![]() |
| Thilo Sarrazin |
Der deutsche Politiker, Volkswirt und Autor Thilo Sarrazin wurde am 12. Februar 1945 in Gera geboren. Sarrazin ist verheiratet mit der Grundschullehrerin in Ruhestand und Autorin Ursula Sarrazin, geb. Breit (* 1951), Tochter des eh. DGB-Vorsitzenden Ernst Breit, und hat zwei Söhne.
Sarrazin fällt immer wieder auf durch provokant formulierte und kontroverse Thesen die zur Politik der "Rassenhygiene" im Nationalsozialistischen Reich passen wie ein Ei zum anderen.
Nachdem er mit Ratschlägen an Hartz-IV-Empfänger überregional
bekannt geworden ist und mit "Deutschland schafft sich ab" während der Arbeitszeit und mit Hilfe des Personals der Bundesbank einen
umstrittenen Bestseller geschrieben hatte, wurde er deshalb mehr oder weniger aus dem
Bundesbankvorstand hinausgekickt.
Werdegang
Thilo Sarrazin wuchs in Recklinghausen
als Sohn und ältestes von vier Kindern des Arztes und
Schriftstellers Hans-Christian Sarrazin (1914–2013) und der
westpreußischen Gutsbesitzertochter Mechthild auf.
1965. Er macht am
dortigen altsprachlichen Gymnasium Petrinum das
Abitur.
1965 bis 1967. Er leistet den Wehrdienst ab.
1967 bis 1971. Sarrazin studiert Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn und arbeitet dort
anschließend als Assistent am Institut für Industrie- und
Verkehrspolitik
1973. Er wird von der Universität Bonn zum Dr. rer. pol.
promoviert. In seiner Dissertation behandelt er
wissenschaftstheoretische Probleme der Wirtschaftsgeschichte aus dem
Blickwinkel des Kritischen Rationalismus.
November 1973 bis Dezember 1974. Sarrazin ist wissenschaftlicher Angestellter der
Friedrich-Ebert-Stiftung. In dieser Zeit tritt er der
Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bei.
Ab 1975. Sarrazin ist im öffentlichen Dienst des Bundes tätig.
1975 bis 1978. Er ist Referent im Bundesministerium der Finanzen (1977 Abordnung zum IWF nach Washington, D.C.).
1978 bis 1981. Er arbeitet als Referatsleiter im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung.
1981. Er ist wieder Referent im Bundesministerium der Finanzen, ab Oktober ist er dort Büroleiter
und enger Mitarbeiter von Bundesfinanzminister Hans Matthöfer und
dessen Nachfolger Manfred Lahnstein. Nach Ende der sozialliberalen
Koalition im Oktober 1982 bleibt Sarrazin im Bundesfinanzministerium,
wo er zeitweise für den Bereich Schienenverkehr zuständig ist und nacheinander mehrere Referate leitet, darunter 1989 bis 1990 das
Referat Innerdeutsche Beziehungen, das die deutsch-deutsche
Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zusammen mit dem damaligen
Bundesfinanzminister Theo Waigel und dem späteren Bundespräsidenten
Horst Köhler vorbereitet.
1990 bis 1991. Sarrazin arbeitet für die Treuhandanstalt. Bis 1997 war er Staatssekretär im
Ministerium für Finanzen in Rheinland-Pfalz, danach Vorsitzender der
Geschäftsführung der Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TLG).
Frühjahr 2000 bis Dezember
2001. Sarrazin ist bei der Deutschen Bahn beschäftigt, zunächst vier
Monate als Leiter der Konzernrevision und nachfolgend, ab 1.
September 2000, als Vorstandsmitglied der DB Netz, zuständig für
Planung und Investitionen. Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG
stimmt seiner Abberufung im November 2001 zu. Er wird bei
vollen Bezügen bis zum Vertragsende 2005 vom Dienst freigestellt.
Laut Mehdorns Angaben war Sarrazin das einzige Vorstandsmitglied, von dem er sich während seiner Zeit bei der DB AG habe
trennen müssen. Als Grund führt er an, Sarrazin habe sich nicht an
gemeinsame Beschlüsse gehalten.
Sarrazin gilt als maßgeblicher
Entwickler des Volksaktienmodells der Deutschen Bahn, das die Ausgabe
von stimmrechtslosen Volksaktien vorsieht, um das Mitspracherecht
privater Investoren zu begrenzen und das Modell der
Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn zu Fall zu bringen. Er gilt
als Befürworter einer Ausrichtung der Bahn auf Wirtschaftlichkeit
gemäß einer Kosten-Wirksamkeits-Analyse. Sein Verhältnis zum
ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG, Hartmut
Mehdorn, wird als „Dauerfeindschaft“ charakterisiert.
Nach Sarrazins Entlassung aus dem
Vorstand der DB Netz AG unterliegt er 2007 vor dem Bundesgerichtshof in
einem Prozess um die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses nach
seinem Amtsantritt als Berliner Finanzsenator und daraus folgender
Gehalts- oder Abfindungsansprüche.
Januar 2002. Sarrazin wird Senator
für Finanzen im Senat Wowereit II und III.
Bei Amtsantritt verzichtet Sarrazin
medienwirksam auf Senatorenbezüge und will den Haushalt Berlins
als „One-Dollar-Man“ sanieren. Die doppelt so hohen Bezüge aus
seinem ruhenden Arbeitsverhältnis bei der Deutschen Bahn (DB)
sollten seiner Auffassung nach jedoch weitergezahlt werden. Die
Deutsche Bahn lehnt die Gehaltsfortzahlung unter Verweis auf das
Berliner Senatorengesetz und mit der Begründung ab, dass ein Senator
keine anderweitigen Entgelte beziehen dürfe, um seine Unabhängigkeit
zu gewährleisten. Der Arbeitsvertrag mit Sarrazin war nach
Auffassung der DB rechtswirksam gekündigt worden, weil es der
Senator versäumt habe, die Zustimmung des Bahn-Aufsichtsrats zu
seiner Berufung in den Senat einzuholen. Das Landgericht Frankfurt am
Main wies eine entsprechende Klage Sarrazins auf Gehaltsfortzahlung
durch die DB am 19. Juni 2002 ab.
Sarrazin hielt an der klassischen
Kameralistik für die Haushaltsführung kommunaler Behörden
fest. Materiell führte er eine strenge Spar- und
Haushaltspolitik durch. 2007 kam es, vor allem durch Senkung der Ausgaben für Personal und sozialen Wohnungsbau, zum ersten Mal in der Geschichte
des Landes Berlin zu einem Haushaltsüberschuss (80 Millionen
€).
August 2004. Infolge der Operation eines gutartigen
Tumors an Nerven des Innenohrs ist seine rechte
Gesichtshälfte teilweise gelähmt.
Februar 2004. Sarrazin plädiert in
der Talkshow Sabine Christiansen dafür, das System der
Beamtenpension alsbald auslaufen zu lassen. Die Pensionslasten des
Staates müssten deutlich sinken. „Das wird eine harte Diskussion
werden, da muss man aber ran“, meint Sarrazin. Auch kritisiert er
die Höhe der Pensionen. Die Zusatzversorgung der Angestellten des
öffentlichen Dienstes sei zu kürzen und später ganz abzuschaffen.
Zudem kündigt er an, dass Lehrer in Berlin künftig nicht mehr
verbeamtet werden sollen.
November 2004. Die Staatsanwaltschaft erhebt in der Tempodrom-Affäre Anklage gegen Sarrazin. Ihm wird vorgeworfen, Landesgelder regelwidrig vergeben zu haben. Gegen den
ermittelnden Oberstaatsanwalt reicht Sarrazin eine
Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Das Landgericht Berlin lehnt jedoch
im Dezember 2004 die Eröffnung eines Hauptverfahrens wegen
Unschlüssigkeit ab.
