Samstag, 19. April 2014

Atomkraftwerk Fort Calhoun

Atomkraftwerk Fort Calhoun
Das US-amerikanische Atomkraftwerk Fort Calhoun (engl. Fort Calhoun Nuclear Generating Station) hat einen Druckwasserreaktor (DWR/PWR) von Combustion Engineering. 
Es liegt nahe Fort Calhoun im US-Bundesstaat Nebraska am Missouri River (auch "Big Muddy" genannt) einem Nebenfluss des Mississippi River und nur etwa 50 Kilometer von der Stadt Omaha mit 400.000 Einwohnern entfernt. Betreiber ist Omaha Public Power District.

Geschichte

7. Juni 1968. Baubeginn.

25. August 1973. In den USA, in Nebraska geht das AKW Fort Calhoun mit einer Leistung von 512 MW ans Netz. Es handelt sich um den kleinsten Atomreaktor der USA.

2003. Das Atomkraftwerk wurde ursprünglich für eine Laufzeit von 30 Jahre ausgeleg. Die Lizenz wird nun aber um 30 auf 60 Jahre bis 2033 verlängert.

2006. Teile der Anlage werden erneuert: u.a. Reaktordruckkopf, Druckhalter, Dampferzeuger, Niederdruckturbinen und Haupttransformatoren.

2010. Eine Untersuchung der Atomaufsicht der USA (NRC) stellt fest, dass das Kernkraftwerk nicht ausreichend gegen Überflutungen geschützt ist.
Im selben Jahr wird festgestellt, dass das Risiko eines Erdbebens, das den Reaktor zerstören würde, 1 zu 76.923 pro Jahr betragen würde. Auf eine 60-jährige Betriebszeit hochgerechnet beträgt dieses Risiko damit 1 zu 1282, also etwa 0,1 %.

2011. Es werden bauliche Veränderungen vorgenommen und die Pläne zum Schutz der Anlage mit Sandsäcken überarbeitet.

April 2011. Das Atomkraftwerk Fort Calhoun wird zu Wartungsarbeiten abgeschaltet.

Missouriflut 2011

AKW Fort Calhoun  / Missouriflut 2011
Bereits im Mai, nach der Mississippi-Jahrhundertflut 2011, ist das Missouri-Hochwasser absehbar. Die Staustufen sind gefüllt, es gibt heftige Unwetter und die Schneeschmelze ist noch nicht eingetreten. Es kommt sogar zu bewussten Sprengungen von Staustufen um für Entlastung zu sorgen. Die Flut soll einige Monate anhalten.

6. Juni 2011. Aufgrund starker Regenfälle und eines Anstieges des Missouri-River, der zu einem Dammbruch führte, wird für die das AKW Fort Calhoun der Notstand ausgerufen. Mitarbeiter des Kraftwerks schlafen auf Pritschen am Arbeitsplatz, in Extratanks wurden große Mengen Diesel für Notstromaggregate eingelagert.
Da der Reaktor wegen dem Hochwasser nach den Wartungsarbeiten nicht wieder hochgefahren worden ist und zu 1/3 mit neuem, noch nicht aktivem Atombrennstoff bestückt wurde, ist die Nachzerfallswärme im Reaktorkern relativ gering.

07. Juni 2011. Im AKW Fort Calhoun bricht in einem Schaltraum ein Feuer aus und die Kühlung des offenen, wassergekühlten Abklingbeckens wird von 90 Minuten unterbrochen weil zwei Pumpen versagt haben. Nach Angaben des Betreibers musste aufgrund des Löschmittels Halon sowie anderer giftiger Gase die Anlage für 4 Stunden evakuiert werden.
Im Abklingbecken lagern jedoch deutlich mehr Brennstäbe als ursprünglich vorgesehen. Eine Überflutung des Abklingbeckens ist unwahrscheinlich da es immer noch 10 Meter über dem jetzigen Wasserstand des Missouri River liegt.
Der Flugverkehr wird eingeschränkt.

8. Juni 2011. Es wird von der Aufsichtsbehörde NRC bestätigt, dass das Feuer für 90 Minuten zu einem Ausfall einer Kühlpumpe für das Abklingbecken für verbrauchte Brennstäbe geführt hat. Dies hat zu einem Anstieg der Kühlwassertemperaturen um 2°C im Abklingbecken geführt. Das Lager ist ein sogenanntes "Nasslager" oder Abklingbecken und bedarf der ständigen Kühlung durch Umwälzen von deionisiertem und mit Bor angereichertem Kühlwasser. Die tatsächlich entstandenen Schäden an den elektrischen Anlagen sind unklar.
Im Kernkraftwerk Fort Calhoun lagert zum Zeitpunkt des Zwischenfalls verbrauchter Brennstoff der letzten 20 Jahre, das sind bis zu 360 Tonnen hochradioaktives Material.

