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| Atomkraftwerk Aqtau |
Das sowjetisch-kasachische Atomkraftwerk Aqtau (früher Atomkraftwerk Schewtschenko) befindet sich in Aqtau im Westen des Landes in der Region Mangystau am Kaspischen Meer. Die Stadt hieß von 1964 bis 1992 Schewtschenko, weshalb auch der Reaktor oft unter diesem Namen erwähnt wird.
Das AKW verfügte über einen natriumgekühlten Atomreaktor vom Typ Schneller Brüter (BN-350) mit einer elektrischen Bruttoleistung von 90 MWe und einer elektrischen Nettoleistung von 52 MWe. Während seiner Betriebszeit speiste er 1853 GWh in das Stromnetz ein.
Nachfolger des Reaktors BN-350 ist Reaktor 3 Typ BN-600 im russischen AKW Belojarsk.
Nachfolger des Reaktors BN-350 ist Reaktor 3 Typ BN-600 im russischen AKW Belojarsk.
Neben der Stromerzeugung und der Produktion von waffenfähigem Plutonium stellte der Atomreaktor auch Prozesswärme für eine Meerwasserentsalzungsanlage zur Verfügung und ist in Loop-Bauweise gebaut. Der BN-350 wurde speziell für den Zweck der Stromerzeugung (52 MW netto bzw. 90 MW brutto) und zur Wasserentsalzung (120.000 Kubikmeter Frischwasser am Tag) konstruiert, was einer Gesamtleistung von 350 MWe entspricht. Er war der einzige Reaktor weltweit, der eine Meerwasserentsalzungsanlage beheizte.
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Betriebs- und Wartungskosten (Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Kapazitätsfaktor) für die Stromerzeugung des BN-350 wirtschaftlich mit herkömmlichen Kraftwerken (fossile Brennstoffe oder Leichtwasserreaktoren) konkurrieren konnten, aber die Kapitalkosten dieser Anlage hoch waren.
An dem Standort ist ein neuer Reaktor, wieder ein Brutreaktor mit einer elektrischen Leistung von 350 MW geplant.
Geschichte
1. Oktober 1964. Baubeginn.
16. Juli 1973. Der Reaktor wird erstmals mit dem Stromnetz synchronisiert und geht noch am selben Tag in den kommerziellen Leistungsbetrieb.
1975. Im AKW kommt es zu einem zweistündigen Natriumbrand nachdem Natrium mit Wasser in Berührung gekommen ist. Der Störfall wurde auf der Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse auf der Stufe 1 eingestuft.
Juni 1994. Der Reaktor muss wegen fehlender Finanzierung für neuen Brennstoff abgeschaltet werden.
Ende Dezember 1994. In dem AKW kommt es laut OMRI Daily Digest zu einem Brand weil Öl aus einer Kühlmittelpumpe ausgelaufen ist. Das Feuer soll jedoch schnell gelöscht worden sein und es soll keine Strahlung ausgetreten sein. Die kasachische Atomaufsichtsbehörde kritisierte die Massenmedien, weil sie über diesen Störfall berichten.
Nach Angaben der Aufsichtsbehörde sollte der Reaktor zu Wartungsarbeiten heruntergefahren werden, um eine Dichtung an einer Kühlmittelpumpe zu wechseln, da es durch den Kühlmitteldruck zu einem Pfeifen kam. Dadurch kam es zu einem größeren Leck an der Hauptkühlmittelpumpe. Da man befürchtete, dass das heiße Öl zum Natriumkreislauf vorlaufen würde, habe man vorbeugend die Feuerwehr gerufen. Es brach jedoch kein Feuer aus. Der Störfall wurde auf der internationalen Bewertungsskala für atomare Ereignisse auf der Stufe 0 eingeordnet.
1997. Die Regierungen der USA und Kasachstan vereinbaren ein gemeinsames Programm zur Verbesserung der Sicherheit für das Plutonium-Lager, in dem die abgebrannten Brennelemente aus dem Atomkraftwerk aufbewahrt werden.
Es besteht auch die Gefahr einer Proliferation für Atomwaffen: Die abgebrannten Brennelemente aus dem Atomkraftwerk enthalten fast drei Tonnen Plutonium. Dieses Plutonium ist besser als das Standard-Waffen-Plutonium (> 90 % Pu239), obwohl das Plutonium in rund 300 Tonnen abgebrannter Brennelemente eingebettet ist. Der Reaktor und seine abgebrannten Brennelemente befinden sich am Ufer des Kaspischen Meeres, am gegenüberliegenden Ufer zum Iran. Der Iran steht in enger Verbindung mit der Stadt Aqtau, in der sich der Reaktor befindet.
