Montag, 17. Dezember 2018

Muhterem Aras

Muhterem Aras
Die deutsche Politikerin Muhterem Aras wurde am 2. Januar 1966 in Elmaağaç bei Bingöl, Türkei geboren.

Sie gehört der politischen Partei Bündnis 90/Die Grünen an. Seit Mai 2011 ist sie Abgeordnete im Landtag von Baden-Württemberg für den Wahlkreis Stuttgart I und seit Mai 2016 Landtagspräsidentin.

Aras ist Befürworterin eines Wahlrechts bei Kommunalwahlen für Migranten ohne deutsche Staatsangehörigkeit.

Muhterem Aras ist seit 1986 verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter. Sie ist alevitischen Glaubens und lebt in Stuttgart.

Leben

2. Januar 1966. Muhterem Aras wird im ostanatolischen Dorf Elmaağaç bei Bingöl in der Türkei als Tochter alevitischer Kurden geboren.

1978. Sie kommt mit ihren Eltern und Geschwistern nach Filderstadt.

Nach einem Hauptschulabschluss und dem Abitur in Stuttgart am beruflichen Gymnasium Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule studiert sie im Anschluss Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim.

1992. Sie beginnt ihre politische Laufbahn mit dem Eintritt bei den Grünen, denen sie wegen der Angriffe auf Ausländer in Rostock-Lichtenhagen und in Mölln beitritt.

1999. Sie übernimmt nach der Kommunalwahl im Gemeinderat von Stuttgart ein erstes Mandat.

2000. Sie besteht das Steuerberater-Examen und gründet ein Steuerberatungsbüro mit derzeit zwölf Mitarbeitern in Stuttgart.

2007 bis 2011. Sie ist im Gemeinderat von Stuttgart Fraktionsvorsitzende ihrer Partei.

27. März 2011. Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg gewinnt Aras das Erstmandat im Wahlkreis Stuttgart I mit 42,5 % der abgegebenen Stimmen. Sie wird damit „Stimmenkönigin“ der Grünen in Baden-Württemberg. Aras ist damit auch die erste Muslimin im baden-württembergischen Landtag. Sie ist Mitglied in den Ausschüssen für Finanzen und Wirtschaft und für Kultur, Jugend und Sport sowie finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

Ab 2014. Aras ist Kreisvorsitzende des Stuttgarter Kreisverbands von Bündnis 90/Die Grünen.

2016. Sie kandidiert erneut im Landtagswahlkreis Stuttgart I und gewinnt das Mandat mit 42,4 Prozent, dieses Mal landesweit das beste Ergebnis aller Landtagskandidaten.

11. Mai 2016. Aras wird mit den Stimmen von 96 Abgeordneten zur neuen baden-württembergischen Landtagspräsidentin gewählt und ist damit deutschlandweit das erste Mitglied der Grünen, die erste Muslimin sowie in Baden-Württemberg die erste Frau in diesem Amt.

13. Mai 2016. Frauke Petry (AfD) schreitet unter den Klängen des bayerischen Defiliermarsches und dem Geschwenke einer blau-weißen Rautenfahne durch den Rittersaal im Hofbräukeller zur Bühne. Dazu klatschen 400 Personen im Saal den Takt.

Vor dem Gebäude demonstrieren etwa 70 Menschen mit Trillerpfeifen und Protestmusik gegen die AfD. Von den 20 angekündigten Pegida-Demonstranten sind am Nachmittag fünf gekommen. Die Polizei ist mit 120 Einsatzbeamten vor Ort.

Auf der Bühne stellt Petry derweil das Parteiprogramm der AfD vor. Den Zuhörern wird es derweil langweilig. Viele haben schon die ersten Maßkrüge in sich hineingeschüttet. Sie warten auf Hetze gegen Islam und Flüchtlinge. Bei der Fragerunde widerspricht sie nicht als mehrere Gäste dem Islam absprechen, eine Religion zu sein und ihn als menschenfeindlicher Ideologie bezeichnen.  Sie nickt und redet von der Inkompetenz muslimischer Schächter und davon, dass schlecht integrierte Muslime die seien, die mehr Kinder bekämen als die Deutschen und erklärt für „konsequent und fortschrittlich“, sich gegen Minarette und Muezzin zu wehren.

Schließlich wagt ein junger Mann mit Migrationshintergrund zu fragen ob Petry es auch – so wie eine Baden-Württembergische AfD-Abgeordnete – als Angriff auf ihre Partei verstehe, dass nun mit der Grünen Muhterem Aras erstmals eine Muslima eine Landtagspräsidentin sei. Eigentlich habe sie sich doch perfekt integriert. Petry weicht aus, sagt, Aras müsse den Muslimen hier eben klar machen, dass Integration nur mit Assimilierung funktioniere. Als er nachhakt kommen aggressive Protestrufe aus dem Saal und Petrys Gesicht wird hart. Sie bricht mit metallischer Stimme den Dialog ab: „Sie haben meine Antwort bekommen!“, ruft sie.

