Sonntag, 31. Oktober 2021

Augustus Intelligence

New York City

Augustus Intelligence ist ein US-amerikanisches IT-Unternehmen, das sich angeblich auf Künstliche Intelligenz spezialisiert hat.

Die Gruppe (Handelsregister-Einträge US: 5455792 NY, DE: Amtsgericht München HRB 251180, FR: 882567373) hat ihren Hauptsitz im One World Trade Center im 77. Stock des höchsten Gebäudes der USA in New York City.

Zudem verfügt das Unternehmen nach nach eigenen Angaben über weitere Standorte in Menlo Park (eine Stadt im San Mateo County im US-Bundesstaat Kalifornien), in Paris und München.

Nach eigenen Angaben entwickelt Augustus als B2B-Tech-Unternehmen „durchgehende, vertikal integrierte Lösungen für Künstliche Intelligenz (KI). Sie umfassen Produkte, Dienstleistungen und Infrastruktur, die Unternehmen auf ihrem Weg unterstützen, KI anzuwenden.“ Der Schwerpunkt liege vor allem auf den Techniken Computer Vision und Natural Language Processing (NLP).

Begibt man sich auf die Suche nach Produkten von Augustus, ist das einzige Ergebnis eine Anwendung namens Satisfaction.ai, die einen Chatbot für Kundendienste zur Verfügung stellt. Entwickelt hat die Software einem Bericht des "Handelsblatts" zufolge ursprünglich jedoch ein Startup namens XBrain, das von französischen und belgischen Entwicklern 2012 im Silicon Valley gegründet wurde. Demnach gehört XBrain seit 2020 zu Augustus.

Das von  Wolfgang Haupt geführte Start-up, das die Nähe zu deutschen Politikern wie dem ehemaligen Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) Hans-Georg Maaßen (CDU) sowie dem CDU-Politiker Philipp Amthor sucht, hat seinen Sitz im One World Trade Center auf derselben Etage wie Karl-Theodor zu Guttenbergs eigene Beratungs- und Investmentfirma Spitzberg Partners. August François von Finck investierte 11,4 Mio. Euro in das Unternehmen.

Weitere Investoren waren laut Handelsblatt zwei Geschwister aus dem Swarovski-Clan, die sich mit Millionenbeträgen beteiligten. Ex-Bild-Chefredakteur Kai Diekmann hat demzufolge etwas mehr als 100.000 US-Dollar hineingesteckt. Ein deutscher Professor und Ex-Regierungsbeamter beteiligte sich mit fast einer halbe Million US-Dollar.

Philipp Amthor soll für sein Engagement Aktienoptionen im Wert von 250.000 US-Dollar erhalten haben. Dafür soll es ihm dem Bericht zufolge möglicherweise gelungen sein, einen Großinvestor aus seinem heimatlichen Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern zu gewinnen. Die KRC Beteiligungen, hinter der der Unternehmer Klaus Keunecke aus Strasburg in der Uckermark stehe, habe knapp 1,7 Millionen Dollar in Augustus gesteckt.

Laut dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel gibt es eine Verbindung zwischen der US-amerikanischen Wirtschaftskanzlei White & Case und dem Unternehmen Augustus Intelligence. Das legten Firmenunterlagen von Augustus Intelligence nahe.

Geschichte

Juni 2018. Augustus Intelligence wird gegründet. Die Firma wird im US-Bundesstaat Delaware registriert. Das ist nicht nur eine Adresse, um Steuern zu sparen. Delaware wird auch von vielen Firmen genutzt, um sich eine Briefkasten-Adresse zuzulegen.

