Sonntag, 27. Oktober 2019

Holger Gerlach - Mutmaßlicher Terrorhelfer

Der Gabelstaplerfahrer und mutmaßliche Terrorhelfer Holger Gerlach (Spitzname: Hucke) wurde 1974 in Jena geboren. Er hat einen Bruder und eine Schwester. Die Mutter arbeitete bei Carl Zeiss Jena. Nach der Wende verlor sie ihren Job. Heute ist sie Rentnerin.
Er gehörte Anfang der 1990er Jahre zur "Kameradschaft Jena" die aus nur 6 oder 7 Mitgliedern bestand. Neben ihm gehörten dieser Gruppierung nur noch Ralf Wohlleben, André Kapke, möglicherweise Stefan A., Uwe MundlosBeate Zschäpe und Uwe Böhnhardt an. Die drei letztgenannten bildeten später den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU), auch Zwickauer Terrorzelle genannt. Er hatte auch Kontakte zum militanten Neonazi-Netzwerk "Blood & Honour". 1979, nach seinem Umzug nach Hannover schloss er sich zunächst der "Kameradschaft 77" und später den "Freien Nationalisten Hannover" an.
Laut Anklageschrift im NSU-Prozess hat er dem NSU Führerschein, einen Reisepass, ADAC- und AOK-Karte besorgt. Gerlach behauptet, wenig glaubwürdig, aus der Szene ausgestiegen zu sein. Er wurde später noch bei Aufmärschen gesehen. Von den Überfällen und Morden will er nichts gewusst haben. Gerlach behauptet dass er ihnen solche Taten nicht zugetraut hätte. Dass es sich bei den dreien um Waffennarren und politische Hardliner handelte, die den bewaffneten Kampf befürwortet haben war ihm jedoch bekannt. Gerlach hat sich immer wieder mit dem NSU, wohl meist auf norddeutschen Campingplätzen, getroffen. Laut seiner Aussage als "Systemcheck". Dabei wurden mit ihm die Lebensumstände besprochen, damit die Tarnung durch seine Tarnung bei Kontrollen nicht auffliegt.

1977. Die Mutter lässt sich scheiden.

1981 bis 1989. Er besucht Polytechnische Oberschule  und "genießt" eine Standard-DDR-Erziehnung.

1986. Gerlachs Stiefvater, der als Busfahrer arbeitete" stirbt im Alter von 44 Jahren. Während sein Bruder, der in der DDR Punker war, sein Leben daraufhin in den Griff bekam, geriet er selbst jedoch auf die schiefe Bahn. Nachdem sein Bruder ausgezogen war konzentrierte seine Mutter ihre Liebe ganz auf ihn. Bei Holger Gerlach entwickelte sich ein Problem mit Autoritäten und er wendete sich einer Subkultur hin.
Als Jugendlicher hat Gerlach an der Scheiermannschen Krankheit gelitten. Mehrmals war er wegen einer Blinddarmreizung in Behandlung.

1987. Holger Gerlach entwickelte sich zum Punker und begehrt gegen das System auf. Er fängt an, die Schule zu schwänzen. Weil er seinen Russisch-Lehrer nicht mochte baute er zusammen mit einem Freund dessen Moped auseinander und flog von der Schule.

1989. Die Polytechnische Oberschule verließ er noch zu DDR-Zeiten mit dem Hauptschulabschluss und machte anschließend eine Lehre als Zerspanungsmechaniker. Anschließend machte er eine zweite Lehre als Qualitätsüberwacher. Darauf folgten ABM-Jobs und immer wieder Zeiten von Arbeitslosigkeit.

Anfang der 1990er Jahre. Der leibliche Vater von Holger Gerlach litt an Krebs und begeht Selbstmord. Holger G. hatte zu ihm keine Beziehung und ein schlechtes Verhältnis. Er nennt ihn "biologischen Erzeuger, der mich nicht wollte".
Im Winzerclub in Jena formiert sich unter der Führung von Uwe Mundlos die sogenannte "Kameradschaft Jena".

