Freitag, 8. Februar 2019

Bertelsmann SE & Co. KGaA

Bertelsmann Corporate Center in Gütersloh
Die Bertelsmann SE & Co. KGaA ist ein international tätiger Konzern mit Sitz in Gütersloh. Er zählt zu den weltweit größten Medienunternehmen und ist außerdem in der Dienstleistungsbranche und im Bildungsbereich aktiv.

Carl Bertelsmann gründete das Unternehmen als Buchverlag im Jahr 1835. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Bertelsmann unter der Führung von Reinhard Mohn vom mittelständischen Betrieb zum Großkonzern, der neben Büchern auch Fernsehen, Radio, Musikproduktion, Zeitschriften und Dienstleistungen anbietet.

Bertelsmann ist ein dezentral organisierter Konzern. Dies bedeutet, dass die einzelnen Unternehmensbereiche weitgehend selbstständig arbeiten. Die Konzernholding übernimmt zentrale Aufgaben, etwa im Bereich Corporate Finance.

Die Zentrale von Bertelsmann befindet sich seit den 1970er Jahren im Gütersloher Stadtteil Avenwedde, ihre Grundfläche beträgt rund 26.100 Quadratmeter. Die Bürogebäude wurden 1976 errichtet und 1990 erweitert. Neben den üblichen Einrichtungen sitzt in der Gütersloher Zentrale die Bertelsmann University, eine Hochschule für Führungskräfte des Konzerns. 1992 kaufte Bertelsmann das Bertelsmann Building in New York und siedelte dort seine Zentrale für Nordamerika an. Das Gebäude wurde 2004 wieder veräußert. Die Berliner Repräsentanz wurde 2003 im Kommandantenhaus eröffnet. Im Rahmen der Internationalisierung wurden in Peking (2006), Neu-Delhi (2012) und São Paulo (2012) weitere Standorte auf Konzernebene (Corporate Center) von Bertelsmann eingerichtet.

Weltweit verfügt Bertelsmann mit allen Unternehmensbereichen über fast 350 Standorte. Die Mehrheit entfällt auf Europa, wo der Konzern den größten Teil seines Umsatzes erwirtschaftet. In den letzten Jahren konzentrierte sich der Konzern verstärkt auf die Schwellenländer Brasilien, China und Indien.[230] In Brasilien wurden vor allem die Aktivitäten im Bildungsbereich ausgebaut. In China ist Bertelsmann bereits seit 1992 tätig, heute sind alle Unternehmensbereiche dort vertreten. In Indien setzt der Konzern unter anderem auf Wachstum im E-Commerce-Bereich.

Bertelsmann ist ein kapitalmarktorientiertes Unternehmen, das zum Beispiel Anleihen ausgibt. Heute hält die Familie Mohn nach Angaben des Konzerns 19,1 Prozent der Kapitalanteile an Bertelsmann. Auf die Bertelsmann Stiftung, die Reinhard Mohn Stiftung und die BVG Stiftung entfallen zusammen 80,9 Prozent. Maßgeblichen Einfluss auf den Konzern hat die Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft: Sie bündelt alle Stimmrechte der Familie Mohn und beteiligter Stiftungen. Diese kommen gemeinsam auf 100 Prozent in den Hauptversammlungen der Konzerngesellschaft (Bertelsmann SE & Co. KGaA) und ihrer Komplementärin (Bertelsmann Management SE).

Die Geschäftsführung der Bertelsmann SE & Co. KGaA obliegt der Bertelsmann Management SE. Vorsitzender des Vorstands der Bertelsmann Management SE ist Thomas Rabe. Außerdem gehören dem Gremium Markus Dohle, Immanuel Hermreck, Bernd Hirsch und Anke Schäferkordt an.

Die Bertelsmann SE & Co. KGaA und die Bertelsmann Management SE besitzen jeweils einen Aufsichtsrat, der die Geschäftsführung überwacht. 2013 übernahm Christoph Mohn den Vorsitz beider Gremien. Aus den Reihen der Familie gehören auch Liz Mohn und Brigitte Mohn den Aufsichtsräten beider Gesellschaften an.