Führender Kopf ist der 33-jährige Deutsche Wolfgang Haupt. Er hat nach eigenen Angaben an der privaten Universität Witten-Herdecke und in Harvard Medizin studiert. Auf seinem Profil im sozialen Netzwerk Linkedin gibt er an, bereits mehrere Unternehmen gegründet zu haben. Darunter etwa "StopThirst.org", das laut Webseite Wasserfiltersysteme in Syrien, Jordanien, Westafrika und Panama installiert hat. Außerdem ist zu lesen, dass er Mitgründer eines "personalisierbaren, Direct-to-consumer-Kofferunternehmens" sei. Im Februar war Haupt zu Gast bei "Choose France 2020", einer Investorenkonferenz in Versailles. In einem Statement vor laufender Kamera sagte er damals mit eindringlicher Stimme: "Künstliche Intelligenz verändert die Welt. Jene, die sie beherrschen, werden an der Spitze sein." Außerdem kündigt er an, 50 Millionen Euro in Frankreich zu investieren und 50 neue Jobs zu schaffen.

Mitgründer des Unternehmens ist Pascal Weinberger. Der gebürtige Frankfurter gilt laut Forbes als "Wunderkind" auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz. Ihm wird jedoch vorgeworfen, seinen Lebenslauf auf Linkedin geschönt zu haben. Demnach soll er als Ingenieur für künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen bei Google gearbeitet haben. Doch Google erklärt auf Anfrage von Golem.de, dass Weinberger dort weder als festangestellter noch als zeitlich befristeter Mitarbeiter jemals gearbeitet habe. Anfragen von Golem.de zu seinem Lebenslauf ließ Weinberger unbeantwortet. Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) hat er gesagt, er habe über einen externen Anbieter mit Google gearbeitet und könne wegen strenger Geheimhaltung nicht mehr dazu sagen.

Darüber hinaus behauptet Weinberger, dass er für das Max-Planck-Institut (MPI) für Hirnforschung in Frankfurt am Main geforscht habe. Auf Anfrage von Golem.de teilt das Institut hingegen mit, "Herr Weinberger war zu keinem Zeitpunkt auf ein Forschungsprojekt angesetzt und nicht am MPI für Hirnforschung angestellt. Darüber hinaus hat Herr Weinberger NICHT am Institut gearbeitet oder geforscht." Er sei lediglich für kurzen Zeitraum Praktikant in der Abteilung von Professor Wolf Singer gewesen, "um in die Thematik der Neurophysiologie reinzuschnuppern". Auch das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) verneinte auf Anfrage von Golem.de, dass Weinberger für eine dortige Forschungsgruppe oder als Forschungspraktikant tätig gewesen sei.

Unzutreffend ist zudem die Angabe, für Arabesque Asset Management von April 2016 bis Februar 2017 in London gearbeitet zu haben. Die Vermögensverwaltung teilte auf Anfrage von Golem.de mit, Weinberger sei von Juli 2016 bis Ende Januar 2017 in ihrem Frankfurter Büro im quantitativen Forschungsteam tätig gewesen. Dort habe er hauptsächlich an der Visualisierung von Prozessen und Daten gearbeitet.

Selbst seine Angaben zu Augustus Intelligence auf Linkedin sind unstimmig. So gibt er an, von "Anfang 2019" bis März 2020 der Firma angehört zu haben. Allerdings fallen sämtliche Treffen mit der Bundesregierung in das Jahr 2018. Dennoch wurde Weinberger weltweit auf KI-Konferenzen als Experte herumgereicht und saß auch in der Jury des vom Axel-Springer-Verlag ausgelobten Deutschen KI-Preises. 

9. Juli 2018. Es gibt im Verkehrsministerium ein erstes Kennenlerngespräch mit Wolfgang Haupt und Weinberger, an dem auch Minister Andreas Scheuer (CSU) teilnimmt.

26. September 2018. Das Bundesverkehrsministerium unter Andreas Scheuer erarbeitet derzeit einen "Aktionsplan Digitialisierung und Künstliche Intelligenz". Es kommt zu einem Treffen mit Augustus Intelligence, bei dem die Firma von Wolfgang Haupt und Weinberger vertreten wird.

"Es war ein reiner Gedankenaustausch, bei dem auch die Deutsche Bahn, Bosch, Cargonex, BMW, die Deutsche Telekom und weitere Vertreterinnen und Vertreter aus Forschung und Wissenschaft dabei waren", schreibt die Regierung später.