22. April 1999. Der Reaktor wird endgültig abgeschaltet. Die USA und Kasachstan haben bei der Abschaltung des Reaktors zusammengearbeitet. Die alte Anlage wird dem kasachischen Atomkonzern Kazatomprom übertragen.
Bis 2001. Das Programm zur Sicherung des Plutonium-Lagers wird unter der Aufsicht der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) durchgeführt. Die neuen, speziell entwickelten Lagerbehälter sind groß, schwer und hochradioaktiv, sodass die Brennelemente weitaus schwieriger zu stehlen sind als vorher. Die USA und Kasachstan vereinbarten, die Brennelemente in diesen Behältern auf dem Gebiet des ehemaligen Atomwaffentestgeländes Semipalatinsk in Kasachstan zu lagern.
2006. Die kasachische Regierung beschließt den Bau eines neuen Atomreaktors mit einer mittleren Leistung vom Typ WBER-300 (russisch für bодяной блочный энергетический реактор = Wasser-Block-Energie-Reaktor) mit russischer und europäischer Anlagentechnik zehn Kilometer von Aktau.
Russische Experten sollen eine Machbarkeitsstudie und erste Investitionen für das AKW bis 2009 abschließen.
Bis 2007. Der Transport des Plutoniums nach Semipalatinsk ist abgeschlossen.
2007. Kasachstan finanziert die Ausarbeitung der technischen Aufgabenstellung für einen neuen Atomreaktor im Atomkraftwerk Aktau.
Oktober 2008. Russland und Kasachstand gründen ein Joint Venture, um Technologien für den Reaktortyp WBER-300 zu entwickeln und diese in Kasachstan, Russland und Drittländern zu vermarkten. Kasachstan stellt 1,25 Millionen US-Dollar für eine Machbarkeitsstudie bereit. Diese Dokumentation soll bis Ende 2008 fertig sein.
Februar 2009. Kasachstan erklärt dass der Baubeginn des neuen AKWs verschoben werde, bis die Übergabe geistigen Eigentums mit Russland geklärt sei. Die Arbeit an dem Projekt wird daraufhin aus Mitteln russischer Betriebe fortgesetzt.
August 2009. Der Pressedienst des kasachischen Energieunternehmens Kazatomprom teilt mit, dass ein russisch-kasachisches Regierungsabkommen über die Projektierung und den Bau eines Atomenergieblocks auf der Grundlage des Druckwasserreaktors WWER-300 in der westkasachischen Stadt Aktau zur Unterzeichnung vorbereitet werde.
Kazatomprom hofft, nicht nur ein eigenes Atomkraftwerk mit Energieblöcken vom Typ WWER-300 zu bauen, sondern auch ähnliche Reaktoranlagen in andere Länder zu exportieren.
22. September 2009. Asset Magautow (Vizeminister für Energiewirtschaft und Mineralressourcen Kasachstans) teilt der Presse mit, dass ein staatliches Programm für die Entwicklung der Atombranche, mit dem Ziel des Baus eines AKWs bis 2020 aufgestellt wird. Kasachstan verhandelt darüber offenbar mit Russland. Der Ort und der Typ des zukünftigen AKW sollen noch nicht festgelegt sein.
Ende Januar 2013. Nursultan Nasarbajew (Präsident von Kasachstan) weist Kazatomprom an, innerhalb von sechs Monaten eine Energiebilanz für das künftige AKW zu erarbeiten und Vorschläge für den Standort der Anlage vorzulegen.
8. März 2013. Laut Valery Shevelev (Leiter für innovative Projekte des kasachischen Staatskonzerns Kazatomprom) wird Kasachachstan seinen ersten Atomreaktor in Aktau bauen "weil dort Fachkräfte und die nötige Infrastruktur erhalten geblieben sind". Es soll eine internationale Ausschreibung für einen Siedewasser-Reaktor geben.
Bilder aus Wikimedia Commons
Atomkraftwerk Aqtau, Lizenz: Public Domain, Urheber: Argonne National Laboratory
Quellen
