Aschraf Ghani (2014) |
Der afghanische Politologe Mohammad Aschraf Ghani wurde am 19. Mai 1949 in Logar geboren.
Er amtierte von 2014 bis 2021 als Staatspräsident der Islamischen Republik Afghanistan. Am 15. August 2021, als die aufständischen Taliban die Hauptstadt Kabul einnahmen, floh er über Tadschikistan ins Exil in die Vereinigten Arabischen Emirate, wo ihm Asyl gewährt wurde.
Ursprünglich nannte er sich mit vollem Namen Mohammad Aschraf Ghani Ahmadsai (paschtunisch محمد اشرف غني احمدزی DMG Muḥammad Ašraf Ġanī Aḥmadzay). Den Stammesnamen Ahmadsai legte Ghani 2014 offiziell ab.
Er ist Mitglied im Verwaltungsrat des World Justice Project. 2013 wurde Ghani bei dem „World Thinkers“-Ranking des Magazins Prospect auf Platz 2 gelistet.
Aschraf Ghani ist mit der libanesischen Christin Rula Ghani verheiratet und hat zwei Kinder, Tarek und Mariam Ghani.
Leben
19. Mai 1949. Mohammad Aschraf Ghani wird in Logar geboren.
Der Paschtune Aschraf Ghani studiert zunächst an der Universität Kabul und an der Amerikanischen Universität in Beirut (wo er seine Ehefrau Rula Ghani kennenlernt)
1977. Er wechselt mit einem Stipendium in die Vereinigten Staaten. Dort promoviert er an der Columbia University in New York in Kulturanthropologie.
1983 bis 1991. Er lehrt an der University of California, Berkeley und an der Johns Hopkins University Anthropologie und Politikwissenschaft. Später wechselt er zur Weltbank und hilft bei der Transformation in Russland, der Volksrepublik China sowie in Indien.
Dezember 2001. Er kehrt nach seiner 24-jährigen Abwesenheit nach Kabul zurück, zunächst als UN-Sonderbeauftragter.
2. Juni 2002 bis 14. Dezember 2004. Er ist Finanzminister und Ende 2002 zuständig für die Währungsreform des neuen Afghani.
22. Dezember 2004 bis 21. Dezember 2008. Er ist Kanzler der Universität Kabul.
Aschraf Ghani mit Rajiv Shah und Karl W. Eikenberry (2011) |
2006. Er gilt als möglicher Kandidat für den Posten des UN-Generalsekretärs.
2009. Bei der Präsidentschaftswahl erhält er etwa 3 % der Stimmen und kommt damit auf den vierten Platz hinter Hamid Karzai, Abdullah Abdullah und Ramasan Bashardost.
2011. Er bekommt von Präsident Hamid Karzai die Aufgabe zur Übernahme der Sicherheitsverantwortung für Afghanistan, die seit 2001 durch die International Security Assistance Force (ISAF) erfolgt.
2014. Für die Präsidentschaftswahl ernennt er den für seine Brutalität bekannten usbekischen Kriegsfürsten Raschid Dostum zu seinem Stellvertreter, um auch im nicht-paschtunischen Norden Stimmen zu erhalten. Früher hat Aschraf Ghani Dostum als „Killer“ bezeichnet.
5. April 2014. Im ersten Wahlgang erreicht Aschraf Ghani knapp 32 % der Stimmen, sein Haupt-Gegenkandidat Abdullah Abdullah kommt auf 45 %. Ghani ist vor allem in den Siedlungsgebieten der Paschtunen erfolgreich, Abdullah dagegen in den persischsprachigen Landesteilen.
Präsident Aschraf Ghani mit Abdullah Abdullah und John Kerry (Juli 2014) |
14. Juni 2014. Es findet eine Stichwahl zwischen Ghani und Abdullah statt, wobei die meisten anderen Kandidaten im Vorfeld sich für Abdullah ausgesprochen haben. Das Wahlergebnis, nach dem Ghani 56 % der Stimmen erreicht, gilt daher als überraschend. Ghani hat demnach im zweiten Wahlgang 20 % Stimmen hinzugewonnen, während Abdullah trotz der Unterstützung der meisten ausgeschiedenen Kandidaten 3 % verloren hat.
Die Anhänger Abdullahs erkennen daraufhin das Ergebnis nicht an und sprechen von Wahlfälschung. In einem Kompromiss, der durch Vermittlung von US-Außenminister John Kerry zustande kommt, einigen sich beide Seiten auf eine Neuauszählung der Stimmen.
21. September 2014. Ghani wird offiziell zum Sieger der Wahl erklärt, ohne dass genaue Zahlen des Ergebnisses der Stimmen-Neuauszählung bekanntgegeben werden. Gleichzeitig wird bekannt, dass das Amt des Premierministers im Rahmen eines Ausgleiches zwischen den beiden Kontrahenten mit einem Vertrauensmann Abdullahs besetzt werden soll.