2006. Sarrazin wusste schon 2006 von
der rechtswidrigen Vergabepraxis bei Aufträgen der landeseigenen
Wohnungsbaugesellschaft Howoge und hat sie gebilligt. Diese hat
in den Jahren von 2002 bis 2009 in 18 Fällen Planungsaufträge nicht
ausgeschrieben, sondern direkt vergeben. Einer der Hauptauftragnehmer
war das Ingenieurbüro des SPD-Politikers Ralf Hillenberg. Nach
Bekanntwerden der Verstöße wurden die beiden Geschäftsführer der
Howoge, die wie Hillenberg SPD-Mitglieder waren, fristlos entlassen.
Ein Untersuchungsausschuss des Parlaments befasste sich mit dem
Vorgang, die Opposition sah SPD-Filz während die SPD-geführte
Regierungskoalition keine Versäumnisse im rechtlichen Sinn
erkannte.
2007. Sarrazin genehmigt als
Aufsichtsratsvorsitzender der Berliner Verkehrsbetriebe BVG
fahrlässig ein riskantes Spekulationsgeschäft, das er nicht
vollständig versteht. Im Jahr 2008 führt das zu einem Verlust von
150 Mio EUR. In einer Klageschrift gegen die Bank JP Morgan führt
die BVG vor einem Londoner Gericht aus, dass derartige Geschäfte ihr
als Anstalt des öffentlichen Rechts durch Gesetz und Satzung
verboten und daher nichtig wären. Strafrechtlich ist der Vorgang
nach fünf Jahren verjährt. Schadensersatzforderungen gegen die
Geschäftsführung und den Aufsichtsrat der BVG werden vom Berliner
Senat geprüft.
2007. Die Bürgerinitiative Berliner Wassertisch und das Bündnis gegen Privatisierung starten die Initiative "Unser Wasser". Der von ihnen formulierte Gesetzentwurf hat nicht die direkte Rekummunalisierung der Wasserversorgung zum Inhalt, sondern nur die Offenlegung der Geheimverträge welche die Initiatoren als Voraussetzung dafür sehen.
Hintergrund ist die Teilprivatisierung der Wasserversorgung Berlins im Jahr 1999. Seitdem sind die Beiträge der Bürger um 35 bis 40% angestiegen obwohl Investitionen ausblieben und 2000 Arbeitsplätze gestrichen wurden. 2006 nahm die Regierung zwar eine Rekommunalisierung in den Koalitionsvertrag auf, Sarrazin macht jedoch keine Schritte zur Umsetzung. Weil die Verträge Geheimhaltungsklauseln enthalten konnten sie vor Gericht bisher weder überprüft noch angefochten werden.
Februar 2008. Sarrazin gibt Tipps, wie ALG-II-Empfänger sich für weniger
als vier Euro pro Tag ernähren könnten. Kritik dazu kommen vom
Deutschen Caritasverband, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und
der damaligen Berliner Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner. Der
CDU-Politiker und frühere Bundesminister für Jugend, Familie und
Gesundheit, Heiner Geißler, stellt fest: „Die Fehler,
Irreführungen und defizitären Argumente des Senators schreien zum
Himmel und werfen ein schlechtes Licht auf die Berliner
Finanzverwaltung.“ Man dürfe auch fragen, „ob ein Berliner
Regierungsmitglied mit ‚Geiz ist geil‘-Parolen arme Leute
folgenlos verhöhnen darf.“ Wenn Massenarmut in Wut und Aggression
umschlügen, trügen auch „politische Provokateure wie Sarrazin“
dafür die Verantwortung.
Juni 2008. Sarrazin ist im Berliner Senat das Mitglied mit den meisten Nebentätigkeiten. Insgesamt 46. Unter anderem ist er Mitglied
des Aufsichtsrats der Berliner Verkehrsbetriebe, der Charité, der
Investitionsbank Berlin und der Vivantes GmbH.
2008. Dem Land Berlin entgehen bei der Verpachtung eines landeseigenen Grundstücks an den Golf- und
Landclub Berlin-Wannsee e. V. Mehreinnahmen von drei Millionen Euro weil Sarrazin eigenmächtig auf eine Nachbesserungsklausel bei Verlust
der Gemeinnützigkeit verzichtet. Zuvor hatte das Berliner
Landesparlament den Verkauf des Grundstücks für 3,8 Mio EUR an den
Golfclub abgelehnt. Parlament und Steuerzahlerbund kritisierten den
Vorgang. Staatsanwaltschaft und Senat schlossen eine
strafrechtliche Begünstigung durch Thilo Sarrazin aus.
17. Februar 2009. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben in den Jahren 1997 bis 2002 insgesamt 22 Cross-Border-Leasing-Verträge über 427 U-Bahn-Wagen und 511 Straßenbahnen abgeschlossen. Mit einer Laufzeit der Verträge zwischen 12 und 30 Jahren. Mit diesen Scheingeschäften machte das Unternehmen zunächst einen Gewinn von 69 Mio. Euro. Im Dezember 2008 musste der Aufsichtsrat in der Bilanz jedoch bereits eine Rückstellung von 156,3 Mio. Euro anlegen. Die späteren (Finanz)-Probleme der BVG führen zu dem legendären Verkehrschaos in Berlin. Sarrazin verteidigt sich damit dass man die Finanzkrise und ihre Auswirkungen doch nicht ahnen habe können.
29. Februar 2009. Sarrazin meint zur Spionageaffäre bei der Deutschen Bahn dass es "völlig lachhaft ist wenn Mehdorn behauptet, nichts gewusst zu haben".
30. April 2009. Sarrazin legt sein
politisches Amt nieder, um in den Vorstand der Bundesbank zu
wechseln. Sein Nachfolger im Amt des Berliner Senators für
Finanzen wird Ulrich Nußbaum.
Aufgrund seines Auftretens verweigert der Bundesbankvorstand dem neuen Mitglied Sarrazin internationale
Aufgaben; ihm werden lediglich die Aufgabengebiete über Bargeld,
Risiko-Controlling und Informationstechnologie zugeteilt. Später
erzählt Sarrazin über seine Bundesbankzeit: „Als Bundesbanker
war die Arbeit der Woche nach eineinhalb Tagen dienstagmittags
getan.“ So widmete er sich – auch unter Einsatz von
Bundesbankpersonal – seinen außerdienstlichen Angelegenheiten als
Lehrbeauftragter an der Verwaltungshochschule in Speyer und
Buchautor.
Mai 2009. Im Stern erscheint ein provokantes Interview mit Thilo Sarrazin zu bankfremden Themen im Wochenmagazin
Stern. Er meint zum Umgang Arbeitsloser mit Energie:
„‚Hartz-IV‘-Empfänger sind erstens mehr zu Hause; zweitens
haben sie es gerne warm, und drittens regulieren viele die Temperatur
mit dem Fenster“. Das Sozialsystem müsse so geändert werden,
„dass man nicht durch Kinder seinen Lebensstandard verbessern kann,
was heute der Fall ist“. Vielmehr müsse die Politik dafür sorgen,
dass nur diejenigen Kinder bekommen, die „damit fertig werden“.
Die Rentenerhöhung vom Juli 2009 nannte er eine „völlig unsinnige
Maßnahme“, stattdessen müsse die Bundesregierung die Bürger
darauf vorbereiten, dass Altersbezüge „langfristig auf das Niveau
einer Grundsicherung“ sinken werden. Der Sozialverband VdK
Deutschland reagiert empört: „Es ist an Absurdität kaum zu
übertreffen, dass man seinen Lebensstandard durch Kinder verbessern
können soll. Diese Frauen brauchen mehr und nicht weniger staatliche
Unterstützung für ihre Kinder – und keine zynischen Kommentare
von Herrn Sarrazin.“ Die Bundesbank distanziert sich umgehend von den Äußerungen ihres Vorstandsmitglieds.
30. September 2009. Äußerungen Sarrazins über arabische
und türkische Einwanderer in einem Interview gegenüber der
Kulturzeitschrift Lettre International rufen heftige Reaktionen hervor und werden seitens der Bundesbank scharf kritisiert. In dem Interview verwies
Sarrazin auf die mangelnde Integration von Ausländern in Berlin. Die
Bank distanziert sich „entschieden in Inhalt und Form“ von den
„diskriminierenden Äußerungen“ Sarrazins.