Bertelsmann steht aufgrund der Kritik an der Bertelsmann Stiftung im Interesse der Öffentlichkeit. Der Stiftung werden politische Einflussnahme und die Vermischung gemeinnütziger und privater Interessen vorgeworfen. 2010 veröffentlichte der Journalist Thomas Schuler ein Buch zum Thema.

Der Konzern besteht heute aus acht Unternehmensbereichen:

RTL Group (Fernsehen und Radio)

Die RTL Group ist ein führender europäischer Unterhaltungsanbieter mit Sitz in Luxemburg. Das Unternehmen ist börsennotiert und befindet sich seit 2001 mehrheitlich in Besitz von Bertelsmann. Nach dem Verkauf von Aktien im Jahr 2013 liegt der Anteil bei 75,1 Prozent. 2016 belief sich der Umsatz auf 6,237 Milliarden Euro.

Penguin Random House (Buch)

Penguin Random House ist der weltweit größte Publikumsverlag für Bücher. Das Unternehmen entstand 2013 durch Zusammenschluss der Buchsparten von Bertelsmann und Pearson. Bertelsmann hält derzeit 53 Prozent am Unternehmen. 2016 wurde weltweit ein Umsatz in Höhe von 3,361 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Gruner + Jahr (Zeitschriften)

Gruner + Jahr ist ein international tätiger Zeitschriftenverlag mit Sitz in Hamburg. Zu den Publikationen zählen etwa Brigitte, Geo oder Stern, außerdem ist das Unternehmen mehrheitlich an der Motor Presse Stuttgart beteiligt. 1976 befanden sich 74,9 Prozent von Gruner + Jahr in Besitz von Bertelsmann. 2014 übernahm Bertelsmann das Unternehmen schließlich komplett. 2016 belief sich der Umsatz von Gruner + Jahr auf insgesamt 1,580 Milliarden Euro.

BMG (Musikrechte)

BMG ist ein Musikverlag mit Sitz in Berlin. Der Katalog von BMG umfasst Rechte an Werken zum Beispiel Céline Dion, Jennifer Lopez, Ronan Keating und Britney Spears. Das Unternehmen wurde 2008 nach dem vorläufigen Ausstieg des Konzerns aus dem Musikmarkt ins Leben gerufen. 2009 stieg Kohlberg Kravis Roberts & Co. bei BMG ein und hielt fortan mit 51 Prozent die Mehrheit am Unternehmen, Bertelsmann kam auf 49 Prozent. Seit 2013 gehört BMG wieder vollständig zu Bertelsmann. 2016 wurde BMG zu einem Unternehmensbereich von Bertelsmann. Der Umsatz lag bei 416 Millionen Euro.

Arvato (Dienstleistungen)

Arvato ist ein internationales Dienstleistungsunternehmen. In seiner heutigen Form entstand das Unternehmen im Jahr 1999. Damals wurden die Druck- und Industriesparten von Bertelsmann umstrukturiert, wodurch Dienstleistungen im Vergleich zur damaligen Druck- und Techniksparte mehr Gewicht erhielten. Bereits seit den 1950er Jahren ist Bertelsmann als Dienstleistungsunternehmen aktiv, beispielsweise wurde die Auslieferung von Büchern für andere Verlage übernommen.[203] Bis heute gehört die Vereinigte Verlagsauslieferung zu Arvato. Darüber hinaus erbringt Arvato heute Dienstleistungen zum Beispiel in den Bereichen Customer-Relationship-Management (CRM), Supply-Chain-Management (SCM) und Finanzen sowie Informationstechnologie. Hauptsitz von Arvato ist Gütersloh, außerdem existieren Standorte in 22 Ländern, unter anderem in China und den Vereinigten Staaten. 2016 hatte der Umsatz ein Volumen von 3,838 Milliarden Euro.

Bertelsmann Education Group (Bildung)

Die Bertelsmann Education Group ist die Unternehmensgruppe des Konzerns für den Bildungssektor. Sie wurde 2015 gegründet und hat ihren Sitz in New York. 2016 erwirtschaftete die Bertelsmann Education Group einen Umsatz von 142 Millionen Euro.

