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| Edward Teller |
Der ungarisch-US-amerikanische Physiker Edward Teller (ungarisch Teller Ede) wurde am 15. Januar 1908 in Budapest, Österreich-Ungarn geboren († 9. September 2003 in Stanford, Kalifornien). Er leistete wichtige Beiträge auf den verschiedensten Gebieten der Physik. Einer breiten Öffentlichkeit wurde er als "Vater der Wasserstoffbombe" bekannt. Teller selbst lehnte diese Betitelung für seine Person ab.
In den Anfangsjahren seiner Karriere leistete Teller viele wichtige Beiträge in der Kern- und Molekularphysik (unter anderem Theorie des Wasserstoffmolekül-Ions), der Spektroskopie (Jahn-Teller- und Renner-Teller-Effekte) und der Oberflächenphysik. In der Atomkernphysik erweiterte er mit George Gamow Fermis Theorie des Betazerfalls (Gamow-Teller-Zerfall) und formulierte gemeinsam mit Maurice Goldhaber die Theorie der Dipol-Riesenresonanz. Der Jahn-Teller-Effekt, benannt nach Teller und Hermann Arthur Jahn, und die Brunauer-Emmett-Teller (BET)-Theorie tragen seinen Namen. Teller leistete darüber hinaus Beiträge zur Thomas-Fermi-Theorie, dem Vorläufer der Dichtefunktionaltheorie, heutzutage eine Standardmethode zur Berechnung der Eigenschaften von Vielelektronensystemen, vor allem in Molekülen und Festkörpern. Er untersuchte in diesem Zusammenhang besonders das Verhalten von Materie unter extremen Bedingungen, etwa in der Astrophysik oder bei Atomwaffenexplosionen.
Nach Kriegsende belastete Edward Teller in den Verhören zur Sicherheitseinstufung Robert Oppenheimer, seinen ehemaligen Vorgesetzten im Los Alamos National Laboratory (LANL), wodurch er in der wissenschaftlichen Gemeinschaft stark an Ansehen verlor. Andererseits war er in militärwissenschaftlichen und konservativen Regierungszirkeln noch mehr als zuvor gern gesehen. Aufgrund seiner Befürwortung amerikanischer Vorherrschaft im wissenschaftlichen und technologischen Bereich wurde er geradezu zum Liebling konservativer Politiker. Teller war einer der Mitbegründer des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) und mehrere Jahre lang zunächst der Direktor der Institution und später ihr stellvertretender Direktor.
Neben seiner traditionellen Fürsprache atomarer Energiequellen, eines starken Arsenals an Atomwaffen und eines konsequenten Atomwaffentestprogramms beteiligte er sich an der Entwicklung von Sicherheitsstandards für Atomreaktoren und half bei dem Entwurf eines Reaktors, in dem die Kernschmelze hypothetisch unmöglich sein würde.
In späteren Jahren wurde Teller hauptsächlich für sein vehementes Eintreten für kontroverse technologische Ansätze zur Lösung militärischer wie auch ziviler Probleme bekannt. Er war einer der stärksten und bekanntesten Befürworter der Erforschung ziviler Atomwaffenexplosionen, auch bekannt unter dem Namen des US-amerikanischen Projekts: Operation Plowshare (Operation Pflugschar). Eines der am kontroversesten diskutierten Projekte, das er vorschlug, war die Nutzung einer Multi-Megatonnen-Wasserstoffbombe zur Erzeugung eines mehr als eine Meile langen und eine halbe Meile breiten Tiefwasserhafens zur Verschiffung der Rohstoffe der Kohle- und Ölfelder nahe Point Hope, Alaska (Operation Chariot).
In einem ähnlichen Experiment, das auch Tellers Fürsprache fand, sollte in den Athabasca-Ölsanden in Nord-Alberta, Kanada, durch Kernwaffenexplosion die Ölförderung ermöglicht werden. Der Plan wurde von der Regierung von Alberta befürwortet, aber von der kanadischen Regierung unter Premierminister John Diefenbaker verhindert. Zusätzlich zu seinen Bedenken gegenüber Nuklearwaffen in Kanada war Diefenbaker besorgt, dass ein solches Projekt die sowjetische Spionagetätigkeit auf kanadischem Boden erhöhen könnte.
Er war auch ein prominenter Befürworter von Ronald Reagans Strategic Defense Initiative (SDI) und wurde später beschuldigt, die sehr schwierige Durchführbarkeit des Programms verschleiert zu haben.
Für etwa 20 Jahre beriet Teller Israel in Atomtechnischen Angelegenheiten im Allgemeinen und vor allem beim Bau von Wasserstoffbomben. Außerdem wurde Teller mit dem Harvey-Preis des Technions geehrt.
Sein Leben lang war Teller sowohl für seine großen wissenschaftlichen Fähigkeiten als auch für seine problematischen zwischenmenschlichen Verhaltensweisen bekannt. Sein vehementes Eintreten für Atomwaffen – insbesondere da viele, die zu Kriegszeiten seine Forscherkollegen gewesen waren, später ihr Bedauern über das Wettrüsten ausdrückten – machte ihn zu einer beliebten Zielscheibe und zur Verkörperung des verrückten Wissenschaftlers. Sein ungarischer Akzent und seine dichten dunklen Augenbrauen taten dabei ihren Teil.
Es wurde spekuliert, dass Teller eine der Inspirationen für die exzentrische, bizarre Figur des Wissenschaftlers Dr. Strangelove in Stanley Kubricks gleichnamiger Satire aus dem Jahre 1964 war (andere Inspirationen sollen John von Neumann und RAND-Theoretiker Herman Kahn, Raketenforscher Wernher von Braun und der ehemalige Verteidigungsminister der USA Robert McNamara gewesen sein). In einem Scientific American-Interview im Jahr 1999 antwortete Teller auf die Frage nach dieser Figur erzürnt:
„My name is not Strangelove. I don't know about Strangelove. I'm not interested in Strangelove. What else can I say? … Look. Say it three times more, and I throw you out of this office.“
„Mein Name ist nicht Strangelove. Ich weiß nichts über Strangelove. Ich interessiere mich nicht für Strangelove. Was kann ich sonst noch sagen? … Schauen Sie, wenn Sie das noch dreimal sagen, werfe ich Sie aus dem Büro.“
Der Physiker und Nobelpreisträger Isidor I. Rabi erklärte einmal
„Ohne Teller wäre es eine bessere Welt gewesen.“
Ihm zu Ehren wird der Edward Teller Award vergeben.