Herbst 1994. In Thüringen formiert sich eine Anti-Antifa. Mit dabei ist die komplette "Kameradschaft Jena".

1996. Aus der Anti-Antifa von 1994 geht der "Thüringer Heimatschutz" (THS) hervor. Mundlos und Böhnhardt waren stellvertretende Leiter der Sektion Jena. Neben Zschäpe waren auch André Kapke, Ralf Wolleben und Holger Gerlach wieder mit dabei. Maßgeblich aufgebaut wurde der THS durch Tino Brandt, dem stellvertretenden Vorsitzenden des NPD-Landesverbandes Thüringen. Dieser war wiederum von 1994 bis zu seiner Aufdeckung 2001 V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes. Es werden Kameradschaftstreffen, Schießübungen auf alten Truppenübungsplätzen und Busreisen organisiert.
Zu der Zeit gab es laut Aussage von Gerlach in dem "Freundeskreis" Richtungsdiskussionen, ob Ziele mit Gewalt verfolgt werden sollten.

17. August 1996. Beate ZschäpeUwe MundlosRalf Wohlleben und Holger Gerlach von der "Kameradschaft Jena" reisen zusammen nach Worms. Sie wollen an einer unangemeldeten Demo zum Gedenken an den Tod von Rudolf Heß teilnehmen. Diese wurde von Thomas WulffHolger Apfel und Jens Pühse (Bundesorganisationsleiter der JN) organisiert.

1997. Holger Gerlach erlebt eine Hausdurchsuchung "wegen Störung öffentlichen Friedens durch Androhung von Gewalttaten und Verstoßes gegen das Waffengesetz". In seiner Wohnung wurden ein Neonazi-Aufnäher und das Buch "Meine Ehre heisst Treue" (nach dem Wahlspruch der SS betitelt) beschlagnahmt. Auch die Wohnungen von Mundlos und Böhnhardt wurden damals durchsucht.
Danach zieht er zieht mit seiner Mutter nach Hannover in Niedersachsen und folgt damit seinem Bruoder. In Hannover schließt er sich zunächst der "Kameradschaft 77" und später den "Freien Nationalisten Hannover" an. Er hatte laut Uwe Schünemann (Innenminister von Niedersachsen) auch Kontakt zu zwei Personen die später rechtsradikalen Gruppe "Besseres Hannover", die am 25. September 2012 verboten wurde, gründeten. In Hannover arbeitet er als Lagerist in einer Logistikfirma und nebenbei in einer Tankstelle.
In Hannover fing er mit dem Konsum großer Mengen von Alkohol an: "Am Wochenende bin ich mit 50 Mark für Alkohol ausgegangen ... Ich war meistens betrunken und irgendwann zu Hause". Jetzt [2013] trinkt er offenbar kaum noch.

Frühjahr 1998. Gerlach will erst nach dem Abtauchen des NSU aus der Presse erfahren haben, dass Sprengstoff gefunden wurde. Seiner Aussage nach wurde er von André Kapke gefragt, ob er ihnen beim Leben im Untergrund helfen würde. Als Freund fühlte er sich verpflichtet. Kameradschaft stand über allem. "Ich fühlte mich gut damit, aufgewertet, es war schmeichelhaft".
Kurz nach dem Abtauchen des NSU wird Gerlach lt. eigener Aussage von Ralf Wohlleben um Geld für die drei gebeten. Er stellt 3000 DM (ca. 1500 Euro) zur Verfügung.
Im Sommer gab es "ganz normale" jährliche Treffen bei denen er sie mit Gerry, Max und Liese, ihren Tarnnamen ansprechen musste. Dabei sollen laut Anklage auch "Systemchecks", bei denen die Legende mit den dreien durchgesprochen wurde, stattgefunden haben. Gerlach hat das jedoch laut seiner Aussage nicht so empfunden. Uwe Mundlos hielt offenbar stundenlange Monologe über Computerprogramme und -spiele.
Gerlach hat offenbar von den drei Untergetauchten auch regelmäßig an seinem Wohnort in Lauenau in Niedersachsen Besuch erhalten. Zschäpe war immer mit dabei. Einmal hat er etwa 10.000 Euro anvertraut bekommen, welches er deponieren sollte.

