Geldfluss zwischen einigen Non-Profit-Organisationen, welche etwas mit den Koch-Brüder zu tun haben, im Jahr 2012 |
Das Unternehmen expandierte vor allem, indem es andere Firmen und Erschließungsrechte kaufte (siehe die Liste weiter unten). Dabei war es außerordentlich erfolgreich. Koch Industries ist die zweitgrößte nicht börsennotierte Gesellschaft in den Vereinigten Staaten.
Das Unternehmen wird nach Prinzipien geführt, die Charles Koch als Market-Based Management („Markt-basiertes Management“) zusammenfasst. Alle Mitarbeiter stehen wie Unternehmer in der Marktwirtschaft miteinander in einem Wettbewerb, weil ihre Bezahlung zu großen Teilen aus erfolgsabhängigen Boni besteht. Im Einklang mit dem politischen Engagement der Koch-Brüder für eine Reform der US-Strafjustiz gehört Koch Industries zu den wenigen großen Unternehmen, die ausdrücklich ehemalige Straftäter nach Verbüßung der Strafe einstellen.
Steve Feilmeier ist Chief Financial Officer.
Die Inhaber Charles und David Koch betätigen sich über Koch Industries politisch im libertär-konservativen und rechtspopulistischen Lager.
Die Koch-Brüder leiten die Koch Family Foundation, eine politische Stiftung. Diese gilt als einer der einflussreichsten Sponsoren von klimaskeptischen Positionen. Neben umfangreichen Spenden für konservative Denkfabriken war sie auch verantwortlich für den Aufbau von Organisationen wie dem Cato Institute und Americans for Prosperity. Koch Industries finanziert ein „Netzwerk der Verleugnung“, um die Glaubwürdigkeit bestimmter Wissenschaftler systematisch zu diskreditieren und Klimagesetze zu verhindern.
Zudem kam den Koch-finanzierten Frontorganisationen Americans for Prosperity and FreedomWorks über Astroturfing-Kampagnen eine einflussreiche Rolle bei der Formierung der Tea-Party-Bewegung zu; zugleich animierten sie die Tea-Party-Bewegung dazu, ihr Interesse auf die globale Erwärmung zu lenken. Die Koch-Brüder unterstützen die Tea-Party-Bewegung zudem finanziell und organisatorisch.
Laut Greenpeace flossen zwischen 1997 und 2008 fast 48 Millionen US-Dollar von Koch Industries in die Arbeit von Organisationen unter deren Tätigkeiten auch die Verbreitung von Klimaskeptizismus ist. Nachdem Ende der 2000er Jahre die Finanzierung von Klimaleugnergruppen u. a. durch Koch Industries und Exxon Mobil öffentlich gemacht wurde, ging die Zahl direkter Zuwendungen deutlich zurück, während die Finanzierung durch den Donors Trust rapide anstieg. Dieser leitet Spenden anonym weiter, wodurch die ursprüngliche Herkunft der Gelder nicht mehr nachweisbar ist. Dieser Prozess wird in der wissenschaftlichen Literatur als Verschleierung der Spendenherkunft interpretiert.
Geschichte
1925. Fred C. Koch gründet zusammen mit seinem Klassenkameraden Lewis E. Winkler ein Ingenieurbüro in Wichita (Kansas) mit dem Namen Winkler-Koch Engineering Company.
1927. Die beiden entwickeln ein neuartiges und effizientes thermisches Crackverfahren, um aus Rohöl Benzin zu gewinnen, und bedrohen damit den Wettbewerbsvorteil der etablierten Ölgesellschaften, die daraufhin Klage wegen Patentverletzung erheben. Vorübergehend ist das Unternehmen von Geschäften in den Vereinigten Staaten ausgeschlossen und wendet sich anderen Märkten zu.
1929 und 1932. Winkler-Koch baut in der Sowjetunion 15 Crackanlagen. Während dieser Zeit lernt Koch den Sozialismus des Stalin-Regimes kennen.
1934 und 1935. Koch ist am Bau einer der größten Ölraffinerien des Dritten Reichs in Hamburg beteiligt.
1940. Fred Koch gründet mit neuen Partnern die Wood River Oil and Refining Company, die nach seinem Tod in Koch Industries umbenannt wird.
1946. Das Unternehmen erwirbt Rock Island Oil & Refining Co. in Oklahoma.
1959. Umbenennung in Rock Island Oil and Refining. Fred Koch beteiligt sich mit 35 Prozent an der Great Northern Oil Company in Saint Paul (Minnesota).
1960. In seinem Buch A Business Man Looks at Communism beschreibt Koch die Sowjetunion als ein „Land mit Hunger, Armut und Terror“. Der Umsatz der Wood River Oil and Refining Company liegt bei 70 Mio. US-Dollar.