29. September 2014. Ghani wird als Präsident vereidigt.
28. September 2019. Er wieder bei der Präsidentschaftswahl in Afghanistan an. Ohne dass die Stimmen ausgezählt sind, reklamiert sein erneuter Konkurrent Abdullah Abdullah den Sieg für sich, auch Ghani erklärt sich zum Sieger.
13. November 2019. Die Wahlkommission erklärt, dass die Bekanntgabe der Ergebnisse verschoben werde.
22. Dezember 2019. Die vorläufigen Ergebnisse werden von der Wahl-Kommission erst jetzt bekannt gegeben.
18. Februar 2020. Die endgültigen Ergebnisse werden von der Wahl-Kommission erst jetzt bekannt gegeben. Als Wahlsieger wurde von der Unabhängigen Wahlkommission Ghani mit 50,64 % der Stimmen bekannt gegeben. Abdullah Abdullah lehnt die Ergebnisse ab und kündigt die Bildung einer Parallelregierung in Nordafghanistan an.
22. Februar 2020. Abdullah ernennt einen neuen, ihm loyalen Gouverneur für die Provinz Sar-i Pul. Der US-amerikanische Diplomat Zalmay Khalilzad versucht, zwischen Ghani und Abdullah zu vermitteln, aber die beiden können keine Einigung erzielen.
9. März 2020. Beide legen bei getrennten Amtseinführungszeremonien den Präsidenten-Eid ab, wobei Ghani für eine zweite Amtszeit vereidigt wird. Kurze Zeit später schafft Ghani das Amt des Regierungschefs ab, das von Abdullah gehalten worden ist, während Abdullah eine Erklärung abgibt, dass „Ghani nicht mehr Präsident“ sei und seine Dekrete ungültig seien.
23. März 2020. Die Vereinigten Staaten kündigen an, dass sie als Folge der politischen Krise ihre Hilfe für Afghanistan um 1 Milliarde US-Dollar kürzen würden. Sollten Ghani und Abdullah keine Einigung erzielen, könnte die Hilfe weiter gekürzt werden.
17. Mai 2020. Die politische Krise wird beendet, als Ghani und Abdullah ein Abkommen zur Teilung der Macht unterzeichnen.
Mitte 2021. Die USA, Deutschland und weitere Staaten beginnen, ihre Militärkräfte aus Afghanistan abzuziehen. Daraufhin erobern die Taliban nach und nach immer weitere Teile des Landes.
14. August 2021. Ghani wendet sich in einer Fernsehansprache an das afghanische Volk und kündigt an, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über das gesamte Land zurückerhalten würde
15. August 2021. Die Taliban rücken nach Kabul vor und fordern die friedliche Machtübergabe durch die afghanische Regierung. Ghani beugt sich schließlich den Forderungen der Taliban und empfängt deren Vertreter im Präsidentenpalast in Kabul. Das afghanische Innenministerium kündigt daraufhin eine friedliche Machtübergabe an die Taliban an.
Am Nachmittag verlässt Ghani übereinstimmenden Medienberichten zufolge Afghanistan. Mehrere Medien berichten zunächst, Ghani sei in die tadschikische Hauptstadt Duschanbe geflogen worden. Dem Nachrichtensender Al-Jazeera zufolge soll Ghani sich in der usbekischen Hauptstadt Taschkent aufhalten. Er habe das Land verlassen, um Blutvergießen zu vermeiden, erklärt Ghani auf Facebook.
Nach Darstellung des Sprechers der russischen Botschaft in Kabul hat Ghani bei seiner Flucht große Mengen Bargeld außer Landes geschafft. Mohammad Zahir Aghbar, Botschafter Afghanistans in Tadschikistan, fordert die Verhaftung Ghanis, weil dieser mit 169 Millionen US-Dollar untergetaucht sei.
18. August 2021. Es wird bekannt, dass er von den Vereinigten Arabischen Emiraten aufgenommen wurde. US-Außenminister Antony Blinken berichtet, Ghani habe ihm am Tag vor seiner Flucht versichert, er werde „bis in den Tod kämpfen“.
8. September 2021. Ghani bittet für die Art seines Abtretens im Angesicht der vorrückenden Taliban um Verzeihung. "Ich entschuldige mich beim afghanischen Volk, dass ich nicht für ein anderes Ende sorgen konnte", schreibt er bei Twitter. Er weist jedoch Vorwürfe zurück, er habe bei seiner Flucht Millionen US-Dollar an staatlichen Geldern mitgenommen. Er habe das Land auf Drängen der Sicherheitskräfte verlassen, erklärt Ghani. Damit habe er das Risiko blutiger Straßenkämpfe vermeiden wollen.
Aschraf Ghani (2014), Lizenz: Public Domain, Urheber: U.S. Department of State