1999. Gerlach nimmt an einer Demonstration gegen die Wahrmachtsausstellung und an einem Solidaritätskonzert mit dem thüringischen Ledermacherduo "Eichenlaub" teil. "Eichenlaub" wiederum widmete den Bombenbastlern von Jena ein Lied.
Wohlleben bittet Gerlach lt. eigener Aussage wegen seiner Ähnlichkeit mit Böhnhardt um einen Reisepass für ihn.  Für das Passfoto hat er sich auf Anweisung einen Schnauzbart wachsen lassen und eine Brille aufgesetzt. Er übergibt das Dokument mit der Nummer 1493022658 offenbar am Bahnhof Zwickau den 3 "Freunden" übergeben. Böhnhardt ließ sich danach in Anlehnung an Gerlachs Nachnamen im Untergrund "Geri" nennen.

Juni 1999. Der rechtsextreme Thorsten Heise heiratet zunächst auf dem Standesamt in Nordham und lädt am nächsten Tag etwa 250 Gäste, dabei auch Gerlach zusammen mit Hannes E. (Kader des niedersächsischen Blood & Honour), ein. Laut Ermittlungsakten soll er mit der Order, Heise um Hilfe für den NSU zu bitten. Die Pläne sollen jedoch geplatzt sein.

Herbst 1999. Der Thüringer Verfassungsschutz bittet den Verfassungsschutz von Niedersachsen um Amtshilfe weil Gerlach seit 1997 in Hannover wohnt. Der Verfassungsschutz aus Thüringen erwartet dass der NSU Kontakt mit ihrem Genossen aufnimmt. In der Bitte schreiben die Verfassungsschützer ausdrücklich von "Rechtsterroristen". Daraufhin wurde Gerlach 3 Tage lang observiert. Es wurde notiert, dass er trotz Handy aus einer Telefonzelle anrief obwohl er ein Handy dabei hatte. Die Überwachung wurde nach 3 Tagen beendet. Gerlach als Mitläufer eingestuft.

2000 bis 2010. Gerlach spielte an Geldautomaten. Pro Monat verspielte er mehrere Hundert Euro. Einmal gewann er auch 1200 Euro. Durch die Spielsucht verschuldete er sich mit 12.000 Euro bei zwei Banken. Die Schulden konnte er jedoch dank einer Abfindung in Höhe von 19.000 Euro zurückzahlen. Von 2009 bis 2010 war er wegen seiner Spielsucht in einer Therapie. Das Problem ist aber weiterhin "latent vorhanden".

Sommer 2000. Holger Gerlach besucht das NSU-Trio im Urlaub auf der Insel Usedom. Dort unternahm er mit ihnen einen gemeinsamen Rundflug in zwei viersitzigen Kleinflugzeugen. In einem saßen neben dem Piloten Zschäpe und Böhnhardt, im anderen Mundlos und Gerlach.
Die beiden Uwes erzählten Gerlach, sie hätten sich mit einem Computerladen selbständig gemacht. Mundlos zeigte stolz einen dunklen BMW vor. Über den koreanischen Kleinwagen von Holger Gerlach machte er sich lustig.

7. Juni 2001. Am Zwickauer Bahnhof übergibt Gerlach einen Personalausweis an Böhnhardt und Mundlos den er zuvor bei der Stadt Hannover beantragt hatte.

2001 / 2002. Gerlach überbringt lt. eigener Aussage im Auftrag von Ralf Wohlleben dem NSU-Trio in Zwickau eine Sporttasche. Während der Fahrt wollte er wissen was in der Tasche war und ertastete eine Waffe. Zschäpe hat ihn dort am Bahnhof abgeholt. Sie sind zu Fuß in eine Wohnung gegangen. Dort hat Mundlos oder Böhnhardt die Waffe ausgepackt, durchgeladen und auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft. Er will erklärt haben dass er mit Waffen nichts zu tun haben will und sich 5 Leute nicht anmaßen könnten, die Welt zu retten. Danach will er sich geweigert haben weitere Kurrierdienste zu übernehmen. Ein bis 2 Mal pro Jahr habe er mit ihnen jedoch noch telefoniert. Mit der Waffe wurde niemand getötet.