Laut Aussage von Sarrazin ist Berlin belastet von zwei
Komponenten: „der 68er-Tradition und dem Westberliner
Schlampfaktor“. Berlin sei in seinen politischen Strömungen „nicht
elitär aufgestellt, sondern in seiner Gesinnung eher plebejisch und
kleinbürgerlich“. Große Teile der arabischen und türkischen
Einwanderer wären weder integrationswillig noch integrationsfähig.
Berlin habe besonders viele „Benachteiligte aus bildungsfernen
Schichten“ und es gebe auch „keine Methode, diese Leute
vernünftig einzubeziehen“. Es finde eine „fortwährende negative
Auslese“ statt. Sarrazin forderte Elitenförderung und das
„Auswachsen“ von „etwa zwanzig Prozent der Bevölkerung, die
nicht ökonomisch gebraucht werden“. In diesem Zusammenhang schlug
er unter anderem die komplette Streichung von Transferleistungen für
Ausländer aus der „Unterschicht“ vor. Über die
türkischen und arabischen Migranten äußerte er wörtlich:
„Die Türken erobern Deutschland
genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine
höhere Geburtenrate. […] Integration ist eine Leistung dessen, der
sich integriert. Jemanden, der nichts tut, muss ich auch nicht
anerkennen. Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen
Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig
sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert. Das gilt
für 70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen
Bevölkerung in Berlin.“
1. Oktober 2009. Sarrazin reagiert mit einer persönlichen Mitteilung. Er habe „die Probleme und Perspektiven der Stadt Berlin anschaulich beschreiben“, nicht aber einzelne Volksgruppen diskreditieren wollen. „Sollte dieser Eindruck entstanden sein, bedauere ich dies sehr und entschuldige mich dafür.“ Er verspricht, in Zukunft „bei öffentlichen Äußerungen mehr Vorsicht und Zurückhaltung“ walten zu lassen.
Unterstützt wurden Sarrazins
Interviewäußerungen unter anderem von Hans-Olaf Henkel, Ralph
Giordano, Peter Sloterdijk und der Sozialwissenschaftlerin
und Islamkritikerin Necla Kelek. Der deutsche Altbundeskanzler
Helmut Schmidt pflichtete Sarrazin in Bezug auf die Leistungen der
deutschen Juden während der Weimarer Republik bei.
Der
innenpolitische Sprecher der Fraktion der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) im Sächsischen Landtag,
Andreas Storr, kommentierte: „Die Äußerungen von Thilo Sarrazin
gehören zu den wenigen konstruktiven Vorschlägen, die ein
Angehöriger der politischen und ökonomischen Eliten der BRD in den
vergangenen Jahren zur Lösung der mit der Zuwanderung verbundenen
Probleme gemacht hat.“ Ein Ausschluss der „in Deutschland
lebenden Ausländer“ vom Bezug staatlicher Transferleistungen, „wie
Sarrazin ihn vorschlägt“, würde Storrs Meinung nach nicht nur
„zahlreiche Haushaltsprobleme lösen“, sondern auch „der
Bildung von Parallelgesellschaften auf deutschem Boden einen Riegel
vorschieben.“ Storr bezeichnete es als „gutes Zeichen für
Deutschland“, „wenn die neue Bundesregierung Thilo Sarrazin trotz
seines SPD-Parteibuches zum Ausländerbeauftragten machen würde“.
Eine „geordnete Rückführung der in Deutschland lebenden Ausländer
in ihre Heimatländer“ könne dann „endlich in Angriff genommen“
werden. Michael Klonovsky vom Focus meinte im August 2010
rückblickend auf das Interview, Sarrazin habe es gewagt, „die
Kollateralschäden der Umverteilung am Beispiel der heillos
verschuldeten Hauptstadt zu benennen, in der eine wachsende arbeits-
und integrationsunwillige Unterschicht die Partylaune des
Oberbürgermeisters freilich nur in Maßen verdirbt“.
Kritik kam unter anderem vom damaligen
Vorsitzenden des Innenausschusses des Deutschen Bundestages,
Sebastian Edathy (SPD), dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, der
Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und dem Politikwissenschaftler
Gerd Wiegel. Arno Widmann, Feuilletonchef der Frankfurter
Rundschau, meinte über Sarrazin: „Er reagiert nur hysterisch auf
die Veränderung bundesrepublikanischer Verhältnisse. Er ist
verrückt.“ Der ZEIT-Journalist Christian Staas fühlte sich
durch Sarrazins Interview-Äußerungen an rassenbiologische Schriften
erinnert und bezeichnete die sozial- und bevölkerungspolitische
Programmatik als „eugenisches Projekt“. Der Generalsekretär
des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, nannte die
Interview-Äußerungen Sarrazins auf einer gemeinsamen
Pressekonferenz mit dem Bundesvorsitzenden der Türkischen Gemeinde
in Deutschland, Kenan Kolat, „perfide, infam und volksverhetzend“.
Die Analyse Sarrazins über Probleme der Unterschichten erinnere an
die Untermenschen-Terminologie der Nazis. Kolat sprach von
„stigmatisierend und menschenverachtend“. Urheber derartiger
Sätze müssten von den Gerichten verfolgt werden. Er habe Axel Weber
einen Brief geschrieben und um ein Gespräch gebeten. Dabei solle die
Forderung nach einem Rücktritt Sarrazins noch mal „stärker
formuliert“ werden.
Der Direktor des Berlin-Instituts für
Bevölkerung und Entwicklung, Reiner Klingholz, kritisierte, vieles
von dem, was Sarrazin behauptete, sei statistisch nicht belegbar, und
nannte als Beispiel die These, dass 70 Prozent der türkischen und 90
Prozent der arabischen Bevölkerung Berlins den Staat ablehnten und
in großen Teilen weder integrationswillig noch integrationsfähig
seien. Konfrontiert mit dieser Kritik äußerte Sarrazin einem
SZ-Reporter gegenüber, wenn man keine Zahl habe, dann müsse „man
eine schöpfen, die in die richtige Richtung weist. Und wenn sie
keiner widerlegen kann, dann setze ich mich mit meiner Schätzung
durch.“
Der SPD-Kreisverband Berlin-Spandau und
die Abteilung Alt-Pankow betrieben ein Parteiordnungsverfahren wegen
parteischädigenden Verhaltens. Auf der Grundlage eines
wissenschaftlichen Gutachtens des Politikwissenschaftlers und
Extremismusforschers Gideon Botsch vom Potsdamer
Moses-Mendelssohn-Zentrum stuften sie die Interviewäußerungen
als rassistisch und unvereinbar mit den Positionen der SPD ein. Gegenüber der SZ kritisierte Sarrazin, das Gutachten sei
intellektuell und moralisch „so unsauber, so schleimig, so
widerlich, dass jeder, der es anfasse, Gefahr laufe, sich zu
beschmutzen“. Darüber hinaus griff er Botsch auch persönlich
an. Mitte März 2010 wurden die Anträge gegen Sarrazin
durch Urteil der Berliner SPD-Landesschiedskommission abgewiesen.
Der Türkische Bund Berlin-Brandenburg
(TBB) stellte wegen der Äußerungen Sarrazins in der Zeitschrift
Lettre International Strafantrag wegen Volksverhetzung und
Beleidigung bei der Staatsanwaltschaft Berlin. Diese stellte das
Verfahren jedoch ein. Eine Beschwerde des TBB wurde durch die
Generalstaatsanwaltschaft zurückgewiesen. Im Juli 2010 legte der TBB
daraufhin Beschwerde beim UN-Ausschuss für die Beseitigung der
Rassendiskriminierung (CERD) ein.