Teller war Fellow der American Association for the Advancement of Science, Mitglied der American Academy of Arts and Sciences und der American Nuclear Society. Er wurde mit dem Albert Einstein Award, dem Enrico-Fermi-Preis und der National Medal of Science geehrt. Er war außerdem Mitglied der Gruppe von US-Forschern, die vom Time Magazine zur Person of the Year 1960 gewählt wurde.
Leben
15. Januar 1908. Teller wird in Budapest im damaligen Österreich-Ungarn als das zweite Kind des Rechtsanwalts Max Teller und dessen Ehefrau, der Pianistin Ilona Deutsch Teller geboren. Tellers Schwester Emma ist die Mutter des Physikers Janos Kirz. Die Tellers sind wohlhabende, assimilierte Juden, deren Vermögen allerdings unter der kurzen kommunistischen Herrschaft von Béla Kun während der Ungarischen Räterepublik nach dem Ersten Weltkrieg dezimiert wird. Als Kind lernt Teller erst spät sprechen, weswegen sein Großvater ihn für zurückgeblieben hält. Teller erklärt dies später mit dem Umstand, dass seine Eltern verschiedene Muttersprachen haben. Sein Vater spricht Ungarisch und nur wenig Deutsch, während seine Mutter Deutsch als Muttersprache spricht und das Ungarische nur unvollkommen beherrscht. Als Kind muss er deswegen ständig in zwei Sprachen denken. Edward und seine Schwester Emmi erhalten zunächst Privatunterricht von einer englischen Lehrerin. Danach besucht er die ELTE Trefort Ágoston Gyakorlóiskola, ein renommiertes Gymnasium in Budapest.
Als die eindrücklichsten Ereignisse seiner Kindheit schildert Teller später den Ausbruch des Ersten Weltkrieges und den Tod des Kaisers Franz Joseph I. mit den nachfolgenden Krönungsfeierlichkeiten des neuen Thronfolgers Karl IV. zum König von Ungarn im Jahr 1916.
Obwohl er sich schon in jungen Jahren für Mathematik interessiert und beispielsweise die Algebra von Euler liest, verliert er vorübergehend das Interesse an der Mathematik aufgrund unerfreulicher Erfahrungen mit seinem Mathematiklehrer.
Juni 1925. Nach dem Schulabschluss möchte Teller Mathematik studieren, stößt hierbei jedoch auf den Widerstand seines Vaters, der dies für ein "brotloses" Fach hält und seinen Sohn überredet, stattdessen ein Studium der Chemieingenieurwissenschaften zu beginnen. Nach den Vorstellungen seiner Mutter sollte er dagegen eine Laufbahn als Pianist einschlagen. Das erste Semester studiert Teller in Budapest. Dabei beteiligt er sich an einem physikalisch-mathematischen Wettbewerb der Universität, bei dem er den nach dem ungarischen Physiker Loránd Eötvös benannten ersten Preis gewinnt.
Anfang 1926. Teller wechselt an die Technische Hochschule Karlsruhe, die zu der Zeit einen exzellenten Ruf im Fach Chemie hat. Neben den Lehrveranstaltungen in Chemie besucht Teller auch Vorlesungen in Mathematik und Physik. Dabei entwickelt er ein starkes Interesse an der aufkommenden Quantenmechanik. Nach zwei Jahren Chemiestudium bittet Teller schließlich seinen Vater um die Erlaubnis, den Studiengang zu wechseln. Der Vater reist daraufhin nach Karlsruhe, spricht mit den Professoren, und der Sohn erhält schließlich das väterliche Einverständnis, zum Fach Physik zu wechseln. Später hebt Teller vor allem den Einfluss von Hermann Mark hervor, der als Dozent an der Hochschule wirkt.
1928. Er wechselt er an die Universität München, um bei Arnold Sommerfeld zu studieren. Allerdings zeigt er sich von Sommerfeld nicht sehr angetan. In München gerät Teller beim Herabsteigen vom Trittbrett einer fahrenden Straßenbahn mit dem Fuß unter deren Räder, sodass ihm der Fuß amputiert werden muss. Mit dem operierenden Chirurgen Paul von Lossow, einem Bruder des Generals Otto von Lossow, der den Hitlerputsch von 1923 mit vereitelt hat, bleibt Teller in freundschaftlicher Verbindung. Zeitlebens muss er eine Fußprothese tragen und zieht das betroffene Bein nach.
Ende 1928. Er wechselt er an die Universität Leipzig zu Werner Heisenberg.
1930. Er wird an der Universität Leipzig promoviert. Thema seiner Dissertation ist die quantenmechanische Beschreibung des ionisierten Wasserstoff-Moleküls. Die Doktorarbeit wird unter dem Titel Über das Wasserstoffmolekülion in der angesehenen Zeitschrift für Physik veröffentlicht. Die Doktorprüfung findet unter anderem bei Paul Koebe im Fach Mathematik über Funktionentheorie statt.
Ab 1931. Teller ist an der Universität Göttingen bei James Franck, Hertha Sponer und Arnold Eucken tätig.
Januar 1933. Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler und die anschließend einsetzende Massenemigration und Massenentlassung bedeutender Wissenschaftler sowie die Judenverfolgungen machen ein dauerhaftes Verbleiben in Deutschland unmöglich, obwohl Teller als ungarischer Staatsbürger von den Repressionen noch nicht direkt betroffen ist.
