Freitag, 25. Januar 2019

Julius Robert Oppenheimer (Vater der Atombombe)

Julius Robert Oppenheimer
Der deutsch-jüdische theoretische Physiker Julius Robert Oppenheimer wurde am 22. April 1904 in New York in den USA geboren († 18. Februar 1967 in Princeton, New Jersey). 

Er wurde vor allem während des Zweiten Weltkriegs für seine Rolle als wissenschaftlicher Leiter des Manhattan-Projekts bekannt. Dieses im geheim gehaltenen Los Alamos National Laboratory in New Mexico stationierte Projekt hatte zum Ziel, die ersten Atomwaffen zu entwickeln. Robert Oppenheimer gilt als „Vater der Atombombe“, verurteilte jedoch ihren weiteren Einsatz, nachdem er die Folgen ihres Einsatzes gegen die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki gesehen hatte.

Nach dem Krieg arbeitete Robert Oppenheimer als Berater der neu gegründeten US-amerikanischen Atomenergiekommission (AEC) und nutzte diese Position dazu, sich für eine internationale Kontrolle der Atomenergie und gegen ein atomares Wettrüsten zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten einzusetzen. Nachdem er sich mit seinen politischen Ansichten das Missfallen vieler Politiker während der McCarthy-Ära zugezogen hatte, wurde ihm 1954 die Sicherheitsberechtigung entzogen. Von direkter politischer Einflussnahme ausgeschlossen, setzte er seine Arbeit als Physiker in Forschung und Lehre fort.

Ein Jahrzehnt später wurde Robert Oppenheimer 1963 durch den US-amerikanischen Präsidenten Lyndon B. Johnson als Zeichen seiner politischen Rehabilitierung der Enrico-Fermi-Preis verliehen.

Werdegang

Die Vorfahren seines Vaters kamen ursprünglich aus Hanau. Roberts Vater, Julius S. Oppenheimer, ein reicher jüdischer Textilimporteur, war 1888 in die USA emigriert. Roberts Mutter, Ella Friedman, war Kunsterzieherin. Sie hatte eine Maler-Ausbildung in Paris absolviert und besaß ein Atelier in New York. Oppenheimer hatte einen Bruder, Frank Oppenheimer (1912–1985), der ebenfalls Physiker war.

Oppenheimer ging auf die Schule der „New York Society for Ethical Culture“ in New York. Ab der dritten Schulklasse erhielt er Unterricht von einem privaten Chemielehrer.

1921. Oppenheimer geht mit zehn Bestnoten von der Ethical Cultural School. Oppenheimer sagt später über seine Kindheit: „Meine Kindheit hatte mich in keiner Weise darauf vorbereitet, dass es grausame, bittere Dinge auf dieser Welt gibt“. Sein „behütetes Familienleben“ habe ihm nicht „die normale, gesunde Möglichkeit eingeräumt, jemals ein Lausbub zu sein“.

1922. Oppenheimer beginnt sein Studium (MSc.) an der Harvard-Universität. Sein Hauptfach ist Chemie, er belegt jedoch auch Fächer wie Griechisch, Architektur, Kunst und Literatur. Erst im dritten Studienjahr begeistert ihn der Professor Percy Bridgman für die Physik.

1925. Oppenheimer schliesst sein Studium mit „summa cum laude“ ab. Anschließend fährt er für weitere Studien nach Großbritannien ans Cavendish Laboratory der Cambridge University unter Leitung von Ernest Rutherford, wo man ihm experimentelle Arbeiten zuweist, für die er wenig Neigung zeigt.

Es kommt dort auch zu einer persönlichen Krise. Seinem Tutor soll er dort einen mit Laborchemikalien vergifteten Apfel hingelegt haben. Um dem Uni-Rauswurf zu entgehen, verpflichtet er sich zu regelmäßigen Therapiesitzungen. Ein prominenter Psychiater in London bescheinigt ihm eine spezielle Form der Schizophrenie und stuft ihn als hoffnungslosen Fall ein.