Bertelsmann Printing Group (Druck)

2016 bündelte der Konzern seine Aktivitäten im Digital-, Offset- und Tiefdruck in der Bertelsmann Printing Group. Es handelt sich um den größten Vertreter der Branche in Europa. Der Sitz der Unternehmensgruppe befindet sich in Gütersloh. 2016 erreichte die Bertelsmann Printing Group einen Umsatz von 1,624 Milliarden Euro.

Bertelsmann Investments (Beteiligungen)

Dieser Unternehmensbereich bündelt die Start-up-Beteiligungen von Bertelsmann. Schwerpunkt der Aktivitäten sind Brasilien, China und Indien sowie die USA und Europa. Bertelsmann Investments ist insgesamt an über 100 Start-up-Unternehmen vor allem aus der Digitalwirtschaft beteiligt.

Geschichte

1835.  Carl Bertelsmann gründet Gütersloh den C. Bertelsmann Verlag. Bertelsmann ist war ein Vertreter der minden-ravensbergischen Erweckungsbewegung, deren Schrifttum er in seinem Verlag herausbringt. Der anfangs auf theologische Literatur spezialisierte Verlag erweitert sein Programm zunächst um Schul- und Lehrbücher.

1920er und 1930er Jahre. Der Verlag erweitert sein Programm zunehmend im Bereich Unterhaltungsliteratur.

Im Dritten Reich profiliert sich der C. Bertelsmann Verlag mit den preiswerten „Bertelsmann Volksausgaben“. Insbesondere Kriegserlebnisbücher wie Werner von Langsdorffs „Fliegerbuch“ sind kommerziell erfolgreich. Heinrich Mohn ist Förderer der SS und möchte aus seinem Unternehmen einen nationalsozialistischen Musterbetrieb machen.

1939 bis 1944. Während des Zweiten Weltkrieges wird der C. Bertelsmann Verlag zum größten Lieferanten der Wehrmacht, noch vor dem Zentralverlag der NSDAP Franz Eher.

1939 bis 1941. Der Umsatz des C. Bertelsmann Verlags steigt stark an. Jüdische Zwangsarbeiter werden nicht in Gütersloh, aber in Druckereien in Litauen beschäftigt, mit denen der C. Bertelsmann Verlag zusammenarbeitet.

1944. Die Reichsschrifttumskammer ordnet die Schließung an, um „alle Kräfte für den Sieg“ zu mobilisieren. Wesentlicher Grund dafür sind auch kriminelle Papierschiebereien von Mitarbeitern des Verlags, die zu einem Prozess geführt haben.

1945. Nach Kriegsende stellt sich das Unternehmen vor den alliierten Kontrollbehörden als christlicher Widerstandsverlag dar, der politisch verfolgt worden sei. Verbindungen zu nationalsozialistischen Organisationen werden zunächst geleugnet. Nachdem bekannt wird, dass falsche oder zumindest unzureichende Angaben gemacht wurden, tritt Heinrich Mohn als Verlagsleiter zurück. Von seinen drei Söhnen übernimmt Reinhard Mohn den C. Bertelsmann Verlag, weil Hans Heinrich Mohn im Krieg gefallen ist und sich Sigbert Mohn noch in Gefangenschaft befindet.

1947. Die Alliierten erteilen schließlich eine Verlagslizenz.

1948. Nach der Währungsreform setzt im Buchhandel eine Absatzkrise ein, die auch bei C. Bertelsmann zu einer Existenzkrise führt.

1950. Unter diesen Vorzeichen wird der Bertelsmann Lesering (ehemals Buchclub) gegründet, um den Absatz anzukurbeln. Die Kunden beziezen Bücher im Abonnement und erhalten dafür einen günstigeren Preis. Das Geschäft verlagert sich zunehmend vom Verlag auf den Vertrieb von Büchern, was entscheidend für das weitere Wachstum ist.

1950er und 1960er Jahre. Bertelsmann dehnt seine Aktivität auf neue Geschäftsfelder aus.

