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| Česká 83 (Kaliber CZ 83 7.65 Browning) |
Der Blumenhändler Enver Şimşek wurde am 14. Dezember 1961 in Salur Köy im Landkreis Şarkikaraağaç in der Türkei geboren (+ 11. September 2000 in Nürnberg).
Enver Şimşek war das erste Opfer der Mordserie der terroristischen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Der Inhaber eines Blumenhandels in Schlüchtern in Hessen wurde am 9. September 2000 an seinem mobilen Blumenstand in Nürnberg niedergeschossen. Zwei Tage später starb er infolge seiner schweren Verletzungen in einem Krankenhaus.
Tatwaffen waren eine Česká 83 und eine nicht näher identifizierte Pistole des Kalibers 6.35. Die Česká 83 wurde später bei weiteren Morden benützt. Die Neonazi-Mordserie, die auch mit dem Unwort des Jahres 2008 verharmlosend als "Döner-Morde" bezeichnet wurde, hatte das erste Todesopfer gefordert. Erst nach dem Auffliegen der Terrorzelle NSU im Jahr 2011 konnten die Täter identifiziert werden.
Enver Şimşek kannte Kurt Beckstein (CSU - Ex-Innenminister von Bayern) der bei ihm Blumen gekauft hat.
In Jena Winzerla, wo die Täter des NSU aufgewachsen sind, ist die Umbenennung eines Platzes zum Gedenken an Enver Şimşek im Gespräch.
Enver Şimşek war mit Adile Şimşek verheiratet und Vater von zwei Kindern, Semiya und Abdulkerim. Einige Jahre vor seiner Ermordung wurde er religiöser, nahm mit seiner Frau am Haddsch teil und spendete der lokalen islamischen Gemeinde Geld. Er habe sogar über die Eröffnung einer Koranschule in Schlüchtern nachgedacht. Seine Kinder schickte er in ein religiöses Internat.
Leben
14. Dezember 1961. Enver Şimşek wird in Salur Köy im Landkreis Şarkikaraağaç geboren.
1985. Şimşek immigriert aus der Türkei nach Deutschland, wo er zunächst in einer Fabrik arbeitet. Später eröffnet er einen Blumenhandel. Daraus entsteht ein Blumengroßhandel mit angeschlossenen Läden und Ständen. Er gilt als erfolgreicher Geschäftsmann.
9. September 2000. Der 38-jährige Enver Şimşek (Blumenhändler in Schlüchten, in Hessen) ist durch Zufall am Tattag am Tatort. Normalerweise liefert er nur Ware für den Blumenstand aus. An diesem Tag übernimmt er jedoch als Urlaubsvertretung auch den Verkauf am Rande einer Ausfallstraße an seinem mobilen Blumenstand in einer Parkbucht.
Dort wird Enver Şimşek zwischen 12:45 und 14:15 Uhr mit 8 Schüssen aus 2 Pistolen von den Neonazis Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos angeschossen. Er steht dabei auf der Ladefläche seines Transporters. Die Terroristen feuern acht Mal. Sie treffen: seinen Kopf, drei Kugeln. Seine rechte Schulter, zwei Kugeln. Das linke Auge und die Unterlippe, eine Kugel. Den linken Unterarm, eine Kugel. Den Ellenbogen, eine Kugel.
Der Tatort liegt auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände, zwischen den ehemaligen Lagern der SS, der SA und des Reichsarbeitsdienstes und gehört heute zum Stadtteil Langwasser (Lage).
Am Nachmittag wird er, von Kugeln durchsiebt gefunden.
11. September 2000. 2 Tage später stirbt Enver Şimşek im Krankenhaus, ohne das Bewusstsein zuvor wiedererlangt zu haben.
Die kriminaltechnische Untersuchung von Projektilen und Geschosshülsen ergibt, dass für die Schüsse zwei verschiedenen Waffen verwendet worden sind: eine Pistole Kaliber 6,35 mm, der Typ nicht näher identifizierbar, und eine Pistole vom Typ Česká 83, Kaliber 7,65 mm.
Sommer 2012. Semiya Şimşek Demirtas, die Tochter des Mordopfers Enver, hat Deutschland in der Zwischenzeit verlassen "weil die Erlebnisse ihr klargemacht haben, dass sie nicht zu Deutschland gehört. Sie lebt in der Türkei in Isparta. In diesem Sommer heiratet sie dort.
13. November 2012. Şimşeks Angehörige werden im NSU-Verfahren von Seda Başay-Yıldız vertreten.
2013. Das Buch Schmerzliche Heimat erscheint. Darin arbeitet Semiya Şimşek die Leidensgeschichte ihrer Familie nach dem Tod des Vaters und den Umgang der Ermittler mit den Angehörigen auf.
Zum Gedenken an alle NSU-Mordopfer, darunter auch Şimşek, wurde in diesem Jahr in Nürnberg eine Stele errichtet.
30. Januar 2013. Laut Semiya Şimşek Demirtas in der türkischen Zeitung "Milliyet" haben die Behörden über Jahre nur im türkischen Milieu nach Tätern gesucht. Ihre Familie wurde unter Druck gesetzt, um Geständnisse zu erzwingen.