2002. Holger Gerlach lässt sich in den Betriebsrat der Logistikfirma wählen.

Sommer 2002. Gerlach trifft die 3 Untergetauchten im Sommerurlaub.

2003. Gerlach soll an einer Skinhead-Veranstaltung in Wunsiedel (Franken) teilgenommen haben.

2004. Gerlach wendet sich offenbar von der rechtsextremen Szene ab, als ihn seine damalige Freundin mit einem rechten Kameraden betrogen hatte. Er hilft aber den "Freunden" weiterhin indem er ihnen seinen Führerschein und seine ADAC-Karte übergibt. Mit dem Führerschein wurden mehrere Male Wohnmobile angemietet. Darunter auch diejenigen, die der NSU bei 6 seiner Morde und beim Bombenanschlag in Köln 2004 zur Flucht benutzt haben soll.
Besonders die Kollegen aus der Firma mit Migrationshintergrund sollen ihn den Glauben an die rechtsextreme Ideologie verlieren lassen haben. Er hatte offenbar auch eine Fahrgemeinschaft mit einem Türken und einem Russen.

2004 bis 2007. Holger Gerlach konsumiert die synthetischen Drogen Speed und Ecstasy. Zwei Mal im Monat. Auf seine Arbeit soll das keinen Einfluss gehabt haben. Das Gedächtnis hat aber offenbar etwas gelitten und er kann zeitliche Abläufe nicht mehr so gut einschätzen. In seiner Drogenzeit ist der Kontakt zum NSU-Trio abgerissen.

Sommer 2004. Gerlach trifft die 3 Untergetauchten im Sommerurlaub.

2005. Gerlach zieht mit einer Frau zusammen die zwei Kinder hat und arbeitet als Staplerfahrer. Das NSU-Trio besucht ihn lt. eigener Aussage überraschend. Als er ihnen lt. eigener Aussage erzählte dass er aus der rechtsextremen Szene ausgestiegen sei soll das auf Verständnis gestoßen sein. "Er müsse sich deshalb nicht als Verräter fühlen.
Obwohl er angeblich ausgestiegen ist nimmt er an Aufmärschen u.a. in Braunschweig teil. Das soll laut seiner Aussage vor Gericht (Juni 2013) aber ein "Freundschaftsdienst" gewesen sein.

2006 klingelte es jedoch an seiner Wohnungstür. Die drei standen unangemeldet vor seiner Tür. Er will den "Freunden" mitgeteilt haben, dass er sich aus der Szene gelöst habe. Diese sollen das "entspannt" aufgenommen haben. Sie wären selbst auch nicht mehr Teil der Szene. Uwe Böhnhardt fragte, ob er Gerlachs Führerschein haben könnte. Nur für den Notfall, wenn die drei kontrolliert werden würden. Den Pass hätten sie ja auch schon seit einigen Jahren.
Gerlach meint er wäre "ziemlich naiv und bescheuert gewesen" und hätte "nie im Leben" daran gedacht, dass damit Straftaten gedeckt werden könnten. Er besorgte auch von einer Freundin, Silvia R., deren Ehemann wiederum Kontakte zu Blood & Honour und dem Rockermilieu hat, für 300 Euro eine Krankenkassenkarte weil Zschäpe Schmerzen im Unterleib hatte. Er will die Karte ohne das Wissen von R. weitergegeben haben. Handschriftliche Notizen aus der Ruine in Zwickau belegen später dass der NSU immer über den jeweiligen Wohnort der R.s informiert waren.

2007. Gerlach hat eine neue Lebensgefährtin. Sie scheint sein Leben verändert und einen beruhigenden Einfluss auf ihn zu haben.