Am 4. April 2013 veröffentlichte der
CERD seine Rüge vom 26. Februar 2013 bezüglich der Beschwerde des
TBB. Es wurde festgestellt, dass „das Fehlen einer effektiven
Untersuchung der Äußerungen von Herrn Sarrazin durch die
Staatsanwaltschaft“ einer Verletzung des Internationalen
Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung
gleichkam. Thilo Sarrazin habe im Lettre-Interview „die Ideologie
rassischer Überlegenheit und von Rassenhass verbreitet“ und zu
„rassistischer Diskriminierung angestiftet“. Die UN erwarte, dass
Deutschland seine Politik und seine Verfahren hinsichtlich
rassistischer Äußerungen überprüfe, die Ergebnisse des
Ausschusses breit bekannt mache, insbesondere Staatsanwälten und
Gerichten, und innerhalb von 90 Tagen einen Bericht der
Bundesregierung zur Umsetzung der Empfehlung liefere. In einer
Verbalnote der Bundesregierung an den Antirassismus-Ausschuss der UN
wurden Anfang Juli 2013 Änderungen der Gesetzgebung zu rassistischen
Äußerungen in Aussicht gestellt: „Die Bundesregierung prüft
aktuell die deutsche Gesetzgebung zur Strafbarkeit rassistischer
Äußerungen im Lichte der Äußerungen des Ausschusses.“ Die
Bedeutung des Rechts auf freie Meinungsäußerung werde dabei zu
berücksichtigen sein. Zwischenzeitlich hatte das
Bundesjustizministerium die Berliner Staatsanwaltschaft aufgefordert,
die Sach- und Rechtslage nochmals zu prüfen und dabei „alle
Möglichkeiten“ zu nutzen, die Einstellung des
Ermittlungsverfahrens gegen Thilo Sarrazin „zu überdenken“. Die
Generalstaatsanwaltschaft Berlin gab im Juli 2013 bekannt, dass es im
Ergebnis der Prüfung bei der Einstellung des Verfahrens geblieben
sei.
3. Oktober 2009. Bundesbankpräsident Axel Weber stellt öffentlich
fest, für die Bundesbank sei ein Reputationsschaden entstanden, der
schnell behoben werden müsse. Dies wird als indirekte
Rücktrittsaufforderung an Sarrazin interpretiert. Als Sarrazin
ablehnt, entzieht der Vorstand ihm das Ressort Bargeld. Sarrazin
verbleiben die Geschäftsbereiche Risiko-Controlling und
Informationstechnologie, im Mai 2010 kommt der Bereich Revision
hinzu.
01. März 2010. Thilo Sarrazin stellt Westerwilli (Mövenpickpartei) ein "intellektuelles Armutszeugniss" nach seinem Vergleich zwischen staatlichen Leistungen für Langzeitarbeitslose und spätrömischer Dekadenz aus. Er will Hartz-4-Empfänger zu Kaltduschern machen weil seiner Meinung nach ein "Warmduscher noch nie weit gekommen ist im Leben."
Juni 2010. Sarrazin löst bei einer
Veranstaltung der Arbeitskreise Schule-Wirtschaft der
Unternehmerverbände Südhessen mit seiner These Widerspruch aus,
dass der gesamtdeutsche Intelligenzdurchschnitt durch die Zuwanderung
schlecht ausgebildeter Migranten sinke. Seine Thesen werden von das Bundeskanzler Angela Merkel und dem SPD-Parteivorsitzenden
Sigmar Gabriel kritisiert, der Sarrazin den Austritt aus der SPD
nahelegt.In einem Interview mit der Zeit bemerkt Sarrazin:
„Deutschland wird völlig unabhängig von der Migration deshalb
durchschnittlich dümmer, weil die Geburtenverteilung in unserem Land
schief ist. Intelligenz und Schichtzugehörigkeit korrelieren stark
positiv.“
30. August 2010. In Zusammenhang mit der Debatte um das
Buch "Deutschland schafft sich ab" gerädt Sarrazin erneut unter Druck. Die Bank wirft ihm vor, er hätte mit seinen
provokanten und diskriminierenden Äußerungen, „insbesondere zu
Themen der Migration“, „fortlaufend und in zunehmend
schwerwiegendem Maße“ das Gebot der politischen Mäßigung
verletzt und dem Ansehen der Institution Schaden zugefügt. Auch
seien die abwertenden Äußerungen geeignet, den Betriebsfrieden
erheblich zu beeinträchtigen, zumal zahlreiche Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter einen Migrationshintergrund hätten. Ein freiwilliges
Ausscheiden lehnt Sarrazin zunächst ab.
Sarrazin beschreibt in dem Buch Deutschland schafft sich ab die Folgen,
die sich seiner Ansicht nach für Deutschland aus der Kombination von
Geburtenrückgang, wachsender Unterschicht und Zuwanderung aus
überwiegend islamisch geprägten Ländern ergeben würden. Sarrazins
Thesen erzeugten ein erhebliches Echo in den Medien und der Politik.
Rund um die Buchveröffentlichung kam
es zu verschiedenen Interviews und Talkshowauftritten. Die Berliner
Morgenpost fragte Sarrazin, ob er der Meinung sei, dass es auch eine
„genetische Identität“ der Völker gebe. Mit seiner Antwort,
„alle Juden teilen ein bestimmtes Gen, Basken haben bestimmte
Gene, die sie von anderen unterscheiden“, ruft Sarrazin
weitgehend Widerspruch hervor. Stephan Kramer, Generalsekretär des
Zentralrats der Juden in Deutschland, erwiderte: „Wer die Juden
über ihr Erbgut zu definieren versucht, auch wenn das vermeintlich
positiv gemeint ist, erliegt einem Rassenwahn, den das Judentum nicht
teilt.“ Sarrazin erklärte in der Sendung Beckmann, er habe sich
dabei auf den Artikel „Abrahams Kinder“ im Tagesspiegel und
einen Bericht der The New York Times bezogen, die über neue
Genforschungen berichteten. Derartige Studien ergaben, dass
Juden aus verschiedensten Gegenden bestimmte Erbmerkmale teilen, also
tatsächlich eine Abstammungsgemeinschaft bilden, die aber stark mit
anderen Bevölkerungsgruppen durchmischt ist. In einer
schriftlichen Erklärung zitierte er entsprechende Zeitschriften
„Nature“ und „American Journal of Human Genetics“ und
bedauerte, durch unpräzise Ausdrucksweise für Irritationen und
Missverständnisse gesorgt zu haben.
1. September 2010. Er bezeichnet er in der Fernsehsendung hart aber fair seine Behauptung,
alle Juden teilten ein bestimmtes Gen, als „Riesenunfug, was ich
auch extrem bedauere. Ich habe aber nichts Falsches gesagt, sondern
ich war dabei auszuführen, dass die Unterschiede der muslimischen
Migranten zu anderen Migranten eben gerade keine ethnischen Ursachen
haben, sie haben im Gegenteil kulturelle Ursachen.“ Er sei
definitiv nicht der Ansicht, „dass es eine genetische Identität
gibt“, und habe im Interview lediglich auf allgemeine genetische
Ähnlichkeiten hinweisen wollen, wobei ihm die Juden als Erstes
eingefallen seien. „Es war natürlich keine genetische Identität
in dem Sinne, dass man sagt: Diejenigen, die irgendwo ein gemeinsames
Gen teilen oder eine Gruppe von Genen teilen, sind von daher als
Personen irgendwie identifiziert.“ Sarrazin bezeichnete es als
„Dummheit“, die Äußerung im Interviewtext nicht nachträglich
gestrichen zu haben, und es sei sein „Blackout“ gewesen, sich von
der Zeitung „aufs Glatteis“ führen gelassen zu haben. Dennoch wurde die Aussage unter dem Stichwort Sarrazin-Gen
diskutiert, das schließlich die Jury für das Wort des Jahres 2010
auf den dritten Platz ihrer Liste setzte.
Kritisiert wurde unter anderem auch
Sarrazins Umgang mit Statistiken. So äußerte Berlins Innensenator
Ehrhart Körting: „Er [Thilo Sarrazin] hatte immer eine Vorliebe
für Statistiken. Aber er nutzt in der Integrationsdebatte nur jene,
die ihm ins Feindbild passen.“
In einem im August 2012 im
Tagesspiegel bezüglich Sarrazins Umgang mit Statistiken erschienenen
Artikel von Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie an der Charité in Berlin, wirft dieser dem Autor von
Deutschland schafft sich ab vor, dass Sarrazin Zahlen falsch
interpretiere und bezeichnete dies als „statistischen Pfusch“.