1933. Teller entscheidet sich wegen seiner jüdischen Herkunft das nationalsozialistische Deutschland in Richtung England zu verlassen. Dort arbeitet er kurz bei Frederick George Donnan, wo sich schon viele aus Deutschland geflüchtete Wissenschaftler gesammelt haben. Danach geht Teller mit einem Rockefeller-Stipendium nach Kopenhagen, Dänemark, um unter Niels Bohr zu arbeiten. In Dänemark lernt er den russischen Physiker George Gamow kennen.
26. Februar 1934. Er heiratet in Budapest Augusta Maria „Mici“ Harkanyi († 2000), die Schwester eines Schulfreundes vom Gymnasium. Aus der Ehe gehen die Kinder Paul (* 1943 in Chicago, Illinois) und Susan Wendy Teller (* 31. August 1946 in Los Alamos, New Mexico) hervor.
1935. Als Gamow eine Stellung an der George Washington University in Washington, D.C. erhält, folgt ihm Teller und zieht mit seiner Ehefrau in die Vereinigten Staaten. Zunächst forscht Teller in der Quanten-, Molekular- und Atomkernphysik.
Dezember 1938. Otto Hahn und Fritz Straßmann entdecken in Berlin den Prozess der Atomspaltung beim Beschuss von Uran mit Neutronen. Wesentlichen Anteil an dieser Entdeckung und auch an der korrekten Interpretation der experimentellen Ergebnisse haben auch Lise Meitner, die jedoch kurz zuvor nach Schweden emigrieren musste und ihr Neffe Otto Frisch. Schnell wird klar, dass durch diesen Prozess enorme Energiemengen freigesetzt werden.
Januar 1939. Teller erhält spätestens bei einem Besuch von Niels Bohr in Washington detaillierte Informationen über die neuen Entdeckungen auf dem Gebiet der Atomphysik.
Februar 1939. Teller wird durch seinen Freund Leó Szilárd darüber informiert, dass bei der Uranspaltung eine große Menge an Neutronen freigesetzt wird. Damit scheint die Möglichkeit einer Kettenreaktion gegeben, entweder in Form einer zivilen Nutzung als energieliefernder Brennstoffreaktor oder als militärische Nutzung in Form einer Bombe.
Juni 1939. Teller wechselt von Washington an die Columbia University in New York City, um dort zusammen mit Enrico Fermi und Szilárd an der Konstruktion eines Atomreaktors zur Energiegewinnung zu arbeiten.
Juli/August 1939. Etwa einen Monat vor dem Überfall Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 - dem Beginn des Zweiten Weltkrieges in Europa - formuliert Szilárd einen an Präsident Roosevelt adressierten Brief, in dem die Möglichkeit der Konstruktion einer Uran-Bombe in Nazi-Deutschland angedeutet wird. Szilárd möchte den Brief von Albert Einstein unterschreiben lassen, um ihm mehr Gewicht zu verleihen. Da Szilárd keinen Führerschein besitzt, fährt ihn Teller in einer mehrstündigen Autofahrt zu Einsteins Sommerhaus auf Long Island, wo dieser den vorformulierten Brief unterschreibt. Aufgrund dieses Briefes kommt es zu einer verstärkten Unterstützung der Atomkernforschung durch staatliche Stellen in den USA.
1941. Er wird Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika und widmet sich nun hauptsächlich der Atomkernphysik, sowohl der 1938 entdeckten Atomspaltung als auch der Kernfusion.
Tellers wohl bedeutendste Arbeit ist die Erklärung des Jahn-Teller-Effekts, der die Verzerrung in der Geometrie des Ligandenfelds einiger oktaedrischer Komplexverbindungen entlang einer Raumachse beschreibt. Des Weiteren wirkt er entscheidend bei der BET-Theorie mit.
Aufgrund seiner Abneigung gegen Nazi-Deutschland und die Sowjetunion wirkt Teller nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges an der militärischen Forschung der USA mit. Auf den Rat des ebenfalls emigrierten ungarischen Aerodynamikforschers Theodore von Kármán hin entwickelt er zusammen mit seinem Freund und deutschen Emigranten Hans Bethe eine Theorie der Ausbreitung von Stoßwellen. Später soll sich diese Forschung über die Rolle von Gas bei Stoßwellen als sehr hilfreich herausstellen.
1942. Teller wird zu Robert Oppenheimers Sommerplanungsseminar an der University of California in Berkeley eingeladen, das sich später zum Manhattan-Projekt entwickelt, mit dem Ziel des Baus einer Atombombe. Einige Wochen zuvor hat Teller sich mit seinem Kollegen Enrico Fermi über die Erfolgsaussichten von Atomwaffen unterhalten, und Fermi hat die Vermutung geäußert, dass eine Waffe durch Nutzung einer Atomkernspaltung eine noch viel größere atomare Reaktion durch Kernfusion auslösen könnte. Obwohl Teller einige Gründe zu der Annahme hat, dass eine solche Reaktion physikalisch nicht funktionieren könne, ist er von der Idee fasziniert und möchte sich nicht mit einer simplen Atombombe begnügen - die zu jener Zeit noch nicht annähernd fertig entwickelt ist. In den Sitzungen des Manhattan-Projekts spricht er schon offen von der Möglichkeit einer fusionsbasierten Bombe, die er „Superbombe“ nennt (später die Wasserstoffbombe).
Während des Zweiten Weltkrieges ist er in der Abteilung für theoretische Physik in den damals geheimen Forschungslabors in Los Alamos im US-Bundesstaat New Mexico tätig und setzt sich stark für die Entwicklung einer Wasserstoffbombe ein, die an Priorität einbüßt, als sich bereits die Entwicklung einer reinen Atomkernspaltungsbombe als sehr schwierig herausstellt. Wegen seiner Präferenz für eine Wasserstoffbombe und seiner Frustration über die Berufung von Hans Bethe zum Direktor der theoretischen Forschungsabteilung an seiner Statt weigert sich Teller, sich an den Berechnungen für die Implosion der Uranbombe zu beteiligen. Dies führt zu Spannungen mit anderen Forschern und zur Einstellung weiterer Wissenschaftler, die diese Arbeit übernehmen sollen. Unter ihnen ist auch Klaus Fuchs, der später als russischer Spion identifiziert wird. Weiterhin macht sich Teller durch sein nächtliches Klavierspiel bei seinen Nachbarn und Kollegen unbeliebt.