Mithilfe seines Bruders gelingt es ihm jedoch, das seelische Tief zu überwinden, doch auch später, auf dem Höhepunkt seiner Karriere, hat er einen Hang zur Selbstzerstörung. Oppenheimer ist Kettenraucher, hustet ständig, das Gebiss ist verwüstet, seinen meist leeren Magen malträtiert er mit seinen gerühmten Martinis und sehr stark gewürztem Essen. Sein Körper ist ausgemergelt, er schämt sich dafür und vermeidet es, sich am Strand auszuziehen.

1926. Oppenheimer veröffentlicht mehrere Arbeiten über die quantenmechanische Behandlung komplexer Fragen der Atomstruktur. Durch diese Arbeiten wird Max Born auf Oppenheimer aufmerksam und bietet ihm einen Platz als Doktorand in Göttingen an. Hier, an der Universität Göttingen, dem derzeit weltweit führenden Zentrum der Atomphysik, kommt es zum Gedankenaustausch zwischen dem jungen Oppenheimer und den großen Atom-Wissenschaftlern der Zeit, Werner Heisenberg, Pascual Jordan, Niels Bohr, Wolfgang Pauli, Enrico Fermi, Paul Dirac und Edward Teller.

1926 bis 1928. Schnell wird Oppenheimer einer der großen Wissenschaftler der Quantenmechanik. Er veröffentlichte sechzehn bedeutende Beiträge zur Quantenphysik.

1927. Oppenheimer wird  „mit Auszeichnung“ bei Max Born über theoretische Untersuchungen von Spektren promoviert. James Frank (Nobelpreisträger), einer der Prüfer bekennt später: "Ich bin rechtzeitig rausgekommen. Er fing gerade an, mir Fragen zu stellen." Anschließend nimmt er eine Stelle als Assistenzprofessor in Berkeley, Kalifornien, an.

1928. Oppenheimer besucht nochmals mit einem Forschungsstipendium Europa.

1929. Oppenheimer ist gegenüber Ökonomie und Politik so gleichgültig, dass er vom Börsen-Crash in diesem Jahr erst Monate später erfährt.

1937. Robert Oppenheimers Vater stirbt und hinterlässt ihm und seinen Geschwistern ein beachtliches Vermögen. Oppenheimer bildet in Kalifornien eine aktive Schule theoretischer Physiker. Dass in der, vom spanischen Bürgerkrieg gekennzeichneten Atmosphäre kommunistische Neigungen unter Intellektuellen gang und gäbe sind, denen auch viele Freunde Oppenheimers anhingen, wird ihm später in der McCarthy-Zeit negativ ausgelegt.

1939. Er veröffentlicht auch Arbeiten zur Astrophysik, u. a. eine frühe Untersuchung über Neutronensterne und eine Untersuchung über den gravitativen Kollaps schwerer Sterne zu Schwarzen Löchern (der Name „Schwarzes Loch“ kam allerdings erst in den 1960er Jahren auf).

Während des Zweiten Weltkriegs wächst bei der US-amerikanischen Regierung die Sorge, dass das nationalsozialistische Deutschland als erste Nation eine Atombombe bauen könnte. Um dies zu verhindern, wird mit dem Manhattan-Projekt die Entwicklung einer amerikanischen Atombombe forciert.

1941. Er heiratet Kitty Harrison.

1942. Vier Wochen nach seinem Amtsantritt trifft Leslie R. Groves als Leiter des Manhattan-Projekts eine folgenreiche Entscheidung. Der General macht Robert Oppenheimer zum wissenschaftlichen Leiter des Manhattan-Projekts. Oppenheimer der von einem "maßlosen Ehrgeiz" angetrieben wird und enttäuscht ist, weil ihm seine Forschungsbeiträge nicht die gewünschte Anerkennung verschafft haben ergreift die Chance auf Unsterblichkeit.

Die Spionageabwehr der Armee ist entsetzt. Ausgerechnet das wandelnde Sicherheitsrisiko Oppenheimer. Er hat den ganzen Marx gelesen und verkehrt in einem Kreis "linksgerichteter Freunde". Seine Ex-Verlobte, sein Bruder und seine Schwägerin waren alle Mitglieder der Kommunistischen Partei.