Es sei dabei um Anwendungen von KI - national und international - gegangen, auch aus Sicht eines Startups. Für das Expertengespräch seien bis zu zwölf Personen aus Wirtschaft und Wissenschaft gesucht worden.

Bei der Auswahl der Personen hätten Fachkompetenz und verschiedene Sichtweisen vom Großunternehmen bis zum Startup im Vordergrund gestanden. Die beiden Vertreter von Augustus Intelligence verfügten über eine Expertise für Künstliche Intelligenz, Deep Learning, Datenplattformen und Blockchain sowie über Kenntnisse im Bereich KI in Amerika und Asien verfügten. “Es war ein reiner Gedankenaustausch”, unterstreicht der Sprecher. Dieser Termin sei auch öffentlich gemacht worden.

Im Protokoll wird als Ergebnis des Treffens festgehalten, es sei nötig eine "große Vision" zu entwickeln: "Sinnvoll könnte ein Joint Venture mit Startup Charakter sein, wobei jeder Partner etwas einbringt (Daten/Geld/Talente)." Weiter heißt es dazu in dem Dokument: "Eine Rechtsform mit staatlicher Ownership sollte Schutz vor 'feindlicher Übernahme' bieten."

2. Oktober 2018. Philipp Amthor schreibt auf offiziellem Briefpapier des Bundestages an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.  „Sehr geehrter Herr Minister“ steht in der Anrede unter dem offiziellen Briefkopf des Deutschen Bundestages – und handschriftlich dahinter: „Lieber Peter“.

Mit dem Brief beginnt die sogenannte Amthor-Affäre. Er belegt, wie der CDU-Bundestagsabgeordnete seine persönlichen Kontakte zu seinem Parteifreund Altmaier für die Interessen eines Unternehmens einsetzte, von dem er später Aktienoptionen und einen Firmenposten erhielt. Amthor spricht von einem „vielversprechende[n] Investitionsvorhaben“.

Altmaier reicht den geplanten Gesprächstermin mit Augustus Intelligence an seinen Parlamentarischen Staatssekretär Christian Hirte weiter, der sich mit Wolfgang Haupt. Zudem vermittelt Amthor mindestens zwei Treffen zwischen Vertretern der Firma und Altmaiers Staatssekretär Christian Hirte

20. November 2018. Es kommt zu einer ersten Videokonferenz zwischen dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Christian Hirte (CDU), und dem Augustus-Geschäftsführer Wolfgang Haupt. Bei dem Treffen ist auch Philipp Amthor anwesend.

26. November 2018. Es kommt zu einem Termin mit Wolfgang Haupt und dessen Chief Technology Officer Pascal Weinberger "unter Anwesenden".

März 2019. Karl-Theodor zu Guttenberg (der bis zu seinem Rücktritt im Jahre 2011 deutscher Kriegsminister war) wird Aktionär bei Augustus Intelligence. Er hält 1,7 Prozent der Anteile.

Mai 2019. Karl-Theodor zu Guttenberg ist im Vorstand des Unternehmens und leitet die Vorstandsabteilung für General Affairs.

3. Juli 2019. Gründung des Standorts in München unter HRB 251180: Augustus Intelligence GmbH, München, Nymphenburger Str. 4, in 80335 München per Gesellschaftsvertrag. Alleiniger eingetragener Geschäftsführer ist der 34-jährige Dr. Daniel Braun mit Wohnsitz in Homburg. Der Wirtschaftsingenieur promovierte 2011–2014 an der Universität Göttingen und begann 2015 bei Roland Berger. Die "Augsburger Allgemeine" hat sich an der angegebenen Adresse im Münchener Stadtteil Maxvorstadt umgesehen. Ein Briefkasten, Klingelschild oder gar Büro von Augustus ist dabei aber offenbar nicht zu finden.

August 2019. Hans-Georg Maaßen nutzt seine Kontakte ins Bundesinnenministerium, um für einen Augustus-Mitarbeiter Informationen darüber einzuholen, ob er die deutsche Staatsangehörigkeit zurückbekommen kann.

