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Theodor Maunz im Arbeitszimmer seines Wohnhauses in Gräfelfing (Bayern) (1991) |
Der deutsche Jurist, Verwaltungs- und Staatsrechtler, Hochschullehrer und Politiker Theodor Maunz wurde am 1. September 1901 in Dachau geboren. Er starb am 10. September 1993 in München.
Er war Mitglied der politischen Partei Christlich Soziale Union (CSU). Er begründete mit dem „Maunz/Dürig/Herzog/Scholz“ ein Standardwerk unter den Kommentaren zum Grundgesetz und war von 1957 bis 1964 bayerischer Kultusminister.
Neben dem späteren Verfassungsrichter, Grundgesetz-Mitkommentator und Bundespräsidenten Roman Herzog gehörten unter anderem auch die Universitätsprofessoren Peter Lerche und Klaus Obermayer zu Maunz’ Schülern.
Maunz – und insbesondere sein Schüler Roman Herzog – erklärten den Art. 139 GG nach Abschluss der Entnazifizierung für „obsolet“. Abzulehnen sei insbesondere der Versuch, ihn als Grundsatzaussage über die Haltung des Grundgesetzes gegenüber nationalsozialistischen Staatsauffassungen anzusehen und insoweit fortgelten zu lassen. Dieser Artikel hat bei Inkrafttreten des Grundgesetzes festgelegt, dass die aufgrund der Kontrollratsdirektiven der Alliierten erlassenen deutschen Ausführungsbestimmungen wie das Befreiungsgesetz vom 5. März 1946 nicht mit den Grundrechten des Grundgesetzes vereinbar zu sein brauchten und daher weitergelten konnten.
Nach dem Bekanntwerden seiner NS-Vergangenheit trat er als Minister zurück und publizierte bis zu seinem Tod u. a. anonym in der National-Zeitung.
Der Nachlass von Maunz, bestehend aus Korrespondenzen, Entwürfen, Gutachten, Manuskripten und einer Fotosammlung, befindet sich im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München, weitere Unterlagen im Stadtarchiv München sowie im Universitätsarchiv Freiburg (ausschließlich über die Zeit nach 1945).
Leben
1. September 1901. Theodor Maunz wird als Sohn eines Volksschullehrers in Dachau geboren.
Er macht das Abitur und studiert Jura.
Ab 1920. Maunz ist Mitglied der katholischen Studentenverbindung KDStV Aenania München.
Ende 1926. Er wird an der Universität München mit der Dissertation Die Stellung des Staates im rechtlichen Verfahren promoviert.
1927. Er tritt als Verwaltungsjurist in den bayerischen Staatsdienst.
1932. Er habilitiert in München. Danach ist er Privatdozent an der Juristischen Fakultät für Deutsches Reichs-, Landesstaats- und Verwaltungsrecht der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er schreibt in seiner 1934 erscheinenden Schrift Neue Grundlagen des Verwaltungsrechts (S. 48 und S. 55):
„Die Vorstellung, der Zweck der Verwaltungsrechtspflege bestehe im Schutz der Freiheitssphäre des Individuums gegen Maßnahmen der staatlichen Verwaltung, mochte im liberalen Staat eine Berechtigung gehabt haben, im nationalsozialistischen Staat muss sie ausgeschaltet werden. […] Das zentrale RECHTSgebilde, hinter dem alle anderen RECHTSgebilde zurückzutreten haben, ist der politische Führer. Soweit es der Bedeutung dieses Gebildes widerspricht, ist jede richterliche Tätigkeit auf dem Gebiete der Verwaltung unmöglich. Daraus folgt, dass die Verwaltungsrechtspflege niemals die politischen Entscheidungen des Führers hemmen oder erschweren kann.“
Möchte man diese frühen Ausführungen des Privatdozenten Maunz eventuell noch als einer erstrebten Karriere als Hochschullehrer geschuldete „Jugendsünden“ abtun, so kann dies für spätere Schriften nicht mehr gelten.
1933. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten tritt er der NSDAP und der SA bei.
1934. Seine Lehrbefugnis wird in Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Staatslehre geändert.
1935. Maunz’ Berufung zum außerordentlichen Professor an die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg erfolgt. Als Professor in Freiburg (bis 1945) beschäftigt er sich hauptsächlich mit der rechtlichen Stellung der Polizei im NS-Staat. Man zählt ihn, wie etwa auch Carl Schmitt, Ernst Rudolf Huber, Karl Larenz, Otto Koellreutter, Herbert Krüger und Ernst Forsthoff, zu den akademischen Juristen, die durch ihre Arbeiten dem NS-Regime juristische Legitimität zu verschaffen bestrebt sind.
