Donnerstag, 20. Juni 2019

Hooligan

Hooligans (engl. „Schlägertypen“, „Raufbolde“, „Rabauken“) sind Personen die häufig in größeren Gruppen durch aggressives Verhalten auffallen. Meistens sieht man Hooligans bei Fußballspielen, aber es gibt sie auch bei anderen Sportarten und in anderen Lebensbereichen. Die Hooligan-Bewegung stammt ursprünglich aus England und hat sich sehr schnell ausgebreitet.

Das Zelebrieren von Gewaltritualen und das Kultivieren einer Ästhetik der Aggressivität sind bestimmende Elemente der Hooligan-Kultur. Hooligans behaupten, der Beweggrund für ihr Handeln sei der Kick, den sie daraus zögen, mit physischer Gewalt zu zeigen, man sei stärker als der Gegner. Auch der Zusammenhalt in der Gruppe der „harten Männer“ sei für viele der Grund, einer Hooliganbande beizutreten und sie auch nicht zu verlassen.
Unter Hooligans gibt es so etwas wie einen Ehrenkodex: Es werden im Normalfall keine anderen Zuschauer der Veranstaltungen, sondern nur gegnerische Hooligangruppen angegriffen. Beide Gruppierungen sollten zahlenmäßig in etwa gleichstark sein. Geschilderte Fälle normaler Sportveranstaltungsbesucher belegen jedoch zum Teil das Gegenteil. Besonders in Ost- und Südeuropa, aber auch in Deutschland werden in letzter Zeit die Grenzen des angeblichen „Ehrenkodex“ missachtet, und so kommt es teilweise zu blinder Gewalt mit vereinzeltem Einsatz von Hieb- und Stichwaffen.

Der klassische Hooligan ist als solcher im Stadion nicht so einfach zuzuordnen wie der traditionelle Fan, da er – im Gegensatz zum Fan einer Mannschaft – nicht die Devotionalien seines Vereins trägt, sondern eher unauffällige Bekleidung bevorzugt, allerdings in der Regel in einem charakteristischen „Casual“-Stil. 
Die Polizei agiert in Deutschland mit szenekundigen Beamten in Zivil, die besonders gewaltbereite Personen an Spieltagen verstärkt beobachten bzw. mit Meldeauflagen belegen.
Wie zwischen den Fanklubs der Vereine gibt es auch zwischen den Hooligans Freund- und Feindschaften. Hooligans sind selten politisch motiviert. Die Gruppierungen können somit auch kaum einem politisch „rechten“ oder „linken“ Umfeld zugeordnet werden, da sich unter Hooligans Personen mit vielerlei Gesinnungen finden. Anhand der Namen der Hooligangruppierungen kann man in einigen Fällen erkennen, ob sie politisch motiviert sind oder nicht.
Bei der Konfrontation von miteinander verfeindeten Fangruppen kommt es häufig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Hooligans sind von „normalen“ Fans, „Kutten“ und Ultras zu unterscheiden, weil sie Gewalt „kultivieren“.

Zur Gewaltprävention werden vielfältige Maßnahmen angesetzt, durch die sich Hooligans und normale Zuschauer besser identifizieren und überwachen lassen. Dabei werden die Hooligans mitunter als Begründung für die Notwendigkeit neuer Sicherheitsmaßnahmen herangezogen, wie z.B. die Videoüberwachung in den Städten anlässlich der Fußball-WM 2006.
Rund um die Stadien der Bundesliga sind eine umfassende Videoüberwachung und erhöhter Polizeieinsatz zur Routine geworden. Dadurch wird das Hooliganproblem jedoch nicht behoben, sondern nur verdrängt. Das Ausweichen auf untere Ligen und neutrale Plätze gehört deshalb (wegen weniger polizeilicher Überwachung und Präsenz) mittlerweile zum Alltag. Die meisten Hooligan-Gruppierungen veranstalten ihre Aufeinandertreffen heute nur noch selten an bestimmten Spieltagen, sondern immer öfter bei Wald-und-Wiesen-Treffen fernab von den Begegnungen. Hierzu verabreden und treffen sich verschiedene Gruppierungen zur selbstinszenierten „dritten Halbzeit“ an ruhigen und verlassenen Orten, in Wäldern, auf Feldern oder auch in Gewerbegebieten. Dieses deviante Verhalten führt in der Regel zu Ermittlungsverfahren und Verurteilungen wegen Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung.