2009. Gerlachs Einträge im Verfassungsschutz-Computersystem Nadis werden gelöscht.

September 2010. Steffen R. besucht mit anderen Kameraden eine Veranstaltung von Karl-Heinz Hoffmann (Ex-Chef der nach ihm selbst benannten und im Jahr 1980 verbotenen Wehrsportgruppe Hoffman) der unter Neonazis als Idol gilt. Er fährt mit Gleichgesinnten im Auto zurück. Darunter André Kapke und Holger Gerlach (der mach seiner Verhaftung im Jahr 2012 behauptet aus der Szene bereits 2005 ausgestiegen zu sein).

2011. Die Polizei registriert das Auto von Gerlachs Freundin bei einem Neonazi-Konzert in Sachsen-Anhalt. Laut seinen Anwälten im NSU-Prozess ging es dabei "nur um persönliche Freundschaften und nicht um die politischen Inhalte".

19. Mai 2011. Es ist ein sonniger und warmer Tag. Die Temperatur steigt auf mehr als 20°C. Gerlach bekommt lt. eigener Aussage ein letztes Besuch von dem Trio und verschafft dabei Uwe Böhnhardt, der ihm ähnlich sieht, einen Reisepass weil der alte abgelaufen war. Zschäpe soll extra einen Kuchen gebacken haben.
Er will gezögert und zum ersten Mal "Nein" gesagt haben. Die drei sollem ihm aber unmissverständlich klargemacht haben, dass es kein Zurück mehr gebe. Nach zehn Jahren sei es fürs Kneifen zu spät.  Daraufhin ließ er sich die Haare kurz schneiden und setzte eine ovale Brille auf um Böhnhardt noch mehr zu ähneln. Danach fuhr man zu einem Fotostudio in Rodenberg am Deister in Niedersachsen. Auf dem Passamt hat er dann in Begleitung von Beate Zschäpe einen Reisepass und eine Meldebescheinigung auf seinen Namen beantragt und ihn später auch übergeben. Der Pass wurde dann für die Anmietung des Wohnmobild benutzt, mit dem Böhnhardt und Mundlos im November 2011 ihren letzten Banküberfall begingen.

04. November 2011. Nach einem Banküberfall in Eisenach fliegt der NSU auf. Mundlos und Böhnhardt erschiessen sich offenbar gegenseitig mit einer Pumpgun in einem Wohnwagen. Zschäpe zündet die Wohnung in Zwickau an und befindet sich danach auf der Flucht. Bei dem Wohnwagen handelte es sich um einen in Sachsen gefertigten Motorcaravans der Marke Sunlight. Angemietet offenbar mit Dokumenten von Holger Gerlach.
Das Alibi für die Anmietung des Wohnmobils bekommt Gerlach später von Marc-Oliver M. (Ex-Führer der am 25.09.2012 verbotenen Naziorganisation "Besseres Hannover"). Gerlach soll ihn zusammen mit etwa 10 anderen zum Gericht begleitet haben, wo M. gegen zwei Antifaschisten ausgesagt hat.

05. November 2011. Die Wohnung von Gerlach in Lauenau und sein Bankschließfach werden werden durchsucht. Dabei finden die Ermittler 27.250 Euro Bargeld.
Gerlach wird noch am selben Tag in Bad Nenndorf aus seiner Firma in Bad Nenndorf von der Nachtschicht zum Verhör abgeholt. Er wird von Ermittlern der Kriminalinspektion Eisenach vernommen. Er sagt später aus, dass ihm da klar wurde, wozu seine Dokumente benörtigt worden waren. Er gesteht, ihnen "aus Gefälligkeit seinen Reisepass und seinen Führerschein" überlassen zu haben. Den Führerschein meldet er später als gestohlen. Die Beamten nehmen dann noch Gerlachs Fingerabdrücke und lassen ihn wieder gehen.
Das Geld soll laut Gerlachs Anwalt Stefan Hachmeister zum Großteil der Lebensgefährtin Gerlachs gehören. Sie wusste laut Aussage von Holger Gerlach bis zu diesem Zeitpunkt nichts von seinem Vorleben und fiel "aus allen Wolken" als der NSU enttarnt wurde. Die Frau soll einen "stabilisierenden Einfluss" auf hin gehabt haben. Er habe gelernt, Verantwortung für "sie, das Haus, und so weiter" zu übernehmen.
Seine Freundin ist laut seiner Aussage der "Fels in der Brandung", gibt ihm Halt und steht seiner Aussage nach immer noch zu ihm. "Ich weiß nicht, wie ich die Haftzeit ohne sie überstehen hätte sollen".