3. September 2019. Karl-Theodor zu Guttenberg schreibt eine E-Mail an Merkel, in der es um die beiden Unternehmensgründer geht, laut Bundesregierung „offenbar mit dem Ziel eines Gesprächs“. Die Werbeaktion Guttenbergs bei Merkel verläuft jedoch ohne Erfolg. "Die Bundeskanzlerin bat daraufhin die Abteilungsleiterin 6 um Einschätzung zu der Firma. Recherchen auf Arbeitsebene zu der Firma Augustus Intelligence Incorporated brachten jedoch keine belastbaren Ergebnisse", heißt es in der Antwort der Regierung. Guttenbergs E-Mail "blieb daher unbeantwortet". Mit den Firmengründern sei ebenfalls nicht kommuniziert worden.

Dezember 2019. Karl-Theodor zu Guttenberg entlässt in seinem New Yorker Büro zwei leitende Augustus-Angestellte (Marco Pacelli und Ed Crump), denen das Start-up vorwirft, geistiges Eigentum gestohlen, Kunden abgeworben und eine Konkurrenz-Firma namens Quantum Intelligence gegründet zu haben. Beide klagen anschließend vor einem New Yorker Gericht gegen das Unternehmen und werfen ihm dubiose Geschäftspraktiken und Verschleierungsaktivitäten vor. Augustus wiederum fordert Schadensersatz von Crump und Pacelli.

Aus einer Klage, die vor einem New Yorker Gericht eingereicht wird, zitiert der "Spiegel": "Ziehen Sie den Vorhang beiseite", dann werde sichtbar, dass die Geschäftspraktiken von Augustus Intelligence von "Betrug, Illegalität und Korruption durchdrungen" seien. Augustus Intelligence sei eine "illegitime Organisation", schreiben die Anwälte der beiden Ex-Manager. Es gehe bei der Firma darum, dass sich, "ihr hochrangiges und politisch vernetztes Führungspersonal bereichern und sich vor Konsequenzen für ihr Gebaren schützen kann". Die Kläger schreiben zudem, die angeblich innovativen Produkte, mit denen Augustus geworben habe, seien "aus öffentlich verfügbaren Programmiercodes zusammengehauene" Demoversionen gewesen. "In Wahrheit", so zitiert der "Spiegel" die Klage der Ex-Mitarbeiter, "hatte die Firma das behauptete Funding nicht, hatte auch kein Produkt und weder substanzielle Kunden noch Einnahmen."

März 2020. Laut dem "Spiegel"-Bericht, der Amthor in Bedrängnis bringt, beschäftigt Augustus derzeit  insgesamt 80 Mitarbeiter und gibt an, Datenzentren in den USA zu betreiben, sowie Software zur Gesichts- und Objekterkennung verkaufen zu wollen. Zudem sei Spracherkennungssoftware in Planung. Die Firma stünde damit in direkter Konkurrenz zu milliardenschweren Tech-Konzernen wie Google, Amazon oder Microsoft.

Ab Mitte 2020. Stefan von und zu Liechtenstein ist Beiratsvorsitzender. Er investierte rund 5 Mio. Euro.

Juni 2020. Das Unternehmen rückte aufgrund einer Lobbyismus-Affäre durch den CDU-Politiker Phillipp Amthor in den Fokus der Medien. Der Spiegel berichtet, dass Philipp Amthor im Herbst 2018 mit einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) um politische Unterstützung für das Unternehmen gebeten hatte. Gleichzeitig erhielt Amthor Aktienoptionen, die es ihm ermöglichten, finanziell vom Erfolg des Unternehmens zu profitieren.

Das Bundesverkehrsministerium hatte 2020 mitgeteilt, dass das durch die Causa Amthor in die Kritik geratene US-Unternehmen Augustus Intelligence Kontakte zum Ministerium hatte, aber nicht finanziell unterstützt wurde. Ein Sprecher erläuterte, das Verkehrsministerium habe einen „Aktionsplan Digitalisierung und künstliche Intelligenz in der Mobilität“ erarbeitet und damit die „Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung“ unterstützt. In diesem Zusammenhang habe es Gespräche und Austausch mit Augustus Intelligence und Forschungseinrichtungen gegeben, zum Beispiel am 26. September 2018 in Berlin.

