Mittwoch, 7. April 2021

Amigo-Affäre

Max Streibl (Mitte) mit Thomas Goppel (1989)

Amigo-Affäre ist die umgangssprachliche Bezeichnung eines Korruptions- und Bestechungsskandals um den bayerischen Ministerpräsidenten Max Streibl und andere CSU-Politiker, der 1993 zum Rücktritt Streibls führte.

Durch die Amigo-Affäre wird unter anderem  auch bekannt, dass Franz-Josef Strauß von dem millionenschweren Steuerflüchtling Eduard Zwick (1921–1998) Flugzeuge mit Luftfahrzeugkennzeichen wie D-FJSX oder D-EWKX gestellt bekommen hat. Die Buchstabenfolge D-EWKX stand für „Er wird Kanzler“.

Die Amigo-Affäre wurde durch Recherchen der Journalisten Michael Stiller, Christiane Schlötzer-Scotland, Hans Holzhaider, Klaus Ott (Süddeutsche Zeitung) und des Münchener Korrespondenten der Augsburger Allgemeinen, Fridolin Engelfried, durch Material aufgedeckt, das nur von Insidern stammen konnte. Die fünf Journalisten wurden für ihre Arbeit mit dem Wächterpreis der deutschen Tagespresse ausgezeichnet (2. Preis, 1993).

Der Begriff (oft auch nur abgekürzt „Amigo“) wird seitdem insbesondere im Zusammenhang mit der CSU als Synonym für Affären um die Verquickung von Politik und Wirtschaft verwendet. Im Jahre 2013 wurde auch die Verwandtenaffäre von spiegel.de als Amigo-Affäre bezeichnet, da sich die neuen Vorwürfe auch gegen Politiker der CSU richteten.

Geschichte

Januar 1993. Es wird bekannt, dass Max Streibl während seiner Zeit als bayerischer Finanzminister (1977–1988) Zuwendungen von Industrieunternehmen erhalten hat. Streibl wird vorgeworfen, sich aufgrund persönlicher Interessen beim Bundesministerium der Verteidigung für den Zuschlag des deutschen Flugzeugbauers Burkhart Grob Luft- und Raumfahrt GmbH & Co. KG beim Auftrag für das EloKa-System LAPAS eingesetzt zu haben.

Dies soll vor allem im Gegenzug für zwei 1983 von seinem Freund (spanisch bzw. portugiesisch amigo) Burkhard Grob finanzierte Privaturlaube in Brasilien und Kenia und als Dank für Parteispenden desselben geschehen sein. Streibl muss vor dem Landtag einräumen, zweimal auf Kosten Grobs Urlaub in Brasilien gemacht zu haben. Daneben soll Streibl auch beim Bundesministerium für Forschung und Technologie und der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung hohe Fördermittel für seinen Schulfreund Grob erwirkt oder erschlichen haben.

Streibl weist alle Vorwürfe als „Schmutz- und Hetzkampagne“ zurück und bezeichnet seine Beziehung zu Grob als rein private Verbindung.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe erheben Politiker aus der Opposition im Landtag und auch aus den eigenen Reihen Rücktrittsforderungen. Die SPD verlangte einen Untersuchungsausschuss.

Februar 1993. Beim traditionellen Politischen Aschermittwoch der CSU in Passau, begrüßt Streibl sein Auditorium in der Nibelungenhalle mit den Worten „Saludos Amigos!“. Er stellt in seiner Rede die rhetorische Frage „Freunde zu haben, ist das eine Schande bei uns in der CSU?“ Seine Anspielung auf die Verquickung von Politik und Wirtschaft löst großen Beifall und vereinzelte Pfiffe aus. Sein offensichtlicher Versuch, die Sache ins Lächerliche zu ziehen, hat eine verheerende öffentliche Wirkung: Seine Umfragewerte sinken binnen kurzem zeitweilig unter vierzig Prozent und die Attacken aus den Reihen der CSU gegen seine Person nehmen zu.

23. April 1993. Der Untersuchungsausschuss wird  von der regierenden CSU abgelehnt.

Mai 1993. Nach einer Verfassungsklage der SPD setzt die CSU einen Untersuchungsausschuss mit entschärftem Fragenkatalog ein. Aus Protest gegen dieses Vorgehen benennen SPD, Grüne und FDP keine Mitglieder.

27. Mai 1993. Max Streibl tritt schließlich von seinen Ämtern zurück. Nachfolger im Amt des bayerischen Ministerpräsidenten wird Edmund Stoiber.

Bilder aus Wikimedia Commons
Max Streibl (Mitte) mit Thomas Goppel (1989), Lizenz: Creative-Commons „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland“, Namensnennung: Bundesarchiv, B 145 Bild-F083103-0033 / Kuhn / CC-BY-SA 3.0

Quellen