1967. Wood River Oil and Refining Company wird in Koch Industries umbenannt. Koch Industries gehört nach dem Tod Fred C. Kochs mehrheitlich seinen Söhnen Charles und David Koch (jeweils zu 42 Prozent). Präsident und Vorstandschef ist Charles Koch.
Pine Bend Raffinerie in Rosemount |
Ab den 1970er Jahren. Koch Industries ist zunehmend in Rechtsstreitigkeiten verwickelt, insbesondere wegen Nichteinhaltung von Umweltschutzvorschriften. Charles Koch betrachtet derartige Vorschriften als eine „totalitäre“ Einmischung in seine Freiheit als Unternehmer.
1977. Koch übernimmt Abcor, die im Jahre 1985 in Koch Membrane Systems umbenannt wird.
1978. Charles Koch ruft im Libertarian Review andere Unternehmer zu einem radikalen Widerstand gegen jegliche staatliche Einmischung auf: „We should not cave in the moment a regulator sets foot on our doorstep. […] Do not cooperate voluntarily; instead resist wherever and to what extent you legally can. And do so in the name of justice.“ („Wir sollten nicht nachgeben, wenn ein Regulierer unser Gelände betritt. [...] Kooperiert nicht freiwillig, sondern wehrt euch, wo und soweit ihr das legal könnt. Und tut das im Namen der Gerechtigkeit.)“
1980er Jahre. Um ihre radikal konservativ-libertären Ansichten in der Wissenschaft zu etablieren, finanzieren die Kochs die Gründung des Mercatus Centers an der damals noch unbedeutenden George Mason University in der Nähe von Washington und sind danach auch die wichtigsten Geldgeber für diese Denkfabrik, die im Rahmen einer staatlich geförderten Universität laut Kritikern vor allem den Interessen von Koch Industries dient. Zusammen mit dem angeschlossenen, ebenfalls Koch-finanzierten Institute for Humane Studies entfaltet es eine bedeutende Wirkung etwa auf die Steuerpolitik Ronald Reagans. Ein Vertreter der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, James M. Buchanan, erhält 1986 den Nobelpreis.
1981. Das Unternehmen übernimmt eine Raffinerie von Sun Oil in Corpus Christi (Texas).
1986. Übernahme der C. Reiss Coal Company.
1989. Übernahme der Vermögenswerte der John Zink Company.
Der US-Senat veranlasst eine Untersuchung aufgrund von Anschuldigungen, Koch Industries stehle planmäßig und in großem Stil Rohöl aus Indianer-Reservaten, indem sie Messungen der entnommenen Mengen fälschten. Das Unternehmen übt in diesem wie in anderen vergleichbaren Fällen Druck auf Zeugen aus und versucht sie zu diskreditieren. Außerdem vergeben die Kochs Spenden an beteiligte Politiker, darunter der Senator Don Nickles. Dieser sorgt dafür, dass der für den Fall zuständige Staatsanwalt ausgetauscht wird, und unter der Leitung des Nachfolgers lässt die Grand Jury das Verfahren einstellen. Einer der an dem Fall beteiligten FBI-Agenten, Richard Elroy, quittiert daraufhin den Dienst und setzt seine Untersuchungen im Auftrag von Bill Koch, einem Bruder der Firmenchefs, der mit ihnen im Streit liegt und ihnen illegale Machenschaften nachweisen möchte, als Privatdetektiv fort, wobei er über die Jahre etwa 500 mögliche Zeugen befragt. 1999 kommt es zu einem erneuten Prozess, und Koch Industries wird des Betrugs in 24.587 Fällen für schuldig befunden.
1992. Erwerb der United Gas Pipeline.
1993. Erwerb der Elf Asphalt.
1997. Erwerb der Delhi Group.
1998. Purina Mills, ein amerikanischer Futtermittelhersteller, wird übernommen. Zudem werden Anteile an der Polyester-Sparte der Hoechst AG erworben. Hieraus wird das spätere Tochterunternehmen KoSa gebildet.
1999. Zu einer besonders hohen Strafe von 296 Mio. US-Dollar wird Koch Industries verurteilt, nachdem bei einer Explosion von aus einer defekten Pipeline ausgetretenem Gas zwei Menschen getötet worden sind. Das Gericht erkennt nicht nur auf Fahrlässigkeit, sondern auf Böswilligkeit, weil dem Unternehmen der extrem schlechte Zustand der zuvor bereits stillgelegten Pipeline bekannt war und die Anwohner nicht vor der Gefahr gewarnt wurden, die von dieser unterirdischen Pipeline ausging.