Oppenheims Aufgabe ist unter anderem, die besten Wissenschaftler des Landes für das geheime Projekt zu gewinnen. General Leslie R. Groves traut den schwatzhaften Wissenschaftsprimadonnen nicht und möchte die einzelnen Forschungsgruppen strikt voneinander trennen. Physiker, Chemiker, Mathematiker, Metallurgen, Theoretiker, Waffentechniker und Sprengstoffexperten sollen ihre Erkenntnisse auf keinen Fall untereinander austauschen. Sie könnten sonst die Geheimnisse der Bombe ausplaudern. Zudem besteht Groves darauf, die Forscher für die Dauer des Projekts als Armeeangehörige zu verpflichten.

Oppenheimer weiß jedoch, dass nur ein offener wissenschaftlicher Diskurs am Ende zur Bombe führen wird. Er wirbt für ein zentrales Labor, "wo man frei miteinander reden könnte, wo theoretische Ideen und experimentelle Ergebnisse zueinander in Beziehung treten, wo Ineffizienz und Frustration und Irrtum, wie aus so vielen voneinander abgegrenzten experimentellen Studien bekannt, vermieden werden".

Oppenheimer setzt sich durch. Schließlich wird das Projekt in die Einsamkeit der Wüste von New Mexico verlegt um die Wissenschaftler zu isolieren. Dort wird in über 2000 Metern Höhe das Los Alamos National Laboratory errichtet. Diese Forschungseinrichtung beherbergt schließlich etwa 3000 Menschen.

Dezember 1944. Seine Ehefrau Kitty bringt eine Tochter zur Welt. Die Frauen stehen Säuglingsstation Schlange, um einen Blick auf die Kleine vom Boss zu werfen.

1945. Die Forschungen in Los Alamos werden abgeschlossen. Die erste Atombombe der Welt wurde “The Gadget” (deutsch: „das Gerät, technische Spielerei“) genannt und auf dem Testgelände „White Sands Missile Range“ mit dem Codenamen „Trinity“ in der Wüste von New Mexico am 16. Juli 1945 um 5:29:45 Uhr gezündet. Neun Kilometer davon entfernt wird ein Bunker errichtet.

1965. In Bezug auf die Zündung der ersten Atombombe zitiert Oppenheimer in einem Interview die Zeile: “Now, I am become Death, the destroyer of worlds.” („Jetzt bin ich der Tod geworden, der Zerstörer der Welten.“ – aus der „Bhagavad Gita“, einer zentralen heiligen Schrift des Hinduismus.)

Vollständiger findet sich das von Oppenheimer in Erinnerung an den ersten Atombombentest verwendete Zitat im ein Jahr zuvor erschienenen Current Biography Yearbook, 1964: “If the radiance of a thousand suns / were to burst at once into the sky / that would be like / the splendor of the Mighty One and I am become Death, the shatterer of worlds.” („Wenn das Licht von tausend Sonnen / am Himmel plötzlich bräch' hervor / das wäre gleich dem Glanze dieses Herrlichen, und ich bin der Tod geworden, Zertrümmerer der Welten.“ - Current Biography Yearbook, 1964, deutsche Übersetzung nach „Bhagavad Gita“, vollständiger Text in transkribiertem Sanskrit und Deutsch).

Es sei allerdings angemerkt, dass sich das Zitat so nicht an einer einzelnen zusammenhängenden Textstelle findet; es handelt sich vielmehr um Teile aus den Versen 12 und 32 des 11. Gesangs, einer längeren Selbstbeschreibung des Gottes Krishna, wobei Oppenheimer, der als Anhänger des Bhagavadgita des Sanskrit mächtig war, besonders den zweiten Vers, den er 1965 im obengenannten NBC-Interview wiederholte, eigenmächtig recht frei übersetzt hat; die entsprechende Textstelle kâlo ‘smi lokakshayakrt pravrddho / lokân samâhartum iha pravrttah, wird im Deutschen zumeist als „Zeit bin Ich, die Zerstörerin der Welten“ bzw. „Ich bin die Zeit, die alle Welt vernichtet“ übersetzt.