November 2016. Während einer Landtagssitzung bezeichnet Stefan Räpple (AfD) Abgeordnete anderer Fraktionen als „Volksverräter“, worauf Landtagspräsidentin Muhterem Aras einen Ordnungsruf gegen ihn ausspricht. Im Anschluss kommt es der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge zwischen Räpple und dem mit dessen Verhalten unzufriedenen AfD-Abgeordneten Stefan Herre zur handgreiflichen Auseinandersetzung in den Räumen des Landtages. Laut AfD-Fraktion gibt es zwischen den Beteiligten jedoch lediglich eine lautstarker Diskussion in unangemessener Form und man habe gegen Räpple geeignete Maßnahmen ergriffen.

2017. Im Zuge des Verfassungsreferendums in der Türkei spricht sich Aras dafür aus, dass man nach zehn Jahren im Ausland nicht mehr das Wahlrecht in seinem Heimatland haben dürfte.

12. Dezember 2018. Die Abgeordneten im Landtag von Baden-Württemberg diskutieren auf Antrag der AfD über eine umstrittene Kindergarten-Broschüre, vermeintliche "linksideologische Einflüsse" in Kindergärten und Abtreibungen. Bei mehreren Reden rufen Abgeordnete der AfD dazwischen und stören die Debatte.

Stefan Räpple beschimpft die SPD mit dem Zwischenruf „So sind sie, die roten Terroristen!“ Er wird zur Ordnung gerufen.

Hans-Ulrich Rülke (FDP) verteidigt die Sozialdemokraten dann leidenschaftlich gegen die AfD-Angriffe mit Bezug auf deren Geschichte im Nationalsozialismus ausdrücklich. Er sei nicht immer einer Meinung mit den Sozialdemokraten, aber die Herren und Damen der AfD mögen „80 Jahre in der Geschichte zurückdenken. Da saßen die Vorgänger dieser Abgeordneten im KZ, weil sie gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz gestimmt haben. Und die geistigen Vorläufer von Leuten wie Herrn Räpple sind im Stechschritt durchs Brandenburger Tor marschiert.“ 

Rülkes Satz bleibt ohne Reaktion von Aras. In der AfD-Fraktion sorgt die Rede für Tumulte. AfD-Mann Räpple fordert schreiend einen Ordnungsruf für Rülke und Zeit für eine persönliche Erklärung. 

Landtagspräsidentin Muhterem Aras folgt dem nicht, verweist Räpple aber auf die Möglichkeit einer persönlichen Erklärung, die er ja abgeben könne und ruft ihn zur Ruhe aber ohne Erfolg. "Sie verlassen jetzt die Sitzung", ruft Aras. "Nein, ich bleibe hier", ruft er zurück und blieb demonstrativ auf seinem Platz sitzen. 

Die Sitzung wird daraufhin unterbrochen. Erst auf Druck von drei Polizeibeamten die minutenlang auf ihn einreden verlässt Räpple schließlich den Saal - ein in der Geschichte des Landtags Baden-Württemberg bisher einmaliges Ereignis. 

In der Zwischenzeit hat die gesamte AfD-Fraktion aus Protest kurzfristig den Raum verlassen. Sie kehren aber leider später zurück - ohne Räpple. 

Wolfgang Gedeon wirft daraufhin der türkischstämmigen Landtagspräsidentin Aras vor, sie boykottiere die Demokratie – so wie es in der Türkei geschehe, so könne sie ein Parlament in Anatolien führen, nicht aber in Deutschland. Dafür wird Gedeon ebenfalls mit Hilfe der Polizei des Saales verwiesen.

Stefan Räpple und Gedeon dürfen nun an den kommenden drei Sitzungen nicht teilnehmen. Räpple kündigt eine Verfassungsklage an. 

AfD-Fraktionsvizechef Emil Sänze wirft Aras nach der Sitzung "Parteilichkeit" vor und fordert ihren Rücktritt. Aras habe "in noch nie dagewesenem Ausmaß ihre Unfähigkeit und Unwilligkeit zu einer angemessenen und würdigen Ausfüllung ihres Amts demonstriert".

13. Dezember 2018. „Eine Kurdin sorgt für türkische Verhältnisse im Landtag“, ätzt Stefan Räpple nun auf Twitter und negiert den Fakt, dass Aras deutsche Staatsbürgerin ist. Damit geht er weiter als die identitäre Vorzeigephilosophin Caroline Sommerfeld, die in ihren kruden Thesen den Begriff des „Passdeutschen“ für Menschen einführte, die nicht in den Grenzen von 33 geboren worden sind. Räpple spricht Aras gleich komplett im völkischen Sinne ihre Staatsbürgerschaft ab.

Bilder aus Wikimedia Commons
Muhterem Aras, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International, Urheber: JochenDetscher

Quellen