Dennoch hilft er entscheidend bei der Erforschung von Atomwaffen mit, insbesondere bei der Erklärung der Implosion.
2. Juli 1945. Teller schreibt einen Brief (der in den 1970er Jahren auftaucht) an Szilárd:
„Our only hope is in getting the facts of our results before the people. This might help convince everybody the next war would be fatal. For this purpose, actual combat-use might even be the best thing.“
„Unsere einzige Hoffnung besteht darin, die Ergebnisse unserer Arbeit den Leuten begreiflich zu machen. Dies würde helfen, jeden davon zu überzeugen, dass ein nächster Krieg verheerend wäre. Für diesen Zweck könnte der tatsächliche Kampfeinsatz sogar die beste Option sein.“
Trotz (oder vielleicht wegen) seiner Reputation als Hardliner betont Teller später mehrmals öffentlich, dass er den Abwurf der ersten Atombomben auf zivile Städte im Zweiten Weltkrieg bereue. Er behauptet, vor der Bombardierung Hiroshimas hätte er bei Robert Oppenheimer dafür geworben, die neue Waffe vor ihrem ersten Einsatz dem japanischen Oberkommando und dem japanischen Volk zu demonstrieren, ehe in einem „scharfen Einsatz“ tausende Menschen dadurch sterben müssten. In Diskussionen nutzt „der Vater der Wasserstoffbombe“ diesen quasi anti-atomaren Standpunkt, indem er argumentiert, dass Atomwaffen sehr bedauerlich seien, aber das Wettrüsten wegen der „unfügsamen Natur des Kommunismus“ unausweichlich wäre. Mit diesem Argument wirbt Teller auch für Projekte wie SDI, die seiner Ansicht nach notwendig seien, um sicherzustellen, dass Atomwaffen niemals wieder eingesetzt würden („Besser ein Schild als ein Schwert“ ist der Titel eines seiner Bücher zu dem Thema).
Allerdings gibt es Hinweise, die das Gegenteil nahelegen. Teller hat weder die Petition seines ungarischen Physiker-Kollegen Leó Szilárd gegen den Einsatz der Bombe noch die Empfehlung der Kommission unter der Führung von Oppenheimer unterschrieben.
Professor Barton Bernstein von der Stanford Universität hält deshalb jene Behauptungen Tellers für unglaubwürdig.
Im fortgeschrittenen Alter hält Teller einen Vortrag im Frankfurter Volksbildungsheim. Auf die Frage, ob man die erste Atombombe auf Deutschland geworfen hätte, wenn Deutschland das Kriegsende hätte hinauszögern können, antwortet er sinngemäß:
„Nein, die Deutschen waren in der Atomforschung schon zu weit, und wir durften ihnen keinen Hinweis geben oder gar eine Hilfe im Falle eines Blindgängers. Diese Gefahr bestand in Japan nicht.“
1946. Teller verlässt Los Alamos und wird Professor an der Universität von Chicago.
1949. Die Sowjetunion zündet ihre erste Atombombe. Daraufhin kündigt US-Präsident Harry S. Truman ein Schnellprogramm zur Entwicklung der Wasserstoffbombe an.
1950. Teller kehrt nach Los Alamos zurück, um an dem Projekt zur Entwicklung einer Wasserstoffbombe mitzuarbeiten. Er wird jedoch nicht Leiter des Projekts, obwohl er und der polnische Mathematiker Stanislaw Ulam einen Vorschlag für dessen Verwirklichung eingereicht haben und er seit langer Zeit federführend das Design entwickelte. Möglicherweise spielt bei dieser Entscheidung seine schwierige Persönlichkeit eine Rolle.
Schnell wird Teller aufgrund der langsamen Entwicklung ungeduldig und besteht auf der Einstellung von zusätzlichen Theoretikern. Er beschuldigt seine Kollegen, eine mangelnde Vorstellungskraft zu besitzen, was seine Beziehung zu den anderen Forschern verschlechtert. Weiterhin bleiben aber seine und andere Entwürfe erfolglos. Hans Bethe äußert später die Überzeugung, dass, wenn Teller nicht zu einem frühen Test einer Wasserstoffbombe gedrängt hätte, die Entwicklung der Russen wohl auch langsamer verlaufen wäre. Dies ist u. a. auf die Tatsache gestützt, dass Klaus Fuchs, der russische Spion, viele falsche technische Details übermittelt, die eine funktionierende Wasserstoffbombe verhindern. Russische Forscher, die an der sowjetischen Wasserstoffbombe gearbeitet haben, behaupten später, dass ihnen klar war, dass die anfänglichen Pläne zu einer Wasserstoffbombe auf diese Weise nicht durchführbar sind und sie deswegen ihre Wasserstoffbombe vollkommen unabhängig von den Ergebnissen der Spionagetätigkeit entwickelten.
Schließlich zeigen Berechnungen von Stanislaw Ulam und seinem Mitarbeiter Cornelius Everett, die von Enrico Fermi bestätigt werden, dass Tellers frühere Annahme über die Tritium-Menge, die für die Wasserstoffbombe benötigt wird, zu niedrig ist. Selbst mit einer deutlich höheren Menge Tritium ist der Energieverlust während des Fusionsprozesses zu groß, um die Fusion aufrechtzuhalten.
Frühjahr 1951. Teller arbeitet an den Tests zur Operation Greenhouse. In diesem Test wird der Energieeffekt einer Uranbombe auf eine Mischung von Deuterium und Tritium untersucht.