1956. Das Unternehmen steigt mit dem Schallplattenring in den Musikmarkt ein.

1958. Mit Ariola wird eines der erfolgreichsten deutschen Plattenlabels gegründet, nahezu zeitgleich entsteht das Presswerk Sonopress. Mit dem Kommissionshaus Buch und Ton, aus dem später die Vereinigte Verlagsauslieferung hervorgeht, legt Bertelsmann den Grundstein für das Dienstleistungsgeschäft.

1959. Der C. Bertelsmann Verlag wird umstrukturiert: Theologische Literatur erscheint fortan im Gütersloher Verlagshaus, das mit dem Rufer Verlag zusammengeführt wird. Belletristik, Lyrik und Kunst kommen unter das Dach des Sigbert Mohn Verlags. Der C. Bertelsmann Verlag konzentriert sich fortan auf Sachbücher, insbesondere Lexika, Ratgeber, Fachbücher und Fachzeitschriften.

1964. Bertelsmann kauft die bereits zerschlagene UFA von der Deutschen Bank und baut darauf seine Präsenz in Film und Fernsehen auf.

1969. Bertelsmann erwirbt Anteile am Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr.

Ende der 1960er Jahre. Die sich zunehmend diversifizierenden Buchverlage werden in der Verlagsgruppe Bertelsmann gebündelt.

1970er Jahre. Das schnelle Wachstum des Konzerns führt zu strukturellen und finanziellen Problemen.

1970. Eine geplante Fusion mit Axel Springer, für die zeitweise ein Kredit in Millionenhöhe von der Westdeutschen Landesbank aufgenommen worden ist, scheitert.

1971 bis 2012. Bertelsmann ist eine Aktiengesellschaft nach deutschem Recht.

1972. Die Verlagsgruppe Bertelsmann verlegte ihren Sitz von Gütersloh nach München. In Gütersloh verbleiben zentrale Bereiche.

1975 bis 1980. Die Umsatzrendite sinkt auf unter ein Prozent. Außerdem sieht sich der Konzern im Heimatmarkt neuen regulatorischen Vorschriften ausgesetzt, insbesondere durch Gesetze zur Fusionskontrolle. Größere Akquisitionen werden praktisch unmöglich. Gleichzeitig ist eine Sättigung des deutschen Marktes für den Bertelsmann Lesering erkennbar, während die ausländischen Buchclubs den größten Teil der Umsätze in diesem Unternehmensbereich erwirtschaften.

Die in den 1960er Jahren begonnene Internationalisierung des Konzerns wird weiter vorangetrieben: Unter anderem beteiligt sich Bertelsmann an den Verlagen Plaza & Janés mit Sitz in Barcelona und Bantam Books aus New York. In den Vereinigten Staaten wird eine Niederlassung für Ariola gegründet und Arista Records gekauft.

1976. Am Sitz den Konzerns in Gütersloh wird ein neues Bürogebäude errichtet. Es wird Sitz der Zentrale, Corporate Center genannt. 

1979/1980. In die Zeit der Wirtschaftskrise fallen auch Diskussionen um die Nachfolge von Reinhard Mohn.

1981. Reinhard Mohn wechselt in den Aufsichtsrat. Neuer Vorstandsvorsitzer wird Manfred Fischer, der zuvor die Geschäftsführung von Gruner + Jahr innegehabt hat. Damit leitet Bertelsmann erstmals ein Manager, der nicht der Familie der Eigentümer angehört.

1983. Manfred Fischers Nachfolger als Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann wird Mark Wössner. In den Beginn seiner Amtszeit fällt die Affäre um die gefälschten Hitler-Tagebücher, die das öffentliche Ansehen der Zeitschrift Stern, des Verlagshauses Gruner + Jahr und des gesamten Konzerns beschädigt.

Mark Wössner bindet die Tochtergesellschaften stärker an die Zentrale in Gütersloh. Das betrifft insbesondere das Business Development und Controlling. Unter der Führung von Mark Wössner beteiligt sich Bertelsmann außerdem an RTL plus, dem ersten privaten Fernsehsender in Deutschland.

