Éric Zemmour (2008) |
Der französische Journalist und Autor Éric Zemmour wurde am 31. August 1958 in Montreuil-sous-Boi bei Paris geboren.
Zemmour sorgte mit Äußerungen über arabische und schwarze Einwanderer für Aufsehen. Er ist einer der bekanntesten Exponenten der islamkritischen bis islamfeindlichen Rechten in Frankreich. Er wurde wegen Verbreitung von Rassenhass mehrfach von französischen Gerichten verurteilt. Er gilt als möglicher Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2022 in Frankreich und wird u. a. von Jean-Marie Le Pen unterstützt. Bisher hat er seine Kandidatur nicht öffentlich erklärt.
Den Feminismus bezeichnete er als „Vernichtungskrieg gegen den weißen, heterosexuellen Mann“. Zudem äußerte er sich relativierend bzw. verharmlosend über die Haltung des Vichy-Regimes gegenüber Juden. Obwohl jüdischer Abstammung, fordert Zemmour dezidiert ein „katholisches Frankreich“ und verweist dabei auf Polen, das, seiner Meinung nach, den Katholizismus konsequent verteidige.
Von der Bewegung der Gelbwesten sagte er sich los, als sich diese als unempfänglich für seine Forderungen erwies. Dennoch erhielt er beim rechtsextremen Front National bis dato (November 2019) keine politische Teilhabe.
Diese und ähnliche Stellungnahmen, in seinen Büchern ausführlich dargelegt und in Großauflagen verkauft, machten ihn zeitweilig zu einem umworbenen Stichwortgeber der Partei Les Républicains, der ehemaligen UMP.
Zemmour schrieb außerdem Biografien von Jacques Chirac und Édouard Balladur und einige politische Essays.
Eric Zemmour ist mit Mylène Chichportich verheiratet, das Paar hat zwei Söhne und eine Tochter.
Leben
31. August 1958. Éric Zemmour wird Montreuil-sous-Bois als Sohn von Roger und Lucette Zemmour geboren. Die Familie ist jüdisch-algerischer Abstammung. Algerische Juden sind seit dem Décret Crémieux von 1870 französische Staatsbürger.
Nach dem Abschluss am Institut d’études politiques de Paris bleiben zwei Versuche Zemmours, an der École nationale d’administration (ENA) aufgenommen zu werden, ohne Erfolg.
Er arbeitet dann beim Le Quotidien de Paris.
Später kommt er zu Info-Matin und schreibt für Globe Hebdo, ein wöchentliches Nachrichtenmagazin.
1996 bis 2009. Er ist politischer Kolumnist bei Le Figaro.
Februar 2011. Er wird in Paris wegen Aufstachelung zum Rassenhass zu einer Geldstrafe verurteilt. Anders als oft berichtet ist der Grund dafür nicht seine Bemerkung, Einwanderer würden häufiger von der Polizei kontrolliert, weil die „Mehrheit der Drogendealer Schwarze oder Araber“ seien.
Am selben Tag hat er im Sender France Ô erklärt, seiner Meinung nach hätten Arbeitgeber „das Recht, Araber oder Schwarze abzulehnen“, was nach Meinung des Gerichts „eine illegale diskriminatorische Praxis rechtfertigt“.
7. Januar 2016. Weiteres Aufsehen erregt Zemmour mit seiner sarkastischen These, man müsse „Molenbeek bei Brüssel bombardieren, wenn man die Terroristen treffen wolle, und nicht Rakka im fernen Syrien.“
2019. Der Historiker Gérard Noiriel macht in einer beim Verlag La Découverte erschienenen Veröffentlichung mit dem Titel Le Venin dans la plume. Édouard Drumont, Éric Zemmour et la part sombre de la République einen Vergleich zwischen dem offen antiislamischen Zemmour und dem Antisemiten Drumont (1844–1917) und dessen Buch La France juive, beiden attestiert er strukturelle Analogien in ihrer Art, hasserfüllte Polemiken in die Öffentlichkeit zu tragen. Der Schriftsteller François Bégaudeau bescheinigt Zemmour ein Desinteresse für soziale Anliegen und einen Glauben an die „identitäre Leidenschaft und den fundamentalen Rassismus der unteren Schichten“. Laut Bégaudeau richtet sich Zemmours Polemik auch gegen Homosexuelle, so spricht Zemmour in diesem Zusammenhang von der „Homosexuellenlobby“.
