Dienstag, 29. September 2015

Wilhelm Groth

Gaszentrifugen-Kaskade
Der deutsche Physikochemiker Wilhelm Groth wurde am 9. Januar 1904 in Hamburg geboren († 20. Februar 1977 in Bonn). Er war während des Zweiten Weltkriegs im Rahmen des Uranprojekts an der Entwicklung einer Atombombe beteiligt.

Leben

9. Januar 1904. Wilhelm Groth wird in Hamburg als Sohn eines Kaufmanns geboren. Nach Absolvierung des Abiturs an der Oberrealschule zu St. Georg in Hamburg studiert er zuerst Architektur und Bauwesen in München. Wenig später beginnt er jedoch ein Studium der Physik und Chemie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und später an der Universität Tübingen.

1927. Groth promoviert bei Walther Gerlach. Danach arbeitet er als wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Hochschule Hannover und später an der Universität Hamburg.

1937. Wilhelm Groth tritt der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) bei.

1938. Er habilitiert sich an der Universität Hamburg.

1938 bis 1945. Er arbeitet als Privatdozent in Hamburg und forscht während dieser Zeit als Assistent von Paul Harteck im Uranprojekt.

24. April 1939. Paul Harteck und sein Assistent Wilhelm Groth schreiben an das Oberkommando des Heeres dass mit den neuesten Entwicklungen aus der Atomphysik möglicherweise ein Sprengstoff hergestellt werden könnte, der die Wirkung konventioneller Sprengstoffe um das Vielfache übertreffen könnte. Kurt Diebner (Fachmann des Heeres für Sprengstoffe und Atomphysik) fordert daraufhin umgehend Mittel beim Heer an um in Kummersdorf im Süden Berlins ein Versuchslaber einrichten zu lassen. Diebner wird daraufhin leiter einer neu eingerichteten Atomforschungsabteilung im Heereswaffenamt ernannt. Die Heeresleitung befiehlt gleichzeitig der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin die Einstellung der Uranforschungsversuche. Äußerungen zu Uranreaktoren und Uranwaffen gelten ab jetzt als geheim.

1944. Professor Alfred R. Boettcher (ausgebildeter Physiker und Hauptsturmführer SS) bekommt den Auftrag, in den kriegsbesetzten Niederlanden die Labore der Universität Leiden zu plündern und dort Kollaborateure für Adolf Hitlers Atombomben-Forschung zu rekrutieren. Daraus entwickelt sich seine enge Beziehung zum niederländischen Atomwissenschaftler Jakob Kistemaker. Dieser wird von Boettcher und Wilhelm Groth – in den frühen Nachkriegsjahren nun in der Firma Degussa – zum Strohmann des späteren europäischen Urananreicherungs-Unternehmens Urenco aufgebaut um damit die verdächtige Zentrifugen-Entwicklung in ein „Drittland“ auszulagern.

11. bis 12. Februar 1944. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie wird von einer schweren Bombe getroffen, sodass eine konstruktive Forschungsarbeit kaum mehr weitergeführt werden kann. An seinen Bruder Heiner in Frankfurt am Main schreibt Otto Hahn:

"Mein Institut hat einen Volltreffer, der wohl gerade in meinem Direktorenzimmer explodiert ist. Die Hälfte des schönen Instituts wurde damit restlos zerstört. Alle meine Dokumente, Sonderdrucke, Manuskripte, Briefwechsel etc. sind atomisiert! Wertvolle und jetzt nicht wiederherstellbare Apparaturen, die im Frieden viele Tausende kosteten, sind dahin."

Daraufhin entschliesst sich Hahn, sein Institut nach Süddeutschland auszulagern, das von alliierten Bombenangriffen noch weitgehend verschont bleibt. In Tailfingen (Württemberg) können drei leerstehende Textilfabriken gefunden werden. In diese werden die noch intakten Reste des Instituts, insbesondere die stark aktiven Präparate und die Beryllium-Neutronenquellen, integriert werden. Otto Hahn und seine Frau beziehen zwei Zimmer in der Villa des Textil-Fabrikanten Julius Hakenmüller in der Panoramastraße 20, in denen sie bis zum Kriegsende untergebracht sind.
Diebner verlegt sein Labor nach Stadtilm in Thüringen, Paul Harteck und Groth ziehen mit der neuen Ultrazentrifuge zuerst nach Freiburg, später nach Celle.

1945 bis 1950. Er arbeitet als Professor an der Universität Hamburg, zuerst als außerplanmäßiger Professor und dann als ao. Professor.

1950 bis 1972. Er hat den Lehrstuhl für physikalische Chemie an der Universität Bonn inne.

1952. Mit einer chiffrierten Überweisung der Dresdner Bank über 80.000 US-Dollar werden von Paul Harteck und Wilhelm Groth im Geheimauftrag des brasilianischen Admirals Álvaro Alberto für das brasilianische Atomwaffenprojekt zwei Ultrazentrifugen für die Urananreicherung gebaut. Diese werden von den Alliierten beschlagnahmt und erst 1954 verschifft. Wichtig ist dies für das militärische Interesse an Atomwaffen daher weil das sogenannte Trenndüsenverfahren vor allem für Anreicherungsstufen über 20% der effektiveste und schnellste Weg zu hoch angereichertem und damit atomwaffenfähigen Uran ist.

1956. Er gründet den wissenschaftlichen Beirat des Atomforschungszentrums Jülich.

1965 bis 1966. Er ist Rektor der Universität Bonn.

20. Februar 1977. Wilhelm Groth stirbt im Alter von 73 Jahren in Bonn.

Bilder aus Wikimedia Commons
Gaszentrifugen-Kaskade, Lizenz: Public Domain, Urheber: U.S. Department of Energy

Quellen