1986. Bertelsmann kauft die Mehrheit an RCA Records und führt seine Aktivitäten im Musikmarkt in der neuen Bertelsmann Music Group zusammen. Sonopress, ein 1958 gegründetes Unternehmen zur Herstellung von Tonträgern, ist nicht Teil der Bertelsmann Music Group, sondern dem Druck- und Industriebereich zugeordnet. Mit Doubleday wird ein weiterer bekannter US-amerikanischer Verlag erworben. Dadurch steigt der Konzern zu einem international bekannten Unternehmen auf, Bertelsmann ist zeitweise das weltweit größte Medienhaus.

1989. Die erste Filiale des Club Bertelsmann öffnet in Dresden.

1990/1991. Bertelsmann hat über 45.000 Mitarbeiter und erreicht einen Umsatz von jährlich 14,5 Milliarden Deutsche Mark. Davon entfallen rund 63 Prozent auf Geschäfte außerhalb Deutschlands, wichtigster Auslandsmarkt sind die USA. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Ende des Kalten Krieges expandiert Bertelsmann nach Ostdeutschland sowie Mittel- und Osteuropa.

Prägend für die weitere Entwicklung des Konzerns in den 1990er Jahren ist die Verbreitung des Internets als Massenmedium sowie die Änderung der Eigentümerstruktur von Bertelsmann.

1993. Reinhard Mohn überträgt die Mehrheit der Kapitalanteile auf die Bertelsmann Stiftung und übernimmt deren Vorsitz. Die Stiftung selbst finanziert sich aus Gewinnen des Konzerns.

2. Juni 1993. Der Bertelsmann-Konzern stellt den Angehörigen der Opfer des Brandanschlags von Solingen eine Million DM an Spenden zur Verfügung und übergibt den Betrag der nordrhein-westfälischen Landesregierung unter Johannes Rau treuhänderisch.

1994. Gruner + Jahr erwirbt die Zeitschriften der New York Times, wodurch der Konzern seine Präsenz im wichtigsten Auslandsmarkt abermals ausbaut.

1995. Bei Bertelsmann gibt es einen Geschäftsbereich Multimedia. In seinem Zentrum steht AOL Europe, ein Joint Venture von America Online und Bertelsmann. Zuvor hat sich Bertelsmann bereits direkt an America Online beteiligt. Zum Geschäftsbereich Multimedia gehören auch mediaWays und Pixelpark.

1997. Die UFA fusioniert mit der Compagnie Luxembourgeoise de Télédiffusion (CLT) zu einem gemeinsamen Unterhaltungskonzern mit Sitz in Luxemburg. Bertelsmann kann mit CLT-UFA sein Geschäft entscheidend diversifizieren.

1998. Thomas Middelhoff löst Mark Wössner als Vorstandsvorsitzenden von Bertelsmann ab. Thomas Middelhoff war zuvor bereits als Vorstand für den Geschäftsbereich Multimedia zuständig. Mark Wössner wechselt in den Aufsichtsrat des Unternehmens und führt fortan die Bertelsmann Stiftung.

In die Zeit des Führungswechsels fällt die Übernahme des US-Verlags Random House. Damit steigt der Konzern zur größten Verlagsgruppe im englischsprachigen Raum auf. Random House wird mit Bantam Doubleday Dell zusammengeführt, die Zentrale aller Bertelsmann-Verlage siedelt der Konzern in New York an.

In diesem Jahr hält der Vorstandsvorsitzende Thomas Middelhoff anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Vernon A. Walters Award 1998 in New York eine Rede. Drain stellt er Bertelsmann als eines der wenigen nichtjüdischen Medienunternehmen dar, das von den Nationalsozialisten geschlossen wurde, weil es subversive Literatur veröffentlicht habe.

Diese Einschätzung wird zum Beispiel vom Publizisten Hersch Fischler scharf kritisiert. Die Rede führte zu einer breiten öffentlichen Debatte.

Ende 1998. Die Debatte um die Rollen von Bertelsmann im Nationalsozialismus führt zur Einrichtung der Unabhängigen Historischen Kommission (UHK) durch den Konzern. Diese wird von Saul Friedländer geleitet, weitere Mitglieder sind Norbert Frei, Trutz Rendtorff und Reinhard Wittmann.