Heinz bezog sich dabei auf die Zwillingsforschung und verweist
darauf, dass hier eineiige und zweieiige Zwillinge verglichen werden
müssen, um Umwelteinflüsse zu bestimmen. Das habe Sarrazin versäumt
und bei der Berufung auf ein Buch des Psychologen Detlef Rost „den
statistischen Durchschnittswert mit der Erblichkeit der Intelligenz
verwechselt“. Heinz relativiert die Aussage Sarrazins zur
Erblichkeit der Intelligenz dahingehend, dass die meisten Experten
sie mit 50 Prozent angeben, die in Sarrazins Buch genannten 80
Prozent deutlich zu hoch gegriffen seien. Heinz betonte in einer
Veröffentlichung im November 2012, es sei unverständlich, dass
Detlef Rost diesen Fehler nicht bemerkt und bereits 2010 in einem
Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung angegeben habe, „die
von Sarrazin angeführten Zahlen, die sich auf die Bedeutung der
Genetik für Intelligenzunterschiede beziehen, sind korrekt“. Intelligenzunterschiede von Menschen ließen sich zu 50 bis 80
Prozent durch genetische Faktoren aufklären. Detlef Rosts Fazit:
„Sarrazins Thesen sind, was die psychologischen Aspekte betrifft,
im Großen und Ganzen mit dem Kenntnisstand der modernen
psychologischen Forschung vereinbar.“
Nach Ansicht des Migrationsforschers Klaus Bade hat sich die von Sarrazin angestoßene Debatte negativ auf die Stimmung der Einwanderer wie auch auf den Optimismus hinsichtlich Integration in der deutschen Bevölkerung ausgewirkt. So behauptet der Migrationsforscher, die Attraktivität Deutschlands nach außen habe durch die Äußerungen Sarrazins gelitten. In Umfragen sei zudem ein eklatanter Vertrauensverlust gegenüber Einwanderern zu diagnostizieren. Sarrazin habe Deutschland damit „ein doppeltes Eigentor beschert“.
Sarrazins bevölkerungstheoretische
Thesen und Forderungen sind in der Bundesrepublik unter anderen von
Haller/Niggeschmidt (2012) als ein Anknüpfen an Traditionen der
politischen Eugenik bzw. der Rassenhygiene (Niephaus, 2012) und insofern als Bruch eines Tabus (Hentges, 2010) beschrieben
worden.
Peter Weingart bejahte 2012 die Frage
„Ist Sarrazin Eugeniker?“. Festgestellt wurde, dass Thilo
Sarrazin seine zentrale Argumentation in Deutschland schafft sich ab
auf die Grundthesen bzw. Prämissen des Eugenikers Francis Galton
aufbaue, den er als Begründer der frühen Intelligenzforschung
bezeichne, und vor diesem Hintergrund bevölkerungspolitische
Forderungen nach schichtspezifischen „Gebäranreizen“ aufstelle.
„Mehr Kinder von den Klugen, bevor es zu spät ist“ sei seine
programmatische Forderung. Veronika Lipphardt schrieb im Freitag
2010 dazu: „Hätte Sarrazin nicht selbst darauf bestanden,
Eugeniker und Rassenbiologen des frühen 20. Jahrhunderts zu
zitieren, dann würden seine Thesen nicht unbedingt darauf hinweisen,
dass er althergebrachten rassenbiologischen oder eugenischen Theorien
anhängt.“ Das Ziel der Eugenik-Theorien im England des späten
19. Jahrhunderts sei gewesen, „das obere Viertel der
Normalverteilung der ‚Intelligenz‘ zur Fertilität anzuregen und
die Fertilität des unteren Viertels zu stoppen. Dabei dachte Galtons
Eugenik noch nicht an radikale Forderungen wie es die Kastration […]
oder gar die ‚Euthanasie‘ für ‚Idioten‘ und ‚Imbezille‘
in Nazideutschland waren – wohl aber an Heiratsverbote, wie sie
Sarrazin ebenfalls vorschweben“, argumentierte Jürgen Link
2011. Ausgehend von den Thesen aus Sarrazins Buch Deutschland
schafft sich ab beschäftigte sich 2012 die III. Internationale
Hartheim-Konferenz mit der Frage, ob und wieweit biologische
Deutungsmuster sozialer Gegebenheiten in der Gesellschaft auf dem
Vormarsch seien. Phänomene wie soziale Schichtung, Intelligenz oder
Integration von Migranten in die Aufnahmegesellschaften würden –
so die These der Hartheim-Konferenz – wieder vermehrt auf die
Biologie, das heißt auf die Annahme genetisch bedingter
Verhaltensweisen, zurückgeführt.
2. September 2010. Der Vorstand der Deutschen Bundesbank beantragt beim
Bundespräsidenten, Sarrazin als Vorstand abberufen zu lassen; zugleich werden ihm mit sofortiger Wirkung seine Geschäftsbereiche
entzogen. Zwei Tage später warnt Sarrazin den nun in der Sache
zuständigen Bundespräsidenten Christian Wulff vor einem
„politischen Schauprozess“ und drohe indirekt mit Klage gegen
eine etwaige Entlassung.
9. September 2010. In Verhandlungen unter Beteiligung des
Bundespräsidialamtes wird erreicht, dass der
Vorstand der Bundesbank die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht mehr
aufrecht hält, Sarrazin beim Bundespräsidenten um seine
Amtsentbindung bittet und die Bundesbank ihr Entlassungsgesuch
zurückzieht. Beide Vertragspartner einigten sich darauf, dass
Sarrazin eine Pension in der Höhe erhält, wie sie ihm regulär ab
2014 zugestanden hätte, wäre der Vertrag nicht vorzeitig aufgelöst
worden. Gegenüber dem ersten Pensionsangebot der Bundesbank für
seine 17 Monate im Amt erhält Sarrazin tausend Euro mehr pro Monat,
ausgelegt auf die gesamte ursprüngliche Vertragslaufzeit. Eine Abfindung wurde nicht gezahlt.
Politiker aus Regierung und Opposition
begrüßen diese Vereinbarung. Regierungssprecher Steffen Seibert
sagt, es wäre gut, „dass es diese einvernehmliche Regelung jetzt
gibt“, da nun die Bundesbank in Ruhe weiterarbeiten könne.
Der
Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan
Kramer, spricht dagegen von einem „faulen Kompromiss“, der „eine
Schande“ für das ganze Land sei. Es wäre die Chance verpasst
worden, mit einem Rauswurf Sarrazins eine klare Linie zu ziehen, dass
solcher Rassismus in unserer Gesellschaft nicht tolerierbar sei.
Der Bund der Steuerzahler kommentiert:
„Sollte der Abschied nun auch noch zusätzlich vergoldet werden,
hat das nicht nur ein Geschmäckle, sondern das ist nicht in
Ordnung.“ Die stellvertretende Bundesvorsitzende der Partei Die
Linke, Katja Kipping, kritisiert: „Sarrazin wird durch Hetze reich
und erhält dafür offenbar sogar noch Amtshilfe aus dem
Bundespräsidialamt. Das ist ein goldener Handschlag in Raten.“
Ende 2010. Der SPD-Parteivorstand richtet einen eigenen Stab zu einem Parteiausschluss Sarrazins ein, engagiert Anwälte engagiert und formuliert einen Ausschlussantrag. Aufgrund des großen Zuspruchs für
Sarrazin von der Basis sieht sich die SPD-Generalsekretärin Andrea
Nahles veranlasst, in einer ungewöhnlichen Aktion in einem Brief an
alle Parteimitglieder die Position des Parteivorstands zu Sarrazins
Thesen sowie die Notwendigkeit des angestrebten Parteiausschlusses zu
begründen.
2010/11. Frau Sarrazin wechselt nach Elternprotesten, laut ihren Angaben auf eigenen Wunsch, an die Reinhold-Otto-Schule. Dort kommt es ebenfalls zu Elternbeschwerden. Der Konflikt spitzt sich zu, woraufhin der Schulleiter beantragt, Sarrazin zu versetzen.
2010/11. Frau Sarrazin wechselt nach Elternprotesten, laut ihren Angaben auf eigenen Wunsch, an die Reinhold-Otto-Schule. Dort kommt es ebenfalls zu Elternbeschwerden. Der Konflikt spitzt sich zu, woraufhin der Schulleiter beantragt, Sarrazin zu versetzen.
