Das US-amerikanische Atomkraftwerk Robert Emmett Ginna, weitläufig bekannt als Ginna, liegt am Südufer des Ontariosees, bei Ontario, New York im Wayne County, etwa 20 Meilen östlich von Rochester. Es ist eines der ältesten Atomkraftwerke in den USA, die immer noch am Netz sind.
Ginna hat einen Druckwasserreaktor (DWR/PWR) von Westinghouse. Dieser ähnelt denen in Point Beach, Kewaunee und Prairie Island. Es gibt eine Besonderheit bezüglich des Reaktordesigns: Zu den Seiten hin ist die Reaktorkuppel mit Wänden zugebaut, das Dach hingegen ist offen. Betrachtet man das Reaktorgebäude daher von den Seiten, wirkt es wie eine große, fensterlose Fabrikhalle, ähnlich wie die zahlreichen General Electric-Siedewasserreaktoren (SWR). Erst aus der Luft ist durch das offene Dach die Kuppel des Druckwasserreaktors erkennbar. Zugebaute Druckwasserreaktoren mit rechteckigen Reaktorgebäuden sind allgemein eine Ausnahmeerscheinung, eine Kuppel- oder Zylinderform ist die Regel. In den USA besitzen lediglich noch der Block 2 im Atomkraftwerk Millstone sowie die beiden Reaktorblöcke im AKW Point Beach dieses Design.
Das Kraftwerk wurde nach Robert Emmett Ginna, einem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Energieversorgers Rochester Gas & Electric benannt, welcher einer der ersten Förderer von Atomkraft als Stromerzeugungsressource in den USA war.
Durch den Ausbau erneuerbarer Energien und vermehrtes Fracking sind die Strompreise in der Region Upstate New York von 55 Dollar pro Megawattstunde auf 32 Dollar gesunken. Ähnliche Entwicklungen in anderen Regionen haben zuvor im Jahre 2013 zu Beschlüssen über die Stilllegung von Kernkraftwerken wie Kewaunee oder Vermont Yankee geführt. Da der Block in Ginna vergleichsweise wenig Leistung hat, alt und alleinstehend ist sowie Verluste einfährt, sieht ihn Mark Cooper in seinem Bericht unter den 12 amerikanischen Kernkraftwerken, die in den kommenden Jahren am ehesten stillgelegt werden.
Die US-amerikanische Atomaufsichtsbehörde Nuclear Regulatory Commission (NRC) definiert zwei Notfallzonen um Atomkraftwerke: Innerhalb eines 10-Meilen-Radius ist eine Sperrzone einzurichten, um den Kontakt der Bevölkerung mit einer radioaktiven Wolke zu vermeiden. Innerhalb eines Radius von 50 Meilen sollen Beschränkungen in Bezug auf radioaktiv kontaminierte Lebensmittel und Wasser erlassen werden.
Im Jahr 2010 wohnten 66.847 Menschen in einem 10-Meilen-Radius um das Atomkraftwerk, 12,7 Prozent mehr als noch zehn Jahre zuvor. Innerhalb eines 50-Meilen-Radius wohnten im gleichen Jahr 1.269.589 Menschen und damit 2,1 Prozent mehr als 2000. In einem 50-Meilen-Radius um das Kraftwerk befinden sich Städte wie Rochester (17 Meilen zum Stadtzentrum). Die kanadische Bevölkerung ist in diesen Zahlen nicht mit eingerechnet.
Geschichte
25. Januar 1982. Es kommt durch den Bruch einer Röhre eines Dampfgenerators zu einem atomaren Störfall. Ein bratpfannengroßer Gegenstand war bei Wartungsarbeiten im Dampferzeugerraum zurückgelassen worden. Eine "geringe Menge" von radioaktivem Dampf wird freigesetzt. Das Leck besteht 93 Minuten und führte zu einer Notfallmeldung.
Es ist nicht das erste Mal dass es in einem US-amerikanischen Atomreaktor zu einem Röhrenbruch kommt. Durch die zeitliche Nähe zur Katastrophe von Three Mile Island kommt es jedoch zu einer größeren Aufmerksamkeit.
Insgesamt wurden 485,3 Curie Edelgas und 1,15 Millicurie Iod-131 freigesetzt, außerdem verlor der Reaktor 64 Hektoliter kontaminiertes Wasser.
1996. Die ursprünglichen Dampfdruckerzeuger von Westinghouse werden durch zwei neue von Babcock & Wilcox ersetzt. Dabei wird auch der Dampfgenerator ersetzt, der 1982 beschädigt und repariert worden war. Dieses Projekt ermöglichte einige Jahre später eine Leistungserhöhung des Reaktors und war ein Hauptfaktor bei der Genehmigung einer 20-jährigen Laufzeitverlängerung (ursprünglich bis 2009).
2004. Das Unternehmen CENG übernimmt Ginna von Rochester Gas and Electric und betreibt das AKW in Zukunft selbst.
März 2012. Constellation Energy wird von Exelon aufgekauft. Seither ist Exelon neuer Eigentümer von Ginna.
Quellen