13. November 2011. Holger Gerlach wird erst 8 Tage nach dem Verhör um etwa 10 Uhr 15 als erster mutmaßlicher Unterstützer in Lauenau bei Hannover festgenommen. Ihm wird vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof vorgeworfen, der NSU seit 2007 Ausweisdokumente zur Verfügung gestellt zu haben. Er soll auch mehrfach Wohnmobile für die 3 Untergetauchten angemietet haben. Eines davon soll das Fahrzeug gewesen sein welches bei dem Mordanschlag auf die Heilbronner Polizisten dabei war. Bei seiner Verhaftung trägt er das Buch "The Stand" (dt. "Das letzte Gefecht") von Stephen King bei sich. Laut Hans-Werner Wargel gibt es in Lauenau zwar eine rechte Szene. Diese soll jedoch nur aus wenigen jungen Leuten, die keinen Kontakt zu Gerlach hatten bestehen.

14. November 2011. Gegen Holger Gerlach wird Haftbefehl erlassen.

16. November 2011. Vom niedersächsischen Verfassungsschutz und dem Innenministerium werden schwere Fehler in der Vergangenheit eingeräumt. Holger Gerlach wurde bereits seit 1999 in Niedersachsen observiert nachdem aus Thüringen die Bitte gekommen war. Laut Verfassungsschutzpräsident Wargel verdächtigte man Gerlach, den 3 Untergetauchten ein Quartier im Ausland vermitteln zu wollen. In Niedersachsen sollen keine Erkenntnisse gespeichert worden sein. Gerlach wurde angeblich nur als Mitläufer eingestuft.

29. November 2011. Ralf Wohlleben (Ex-stellvertretender Landesvorsitzender und Pressesprecher der NPD Thüringen und Vorsitzender des Kreisverbandes der NPD Jena) wird verhaftet. Ihm wird vorgeworfen der NSU 2001 oder 2002 eine Schusswaffe und Munition verschafft zu haben. Das soll als Beihilfe zu 6 vollendeten Morden und einem versuchten Mord zu werten sein. Zudem soll er den NSU 1998 bei der Flucht und anschließend finanziell unterstützt haben. Auch der Kontakt zu Holger Gerlach soll von ihm vermittelt worden sein.

7. Januar 2012. Holger Gerlach hat laut eigener Aussage [Protokoll des BKA] auf Anweisung des Ex-NPD-Funktionärs Ralf Wohlleben gehandelt als er den Mitgliedern des NSU einen Reisepass, Geld und eine Waffe verschafft hat. Wohlleben erklärte ihm demnach dass es besser wäre wenn er nicht wissen würde "was die drei damit vorhaben".
Laut NSU-Helfer Carsten Sch. und Zeuge Andreas S. (Protokolle des BKA) hat Wohlleben den Waffendeal über einen Neonazi-Laden in Jena eingefädelt. Von ihm wurden demnach das Geld bereitsgestellt und der Transport einer Pistole vom Typ Ceska nach Chemnitz zum damaligen Versteck des NSU organisiert.

24. Februar 2012. Der Haftbefehl gegen Gerlach vom 14.11.11 wird erweitert. Ihm wird vorgeworfen dass er den am 4. November verstorbenen NSU-Mitgliedern Böhnhardt und Mundlos im Jahr 2001 oder 2002 im Auftrag von Ralf Wohlleben eine Pistole überbracht und damit Beihilfe zu den Taten des NSU geleistet habe.