17. September 2019. Er wird ein weiteres Mal wegen Aufstachelung zum Rassenhass zu einer Geldstrafe verurteilt.
28. September 2019. Während einer von Marion Maréchal organisierten „Zusammenkunft der Rechten“ (Convention de la droite) hält Zemmour in Paris eine programmatische, den Kern seines Denkens zeigende Grundsatzrede. In ihr prangerte er den sogenannten „Progressivismus“ als „immer ausgefeilteren repressiven Apparat der Kanalisierung und der Zensur“ an, dem die Justiz als Vollstreckerin diene, „um Dissidenten zu schikanieren und die einst schweigsame, jetzt gelähmte Mehrheit zu terrorisieren“. Dieser „Progressivismus“ diene zwei „Totalitarismen“, die „gleichzeitig Rivalen und Komplizen“ seien: „Sie zerstören unsere Nationen, unsere Völker, unsere Territorien, unsere Traditionen, unsere Lebensweise, unsere Kulturen: auf der einen Seite der Markt-Universalismus...; andererseits der islamische Universalismus, der ... Teile des französischen Territoriums... allmählich durch die schiere Kraft der Zahl und des religiösen Rechts in ausländische Enklaven verwandelt... Früher bedeutete Einwanderung, aus dem Ausland zu kommen, um seinen Kindern eine französische Zukunft zu ermöglichen. Heute kommen Einwanderer nach Frankreich, um wie in ihrem Herkunftsland weiterzuleben... Sie verhalten sich so, als ob sie sich in erobertem Gebiet befinden, wie die Pieds-Noirs in Algerien oder die Engländer in Indien: sie verhalten sich wie Kolonisatoren.“ „In Frankreich wie auch anderswo in Europa werden alle unsere Probleme durch die Einwanderung verschärft... Und alle unsere Probleme, die durch die Einwanderung verschärft werden, werden durch den Islam verschärft. Es ist eine doppelte Gefahr.“ Fazit: „Wir leben unter der Herrschaft eines neuen Hitler-Stalin-Paktes. Unsere beiden Totalitarismen haben sich zusammengeschlossen, um uns zu zerstören, ehe sie sich gegenseitig in Stücke reißen.“
Ab 14. Oktober 2019. Er moderiert eine wöchentliche Sendung auf CNews (früher i-Télé).
September 2020. Ein Gericht verurteilt ihn in Paris, die 17e chambre correctionnelle, wegen Ehrverletzung und Aufruf zum Hass (injure et provocation à la haine) zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro. Das Urteil ist die Folge einer Aussage Zemmours am 28. September 2019 auf der Veranstaltung Convention de la droite, im politischen Umfeld von Marion Maréchal. In der Urteilsbegründung wird dargelegt:
„[...] indem er unter den Franzosen eine Trennung vollzog zwischen der Gesamtheit der Muslime und den "Franzosen der Scholle" [ein Ausdruck für alteingesessene Franzosen], und indem er sie, ebenso wie die in Frankreich lebenden muslimischen Immigranten, nicht nur als die kriminellen Täter der Attentate von 2015 bezeichnete, sondern sie zu Kolonisatoren gewordenen ehemaligen Kolonisierten erklärte, stellen diese Worte eine Aufforderung – ebenso implizit wie explizit – zur Diskriminierung und zum Hass gegenüber der muslimischen Gemeinschaft und ihrer Religion dar.“
Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass Zemmour seine Aussagen nicht spontan gemacht hat, sondern darauf vorbereitet war, wobei er seine Worte bewusst wählte. Die in der Rede gemachten Aussagen würden, so das Gericht, die Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit überschreiten, weil es sich um verletzende Äußerungen gegenüber einer Gemeinschaft und ihrer Religion handelt (« outrepassent les limites de la liberté d’expression puisqu’il s’agit de propos injurieux envers une communauté et sa religion »). Die Ligue des droits de l’homme, SOS-Racisme und sechs weitere Organisationen erhalten vom Gericht ein symbolisches Schmerzensgeld von 1 Euro und 1500 Euro an den entstandenen Prozesskosten zugesprochen.´
Oktober 2020. Die Pariser Staatsanwaltschaft eröffnet in einem weiteren Fall gegen Zemmour eine Untersuchung: Dabei geht es laut Staatsanwaltschaft um „Aufstachelung zum Rassenhass“ (provocation à la haine raciale) und „öffentliche Ehrverletzung rassistischer Art“ (injures publiques à caractère raciste). In einer von der Journalistin Christine Kelly auf CNews geführten Debatte nach einem Anschlag auf die ehemaligen Redaktionsräume von Charlie Hebdo äußerte sich Zemmour über unbegleitet eingewanderte Minderjährige folgendermaßen: « Ils n’ont rien à faire ici, ils sont voleurs, ils sont assassins, ils sont violeurs, c’est tout ce qu’ils sont, il faut les renvoyer et il ne faut même pas qu’ils viennent. » (deutsch etwa: „Die haben hier nichts zu suchen, das sind Diebe, das sind Mörder, das sind Vergewaltiger, das ist alles was sie sind, man muss sie zurückschicken und sie sollen gar nicht erst herkommen.“) Die Beigeordnete Ministerin für Diversität und Chancengleichheit Elisabeth Moreno verurteilte die Aussage Zemmours. SOS-Racisme und andere Organisationen kündigten Strafanzeigen an. Im März 2021 wird CNews vom Conseil supérieur de l’audiovisuel, der Aufsichtsbehörde für Radio und Fernsehen, deswegen zu einer Buße von 200.000 Euro verurteilt. Das ist das erste Mal, dass ein Nachrichtensender mit einer Geldbuße belegt wird.
13. September 2021. Nachdem eine mögliche Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2022 bekannt wird, beendet CNews die Zusammenarbeit mit Zemmour bis auf weiteres.
Éric Zemmour (2008), Lizenz: Creative-Commons „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“, „2.5 generisch“, „2.0 generisch“ und „1.0 generisch“, Urheber: Dinkley