1999. Bertelsmann kauft den Springer Wissenschaftsverlag, der unter anderem Marktführer für Mathematik und Physik ist.

2000. Bertelsmann trennt sich wieder von AOL Europe. Der Verkauf der Anteile am Joint Venture an America Online bringt Bertelsmann Milliarden ein.

Im selben Jahr bilden Bertelsmann und die Mediengruppe Pearson aus ihren TV-Töchtern CLT-UFA und Pearson TV die RTL Group. Bertelsmann besitzt zunächst eine Minderheit am Unternehmen, stockt seine Beteiligung allerdings schrittweise auf. Bertelsmann sichert sich später die Mehrheit der Anteile an RTL durch einen Aktientausch mit der Groupe Bruxelles Lambert (GBL), der dadurch 25,1 Prozent der Anteile am Konzern gehören.

Unter der Führung von Thomas Middelhoff verstärkt Bertelsmann sein Engagement im Internet, wobei vor allem die Beteiligung an Napster größere mediale Beachtung erhält. Ziel der Zusammenarbeit ist es unter anderem, die illegale Verbreitung urheberrechtlich geschützten Materials einzudämmen.

Die UHK legt in diesem Jahr einen Zwischenbericht vor. 

In diesem Jahr veröffentlicht Wolfgang Schäuble: "Mitten im Leben", Bertelsmann, München.

2001. Napster muss aufgrund juristischer Auseinandersetzungen schließen. Bertelsmann sieht sich Schadenersatzforderungen der Musikindustrie ausgesetzt. Um das weitere Wachstum des Konzerns zu finanzieren, bringt Thomas Middelhoff einen Börsengang von Bertelsmann ins Gespräch. Es kommt zu einem Grundsatzkonflikt mit der Familie Mohn.

2002. Gunter Thielen wird neuer Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann, einige Medien kommentieren den Wechsel kritisch.

Es folgt eine Phase der Konsolidierung, um die Probleme des Stammgeschäfts zu lösen. Bertelsmann trennt sich zum Beispiel von unrentablen E-Commerce-Firmen, unter anderem werden bol.de und der Onlineshop von Barnes & Noble verkauft. Gruner + Jahr trennt sich von der Berliner Zeitung, auch der Wissenschaftsverlag BertelsmannSpringer wird wieder abgegeben.

Die UHK legt in diesem Jahr ihren ihren Abschlussbericht vor. Dieser stellt zum Beispiel fest, dass die Behauptung, der C. Bertelsmann Verlag habe Widerstand gegen den Nationalsozialismus geleistet, eindeutig nicht zutreffend war. Die „Schließung als Widerstandsverlag“ kann nicht belegt werden. Der Historiker Volker Ullrich urteilt in der Wochenzeitung Die Zeit, vom „angeblichen Widerstandsverlag“ bleibe nichts übrig.

Geschäftsjahr 2003. Der Konzern kündigt an, sein Musikgeschäft BMG in ein Joint Venture mit Sony Music einzubringen. Bertelsmann und Sony besitzen daran jeweils die Hälfte der Anteile. Mit der Transaktion wollen die Beteiligten auf rückläufige Umsätze im Musikmarkt reagieren.

Außerdem leitet Gunter Thielen den Rückkauf der Anteile von Groupe Bruxelles Lambert ein. Diese Maßnahme wird unter anderem mit dem Verkauf des Geschäfts mit Musikrechten an den französischen Medienkonzern Vivendi bzw. dessen Tochter Universal Music Group finanziert. Während der Amtszeit von Gunter Thielen überschreitet die Mitarbeiterzahl von Bertelsmann erstmals 100.000 Personen.

Ab diesem Jahr befinden sich die Akten der UHK öffentlich zugänglich im Unternehmensarchiv des Konzerns in Gütersloh.

Wolfgang Schäuble veröffentlicht in diesem Jahr: "Scheitert der Westen? Deutschland und die neue Weltordnung", Bertelsmann, München.

