Der deutsche Experimentalphysiker Wolfgang Karl Ernst Finkelnburg wurde am 5. Juni 1905 in Bonn geboren († 7. November 1967 in Erlangen).
Neben Gebieten der angewandten Physik (wie Reaktortechnik) befasste sich Finkelnburg mit Hochtemperatur-Gasentladungen (Plasmaphysik), Atom- und Molekülphysik, Atomkernphysik und Spektroskopie. Seine „Einführung in die Atomphysik“, die auch Atomkernphysik, Molekülphysik, Elementarteilchenphysik und Festkörperphysik einführend behandelt (also die gängigsten Anwendungen der Quantenmechanik), fand weite Verbreitung.
Leben
5. Juni 1905. Wolfgang Karl Ernst Finkelnburg wird als Sohn des Hochschullehrers Rudolf Finkelnburg (1870–1950) und seiner Ehefrau Margot Zitelmann 1905 in Bonn geboren. Er ist Enkel des Mediziners Carl Maria Finkelnburg. Später besucht er ein humanistisches Gymnasium in Bonn und studiert nach dem Abitur Physik und Mathematik.
Ab 1924. Er studiert an der Eberhard Karls Universität Tübingen und der Universität Bonn. Während seines Studiums wird er Mitglied beim Verein Deutscher Studenten zu Bonn.
1928. Er wird bei Heinrich Konen mit einer Arbeit über das Spektrum des Wasserstoffmoleküls promoviert. Danach wird er Konens Assistent.
1931. Er wird Assistent an der TH Karlsruhe, wo er sich beim Theoretiker Walter Weizel habilitiert.
1932. Er wird Privatdozent an der TH Karlsruhe.
1933 bis 1934. Er ist als Rockefeller Stipendiat bei Robert Millikan am Caltech.
1936. Er wird außerordentlicher Professor an der TH Darmstadt.
Ab 1937. Finkelnburg ist Mitglied der NSDAP und schließt sich dem NS-Dozentenbund an.
Ab 1938. Er ist Vertreter der TH Darmstadt Dozentenbundführer, wo er allerdings als Gegner der von Philipp Lenard und Johannes Stark geforderten „Deutschen Physik“ auftritt.
1939. Er heiratet Eleonore Schülen (geb. 1910). Aus der Ehe geht der Physiker Wolf-Dieter Finkelnburg (geb. 1947) hervor.
1939 bis 1945. Wolfgang Finkelnburg veröffentlicht Publikationen in den Kernphysikalischen Forschungsberichten.
1940. Finkelnburg organisiert die „Münchner Religionsgespräche“ (in Anlehnung an die Augsburger Religionsgespräche). Darin geht es ihm darum, Rückendeckung für die von Vertretern der Deutschen Physik angegriffene moderne theoretische Physik (Quantenmechanik, spezielle Relativitätstheorie) im Unterricht zu schaffen.
15. November 1940. Die Gespräche zwischen Wissenschaftsphilosophen des Hugo Dingler-Kreises und Physikern, die Finkelnburg einlud (Hans Kopfermann, Otto Scherzer, Carl Friedrich von Weizsäcker, Otto Heckmann, Georg Joos), finden im Münchner Ärztehaus statt.
1941. Carl Ramsauer, der Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, macht ihn zu seinem Stellvertreter (zusammen mit Georg Joos).
1942. Finkelnburg wird ordentlicher Professor an der Reichsuniversität Straßburg. Karl-Heinz Höcker beschäftigt er sich zu der Zeit auch mit kosmischer Strahlung und Plasmaphysik (Hochstromkohlebögen, die der Straßburger Professor Wolfgang Finkelnburg untersucht.
November 1942. Die „Münchner Religionsgespräche“ werden in Seefeld in Tirol fortgesetzt. Sie sind für Finkelnburg und die hinter ihm stehenden Physikerkollegen (u.a. Industriephysiker und Experimentatoren, für die die Nutzung der Quantenmechanik eine Selbstverständlichkeit ist, aber auch die Heisenberg-Schule) erfolgreich.
1942 bis 1945. Er wird außerordentlicher Professor und Direktor des Physikalischen Instituts der Universität Straßburg, wo er sich u.a. mit kriegswichtiger Forschung über Kohleelektroden-Lichtbögen in Flakscheinwerfern befasst. Unter seiner Leitung wird die Reaktortechnik stark ausgeweitet und eigene Atomkraftwerke gebaut.
1946 bis 1952. Nachdem er in Deutschland keine angemessene Stelle finden kann, wird er Gastdozent an der Catholic University of America in Washington, D.C. Nebenbei arbeitet er in den Engineer Research and Development Laboratories im nahen Fort Belvoir der US-Armee.
1952. Finkelnburg kehrt er nach Deutschland zurück und tritt in die Zentrale Forschung und Entwicklung der Siemens AG in Erlangen ein. Er wird Abteilungsleiter in deren dortigen Forschungslaboratorien.
Ab 1955. Er ist Honorarprofessor für Atomphysik an der Universität Erlangen-Nürnberg.
Ab 1957. Er baut bei Siemens die Abteilung für Atomreaktor-Entwicklung auf und wird deren Leiter. In dieser Funktion und als Mitglied der Bayerischen und der Deutschen Atomkommission setzt er sich für die Errichtung von Schwerwasserreaktoren (HWR) zur Produktion von Plutonium und den Bau des Mehrzweckforschungsreaktors Karlsruhe ein.
1. Dezember 1961. Baubeginn Mehrzweckforschungsreaktor Karlsruhe. Generalunternehmer sind die Siemens-Schuckertwerke. Es hat sich kein Abnehmer für den Reaktor bei den Energieunternehmen gefunden. Deshalb wird er "notgedrungen" am Atomforschungszentrum Karlsruhe (KIT) in Baden-Württemberg errichtet. Dies löst eine massive Expansion der dortigen Forschungsinstitute und der staatlichen Förderungsmittel aus.
1. Oktober 1963. Finkelnburg wird Generalbevollmächtigter der Siemenswerke.
1966 bis 1967. Er ist Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.
7. November 1967. Wolfgang Finkelnburg stirbt in Erlangen an den Folgen einer Krebserkrankung. Er wird auf dem Burgfriedhof in Bad Godesberg beigesetzt.
Ab 1975. Der Universitätsbund Erlangen-Nürnberg vergibt einen "Wolfgang-Finkelnburg-Habilitationspreis" an Nachwuchswissenschaftler der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg.
Quellen