17. Juni 2020. Wer auf dem Berufe-Netzwerk LinkedIn nach Mitarbeitenden des angeblich aufstrebenden Startups sucht, findet dort lediglich eine einzige Angestellte, die in Paris lebt und als "Chief Business Officer" bei dem Unternehmen arbeitet. Zuvor war die Frau in leitender Funktion beim französischen Ableger des Unternehmensberaters Roland Berger tätig.

 Bekannt ist auch, dass der aus Frankreich stammende Unternehmensberater Charles-Édouard Bouée als "Verantwortlicher Präsident für Geschäftsangelegenheiten" fungiert. Zuvor war er Chef der Unternehmensberatung Roland Berger.

Dass sich keiner der angeblich 79 weiteren Mitarbeitenden bei LinkedIn findet, ist bei einem Unternehmen mit diesen exponierten Geschäftsfeldern eine weitere Ungereimtheit. Gerade wer in diesem Markt arbeitet, zeigt das normalerweise in seinem Job-Profil an und nennt auch den Arbeitgeber. Im Silicon Valley, wo besonders aktiv im Bereich der Künstlichen Intelligenz geforscht und gearbeitet wird, gehört das LinkedIn-Profil zum Standard.

Selbst Unternehmen wie Palantir Technologies das für Polizeibehörden und das US-Verteidigungsministerium arbeitet und Überwachungssoftware herstellt, ist mit mehr als 2400 aktiven oder ehemaligen Mitarbeitenden bei LinkedIn vertreten. Von Augustus Intelligence aber gibt es da fast keine Spur.

Berichte in US- Wirtschaftsmedien oder Startup-Blogs gibt es auch nicht. Und das, obwohl das KI-Unternehmen durchaus solide Finanzierungserfolge  vorzeigen kann.

18. Juni 2020. "Sichere Lösungen für Künstliche Intelligenz" wolle Augustus Intelligence bereitstellen, heißt es auf der Webseite des Unternehmens. Die Vision sei es, zum "führenden Gateway" für KI-Lösungen zu werden. Zudem finden sich dort 20 Stellenausschreibungen für die Niederlassungen in New York und Paris. 

Augustus Intelligence reagiert in einer Mitteilung auf die Berichterstattung über ihre Kontakte zu Philipp Amthor. Darin heißt es unter anderem: "Als B2B-Tech-Unternehmen entwickelt Augustus durchgehende, vertikal integrierte Lösungen für künstliche Intelligenz (KI). Sie umfassen Produkte, Dienstleistungen und Infrastruktur, die Unternehmen auf ihrem Weg unterstützen, KI anzuwenden." Dabei liege der Schwerpunkt vor allem auf den Techniken "Computer Vision" und "Natural Language Processing (NLP)".

Der Hauptsitz des Unternehmens befinde sich in New York, mit weiteren Büros in "Menlo Park, Paris und München". Es arbeiteten rund 80 Mitarbeiter für das Startup, und es sei "zu 100 Prozent von privaten Investoren finanziert, hat keine öffentlichen Schulden und erfüllt selbstverständlich sämtliche anwendbaren Regelungen und Steuervorschriften." Das Unternehmen befinde sich derzeit "im sogenannten 'Stealth Mode', eine übliche Praxis im Wagniskapitalbereich bei Unternehmensgründungen in der Frühphase - vor allem in den USA".

Damit schütze ein Startup seine Ideen, sein Team und seine Organisationsstruktur "gegenüber größerer, meist über mehr Ressourcen verfügender Konkurrenz." Das sei auch der Grund, weshalb Mitarbeiter von Augustus Intelligence ihren Arbeitgeber derzeit noch nicht auf LinkedIn oder ähnlichen Plattformen veröffentlichen, Büros nicht aktiv beworben werden und "online bisher noch vergleichsweise wenig Informationen zu finden sind".