2004 bis 2011. Der Euopaabgeordnete der CDU Elmar Brok ist Senior Vice President Media Development. Zuvor war er Europabeauftragter des Vorstandes der Bertelsmann AG. Als solcher hat er an der EU-Richtlinie zum Urheberrecht welches die Position der Medienunternehmen und damit auch Bertelsmann stärkte mitgearbeitet. Der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim ist der Ansicht dass es sich bei Broks Arbeit um "legale Korruption" handelt.

Ab 2006. Die Familie Mohn kontrolliert den Konzern wieder vollständig.

2008. Hartmut Ostrowski wird zum Vorstandsvorsitzenden ernannt. Bertelsmann verkauft seine Anteile am Plattenlabel Sony BMG. Danach heißt das Unternehmen Sony Music Entertainment. Indiesem Jahr erwirbt Bertelsmann die Rechte an der Brockhaus Enzyklopädie. Das Lexikon erscheint fortan im Wissen Media Verlag.

Ende 2011. Hartmut Ostrowski kündigt überraschend an, Bertelsmann aus persönlichen Gründen zu verlassen.

Ab 2012. Thomas Rabe ist Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann.

Der Konzern wird in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien umgewandelt, deren persönlich haftende Gesellschafterin eine Societas Europaea ist. Bertelsmann begründet diesen Schritt unter anderem mit dem Ziel, sich für Investoren zu öffnen. Diese sollen vor allem an der Finanzierung weiteren Wachstums teilhaben. Von Medien wird der Wechsel der Rechtsform als „Zeitenwende“ bezeichnet, weil damit grundsätzlich auch ein Börsengang möglich wird. Dieser wird schließlich nicht umgesetzt.

Die neue Rechtsform ändert nichts an den Eigentumsverhältnissen von Bertelsmann. Bereits in den 1970er und 1980er Jahren hat die Familie Mohn die Bertelsmann Stiftung aufgebaut, die seit 1993 die Mehrheit der Kapitalanteile an Bertelsmann besitzt. Dabei spielen auch steuerliche Gründe eine Rolle. Außerdem soll auf diesem Weg die Kontinuität des Unternehmens gewahrt bleiben.

Ebenfalls in dieseem Jahr schafft Bertelsmann zusätzlich das sogenannte Group Management Committee, das den Vorstand in wichtigen Fragen berät. Einzelne Medien thematisieren, dass vergleichsweise viele Frauen in das Group Management Committee berufen werden.

2013. Bertelsmann bringt einen Teil seiner Aktien an der RTL Group an die Börse, um mit den Erlösen aus dem Verkauf das weitere Wachstum zu finanzieren.  Mit Penguin Random House entsteht der weltweit größte Publikumsverlag.

2014. Gruner + Jahr wird vollständig von Bertelsmann übernommen. Ferner investierte Bertelsmann unter der Führung von Thomas Rabe verstärkt in den Bildungssektor: Zum Beispiel wird in diesem Jahr der US-Anbieter Relias Learning erworben.

2015. Relias Learning wird in die neu  gegründete Bertelsmann Education Group eingegliedert. Wesentliche Unternehmensbereiche sind in diesem Geschäftsjahr die RTL Group, Penguin Random House, Gruner + Jahr, BMG, Arvato, die Bertelsmann Printing Group, Bertelsmann Education Group und Bertelsmann Investments. 

2016. Das Druckereigeschäft bündelt der Konzern in der Bertelsmann Printing Group. Der Club Bertelsmann wird abgewickelt, wogegen sich einzelne Vertriebspartner juristisch wehren.

1. März 2017. Das New Yorker Verlagshaus Penguin Random House hat offenbar die Rechte an den Memoiren von Ex-US-Präsident Barack Obama und seiner Frau Michelle für etwa 65 Millionen US-Dollar, das sind umgerechnet gut 61 Millionen Euro, gekauft. Der Verlag Penguin Random House gehört mehrheitlich zum deutschen Bertelsmann-Konzern.

Bilder aus Wikimedia Commons
Bertelsmann Corporate Center in Gütersloh, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany, Urheber: Bertelsmann Unternehmenskommunikation

Quellen