16. September 2010. Auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel setzt sich
persönlich für den Ausschluss Sarrazins ein. Er erklärt in einem Zeit-Artikel anhand von ausgewählten Zitaten
aus Deutschland schafft sich ab Sarrazins „hoffnungsloses
Menschenbild“ und „[w]arum die SPD einen Thilo Sarrazin in ihren
Reihen nicht dulden kann“: Sarrazin führe keine Integrations-,
sondern eine Selektionsdebatte. Er greife dabei ganz offen auf
Francis Galton zurück, allerdings ohne seine Leser darüber
aufzuklären, wer das eigentlich sei. Der „Hobby-Eugeniker Sarrazin
und seine medialen Helfershelfer“ seien dabei, Theorien der
staatlichen Genomauswahl wieder „salon- und hoffähig“ zu machen.
„Andere und Schlimmere“ würden sich noch darauf berufen. Wem es
bei der Botschaft »neues Leben nur aus erwünschten Gruppen« nicht
kalt über den Rücken laufe, der habe wohl nichts begriffen. Thilo
Sarrazin müsse sich entscheiden, ob er dafür wirklich in Anspruch
genommen werden will. Die SPD jedenfalls wolle sich damit nicht in
Verbindung bringen lassen.
18. September 2010. Sarrazin bestreitet die Vorwürfe energisch. Ihn mit dem
Hinweis, er sei „Eugeniker“, politisch stigmatisieren zu wollen
und ihm vorzuwerfen, er bereite „den Boden für Hassprediger im
eigenen Volk“, sei „unzulässig und ehrabschneidend“. Wer heute
über die Zukunft nachdenke „und dabei auch Fragen der Intelligenz,
der Genetik und der Evolutionsbiologie anschneidet“, dem dürfe
nicht „reflexhaft unterstellt“ werden, er wolle Menschen
diskriminieren oder sie in ihren Rechten, Freiheiten und ihrer Würde
beschränken. Über seine Thesen könne man streiten. „Der Versuch,
demographische und bevölkerungspolitische Fragen aus dem politischen
Diskurs zu verbannen“, führe aber nicht weiter. Die deutsche
Sozialdemokratie solle sich diesen Fragen nicht verschließen.
2011. Ursula Sarrazin lässt sich beurlauben und scheidet aus dem Schuldienst aus.
2011. Ursula Sarrazin lässt sich beurlauben und scheidet aus dem Schuldienst aus.
24. Februar 2011. Thilo Sarrazins Sohn Richart Sarrazin ist trotz (oder wegen?) der ach so tollen brutalsmöglichen Erziehung heute Hartz-4-Empfänger und Ein-Euro-Jobber als Landschaftshelfer auf einem Friedhof und das gefällt ihm so. "Ich bin für meinen Vater der Sündenbock, das schwarze Schaf der Familie".
Gut geht es ihm aber nicht. Während seine Eltern in Boulevardzeitungen und Talkshows auftraten um den Deutschen zu sagen wie Erziehung aussehen sollte scheint es mit seinem Gemütszustand so weit abwärts gegangen sein dass ihn die Polizei in ein Krankenhaus bringen musste, nachdem sie wegen nächtlicher Ruhestörung gerufen worden war.
(Anmerkung 02.03.2014 von Gar Nix: Es ist interessant dass diese Nachricht zwischenzeitlich sowohl bei taz als auch bei Focus gelöscht wurde und in der Wikipedia keinerlei Hinweis darauf auftaucht)
21. April 2011, Gründonnerstag. Das Ausschlussverfahren, in dem Sarrazin von dem
ehemaligen Hamburger ersten Bürgermeister Klaus von Dohnanyi
verteidigt wurde, wird nach einer ersten
Anhörung und einer persönlichen Erklärung Sarrazins eingestellt.
Er stellte darin fest, dass es „insbesondere nicht meiner
Überzeugung [entspricht], Chancengleichheit durch selektive
Förderungs- und Bildungspolitik zu gefährden; alle Kinder sind als
Menschen gleich viel wert.“ Zudem bekannte er sich ausdrücklich zu
den Grundsätzen der Sozialdemokratie.
Diese „gütliche Einigung“ wird in
den Medien als Rückzug und Desaster für den SPD-Vorstand, Zeichen
einer erheblichen Verunsicherung der Partei und auch als persönliche
Niederlage für Sigmar Gabriel und Andrea Nahles gewertet. Unmittelbar im
Anschluss äußerten SPD-Politiker, darunter SPD-Präsidiumsmitglied
Ralf Stegner, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im
Saarland, Ulrich Commerçon, der Juso-Bundesvorsitzende Sascha Vogt
und der bayerische Juso-Landesvorsitzende Philipp Dees Unverständnis
für die Verfahrenseinstellung und den Verbleib Sarrazins in der
SPD. Der Innenexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian
Edathy, drohte Sarrazin, falls dieser „sich erneut biologistisch
äußern [sollte], wäre sein Ausschluss aus der SPD
unumgänglich.“ Aus dem Berliner Landesverband, der kurz vor
dem Wahlkampf stand, wurde über starke Proteste von der Basis und
erste Parteiaustritte berichtet.
Erleichterung über den
Verfahrensausgang bekundete hingegen der SPD-Fraktionsvorsitzende
Frank-Walter Steinmeier. Auch der prominente Berliner
SPD-Bezirks-Bürgermeister von Neukölln und Sarrazin-Fürsprecher
Heinz Buschkowsky sprach von einem „Sieg der Vernunft“ und
meinte, dass sich „alle bewegt [haben]. Thilo hat gesagt, er will
jetzt lieb sein. Na ja, das Eis ist dünn. Aber wir sollten uns jetzt
lieber um die Lösung von Integrationsproblemen kümmern.“
19. Juli 2011. Das ZDF war am Wochenende auf Provokationstour in Berlin Kreuzberg mit Sarrazin. Güner Balci (Reporter des ZDF) zeigt mit folgender Aussage wie wenig Verständnis für die Bevölkerung beim ZDF vorhanden ist: "Wir wollten ein ernsthaftes, tiefergehendes Gespräch zwischen Sarrazin und den Menschen, über die er in seinen Statistiken schreibt". Die aggressive Stimmung wäre nicht vorhersehbar gewesen.
Die Antwort auf die Provokation folgte natürlich sofort: Ein Vertreter der Aleviten erklärt höflich und ruhig: "Wir Aleviten sind sein Jahrhunderten Opfer rassistischer Vorurteile. Wer solche Vorurteile schürt, den können wir leider nicht in unserem Haus begrüßen. Danke, dass Sie hier waren." Die Umstehenden skandieren "Sarrazin muss weg aus Kreuzberg!"
Sarrazin ruft daraufhin den Protestierenden zu: "Auf die Art bestätigen Sie Vorurteile! Sie sind keine Demokraten!"
28. Januar 2012. Sarrazin spricht sich in einem Interview mit der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung für eine
ersatzlose Abschaffung des Länderfinanzausgleichs aus. Dieser wäre ein ordnungspolitischer Fehler gewesen. Angesichts der weiter
schwelenden Eurokrise vertritt er im Mai 2012 die Ansicht, „Europa
könnte auch ganz gut ohne den Euro leben“. Der Euro werde nur
dann dauerhaft funktionieren, wenn sich die anderen Länder in
ökonomischen Fragen grundsätzlich wie Deutschland verhielten. Wenn
zu erkennen sei, dass die anderen das nicht wollten, müsse man die
Konsequenzen ziehen. Die Einführung des Euros sei ein Fehler
gewesen und vor allem aufgrund des Wunsches des damaligen
Bundeskanzlers Helmut Kohl, der damit einen Schritt in Richtung auf
die politische Vereinigung Europas habe machen wollen, geschehen.
Dies sei aber „ein Akt der politischen Irreführung“
gewesen.