19. Juni 2020. Das Unternehmen teilt mit, dass der Gründer und CEO des Unternehmens, Wolfgang Haupt, sein Mandat vorübergehend aussetzt. Der Vorsitz des Vorstandes wird übergangsweise von Chefjustiziar Ramsey Taylor übernommen, bis der Vorgang um Philipp Amthor durch eine unabhängige Untersuchung aufgeklärt sei.

Das Bundesverkehrsministerium weist darauf hin, dass das im Fall Philipp Amthor in die Kritik geratene US-Unternehmen Augustus Intelligence vom Ministerium nicht finanziell unterstützt wird. Ein Sprecher räumt allerdings ein, dass es Kontakte zu dem Unternehmen gegeben habe.

25. Juli 2020. Nach Recherchen des Handelsblatts war Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU)  Teil einer WhatsApp-Gruppe, in der sich die Augustus-Gründer Wolfgang Haupt und Pascal Weinberger mit ihm austauschten. Scheuers Büro beantwortete offenbar weder Fragen des Handelsblatts nach dem Grund für eine solche Chat-Gruppe, noch Fragen zu ihrer Dauer und der Zahl der ausgetauschten Nachrichten.

November 2020. Das Handelsblatt berichtet, Augustus habe wegen finanzieller Schwierigkeiten einen Großteil seiner Belegschaft entlassen. Einen Großteil der bislang eingesammelten 34,5 Millionen US-Dollar habe das deutsch-US-amerikanische Startup mangels Strategie und vorzeigbarem Produkt vergeudet. Von 94 Mitarbeitern im Frühjahr dieses Jahres seien noch 34 übrig geblieben.

Der aktuelle Umsatz des Unternehmers werde derzeit fast ausschließlich aus den Einnahmen von Moblty generiert, einem Startup, das von Augustus im Jahr 2019 übernommen wurde. Moblty verkauft demnach smarte Bildschirme für Einzelhandelsfilialen, verdient damit jedoch noch kein Geld. Dem Bericht zufolge hat Augustus in jüngster Zeit keine Neukunden gewinnen können, will nun aber neues Geld von Investoren einsammeln.

8. Februar 2021. Augustus Intelligence reicht vor dem Berliner Verwaltungsgericht Klage gegen das Bundeswirtschaftsministerium ein. Es geht um das Lobbyschreiben, in dem Philipp Amthor bei Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) um politische Unterstützung für Augustus warb. Das Unternehmen will mit der Klage verhindern, dass abgeordnetenwatch.de und die Initiative fragdenstaat.de eine weitgehend ungeschwärzte Fassung jenes Briefes erhalten, in dem Amthor den Bundeswirtschaftsminister im Herbst 2018 um politische Unterstützung für das Startup bat (Aktenzeichen 2 K 93/21). Das pikante Schreiben ist bis heute nicht öffentlich geworden.

April 2021. Es wird bekannt, dass Augustus Intelligence bei einem Gericht in Wilmington im Bundesstaat Delaware einen Antrag auf Insolvenz gestellt – nach US-amerikanischem Recht auch „Chapter 11“ genannt. 

Das Restrukturierungsverfahren soll Konflikte mit Investoren lösen, sagt der Sanierungsbeauftragte Brian Ryniker dem Wall Street Journal. Es gebe Rechtskonflikte mit früheren Angestellten und Ermittlungen der Börsenaufsicht. Das Verfahren ist nicht direkt mit einer deutschen Insolvenz vergleichbar. Unternehmen in den USA können auf diese Weise ihre Schulden restrukturieren. Das Unternehmen spricht in einer Stellungnahme von einem "bedrohlich niedrigen" Bargeldbestand.

20. Juli 2021. Vor einiger Zeit drängte FragDenStaat mit einer Klage gegen das Verkehrsministerium darauf, dass die Behörde WhatsApp-Nachrichten von Andreas Scheuer herausgeben muss, die der Minister im Zusammenhang mit seiner Unterstützung für das auch von Philipp Amthor (CDU) beworbene US-Unternehmen Augustus Intelligence verschickt hat.

