Vertreter Deutschlands. Richard von Weizsäcker (Bundespräsident) sagt, es gehe darum, den türkischen Bürgern in Deutschland das Gefühl zu nehmen, Bürger zweiter Klasse zu sein.
1994 bis 2002. Kinkel ist Mitglied des Deutschen Bundestages. Kinkel zieht stets über die Landesliste Baden-Württemberg in den Deutschen Bundestag ein. Die Unterlagen über seine Tätigkeit als stellvertretender Fraktionsvorsitzender befinden sich im Archiv des Liberalismus der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Gummersbach.
1995. Bundesaußenminister Klaus Kinkel kritisiert öffentlich die Aktivitäten des rechtsextremen Verlegers Dietmar Munier im russischen Teil des früheren Ostpreußens. Munier betreibt dort mit mehreren von ihm gegründeten Vereinen Haus- und Grundstückskäufe und die Ansiedlung von Russlanddeutschen, um den Anspruch auf frühere deutsche Ostgebiete zu demonstrieren.
In einem Brief an Kinkel verteidigt Wilhelm von Gottberg daraufhin Muniers Aktivitäten und meint, Kinkels Kritik habe den Interessen der heimatvertriebenen Ostpreußen geschadet. Dies berichtet dann auch das „Ostpreußenblatt“ (13/95). Kinkel weist die Vorwürfe am 4. April 1995 zurück und bekräftigt, dass rechtsextreme Aktivitäten Deutscher im Ausland das Ansehen Deutschlands beschädigten. Er sehe jedoch nicht, wie diese Kritik die Interessen der heimatvertriebenen Ostpreußen beeinträchtige.
Die Bundesregierung bestätigt den Dialog in der Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion und bekräftigt, dass Muniers Vereine „mit streng ausgerichteter nationalistischer und chauvinistischer Ideologie“ agierten und von den Vertriebenenverbänden erheblich unterstützt würden. Konkrete Kenntnisse über Hilfen durch von Gottberg und die LO an Muniers Vereine habe sie nicht.
Ab 27. September 1998. Nach dem Regierungswechsel nach der Bundestagswahl und damit dem Ende seiner Amtszeit als Bundesaußenminister ist er bis zu der Rückgabe der Zulassung als Rechtsanwalt in Sankt Augustin und engagiert sich in zahlreichen sozialen Projekten für die Belange von Menschen mit Behinderung.
26. Oktober 1998. Er scheidet offiziell aus der Bundesregierung aus. Sein Nachfolger wird der Grüne Joschka Fischer.
1998 bis 2002. Er ist stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion.
2005. Er wird mit der Reinhold-Maier-Medaille der Reinhold-Maier-Stiftung ausgezeichnet.
2006. Kinkel ist „Botschafter“ für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 der Menschen mit Behinderung.
Bis 31. Dezember 2014. Er ist Vorsitzender der Deutschen Telekom Stiftung.
Bis 2017. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums der Sepp-Herberger-Stiftung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).
2017 bis 2019. Er ist Vorsitzender der DFB-Ethikkommission.
Mai 2018. Kinkel sagt in einem Interview mit der "Augsburger Allgemeinen Zeitung": Die Welt sei "in Unordnung" mit einem "amerikanischen Präsidenten, der twitternd durch die Welt irrlichtert [Donald Trump] und die USA als führende Macht abgemeldet hat", einem Türkei-Herrscher "der die Demokratie quasi abschafft" [Recep Tayyip Erdoğan], dazu "der bislang zumindest völlig unberechenbare Zampano in Nordkorea [Kim Jong-un]. Und ein Kreml-Chef, der Russland wieder zur Weltmacht machen will." [Wladimir Putin] Da mache Politik keinen Spaß mehr. In seiner politisch aktiven Zeit sei die Welt berechenbarer gewesen. Auch seriöser. Heute sei die Politik "flachwurzeliger und oberflächlicher" geworden. Manche schwätzten in jede Kamera, andere trauten sich gar nichts mehr zu sagen.
4. März 2019. Klaus Kinkel stirbt in Sankt Augustin.
Bilder aus Wikimedia Commons
Klaus Kinkel, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany, Attribution: Bundesarchiv, B 145 Bild-F063645-0024 / Wienke, Ulrich
Quellen