Zunächst hatte die deutsche Polizei offenbar die Frau von Enver Şimşek in Verdacht, mit ihrem Onkel zusammen ihren Mann getötet zu haben. Noch am Tag des Mordes stürmten laut Aussage seiner Tochter Semiya Şimşek 15 Polizisten ihr Elternhaus und fragten ihre noch unwissende Mutter, wie sie seelenruhig Kaffee trinken könnte, nachdem sie ihre Mann getötet hat. Allen Familienmitgliedern wurden DNA-Proben abgenommen. Die Telefone wurden abgehört. An den Autos wurden Peilsender angebracht. Die Polizei soll Frau Şimşek auch mit dem Bild einer Frau konfrontiert und gesagt haben, Enver Şimşek habe mit der Frau zwei außereheliche Kinder, was jedoch nicht stimmte. Danach soll die Polizei erklärt haben, dass er oft zum Drogenschmuggel in die Niederlande gefahren sei. Zudem wollte die Polizei wissen ob die Familie die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) unterstützen würde.
September 2014. Am Tatort wird auf Initiative von Anwohnern und unter Anwesenheit der Witwe – die erstmals diesen Ort besucht – eine Informationstafel zu seinem Andenken eingeweiht. Nachdem die Tafel von Unbekannten entfernt worden ist, befestigt die Gruppe „Das Schweigen durchbrechen“ dort ein Schild, das ein Bild des Ermordeten zeigt.
2016. Er ARD-Fernsehfilm Die Opfer – Vergesst mich nicht wird ausgestrahlt. Vorlage ist das Buch Schmerzliche Heimat von 2013.
In diesem Jahr stellen Künstler elf weiße Bänke in Zwickau auf. Eine für jedes Mordopfer und eine für jene Opfer, von denen wir bis heute vielleicht nichts wissen. Unbekannte stehlen später zwei Bänke. Die anderen werden beschmiert.
8. September 2019. In Zwickau, im Stadtteil Weißenborn, in der Frühlingsstraße, wo das Kerntrio der NSU zuletzt im Untergrund lebte, wird zum Gedenken an Şimşek eine Deutsche Eiche gepflanzt.
3. Oktober 2019. Nur wenige Wochen später wird der Baum von Unbekannten abgesägt, für Bürgermeisterin Pia Findeiß ein Zeugnis „von Intoleranz, mangelndem Demokratieverständnis und von Verachtung gegenüber Terroropfern und deren Angehörigen“.
Die Mordopfer des NSU
Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat, Michèle Kiesewetter
13. November 2012. Şimşeks Angehörige werden im NSU-Verfahren von Seda Başay-Yıldız vertreten.
2013. Das Buch Schmerzliche Heimat erscheint. Darin arbeitet Semiya Şimşek die Leidensgeschichte ihrer Familie nach dem Tod des Vaters und den Umgang der Ermittler mit den Angehörigen auf.
Zum Gedenken an alle NSU-Mordopfer, darunter auch Şimşek, wurde in diesem Jahr in Nürnberg eine Stele errichtet.
30. Januar 2013. Laut Semiya Şimşek Demirtas in der türkischen Zeitung "Milliyet" haben die Behörden über Jahre nur im türkischen Milieu nach Tätern gesucht. Ihre Familie wurde unter Druck gesetzt, um Geständnisse zu erzwingen.
Zunächst hatte die deutsche Polizei offenbar die Frau von Enver Şimşek in Verdacht, mit ihrem Onkel zusammen ihren Mann getötet zu haben. Noch am Tag des Mordes stürmten laut Aussage seiner Tochter Semiya Şimşek 15 Polizisten ihr Elternhaus und fragten ihre noch unwissende Mutter, wie sie seelenruhig Kaffee trinken könnte, nachdem sie ihre Mann getötet hat. Allen Familienmitgliedern wurden DNA-Proben abgenommen. Die Telefone wurden abgehört. An den Autos wurden Peilsender angebracht. Die Polizei soll Frau Şimşek auch mit dem Bild einer Frau konfrontiert und gesagt haben, Enver Şimşek habe mit der Frau zwei außereheliche Kinder, was jedoch nicht stimmte. Danach soll die Polizei erklärt haben, dass er oft zum Drogenschmuggel in die Niederlande gefahren sei. Zudem wollte die Polizei wissen ob die Familie die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) unterstützen würde.
September 2014. Am Tatort wird auf Initiative von Anwohnern und unter Anwesenheit der Witwe – die erstmals diesen Ort besucht – eine Informationstafel zu seinem Andenken eingeweiht. Nachdem die Tafel von Unbekannten entfernt worden ist, befestigt die Gruppe „Das Schweigen durchbrechen“ dort ein Schild, das ein Bild des Ermordeten zeigt.
2016. Er ARD-Fernsehfilm Die Opfer – Vergesst mich nicht wird ausgestrahlt. Vorlage ist das Buch Schmerzliche Heimat von 2013.
In diesem Jahr stellen Künstler elf weiße Bänke in Zwickau auf. Eine für jedes Mordopfer und eine für jene Opfer, von denen wir bis heute vielleicht nichts wissen. Unbekannte stehlen später zwei Bänke. Die anderen werden beschmiert.
8. September 2019. In Zwickau, im Stadtteil Weißenborn, in der Frühlingsstraße, wo das Kerntrio der NSU zuletzt im Untergrund lebte, wird zum Gedenken an Şimşek eine Deutsche Eiche gepflanzt.
3. Oktober 2019. Nur wenige Wochen später wird der Baum von Unbekannten abgesägt, für Bürgermeisterin Pia Findeiß ein Zeugnis „von Intoleranz, mangelndem Demokratieverständnis und von Verachtung gegenüber Terroropfern und deren Angehörigen“.
Die Mordopfer des NSU
Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat, Michèle Kiesewetter
Bilder von Wikimedia Commons
Quellen