In diesem Zusammenhang muss auch die Kieler Schule erwähnt werden. Karl August Eckhardt organisiert die Dozentenakademie im Kitzeberger Lager. In diesem Gemeinschaftslager an der Kieler Bucht kommen nationalsozialistische Juristen zusammen, um über die völkische Rechtserneuerung zu referieren. Die im Kitzeberger Lager gehaltenen Referate werden ein Jahr später im ersten Band der neu erschienenen Zeitschrift Deutsche RECHTSwissenschaft veröffentlicht. Neben den Kieler RECHTSwissenschaftlern nimmt auch Theodor Maunz aus Freiburg teil.
Maunz stellt sich dem Regime zur Verfügung und versucht, es zu legitimieren und rechtlich zu erfassen.
1937. Der inzwischen zum Professor der Rechte in Freiburg ernannte Maunz schreibt in seinem Werk Verwaltung (S. 42):
„Eine derartige Schwächung ist auch das Ziel des Gedankens der Gewaltentrennung gewesen; die Gewaltentrennung erschien als der beste Garant des bürgerlichen Freiheitsgedankens. Mit der Gewinnung eines einzigen Willens- und Handlungsträgers der Volksordnung ist die Trennung und Hemmung der Gewalten überwunden. […] Innerhalb der Volksordnung aber sind die Gewalten vereinigt in der Person des Führers; sie sind damit zu einer echten Gesamtgewalt, der Führergewalt geworden.“
1943. Auch in Werk Gestalt und Recht der Polizei propagiert Maunz den faschistischen bzw. nationalsozialistischen Führerstaat:
„Es ist die Gründung des polizeilichen Wirkens auf den Willen der im Rahmen der völkischen Ordnung handelnden Reichsführung. […] Was mit anderen Worten der Führer […] in Form von RECHTSgeboten der Polizei an Aufträgen zuweist, bildet die RECHTSgrundlage der Polizei. Die Zuweisung kann im förmlichen Gesetzgebungsverfahren erfolgen. Sie kann ferner erfolgen im sonstigen Normenschöpfungsverfahren. Sie kann aber auch ergehen im Wege der Einzelweisung oder auch der Einzelbilligung. Dieses System hat […] den alten Gesetzmäßigkeitsgrundsatz ersetzt, seitdem an die Stelle des alten Gesetzes der Wille des Führers getreten ist.“
1948. Maunz nimmt für Südbaden am Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee teil.
Ab 1952. Bis zu seiner Emeritierung hat Maunz eine Professur für Öffentliches RECHTS, insbesondere Deutsches und Bayerisches Staats- und Verwaltungsrecht, an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität inne. Er etabliert sich durch seine Veröffentlichungen als ein führender Verfassungsrechtler der Bundesrepublik.
1957 bis 10. Juli 1964. Das CSU-Mitglied Maunz ist bayerischer Kultusminister, bis er, nach dem Bekanntwerden einiger aus der Zeit vor 1945 stammender Texte unter Druck geraten seinen Rücktritt erklärt. Die Veröffentlichungen zu Maunz’ Tätigkeit vor 1945 werden auf politischer Ebene vor allem durch die FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher betrieben. Seine Professur behält er weiter.
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Theodor Maunz bei der Feier seines 90. Geburtstags (1991) |
1958. Er begründet mit Günter Dürig einen der führenden Kommentare zum Grundgesetz, der bis heute als Maunz/Dürig/Herzog/Scholz u. a. von Roman Herzog und Rupert Scholz fortgeschrieben wird.
1981. Er erhält den Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst.
10. September 1993. Er stirbt in München.
Roman Herzog, der selbst zu seinen Schülern gehörte, erklärt: „Maunz war nach 1948/49 mit Sicherheit einer der beherrschenden Verfassungsrechtler der Bundesrepublik Deutschland, man kann auch sagen, er hat das demokratische Verfassungsrecht der Bundesrepublik mitgeprägt.“
Nach Maunz’ Tod erscheint in der National-Zeitung ein Artikel, in dem Maunz dafür gedankt wurde, dass er nicht nur deren Herausgeber, den DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey, seit einem Verfahren gegen ihn nach Artikel 18 des Grundgesetzes (Aberkennung von Grundrechten) in den 1960er Jahren juristisch beraten habe, sondern auch viele Jahre anonym Beiträge für die National-Zeitung verfasst hatte.
Theodor Maunz im Arbeitszimmer seines Wohnhauses in Gräfelfing (Bayern), (1991), Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany, Urheber: Andreas Bohnenstengel