1951. Nach vielen Jahren ergebnisloser Arbeit, übernimmt Teller eine innovative Idee von Ulam und entwickelt den ersten arbeitsfähigen Entwurf für eine Wasserstoffbombe mit mehreren Megatonnen TNT Sprengkraft. Die einzelnen Beiträge der beiden Forscher zum so genannten Teller-Ulam-Design sind umstritten. Einige Wissenschaftler, die Teller eher ablehnend gegenüberstehen (wie etwa J. Carson Mark), äußern die Auffassung, dass Teller ohne die Hilfe von Ulam und anderen Wissenschaftlern nie in die Nähe einer funktionierenden Wasserstoffbombe gekommen wäre. Andere betonen die führende Rolle Tellers.
Der Durchbruch – die technischen Details bleiben geheim – ist anscheinend die Trennung von Spaltungs- und Fusionskomponenten der Waffe und die Nutzung der Strahlung, die durch die Atomkernspaltung erzeugt wird, um den Fusionsbrennstoff vor der Zündung zu komprimieren. Allerdings wäre die Kompression allein nicht ausreichend. Der andere entscheidende Faktor – die Bombe in zwei Phasen aufzuteilen – wird wohl ausschließlich von Ulam erdacht. Weiterhin möchte Ulam den mechanischen Schock der ersten Phase nutzen, um die Fusion in der zweiten zu begünstigen, während Teller sehr schnell feststellt, dass die Strahlung der ersten Phase dies schneller und effizienter erledigen könnte. Einige Mitglieder des Labors (besonders J. Carson Mark) äußern später, dass die Idee, hierzu die Strahlung zu benutzen, wohl jedem Beteiligten an dem physischen Prozess gekommen wäre. Teller habe wohl sofort daran gedacht, weil er schon an den Tests zur Operation Greenhouse im Frühling 1951 gearbeitet hat.
Unabhängig davon, wie die Details des Teller-Ulam-Designs genau zustande kommen und wer welchen Anteil beiträgt, erkennen die beteiligten Wissenschaftler schnell, dass dieses das Projekt den entscheidenden Schritt weiterführt. Selbst jene Mitglieder, die bis dahin noch an der Umsetzbarkeit einer Wasserstoffbombe gezweifelt haben, sind nun überzeugt, dass es lediglich eine Frage der Zeit ist, bis sowohl die USA als auch die Sowjetunion über Waffen mit einer Sprengkraft von mehreren Megatonnen verfügen würden. Oppenheimer, der dem Projekt anfangs ablehnend gegenüberstand, bezeichnet die Idee als technically sweet (technisch schön).
1954. Hans Bethe spricht von Tellers Geniestreich bei der Erfindung der Wasserstoffbombe.
1952. Teller verlässt das Wasserstoffbomben-Projekt und geht an die aufgrund seines Drängens neu gegründete Livermore-Abteilung an der Universität von Kalifornien. In diesem Jahr haben Edward Teller und Robert Oppenheimer ein langes Treffen mit David Ben-Gurion in Tel Aviv und erklären ihm, der beste Weg zum Akkumulieren vom Plutonium wäre die Verbrennung von natürlichem Uran in einem Atomreaktor.
1. November 1952. Nach der Detonation von Ivy Mike, der ersten thermonuklearen Waffe, die auf dem Teller-Ulam Design aufgebaut ist, wird Teller der Öffentlichkeit als der "Vater der Wasserstoffbombe" bekannt. Teller selbst ist bei dem Test nicht anwesend – er erklärt, er fühle sich am Testgelände Pacific Proving Grounds nicht willkommen – und sieht die Auswirkungen lediglich an einem Seismographen im Keller eines Saales in Berkeley.
Durch eine Analyse des radioaktiven Niederschlags könnten die sowjetischen Forscher um Andrei Dmitrijewitsch Sacharow sehr leicht darauf schließen, dass das Design Kompression als wichtige Grundlage nutzt. Sowjetische Forscher bestreiten später jedoch, schon ausreichend organisiert gewesen zu sein, um Daten vom radioaktiven Niederschlag bei US-Tests messen zu können. Wegen der öffentlichen Geheimhaltung gibt es wenige Informationen zur Entwicklung der Bombe. Berichte in der Presse schreiben die gesamte Entwicklung Teller und seinem Livermore Laboratory zu, obwohl es tatsächlich in Los Alamos entwickelt wurde.
1953. Teller verfasst zusammen mit Nicholas Metropolis und Marshall Rosenbluth einen Artikel, der als Anfangspunkt der Anwendung der Monte-Carlo-Simulation in der statistischen Mechanik gilt.