Mai 2012. In seinem erschienenen Buch "Europa braucht den Euro nicht" sieht Sarrazin die einzige langfristige
Chance für Europa in einem „Kontinent der Nationalstaaten, der
seine Kräfte dort bündelt, wo es zweckmäßig ist, und dort
individuelle Flexibilität lässt, wo das einzelne Land dies
wünscht. “Der Euro sei jedoch ein Zwangskorsett, wodurch „aus
der Krise des Währungssystems eine Legitimitätskrise des
politischen Systems“ entstehe. Sarrazin nimmt außerdem Bezug
auf eine Aussage von Helmut Schmidt, der eine Verbindung zwischen dem
Euro und Deutschlands Schuld am Zweiten Weltkrieg gezogen hatte. Über
die Befürworter von Eurobonds unter SPD, den Grünen und der
Linkspartei schreibt er:
„Sie sind außerdem getrieben von
jenem sehr deutschen Reflex, wonach die Buße für Holocaust und
Weltkrieg erst endgültig getan ist, wenn wir all unsere Belange,
auch unser Geld, in europäische Hände gelegt haben.“
Sarrazin meint, wenn dies bei den
Überlegungen der politisch Handelnden tatsächlich eine Rolle
spielen sollte, müsse das offengelegt und sorgfältig von anderen
Argumenten bezüglich der Gemeinschaftswährung getrennt werden.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble
(CDU) kritisierte Sarrazin mit den Worten: „Seine Methode, so zu
tun, als ob es Denk- oder Sprechverbote in Deutschland zu bestimmten
Themen gibt, gegen die er dann verstößt, hat etwas sehr
Kalkulierendes. Und ist dann auch noch unsinnig.“ Auch
Politiker der SPD und der Grünen kritisierten die Thesen des Buches
und warfen Sarrazin „Geschichtsvergessenheit und
Geschichtsblindheit“, „D-Mark-Chauvinismus“ und
„nationalistische und reaktionäre“ Thesen vor.
HenrykBroder kommentiert in der Welt: „Weil er die deutsche
Europa-Politik mit der Buße für den Holocaust begründet, wird
Thilo Sarrazins neues Buch verdammt, bevor es gelesen wurde.“
Sarrazin leiste sich „den Luxus eigener Gedanken. Möglich, dass er
gelegentlich spinnt. Man kann ihn dafür kritisieren, ihm aber das
Wort verbieten zu wollen, zeugt von einer totalitären Gesinnung
seiner Kritiker, die ansonsten bei jeder Gelegenheit für den ‚Dialog
der Kulturen‘ ohne Vorbedingungen plädieren.“
Der Wirtschaftsprofessor Stefan Homburg
stellte das Buch in Berlin vor. Er bezeichnete es als „aufklärerisch“
und reich an informativen Fakten zum Euro. Es beinhalte „keine
steilen Thesen“.
Der FAZ-Wirtschaftsjournalist Philip
Plickert schrieb eine wohlwollende Rezension des Buches unter dem
Titel „Ein preußischer Europäer“. Sarrazin schreibe „mehr
Vernünftiges als viele seiner Kritiker“: „Seine
volkswirtschaftlichen Analysen sind fundiert, sie enthalten
vernünftige, faktenbasierte Argumente und rechtfertigen keine
hysterische Kritik (etwa von Politikern, die Auftrittsverbote im
öffentlich-rechtlichen Rundfunk forderten). Über einige
Interpretationen werden Ökonomen streiten können und müssen.“
12. September 2012. Sarrazin scheitert mit einem Antrag beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main,
der Zeitung die tageszeitung (taz) durch eine einstweilige Verfügung
verbieten zu lassen, die folgende Äußerung weiter zu verbreiten:
„Sarrazin wird inzwischen von Journalisten benutzt wie eine alte
Hure, die zwar billig ist, aber für ihre Zwecke immer noch ganz
brauchbar, wenn man sie auch etwas aufhübschen muss… fragt sich
nur, wer da Hure und wer Drübersteiger ist?“. Das OLG sah die
Grenze zur unzulässigen Schmähkritik noch nicht
überschritten.
1. Oktober 2012. Ursula Sarrazins Buch "Hexenjagd. Mein Schuldienst in Berlin" erscheint. Es handelt sich um eine Abrechnung mit Verwaltung, Eltern und Kollegen auf der Folie konservativ-bildungsbürgerlicher Kritik an der Reformeritis im Schulwesen.
Darin schreibt Frau Sarrazin über eine zwölfjährige Schülerin (incl. voller Namensnennung) die von ihrer Mutter als hochbegabt betrachtet wird: "Ich sah mir das Kind genauer an. Es war ein aufgeschlossenes Mädchen, aber es stellte sich heraus, dass es für ein drittes Schuljahr noch zu unreif war. Die anderen Mädchen waren ihm sozial überlegen, was sie ihrerseits mit Maulereien und Beleidigtsein quittierte. Sie schrieb noch sehr langsam und ungelenk. Beim Lesen hatte sie Mühe, den Sinn zu erfassen, weinte schnell, wenn etwas nicht gleich gelang, wie einen Würfel zu falten und zu kleben. Beim Rechnen wurden mir von der Fachlehrerin auch große Schwierigkeiten genannt, ebenso gab es im Fach Englisch Probleme."
November 2012. Sarrazin wird auf taz Online
in der Kolumne „Der Ausländerschutzbeauftragte“ von Deniz Yücel
bezüglich der Person „Thilo S.“ der Wunsch ausgedrückt, „der
nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten“. Der
Deutsche Presserat rügte dies als Verstoß gegen den Pressekodex,
Ziffer 1. Moniert wurde, jemandem eine schwere Krankheit oder
Schlimmeres zu wünschen, gehe über eine kritische Meinungsäußerung
weit hinaus und sei unvereinbar mit der Menschenwürde. Das
Landgericht Berlin befand im August 2013, dass die taz Sarrazin wegen
schwerer Verletzung des Persönlichkeitsrechtes im Zusammenhang mit
der Kolumne 20.000 Euro Entschädigung zu zahlen habe. Zudem wurde
die Auflage erteilt, die Äußerungen nicht zu wiederholen.
11. Dezember 2012. Das Landgericht Berlin lehnt den Antrag auf einstweilige Verfügung gegen das Buch "Hexenjagd" von Frau Sarrazin ab. Laut ihrem Verlag würde man jedoch gnädigerweise "aufgrund einer freiwilligen Erklärung" auf die Erwähnung des Vornahmens der Tochter in künftigen Auflagen verzichten.
11. Dezember 2012. Das Landgericht Berlin lehnt den Antrag auf einstweilige Verfügung gegen das Buch "Hexenjagd" von Frau Sarrazin ab. Laut ihrem Verlag würde man jedoch gnädigerweise "aufgrund einer freiwilligen Erklärung" auf die Erwähnung des Vornahmens der Tochter in künftigen Auflagen verzichten.
23. November 2013. Sarrazin ist in
Leipzig ein Redner der „Compact-Konferenz für Souveränität“.
Im Vorfeld dieser Veranstaltung fordert der Vorsitzende der SPD in
Schleswig-Holstein Ralf Stegner Sarrazin deswegen zum Austritt aus
der SPD auf. Wegen der Teilnahme an der Veranstaltung verüben
Mitglieder einer linksautonomen „Initiative gegen Rassismus und
Homophobie“ einen Farbanschlag auf Sarrazins Haus in Berlin. In
einem im Internet veröffentlichten Bekennerschreiben begründen
sie, die Konferenz unter dem Motto „Werden Europas Völker
abgeschafft?“ sei „rassistisch, antifeministisch und
homophob“.
Februar 2014. Es erscheint sein sein Buch "Der neue Tugendterror - Über die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland". Sarrazin legt darin seine zuvor schon in diversen Vorträgen
vertretene Position dar, in Deutschland schränke ein
„Gleichheitswahn“ die Meinungsfreiheit ein. Zu den „Axiomen des
Tugendwahns“ findet sich im Buch zudem noch das Axiom „Das
klassische Familienbild hat sich überlebt. Kinder brauchen nicht
Vater und Mutter“, womit er die gleichgeschlechtliche Ehe
kritisiert. Der „Gleichheitswahn“ führe zum „Tugendterror“,
wie er sich in der Französischen Revolution und im Stalinismus
zeige. Die 68er stünden – wie jede Form von Marxismus – in
dieser Tradition des Tugendterrors. Die links von der Mehrheit
stehende „Medienklasse“ bediene sich in der Sprache einer
„Politischen Korrektheit“, die Sarrazin im Kapitel „Dekadenz
der Sprache – Dekadenz des Denkens“ unter Rückgriff auf George
Orwells Roman 1984 erklärt.