Insbesondere aus dem Umfeld der Ultras wird das Vorgehen der Polizei oft als repressiv und unverhältnismäßig kritisiert sowie eine mangelnde Trennschärfe zwischen Hooligans, Ultras und „normalen“ Fußballfans bemängelt. Polizei, Kommunen und Vereine kritisieren hingegen, dass sich die Ultras nicht ausreichend an der Identifizierung von Tätern beteiligen und die Arbeit der Polizei durch Provokationen und mangelnde Kooperation erschweren. Ein gängiger Schlachtruf der Ultras lautet all cops are bastards (A.C.A.B.).

Geschichte

19. Jahrhundert. Angeblich geht der Begriff Hooligan auf eine irische Familie namens O’Hoolihan (irisch Ó hUallacháin, „Nachfahre des Uallachán“, Diminutiv zu uallach „launisch, reizbar, stolz, eitel“) zurück, die sich in diesem Jahrhundert vor allem wegen heftiger Prügeleien einen derart üblen Ruf erworben hatte, dass sie später sogar in einem Trinklied besungen wurde.
Nach einer anderen Theorie geht die Bezeichnung auf den Iren Patrick Hooligan zurück, der 1898 in einem Londoner Polizeibericht als Randalierer und Anführer einer Jugendbande auftaucht. Das Wort entstammt demnach dem Londoner Polizeijargon und ist zurückzuführen auf den Bandenführer mit dem Spitznamen Hooley, der die Bevölkerung des Londoner Stadtteiles Islington geraume Zeit terrorisierte. Das Wort „hooley“ stammt aus dem Irischen und bedeutet „wild“.

1906. In der deutschen Sprache wird das Wort „Hooligan“ angeblich erstmals von Arthur Pfungst verwendet.

1930er Jahre.  Auch in den Vereinigten Staaten – vermutlich durch irische Auswanderer – ist der Begriff geläufig; so ist z.B. eine Bande von Italo-Amerikanern in Ocean Hill, einem Stadtteil in Brownsville (New York), als Ocean Hill Hooligans bekannt.

1950er und 1960er Jahre. In Großbritannien ist dieses Rowdytum auch bei Tanzveranstaltungen in Großstädten weit verbreitet.

16. Oktober 1982. Beim DFB-Pokalspiel des Hamburger Sportvereins gegen Werder Bremen am 16. Oktober 1982 in Hamburg kommt es zu einem Zwischenfall, als Mitglieder der Hamburger Fan-Gruppierung Die Löwen einer Gruppe Werder-Fans auflauern und diese angreifen. Dabei trifft ein Stein den 16-jährigen Werder Bremen Fan Adrian Maleika am Kopf, die Angreifer treten anschließend noch weiter auf den am Boden liegenden Jungen ein. Maleika wird ins Krankenhaus gebracht, stirbt jedoch am darauffolgenden Tag infolge der schweren Schädelverletzung. Adrian Maleika ist das erste Todesopfer bei Übergriffen von Hooligans in Deutschland.

29. Mai 1985. Beim Fußball-Europapokalendspiels zwischen Juventus Turin und dem FC Liverpool im Brüsseler Heysel-Stadion bei dem 39 Menschen sterben nach einem Gewaltausbruch. Viele Hooligans distanzieren sich allerdings von diesem Ereignis und behaupten, „wahre“ Hooligans begingen keine solche Taten.

1990er Jahre. Michael Kühnen (Anführer der rechtsextremistischen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP)) gibt die Parole aus, dass man in die Stadien gehen und die Fankulturen politisieren soll. Der Aufforderung wird gefolgt. Rechtsextreme versuchen Jugendliche, vor allem junge Männer, in der ihnen bekannten Erlebniskultur der Fankurve abzuholen. Sie locken mit gemeinsamen Auswärtsfahrten, viel Alkohol und der Aussicht auf Gewaltaktionen.

1992. Die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) wird beim Landeskriminalamt Düsseldorf eingerichtet. Die ZIS registriert und beobachtet bundesweit Fußball-Gewalttäter im Rahmen der Datei und steht mit anderen Ländern über den internationalen Datenaustausch in Verbindung, um den Einlass von Hooligans in Stadien zu verhindern.