Weil die Transparenzinitiative nicht ausschloss, dass Scheuer die Nachrichten löschen könnte, reichte sie im Frühjahr einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Berlin ein. Das Gericht sollte Scheuer untersagen, die Nachrichten zu vernichten.

Das Verkehrsministerium gab daraufhin überraschend zu Protokoll, die Nachrichten seien auf den Mobiltelefonen von Scheuer "nicht mehr" vorhanden. Aus einem internen Vermerk des Ministeriums geht hervor, dass Scheuers Haus geplant hat, gegenüber FragDenStaat möglichst lange Zeit nicht mitzuteilen, ob die Nachrichten vorlägen.

Besonders pikant daran ist, dass das Verkehrsministerium die Nachrichten gelöscht haben könnte, um eine gerichtliche Entscheidung auf Herausgabe der Nachrichten zu vermeiden. Wie aus internen Akten des Ministeriums hervorgeht, lagen der Behörde nach der ursprünglichen Anfrage von FragDenStaat.de noch Informationen vor.

Da Scheuers Beamten offenbar annahmen, dass der Auskunftsantrag von FragDenStaat zu einer Klage führen könnte, ließen sie sich bereits bei der Bearbeitung ihres Widerspruchs von der Anwaltskanzlei KPMG Law vertreten. Die Kanzlei fertigte ein 26-seitiges Gutachten zur Frage an, ob die Nachrichten herausgegeben werden müssen. Auch dieses Gutachten wird bisher geheim gehalten.

25. Juli 2021.  Recherchen des „Handelsblattes“ zufolge soll Augustus Intelligence-CEO Wolfgang Haupt gemeinsam mit Unternehmensgründer Pascal Weinberger „ungeplant“ dem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) während des Wirtschaftsforums 2019 in einem Restaurant in Davos begegnet sein. 

Demnach hätten die beiden Augustus-Vertreter dort gegessen, den Minister entdeckt und ihn angesprochen. „Inhaltlich sprach man über das Weltwirtschaftsforum und das Thema Künstliche Intelligenz“, erklärte das Verkehrsministerium dem „Handelsblatt“.

Das Gespräch im Schweizer Restaurant muss für die beiden Start-up-Unternehmer erfolgreich gewesen sein, denn die Zeitung berichtet ebenfalls über eine gemeinsame Whats-App-Gruppe, die Scheuer, Weinberger und Haupt unterhielten. Scheuers Büro soll weder Fragen der Zeitung nach dem Grund für eine solche Chat-Gruppe, noch zu ihrer Dauer und der Zahl der ausgetauschten Nachrichten beantwortet haben.

17. Oktober 2021. Wolfgang Haupt stirbt beim Absturz eines Hubschraubers vom Typ Robinson R44 über einem Wald bei Buchen in Baden-Württemberg – nahe der Grenze zu Hessen und Bayern. Dabei sterben auch zwei weitere Personen: der Chef einer Entsorgungsfirma und dessen 18 Jahre alter Sohn, ein Mitglied der Jungen Union. Gestartet ist der einmotorige Helikopter laut Polizei und Staatsanwaltschaft im mittelfränkischen Herzogenaurach.

Den Vorsitz des Vorstandes bei Augustus Intelligence übernimmt Chefjustiziar Ramsey Taylor.

21. Oktober 2021. Die Website von Augustus Intelligence ist deaktiviert bzw. nicht mehr erreichbar. Der Geschäftsbetrieb wurde eingestellt.

29. Oktober 2021. Wolfgang Haupt soll Wochen vor seinem Tod Morddrohungen erhalten haben. Das berichtet der "Focus" unter Berufung auf Angehörige und Mitarbeiter. Demnach sei Haupt mehrmals von einem anonymen Anrufer mit arabischem Akzent "massive Gewalt" angedroht worden.

Bilder aus Wikimedia Commons
New York City, Lizenz: Creative-Commons „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 1.0 generisch“ (US-amerikanisch), Urheber: Nadavspi

Quellen