Georg Seeßlen (Publizist) sagt dazu: "Aber bei Thilo Sarrazins aktuellem Buch "Der neue Tugendterror" gelingt es mit nicht, Ideen, Argumente, Polemik meintehalben zu entdecken, die sich nicht auf die Grundkonstanten der rechten Phantasmen zurückführen lassen ... ethnisches und kulturelles Übeheblichkeitsgefühl und gekränkter Narzismus ... Zuwanderungsängste ... Furcht vor anderen die "unser Geld" haben wollen ... Das Buch enthält nichts, was dein lokaler Rechtspopulist um die Ecke nicht auch bei jeder Gelegenheit zum Besten gibt.
Das Problem ist jedoch dass er sich damit im Einklang mit "Eliten" aus Politik und Wirtschaft befindet die im Hintergrund agieren und im Windschatten der Debatte die Weichen in Sarrazins Richtung stellen. Man erinnere sich an Heinz Buschkowski (SPD) oder an Horst Seehofers (CSU) Angstkampagne gegenüber den bösen Bulgaren und Rumänen "... die [laut deren Meinung] nur unser Geld ..." wollen.
2. Februar 2014. Etwa 100 Demonstranten haben eine geplante "Diskussionsrunde" im Theater Berliner Ensemble, dem alten Theater Berthold Brechts, mit Sarrazin verhindert. Sie trugen Schilder mit Aufschriften "Gegen Rassismus", "#TerrorThilo", "Wir sind die Kopftuchmädchen" und "Wir sind die Gemüsehändler". Die Aktivisten riefen "Sarrazin raus" und andere Parolen. Um 11 Uhr 02 war Sarrazin eingetroffen. Nach etwa 1 Stunde sagte das Theater die vom Magazin Cicero organisierte Veranstaltung schließlich ab und Sarrazin musste um 12 Uhr 10 ohne zu Wort gekommen zu sein wieder abziehen.
5. November 2015. Der Bundesgerichtshof entscheidet über Ursula Sarrazins Buch "Hexenjagd": Kinder sind besonders zu schützen, zumal das Mädchen bei Erscheinen des Buchs zwölf Jahre gewesen ist und damit in der sensiblen Phase der Pubertät. Sie müsse es daher nicht hinnehmen, namentlich als sozial und emotional unreife „Möchtergernüberspringerin“ – eine Bezeichnung der Autorin – abgewertet zu werden. Zudem hätte Sarrazin schon wegen ihrer Stellung als Lehrerin über solche Details schweigen müssen.
Eine Geldentschädigung konnte von der Muttor vor dem BGH jedoch nicht durchgesetzt werden.
Georg Seeßlen (Publizist) sagt dazu: "Aber bei Thilo Sarrazins aktuellem Buch "Der neue Tugendterror" gelingt es mit nicht, Ideen, Argumente, Polemik meintehalben zu entdecken, die sich nicht auf die Grundkonstanten der rechten Phantasmen zurückführen lassen ... ethnisches und kulturelles Übeheblichkeitsgefühl und gekränkter Narzismus ... Zuwanderungsängste ... Furcht vor anderen die "unser Geld" haben wollen ... Das Buch enthält nichts, was dein lokaler Rechtspopulist um die Ecke nicht auch bei jeder Gelegenheit zum Besten gibt.
Das Problem ist jedoch dass er sich damit im Einklang mit "Eliten" aus Politik und Wirtschaft befindet die im Hintergrund agieren und im Windschatten der Debatte die Weichen in Sarrazins Richtung stellen. Man erinnere sich an Heinz Buschkowski (SPD) oder an Horst Seehofers (CSU) Angstkampagne gegenüber den bösen Bulgaren und Rumänen "... die [laut deren Meinung] nur unser Geld ..." wollen.
2. Februar 2014. Etwa 100 Demonstranten haben eine geplante "Diskussionsrunde" im Theater Berliner Ensemble, dem alten Theater Berthold Brechts, mit Sarrazin verhindert. Sie trugen Schilder mit Aufschriften "Gegen Rassismus", "#TerrorThilo", "Wir sind die Kopftuchmädchen" und "Wir sind die Gemüsehändler". Die Aktivisten riefen "Sarrazin raus" und andere Parolen. Um 11 Uhr 02 war Sarrazin eingetroffen. Nach etwa 1 Stunde sagte das Theater die vom Magazin Cicero organisierte Veranstaltung schließlich ab und Sarrazin musste um 12 Uhr 10 ohne zu Wort gekommen zu sein wieder abziehen.
5. November 2015. Der Bundesgerichtshof entscheidet über Ursula Sarrazins Buch "Hexenjagd": Kinder sind besonders zu schützen, zumal das Mädchen bei Erscheinen des Buchs zwölf Jahre gewesen ist und damit in der sensiblen Phase der Pubertät. Sie müsse es daher nicht hinnehmen, namentlich als sozial und emotional unreife „Möchtergernüberspringerin“ – eine Bezeichnung der Autorin – abgewertet zu werden. Zudem hätte Sarrazin schon wegen ihrer Stellung als Lehrerin über solche Details schweigen müssen.
Eine Geldentschädigung konnte von der Muttor vor dem BGH jedoch nicht durchgesetzt werden.
Bilder aus Wikimedia Commons
Thilo Sarrazin, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share
Alike 3.0 Unported, Urheber: Nina Gerlach
Quellen
04.11.2015, Tagesspiegel, BGH-Urteil über Buch von Berliner Lehrerin, Ursula Sarrazin schrieb zu ausführlich über Defizite eines Kindes
02.03.2014, Focus, Tumultartige Szenen in Berlin, Demonstranten stoppen Lesung von Thilo Sarrazin
02.03.2014, Spiegel, Diskussionsrunde in Berlin, Demonstranten lassen Sarrazin-Veranstaltung platzen
02.03.2014, Welt, Thilo Sarrazin, Kopftuchmädchen verhindern Lesung von #TerrorThilo
02.03.2014, Tagesspiegel, "Foyergespräch" im Berliner Ensemble, Sarrazin kommt auf eigener Lesung nicht zu Wort
02.03.2014, Zeit, THILO SARRAZIN, Demonstranten verhindern Buchlesung von Sarrazin
02.03.2014, Telepolis, Kampf gegen die Armen statt gegen die Armut
19.12.2012, Tagesspiegel, Berlin, Ursula Sarrazin muss für ihr Buch nicht nachsitzen
01.10.2012, Tagesspiegel, Umstrittene Lehrerin, Ursula Sarrazin, die Anklägerin
19.07.2011, Spiegel, Kreuzberg-Dreh des ZDF, Kritik an Provo-Tour mit Sarrazin
02.03.2014, Focus, Tumultartige Szenen in Berlin, Demonstranten stoppen Lesung von Thilo Sarrazin
02.03.2014, Spiegel, Diskussionsrunde in Berlin, Demonstranten lassen Sarrazin-Veranstaltung platzen
02.03.2014, Welt, Thilo Sarrazin, Kopftuchmädchen verhindern Lesung von #TerrorThilo
02.03.2014, Tagesspiegel, "Foyergespräch" im Berliner Ensemble, Sarrazin kommt auf eigener Lesung nicht zu Wort
02.03.2014, Zeit, THILO SARRAZIN, Demonstranten verhindern Buchlesung von Sarrazin
02.03.2014, Telepolis, Kampf gegen die Armen statt gegen die Armut
19.12.2012, Tagesspiegel, Berlin, Ursula Sarrazin muss für ihr Buch nicht nachsitzen
01.10.2012, Tagesspiegel, Umstrittene Lehrerin, Ursula Sarrazin, die Anklägerin
19.07.2011, Spiegel, Kreuzberg-Dreh des ZDF, Kritik an Provo-Tour mit Sarrazin