21. Juni 1998. Im nordfranzösischen Lens kommt es nach dem Spiel Deutschland gegen Jugoslawien bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1998 zu Straßenschlachten zwischen deutschen Hooligans und der Polizei. Der französische Gendarm Daniel Nivel erleidet schwerste Kopfverletzungen, fällt sechs Wochen ins Koma und ist danach schwerbehindert. Die Bilder und Videos der Prügelszene gehen um die ganze Welt.

Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Es wird eine besondere Schwere der Gewalttaten befürchtet. Diese bleibt jedoch aufgrund des großen Polizeiaufgebotes und der allgemein positiven Euphorie der Fans jedoch größtenteils aus. Allerdings werden bei Aufeinandertreffen von Hooligans aus Deutschland, England und Kroatien in mehreren deutschen Städten (v.a. Dortmund, Stuttgart, Frankfurt am Main) mehrere hundert Personen festgenommen. Die größten Ausschreitungen gibt es am Rande des Spieles Deutschland gegen Polen. In dessen Verlauf werden in der Dortmunder Innenstadt 429 Personen festgenommen. Jedoch findet dies in der deutschen Presse wenig Beachtung, womöglich um die positive Stimmung im Land nicht zu trüben und das Bild einer friedlichen Weltmeisterschaft zu wahren.

2008. In Sachsen-Anhalt wird erstmals eine rechtsextremistische Hooligangruppierung, die Blue White Street Elite, durch das Innenministerium verboten. Die Gruppe klagt gegen das Verbot. 

Fußball-Europameisterschaft 2008. Noch vor dem ersten Spiel der deutschen Nationalmannschaft (erneut gegen Polen) werden ungefähr 150 Hooligans wegen des Verdachts auf Landfriedensbruch verhaftet und erst am nächsten Morgen wieder entlassen. Im Zuge der Spiele Kroatien gegen die Türkei sowie Niederlande gegen Russland kommt es zu innerstädtischen Auseinandersetzungen der jeweiligen Fangruppierungen, welche ebenfalls zu Festnahmen führen.

2010. Nach Rückverweisung durch das Bundesverfassungsgericht im Revisionsverfahren wird das Verbot der Blue White Street im zweiten Rechtsgang vom Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt aufgehoben. Das OVG kommt zu der Erkenntnis, dass die Gruppe keine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes sei und das Verbot daher rechtswidrig ist (Az. 3 K 380/10).

2013. Die Aachen-Ultras verkünden, nicht mehr bei Alemannia Aachen ins Stadion zu gehen, weil sie für ihre Sicherheit nicht mehr garantieren können. In Aachen sind die eher linken Aachen-Ultras seit etwa zwei Jahren massiv Angriffen von drei rechten Hooligan-Gruppen ausgesetzt. 

26. Oktober 2014. In Köln demontrieren bei der Veranstaltung "Hooligans gegen Salafisten" etwa 4000 Gewalttäter gegen Gewalttäter. Auslöser ist der Konflikt um den Islamischen Staat (IS). Eigentlich geht es jedoch um eine Fundamentalopposition gegen den Islam in Deutschland. Im Vorfeld haben zu dieser Eskalation sicher auch strohdoofe Anti-Ausländer-Kampagnen wie Horst Seehofers (CSU) "Wer betrügt, der fliegt" beigetragen.
Die Veranstalter haben international mobilisiert und erstmals geschafft, dass Hooligangruppen von rivalisierenden Vereinen gemeinsam demonstrieren. Beispielsweise sind auch Hooligans von Schalke 04 und von Borussia Dortmund, die sich normalerweise heftig bekämpfen, auf derselben Demo. Bands wie "Kategorie C", die bei der Demo auftritt, stellen das Scharnier zwischen Hooligans und Nazis dar.
Der Bewegung schließen sich auch Rechtsextremisten (Pro Köln, Pro NRW, NPD, Die Rechte, Skinheads, Politically Incorrect (PI)) an. Sie sollen diese aber laut Burkhard Freier (Chef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes) nicht gesteuert haben.
Es kommt zu schweren Ausschreitungen. Randalierer brennen Feuerwerkskörper ab und attackieren teils in stark alkoholisiertem Zustand Polizeibeamten. Die Polizei setzt Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Vor Ort sind insgesamt 1300 Polizisten.
Dabei werden laut Polizeiangaben 49 Polizisten verletzt und mehrere Einsatzfahrzeuge der Polizei beschädigt. 17 Demonstrationsteilnehmer werden festgenommen. Es gibt 57 Strafanzeigen.
Eine Gegendemonstration verläuft friedlich und ohne Zwischenfälle.

Quellen