28. April 1954. Edward Teller: Aussage vor dem Oppenheimer-Untersuchungsausschuss:
Teller sagt gegen Robert Oppenheimer, den früheren Direktor von Los Alamos und Mitglied der Atomic Energy Commission (AEC), bei Verhören zu Oppenheimers Sicherheitseinstufung aus. Oppenheimer hat sich für Rüstungskontrolle ausgesprochen, weswegen das Komitee für unamerikanische Umtriebe und federführend Senator McCarthy ihn wegen Bedenken bezüglich der nationalen Sicherheit verhört. Tellers Aussage führt zu einer weiteren Entfremdung zwischen ihm und seinen alten Kollegen in Los Alamos. Teller und Oppenheimer sind bereits in Los Alamos mehrere Male wegen Fragen der Erforschung der Atomkernspaltung und der Kernfusion aneinander geraten. Bei den Verhören ist er das einzige Mitglied der wissenschaftlichen Gemeinschaft, das Oppenheimer als Sicherheitsrisiko betitelt. Auf die Frage des Staatsanwalts Roger Robb, ob er andeute, dass „Dr. Oppenheimer illoyal den Vereinigten Staaten gegenüber“ sei, antwortet Teller:
„I do not want to suggest anything of the kind. I know Oppenheimer as an intellectually most alert and a very complicated person, and I think it would be presumptuous and wrong on my part if I would try in any way to analyze his motives. But I have always assumed, and I now assume that he is loyal to the United States. I believe this, and I shall believe it until I see very conclusive proof to the opposite.“
„Ich möchte nichts dergleichen andeuten. Ich kenne Oppenheimer als eine intellektuell höchst fähige und sehr komplizierte Person, und ich denke, es wäre meinerseits anmaßend und falsch, wenn ich in irgendeiner Weise seine Motive analysieren wollte. Aber ich habe immer angenommen und nehme auch jetzt an, dass er den Vereinigten Staaten loyal gegenübersteht. Ich glaube dies, und ich werde es weiter glauben, bis ich sehr schlüssige Beweise für das Gegenteil sehe.“
Auf die Frage, ob er glaube, dass Oppenheimer ein „Sicherheitsrisiko“ darstelle, antwortet er hingegen:
„In a great number of cases I have seen Dr. Oppenheimer act — I understood that Dr. Oppenheimer acted — in a way which for me was exceedingly hard to understand. I thoroughly disagreed with him in numerous issues and his actions frankly appeared to me confused and complicated. To this extent I feel that I would like to see the vital interests of this country in hands which I understand better, and therefore trust more. In this very limited sense I would like to express a feeling that I would feel personally more secure if public matters would rest in other hands.“
„In einer Vielzahl von Fällen sah ich Dr. Oppenheimer handeln – ich verstand es so, dass er handelte – in einer Art und Weise, die für mich zunehmend schwerer zu verstehen war. In vielen Dingen stimmte ich mit ihm absolut nicht überein und seine Handlungen erschienen mir offen gesagt konfus und kompliziert. Insofern denke ich, dass ich die grundlegendsten Interessen dieses Landes gerne in den Händen einer Person sehen würde, die ich besser verstehe und der ich deswegen mehr traue. In diesem eingeschränkten Sinne möchte ich das Gefühl ausdrücken, dass ich mich persönlich sicherer fühlte, wenn Angelegenheiten von öffentlichem Interesse in anderen Händen ruhten.“
Teller sagt außerdem aus, dass Oppenheimers Meinung über das thermonukleare Programm anscheinend mehr auf dem Gedanken der wissenschaftlichen Machbarkeit der Waffe beruhte als auf anderen Überlegungen. Weiterhin sagt er, Oppenheimers Führung von Los Alamos sei wissenschaftlich wie administrativ eine „sehr außergewöhnliche Leistung“ gewesen, und er lobt dessen „sehr schnellen Geist“ und dass er „einfach einen höchst wunderbaren und exzellenten Direktor“ abgegeben habe.
Trotzdem führt er daraufhin detailliert aus, auf welche Art und Weise er das Gefühl hat, dass Oppenheimer seine (Tellers) Bestrebungen hin zu einem aktiven thermonuklearen Entwicklungsprogramm behindert habe. Ausführlich kritisiert er Oppenheimers Entscheidung, im Laufe seiner Karriere nicht mehr Aufwand in dieser Frage betrieben zu haben. Tellers wohl schärfste Verurteilung Oppenheimers ist folgende Aussage:
„If it is a question of wisdom and judgment, as demonstrated by actions since 1945, then I would say one would be wiser not to grant clearance.“
„Wenn es darum geht, Oppenheimers Klugheit und Urteilsvermögen an seinen Handlungen seit 1945 zu messen, würde ich sagen, es wäre wohl klüger, keine Unbedenklichkeitserklärung auszustellen.“
Oppenheimer wird daraufhin die erforderliche Sicherheitsbescheinigung für sensible militärische Forschung entzogen. Tellers Verhalten wird von Wissenschaftler-Kollegen fast einhellig verurteilt, und fortan gilt er vielen als Denunziant und skrupelloser Karrierist. Diese Entwicklung zeigt sich deutlich auch im Publikationsverzeichnis Tellers. Vor dem Jahr 1952 hat er als Autor bei 84 wissenschaftlichen Publikationen mitgewirkt und nur bei sieben war er der alleinige Autor gewesen. Nach 1952 schreibt er 42 wissenschaftliche Veröffentlichungen alleine und 20 zusammen mit Koautoren. Viele Wissenschaftler meiden nun offensichtlich die enge Zusammenarbeit mit ihm. Infolgedessen beginnt Teller sich mit Militärs und Regierungsvertretern zu umgeben. Nach dem Vorfall bestreitet Teller immer wieder, dass er Oppenheimer habe schaden wollen, und behauptet sogar, dass er versucht habe, ihn zu entlasten. Jedoch deuten Beweisdokumente stark darauf hin, dass dies wahrscheinlich nicht der Fall war. Sechs Tage vor seiner Aussage trifft sich Teller mit einem Verbindungsbeamten der Atomic Energy Commission (AEC) und schlägt vor, in seiner Aussage die „Vorwürfe zu vertiefen“.
Februar 1955. Einige Kollegen Tellers zeigen sich irritiert davon, dass Teller sämtliche Anerkennung für ein Projekt zu erhalten scheint, zu dem er nur einen – wenn auch entscheidenden – Teil beigetragen hat. Auf Anregung von Enrico Fermi schreibt Teller daraufhin einen Artikel The Work of Many People (Die Arbeit Vieler), der in der Zeitschrift Science in diesem Monat erscheint und in dem er klarstellt, dass er die Wasserstoffbombe nicht allein entwickelt hat. In seinen Memoiren bemerkt er später, dass er in diesem Artikel eine white lie (Notlüge oder Schwindelei) geschrieben habe – was impliziert, dass er wohl doch der Ansicht ist, dass ihm allein die volle Anerkennung für die Entwicklung der Waffe gebühren würde. Teller ist bekannt dafür, dass er sich in Projekte vertieft, die theoretisch sehr ansprechend, allerdings praktisch kaum umsetzbar sind, so das Projekt einer Superbombe. Bethe meint später (Comments on The History of the H-Bomb - 1982) dazu:
„Nobody will blame Teller because the calculations of 1946 were wrong, especially because adequate computing machines were not available at Los Alamos. But he was blamed at Los Alamos for leading the laboratory, and indeed the whole country, into an adventurous programme on the basis of calculations, which he himself must have known to have been very incomplete.“
„Niemand wird Teller vorwerfen, dass seine Berechnungen aus dem Jahre 1946 falsch waren, besonders weil damals in Los Alamos keine adäquaten Rechenmaschinen zur Verfügung standen. Aber in Los Alamos warf man ihm vor, das Labor – und tatsächlich das ganze Land – in ein abenteuerliches Programm geführt zu haben, und zwar auf Grundlage von Berechnungen, deren eklatante Unvollständigkeit ihm bewusst gewesen sein musste.“
Während des Manhattan-Projekts spricht sich Teller auch für die Entwicklung einer Bombe auf Basis von Uranhydriden aus, obwohl viele seiner Forscherkollegen annehmen, dass diese nicht funktionieren würde. In Livermore setzt Teller seine Arbeit an dieser Hydridbombe fort, was aber lediglich in einem Blindgänger endet. Ulam schreibt einmal sarkastisch an einen Kollegen über eine Idee, die er Teller mitgeteilt hat: "Edward ist voller Enthusiasmus über diese Möglichkeiten; vielleicht ist das ein Hinweis, dass sie nicht funktionieren werden." Fermi sagte einmal, er kenne außer Teller keinen anderen Monomanen mit verschiedenen Manien.