10. Juni 2011. Spätestens jetzt ist das Kraftwerk von den Fluten direkt betroffen und eingeschlossen. Zentrale Anlagenteile des Atomkraftwerks sind nur noch durch eine mit 600 Meter lange, mit Wasser gefüllte Schlauch-Barriere und mit Sandsäcken vor der Überflutung geschützt. Darunter Hilfsgebäude und zusätzliche Ausrüstungsgegenstände, die auf das Gelände gebracht worden waren - weitere Notdieselgeneratoren, Wasserpumpen, Feuerwehrgeräte.

16. Juni 2011. Das AKW Calhoun hat ein Loch im Boden und man strengt sich an dieses abzudichten. Das Wasserniveau des Missouri River ist nun etwa 50 Zentimeter höher als der Boden des Atomkraftwerks. Eine 2,4 Meter hohe Außenhaut aus Gummi soll die Anlage vor Überschwemmungen schützen. Es ist unbekannt wie das Grundwasser vor einer möglichen Kontaminierung geschützt wird.

26. Juni 2011. Am AKW Fort Calhoun durchbricht ein Gabelstabler die Schlauchbarriere, einen temporären Schutzdamm des AKWs, so dass der Wasserstand um die Gebäude auf einen halben Meter angestiegen ist und die Transformatoren, die den Anschluss ans Stromnetz sicherstellen umspült werden. Die Stromversorgung musste daher auf Notstromdieselgeneratoren übertragen werden. Die Kühlssysteme sollen laut Atomaufsichtsbehörde jedoch nicht beeinträchtigt worden sein. 
In einige Nebengebäude dringt Wasser ein, als Herkunft kaommen sowohl Wasser des Missouri River als auch Grundwasser in Frage. Bereiche mit radioaktivem Material oder sicherheitsrelevanten Geräten waren laut Aussagen des Kraftwerksleiters Tim Nellenbach nicht betroffen.
Nach Einschätzungen von Meteorologen sollte die Flut noch mehrere Wochen anhalten.

27. Juni 2011. Die AKWs Fort Calhoun und Cooper Nuclear Station werden immer noch von steigenden Fluten umspült. Das Atomforschungszentrum in Los Alamos, wo die erste Atombombe entwickelt wurde, im Bundesstaat Mexiko musste derweil wegen einem Buschfeuer geschlossen werden.


07. Juli 2011. Anfang Juli ist das Kraftwerk noch immer umspült. Auch das AKW Couper ist immer noch gefährdet. In der Zwischenzeit ist bereits Wasser in einen Teil der Gebäude des AKW Calhoun eingedrungen. Es wird ein neue wassergefüllte Schlauchbarriere errichtet und innerhalb der Barriere mit dem Auspumpen des Wassers um die Gebäude begonnen.
Das pakistanische Online-Nachrichtenmagazin "The Nation" berichtete unter Berufung auf die Föderale Agentur für Atomenergie Russlands von Informationen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), die U.S. Regierung habe eine Nachrichtensperre verfügt. 
In North Dakota müssen in der Zwischenzeit wegen der selben Überschwemmungen unterridische Silos mit atomaren Interkontinentalraketen mit Sandsackbarrieren und Wasserpumpen geschützt werden.

16. Juli 2011. Den beiden AKWs steht das Wasser auch jetzt noch bis zum Hals, auch wenn sich die Lage am AKW Cooper Nuclear Station etwas entspannt hat. Ohama Public Power District (OPPD), der Betreiber des AKW Fort Calhoun musste alleine im Juni 26 Mio US-Dollar für Schutzmaßnahmen und Ersatzstrom bezahlen. Die OPPD hat auch Hochwasserprobleme mit mehreren Kohlekraftwerken.

10. August 2011. Das AKW Browns Ferry musste alle 3 Reaktoren herunterfahren weil der Tennessee River wegen der Hitzewelle zu warm geworden ist. Währenddessen hat das AKW Calhoun immer noch nasse Füsse die dafür sorgen könnten dass das AKW erst im Frühjahr 2012 wieder ans Netz gehen kann.

2033. Voraussichtlich wird das Atomkraftwerk Fort Calhoun nun abgeschaltet.

Bilder aus Wikimedia Commons
Atomkraftwerk Fort Calhoun, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication, Urheber: Ammodramus
AKW Fort Calhoun / Missouriflut 2011, Lizenz: Public Domain, Urheber: US Army Corps of Engineering

Quellen