Ende Mai 2012. Holger Gerlach schreibt in "Schönschrift" eine "Stellungnahme zur Haftprüfung". Darin bittet er, die seit 6 Monaten andauernde Untersuchungshaft aufzuheben weil eine sehr enge und familiäre Bindung bestehe, was eine Fluchtgefahr ausschließen würde. Er erwähnt auch seine bisherige Zusammenarbeit die ein "starkes Indiz" dafür wäre, dass er sich seiner Verantwortung stellen würde.

25. Mai 2012. Der Haftbefehl gegen Gerlach wird vom 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe wieder aufgehoben (AK 14/12) [nicht nur außer Vollzug gesetzt] "weil kein dringender Tatverdacht zur Beihilfe für die Überfälle und Morde des NSU mehr vorliegt". Die Waffe, die er dem NSU-Trio übergeben hat war offenbar keine der Tatwaffen. Es soll keine Hinweise darauf geben, dass er "mit der Weitergabe der Waffe die Taten des NSU in irgendeiner Weite erleichtert oder gefördert" hat.
Bei dem Vorwurf der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung sehen die Richter keinen dringenden Tatverdacht weil sich die Gruppe bei Planung der Morde und Banküberfälle und Durchführung der Anschläge streng abgeschottet und sich mehr als 10 Jahre lang nicht zu ihren Taten bekannte. Die Behauptung von Gerlach, dass er mit den Morden nicht gerechnet und dem NSU solche Taten auch nicht zugetraut habe sei daher nicht ausreichend sicher zu widerlegen.
Es wird jedoch angeblich weiterhin gegen ihn ermittelt. Er befindet sich wegen seiner Aussage im Zeugenschutzprogramm des BKA.

08. November 2012. Gegen Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben, Carsten Sch., André Eminger und Holger Gerlach wird vor dem Oberlandesgericht München Anklage erhoben. Gerlach wird die Unterstützung des NSU in drei Fällen zur Last gelegt.

06. Juni 2013. Holger Gerlach, ein schmaler Mann mit lichten, blonden Haaren sagt im NSU-Prozess aus. Gerlach bittet die Opfer der NSU-Taten um Verzeihung. Es ist das erste Mal, dass ein Beschuldigter in diesem Fall um Verzeihung bittet. Vertreten wird Gerlach vor Gericht von den beiden Anwälten Stefan Hachmeister und Pajam Rokni-Yazdi, die ihre Kanzlei im Hannover Stadtteil Bemerode haben. Es gab laut Gerlachs Aussage keine Anhaltspunkte dafür, dass die drei terroristische Anschläge verübt haben.
Seit dem Auffliegen des NSU lebt er wieder von Hartz 4. Bis dahin war er seit dem Umzug nach Hannover in derselben Firma die sich jedoch von 120 auf 21 Mitarbeiter verkleinerte. Er konnte sich offenbar zum Vorarbeiter hocharbeiten.

Weitere Quellen
15.11.2012, Tagesschau, Anklageschrift gegen den NSU, Dokument des Grauens
27.09.2012, taz, Der Rechte Rand, Was man über NSU-Unterstützer Holger G. wusste, Mann mit Kontakten
21.07.2012, taz, Vielfältige Kontakte
07.06.2012, Spiegel, Haftbefehl gegen Neonazis, Braune Kameraden
25.05.2012, Spiegel, NSU-Ermittlungen, BGH hebt Haftbefehl gegen Holger G. auf
25.05.2012, Stuttgarter-Zeitung, Rechter Terror, NSU-Helfer auf freiem Fuß
25.05.2012, Der Tagesspiegel, Neonazi Zelle, Mutmaßlicher NSU-Helfer auf freiem Fuß
09.01.2012, taz, Terror-Helfer Holger G. pakt aus
07.01.2012, Spiegel, Neonazi-Trio, Holger G. soll Zwickauer Zelle bis 2011 unterstützt haben
22.11.2011, Spiegel, Mutmaßlicher Neonazu-Terrorhelfer, Ermittler fanden fast 30.000 Euro im Schließfach
14.11.2011, NDR, Der Neonazi aus der Nachbarschaft
Brandenburgische Landeszentale für politische Bildung, Die Unterstützer