6. August 1945. 21 Tage nach The Gadget, wird “Little Boy” (deutsch: „kleiner Junge“) über Hiroshima abgeworfen. Drei Tage später, also am 9. August 1945, werfen die USA “Fat Man” (deutsch: „dicker Mann“) über Nagasaki ab. Insgesamt kommen durch die beiden Atombomben 126.000 Menschen sofort um, 90.000 Menschen sterben nach offiziellen Angaben an den Folgen.

1946. Oppenheimer erhält 1946 die Medal for Merit, die höchste zivile Auszeichnung der USA. Er gerät zunehmend in Konflikt mit seiner Rolle als „Vater der Atombombe“.

1947. Er übernimmt er den Vorsitz eines Beratungskomitees der US-amerikanischen Atomenergiebehörde (Atomic Energy Commission, AEC). Dort rät er von der Wasserstoffbombe ab. Daraus entwickelt sich ein Konflikt mit dem Vorsitzenden der AEC, Lewis Lichtenstein Strauss (und auch mit Edward Teller, der treibenden Kraft in der Entwicklung der Wasserstoffbombe, dessen Arbeit Oppenheimer behindert). Die Auseinandersetzungen zwischen Oppenheimer und Strauss spitzen sich derart zu, dass Oppenheimer schließlich – in der McCarthy-Ära – von Strauss als möglicher Spion der Sowjetunion denunziert wird. Material für seine Anschuldigungen bekam Strauss vom FBI, das Oppenheimers Vergangenheit erkundet und ihn zeitweise rund um die Uhr überwacht.

1954. Oppenheimer wird zu einer Sicherheitsanhörung geladen und des „Umgangs mit bekannten Kommunisten“ beschuldigt. Damit sind sein Bruder Frank Oppenheimer, seine Ex-Frau, Studenten und Bekannte aus seiner Zeit in Kalifornien in den 1930er Jahren wie David Bohm gemeint. Außerdem beschuldigt man ihn, gegen die Wasserstoffbombe zu sein, womit er seine Aufgabe nicht erfülle. Doch die Untersuchungskommission mussbald einräumen, dass Oppenheimer seine Meinung frei äußern darf und keines Verrats schuldig ist. Sie stellt allerdings auch fest, dass er (in Sachen der H-Bombe) „aus welchen Motiven auch immer die Interessen der Vereinigten Staaten geschädigt habe“.

Daraufhin versagt man Oppenheimer die sogenannte „Sicherheitsgarantie“. Dies bedeutet seinen Ausschluss aus geheimen Regierungsprojekten und damit auch eine massive Reduzierung seiner politischen Einflussnahme. In der Presse findet diese Entscheidung größtenteils ein positives Echo. In Physikerkreisen ist man dagegen teilweise empört. Besonders Edward Teller bekommt die Folgen seiner zwar recht neutral formulierten, für Oppenheimer aber letztendlich fatalen Aussage vor dem Ausschuss zu spüren und wird von seinen ehemaligen Kollegen teilweise wie ein Paria, d. h. Verstoßener, behandelt.

Oppenheimer kehrt daraufhin in das Institute for Advanced Study zurück. In wissenschaftlichen Kreisen erhält er große Unterstützung.

1954. Oppenheimer wird zum Direktor des Institute for Advanced Study wiedergewählt.

1963. Erst neun Jahre nach der Anhörung wird Oppenheimers Arbeit während des Manhattan-Projekts offiziell gewürdigt. Präsident John F. Kennedy vor, ihm den Enrico-Fermi-Preis zu verleihen, was im selben Jahr unter seinem Nachfolger Johnson erfolgt. Seine „politische Unbedenklichkeit“ bekommt er nicht zurück.

18. Februar 1967. Robert Oppenheimer stirbt an Kehlkopfkrebs.

Bilder aus Wikimedia Commons
Julius Robert Oppenheimer, Lizenz: Public Domain, Urheber: Department of Energy, Office of Public Affairs

Quellen