1958 bis 1960. Teller ist Direktor und Gründungsmitglied (zusammen mit Ernest O. Lawrence) des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL), danach stellvertretender Direktor, da er zusätzlich in Berkeley lehrt. Er trittt unermüdlich für die Atombombe ein und spricht sich für weitere Forschungen und Atomwaffentests aus. In der Tat ist seine Lobbyaktivität gegen die Gesetzesinitiative zum teilweisen Testverbot von Atomwaffen ein weiterer Grund, seine Stelle als Direktor des Lawrence Livermore National Laboratory aufzugeben. Er spricht sich sowohl vor dem US-Kongress als auch im US-Fernsehen gegen dieses Gesetz aus.
1958. Von der United States Atomic Energy Commission (AEC) wird nach Tellers Vorschlag die Operation Chariot geplant, um durch die Zündung einer Reihe von Wasserstoffbomben einen künstlichen Seehafen am Kap Thompson, Alaska 42 km südöstlich der Stadt Point Hope zu schaffen. Zunächst sieht der Plan eine Kettenexplosion mit 2,4 Megatonnen, dann nur noch 460 und letztlich nur noch 280 Kilotonnen vor. Teller tritt öffentlich für den wirtschaftlichen Nutzen des Plans ein, schafft es aber nicht, lokale Regierungsvertreter von der Finanzierbarkeit des Projekts zu überzeugen.
Andere Wissenschaftler kritisieren das Projekt wegen seiner potentiellen Gefahr für die betroffene Tierwelt und die einheimischen Inupiat, die in der Nähe des in Frage kommenden Gebietes wohnen, und die bis 1960 von offizieller Seite nichts über den Plan erfahren. Auch stellt sich heraus, dass der Hafen neun Monate im Jahr wegen der starken Eisbildung nicht befahrbar sein würde. Schließlich wird das Projekt im Jahre 1962 wegen finanzieller Unsicherheit und gesundheitlicher Bedenken aufgrund der Radioaktivität verworfen.
1960er Jahre. Teller ist einer der entschiedensten Gegner eines teilweisen Testverbots von Atomwaffen. Zu diesem Zwecke sagt er vor dem US-Kongress aus und meldet sich im Fernsehen zu Wort.
1975. Teller geht in Pension und ist danach emeritierter Direktor des Livermore Laboratory und darüber hinaus Senior Research Fellow am Hoover Institut.
1979. Teller erleidet einen Herzinfarkt, an dem er Jane Fonda die Schuld gibt. Nach dem Reaktorunfall auf Three Mile Island hat sich die Schauspielerin während der Vorstellung ihres neuesten Filmes stark gegen die Nutzung der Atomenergie eingesetzt. Der Film Das China-Syndrom, in dem es um einen Unfall in einem Atomkraftwerk geht, wird zufälligerweise etwas mehr als eine Woche vor dem schweren Unfall auf Three-Mile Island veröffentlicht und behandelt somit ein aktuelles Problem. Als Antwort auf die Bemühungen Fondas wirbt Teller für die Nutzung der Atomenergie, die sich seiner Meinung nach durch Sicherheit und Zuverlässigkeit auszeichnet. Weiterhin verfasst er für das Wall Street Journal einen zweiseitigen Artikel mit dem Titel „Ich war das einzige Opfer von Three-Mile Island“ (“I was the only victim of Three-Mile Island”), der in der Ausgabe vom 31. Juli 1979 erscheint. Der erste Absatz des Artikels lautet:
„On May 7, a few weeks after the accident at Three-Mile Island, I was in Washington. I was there to refute some of that propaganda that Ralph Nader, Jane Fonda and their kind are spewing to the news media in their attempt to frighten people away from nuclear power. I am 71 years old, and I was working 20 hours a day. The strain was too much. The next day, I suffered a heart attack. You might say that I was the only one whose health was affected by that reactor near Harrisburg. No, that would be wrong. It was not the reactor. It was Jane Fonda. Reactors are not dangerous.“
„Am 7. Mai, ein paar Wochen nach dem Reaktorunfall auf Three-Mile Island, war ich in Washington. Ich war dort, um die Propaganda zu widerlegen, die Leute wie Ralph Nader, Jane Fonda und ihresgleichen in den Medien verbreiten, um die Leute zu verängstigen und von der Kernenergie abzubringen. Ich bin 71 Jahre alt und ich habe 20 Stunden am Tag gearbeitet. Die Belastung war zu viel. Am nächsten Tag erlitt ich einen Herzinfarkt. Man könnte sagen, dass ich die einzige Person bin, deren Gesundheit durch den Reaktorunfall nahe Harrisburg beeinträchtigt wurde. Aber das wäre falsch. Es war nicht der Reaktor, sondern Jane Fonda. Kernreaktoren sind nicht gefährlich.“
1. August 1979. Am nächsten Tag kritisiert die New York Times in ihrem Leitartikel den Beitrag Tellers und merkt an, dass dieser von Dresser Industries bezahlt wurde. Dresser Industries hat eines der defekten Ventile hergestellt, die zu dem Unfall auf Three-Mile Island führten.