Nach diesen juristischen Niederlagen verkauft Koch Industries große Teile seiner Pipelines, steigt in großem Stil in den Finanzsektor ein und diversifiziert sich u. a. durch die Übernahme der Kunstfaser-Sparte von DuPont für 4 Mrd. US-Dollar und des Holzverarbeitungs-Konzerns Georgia-Pacific für 21 Mrd. US-Dollar.
2000. Ein US-Konkursgericht storniert die Übernahme der Purina, um diese zu erhalten.
2001. Partnerschaft mit Entergy Corporation, in die auch die United Gas Pipeline eingebracht wird
2003. Erwerb der Düngemittelsparte aus der Konkursmasse von Farmland Industries.
2004. Entergy-Koch wird wieder verkauft. Erwerb der INVISTA Fasern und Harze von DuPont und Zusammenschluss mit KoSa (ehem. PE-Sparte von Hoechst). - In Deutschland dann tätig als INVISTA Resins & Fibres GmbH.
2005. Erwerb der italienischen Industrie Meccaniche di Bagnolo SpA und Umbenennung in Koch Heat Transfer Company Srl. und Erwerb der Georgia-Pacific. Das ist die größte Übernahme in den USA. Übernahme der Puron AG aus Aachen, einem Membran-Hersteller für Wasseraufbereitungsanlagen.
2012. Übernahme der Guardian Industries Corp (Glasherstellung, Hauptsitz Auburn Hills/Michigan, Standorte weltweit).
Koch Industries ist weiterhin einer der größten Umweltverschmutzer in den USA und wird von der Environmental Protection Agency (EPA) als größter Produzent von Sondermüll identifiziert. Zudem avanciert das Unternehmen durch die Übernahmen zu einem der größten Produzenten von Formaldehyd, das dann offiziell als krebserregend eingestuft wird. Koch Industries versucht, gegen diese Klassifizierung vorzugehen. In diesem Kontext wird bekannt, dass David Koch im Beirat des National Cancer Institute sitzt, das bei solchen Entscheidungen mitwirkt. Koch zeigt sich empört, als ihm deshalb ein Interessenkonflikt unterstellt wird.
2013. Übernahme von Molex für rund 7,2 Mrd. US-Dollar.
2014. Übernahme der Flint Group, dem zweitgrößten Druckfarbenhersteller weltweit.
Es wird bekannt, dass die Koch-Stiftung über Spenden an die Florida State University versucht, gezielt Professoren mit libertären Ansichten in der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften zu platzieren und so Einfluss auf das Lehrangebot zu nehmen. Insgesamt gaben die Charles Koch-Foundation und drei weitere, von Koch geführte Organisationen 106 Mio. US$ an US-Universitäten, davon 77,7 Mio. US$ an die George Mason University, vor allem an das dort angesiedelte Mercatus Center und das dortige Institute for Humane Studies. An der Western Carolina University finanzierten Koch-Stiftungen das Center for the Study of Free Enterprise. Befürchtungen, dass über die Zuwendungen Einfluss auf Forschung und Lehre genommen werden soll, um eine von Charles Koch und seinem Strategen Richard Fink entworfene Strategie sozialer Änderungen umzusetzen, führen zu Widerstand an einigen Universitäten.
2016. Für das Vorfeld der Wahlen (darunter die Präsidentschaftswahl, die Wahl des Repräsentantenhauses, die Wahl von 34 der 100 US-Senatoren und die Wahl zahlreicher Gouverneure) setzen die Gebrüder Koch das Ziel, 900 Mio. Dollar einzusammeln. Dies wäre der höchste Wert, der jemals von Privatpersonen im Wahlkampf eingesetzt worden wäre.
Zu den von ihnen mit Millionensummen unterstützten Politikern gehören der Vizepräsident Mike Pence und Scott Pruitt, ein erklärter Klimawandelleugner und US-Umweltminister 2017 bis Juli 2018. In Donald Trumps Übergangsteam haben etwa ein Drittel aller Personen Verbindungen zum Koch-Netzwerk.
2018. Der Umsatz ist nun auf 110 Mrd. US-Dollar angestiegen.
Bis Mitte 2018. David Koch ist Vize-Präsident, dann zieht er sich aus gesundheitlichen Gründen zurück.
Bilder aus Wikimedia Commons
Pine Bend Raffinerie in Rosemount, Lizenz: Creative-Commons „Namensnennung 2.0 generisch“ (US-amerikanisch), Urheber: Tony Webster from Minneapolis, Minnesota, United States
Geldfluss zwischen einigen Non-Profit-Organisationen, welche etwas mit den Koch-Brüder zu tun haben, im Jahr 2012, Lizenz: Creative-Commons „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“, Urheber: Robert Maguire
Quellen