Anfang der 1980er Jahre. Während einer Sendung der österreichischen Fernseh-Diskussionsrunde Club 2 mit dem Titel Strahlende Zukunft referiert Teller – der als Vater der Wasserstoffbombe geladen ist – so technokratisch über die verheerende Wirkung der derzeit vieldiskutierten Neutronenbombe auf Menschen, dass die Schweizer Wissenschaftlerin Ursula Koch während der Live-Diskussion zu weinen beginnt. Der Spiegel bezeichnet Tellers Auftreten später als das eines „düsteren Jahve“. Nach späteren Angaben einer der Redakteure wurde Koch extra eingeladen, weil sie als im Angesicht von Tellers Ausführungen „stabil“ eingeschätzt wurde, auch „wenn Schreckliches käme“.
1980er Jahre. Teller ist einer der stärksten Befürworter der Strategic Defense Initiative (SDI) von Ronald Reagan und beginnt dafür eine Kampagne. Das SDI-Programm wird teils auch „Star Wars“ genannt. Es sieht vor, Laser- und Satellitentechnik zur Abwehr sowjetischer Interkontinentalraketen einzusetzen. Teller versucht, Regierungsbehörden von seinem Plan zur Entwicklung eines ausgefeilten Satellitensystems, das zum Abschuss feindlicher Interkontinentalraketen Röntgenstrahlen nutzen soll, zu überzeugen, und gewinnt die Unterstützung des US-Präsidenten Ronald Reagan. Allerdings wird die Angelegenheit später zu einem Skandal, als sich herausstellt, dass das Vorhaben technisch nicht durchführbar ist. Die technischen Schwierigkeiten spielen Teller und sein Partner Lowell Wood vorsätzlich herunter. Zudem unterstützen sie möglicherweise die Entlassung des Labordirektors Roy Woodruff, der dies genauer untersuchen und korrigieren möchtee. Aus dieser Affäre entwickelte sich ein Witz, der in der wissenschaftlichen Gemeinschaft zirkuliert: die Maßeinheit für unbegründeten Optimismus sei das "Teller", ein Teller sei dabei so groß, dass die meisten Beobachtungen in Nano- oder Pikoteller gemessen werden müssen.
Mehrere Wissenschaftler weisen auf die Sinnlosigkeit des Vorhabens hin. Hans Bethe und der IBM-Physiker Richard Garwin analysieren das System in einem Scientific-American-Artikel und kommen zu dem Schluss, dass jeder vermeintliche Feind das Abwehrsystem leicht durch passende Köder überlisten könne. Manfred von Ardenne wird die Aussage zugeschrieben, das SDI-System ließe sich mittels einiger Säcke Streusand in den entsprechenden Umlaufbahnen lahmlegen. Das Projekt wird mehrfach eingeschränkt und letztendlich nicht realisiert. Allerdings wird Teller später durch die Regierung Bush bestärkt, die das Raketenabwehrprogramm Anfang des 21. Jahrhunderts neu belebt. Kritiker benennen es in Anspielung auf den Spitznamen von SDI als „Sohn von Star Wars“.
1989. Nach der Überwindung des Kommunismus in Ungarn besucht Teller sein Heimatland mehrmals und verfolgt die politische Entwicklung sehr genau. Er vergaß er weder seine Herkunft noch seine Muttersprache obwohl er Jahrzehnte vorher verlassen hat.
1991. Teller wird als einer der ersten Preisträger mit dem satirisch gemeinten Ig-Nobelpreis „ausgezeichnet“, für „lebenslange Bemühungen, die Bedeutung des Begriffs Frieden, wie wir ihn verstehen, zu verändern“ (lifelong efforts to change the meaning of peace as we know it).
15. Januar 1992. Anlässlich seines 84. Geburtstags wird der Asteroid (5006) Teller nach ihm benannt.
1997. Bethe wiederholt seine Ansicht, dass der entscheidende Durchbruch im Jahr 1951 dank Teller erreicht wurde.
20. Oktober 1999. In einem Interview mit dem Scientific American sagt Teller selbst zu dem Durchbruch bei der Erfindung der Wasserstoffbombe:
"I contributed; Ulam did not. I'm sorry I had to answer it in this abrupt way. Ulam was rightly dissatisfied with an old approach. He came to me with a part of an idea which I already had worked out and difficulty getting people to listen to. He was willing to sign a paper. When it then came to defending that paper and really putting work into it, he refused. He said, ‘I don't believe in it.’"
"Ich hatte zur Lösung beigetragen, Ulam nicht. Es tut mir leid, dass ich das so hart beantworten musste. Ulam war zu Recht mit einem alten Lösungsansatz unzufrieden. Er kam mit einem Teil einer Idee zu mir, die ich schon ausgearbeitet hatte, die aber niemand hören wollte. Er war bereit, seinen Namen als Autor auf eine wissenschaftliche Publikation zu setzen. Als es aber darum ging, den Publikationsentwurf zu verteidigen und tatsächlich Arbeit hineinzustecken, lehnte er ab. Er sagte, ‚Ich glaube nicht daran.‘"
Wahlkampf 2002. Teller sendet einen Brief an die nationalkonservative politische Partei Fidesz, um sie seiner Unterstützung zu versichern.
August 2003. Weniger als zwei Monate vor seinem Tod wird er von Präsident George W. Bush mit der Presidential Medal of Freedom ausgezeichnet.
9. September 2003. Teller stirbt in Stanford.
2008. Ungarn gibt eine 5000-Forint-Silbergedenkmünze zum 100. Jahrestag seiner Geburt heraus.
Bilder aus Wikimedia Commons
Edward Teller, Lizenz: Public Domain, Urheber: Lawrence Livermore National Laboratory.
Quellen
