Donnerstag, 28. Februar 2019

Christopher Steele (Ex-MI6-Agent)

Hauptsitz des MI6 am Vauxhall Cross
im London Borough of Lambeth
Der  ehemalige britische Geheimdienstmitarbeiter (MI6) Christopher Steele wurde am 24. Juni 1964 in Aden, in der Südarabischen Föderation geboren.

 Er soll in den 90er Jahren vom britischen „Secret Intelligence Service (SIS) – besser bekannt unter dem Akronym MI6 – als Spion in Russland eingesetzt worden sein. Insgesamt habe er sich zwanzig Jahre lang mit dem Land beschäftigt.

Anfang Januar 2017 wird er durch einen 35-seitigen Bericht bekannt,  der schwere Vorwürfe gegen den künftigen US-Präsidenten Donald Trump erhebt.

In dem Bericht heißt es, dass Russland Trumps Aufstieg seit Jahren gezielt gefördert habe, unter anderem durch Geheimdienstaktionen. Im US-Wahlkampf habe es einen permanenten Austausch zwischen Trumps Stab und Kreml-Mitarbeitern gegeben. Das Ziel sei gewesen, die Wahl Hillary Clintons zur US-Präsidentin zu verhindern und Spaltung in das westliche Bündnis zu tragen. 

Donald Trump und Russland weißen diese Vorwürfe vehement zurück.

Steele gilt als seriös und angesehen. Die Zeitung „The Times“ zitiert allerdings auch eine kritische Geheimdienstquelle. Steele sei "etwas angeberischer und weniger in der Wirklichkeit verankert, als man dies von einem früheren SIS-Mann erwarten würde ... Nicht jeder ist übermäßig beeindruckt von seiner Arbeit gewesen, aber er hat persönlich eine erfolgreiche Karriere hingelegt."

Laut "The Times" soll Steele auch mit dem russischen Agenten und späteren Dissidenten Alexander Litwinenko in London zusammengearbeitet haben. 2006 wurde Litwinenko mit radioaktivem Polonium ermordet.

Steele wohnt im Dorf Runfold in Surrey, einem Landkreis südlich von London in einem Haus aus rotem Backstein. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.

Leben

24. Juni 1964. Christopher Steele wird in Aden, in der Südarabischen Föderation geboren.  Sein Vater ist bei den Streitkräften des Vereinigten Königreichs. Steele wächst in Surrey bei London auf und besucht später das Girton College der Elite-Universität Cambridge. Während seiner Zeit in Cambridge schreibt er für die Studentenzeitung Varsity

1986. Er steht der Cambridge Union Society, dem studentischen Debattierclub, als Präsident vor, sein Counterpart in der Oxford Union ist Boris Johnson. Im gleichen Jahr macht er seinen Abschluss in Sozial- und Politikwissenschaften (social and political sciences).

Ab 1990. Er ist offiziell als Zweiter Sekretär an der britischen Botschaft in Moskau unter dem Botschafter Rodric Braithwaite im Dienst. 

1998. Er wird als Erster Sekretär an der Botschaft in Paris geführt

2003. Er arbeitet offiziell im britischen Außenministerium.

März 2009. Er gründet den "Sicherheits- und Ermittlungsdienst" Orbis Business Intelligence Ltd. in London. Er führt diesen gemeinsam mit Christopher Burrows, einem weiteren ehemaligen MI6-Agenten. Das Unternehmen hat seinen Firmensitz in Grosvenor Gardens in der Nähe der London Victoria Station, nur unweit des Buckingham Palace-
Nach seinem Ausscheiden aus dem MI6 untersucht er offenbar mit seinem Unternehmen Orbis Business Intelligence für die britische Regierung den Korruptionsskandal bei der FIFA.Großbritannien hofft darauf, die Weltmeisterschaft 2018 oder 2022 austragen zu können, die später an Moskau und Katar geht.
Nach Recherchen von Steele soll die Einbindung des Gazprom-Konzerns und die Verpflichtung von Roman Abramowitsch und anderen Oligarchen den Ausschlag für die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 an Russland gegeben haben. Dabei soll es auch zu einer „WM-Allianz“ zwischen Russland und Katar, das die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 ausrichten soll, gekommen sein. Diese Allianz wäre zwischen Wladimir Putin und dem damaligen Emir von Katar Hamad bin Chalifa Al Thani zusammen mit einem gemeinsamen Geschäft zur Erschließung von Gasvorräte auf der Jamal-Halbinsel geschlossen worden. Eine wesentlich Rolle habe darin auch Mohamed bin Hammam, ein Jugendfreund von Hamad, gespielt. Der Sportfunktionär und Multimillionär war langjähriges Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees, wurde aber am 17. Dezember 2012 wegen Korruption endgültig lebenslang gesperrt.
Mit diesen Recherchen hätte Steele sich in Ermittlerkreisen Anerkennung erworben. Sie hätten mit dazu beigetragen, dass in der Schweiz mehrere FIFA-Funktionäre festgenommen und an die US-amerikanischen Justizbehörden ausgeliefert wurden.

Sommer 2010. Im Zuge der Recherchen zum Korruptionsskandal bei der FIFA kommt es zu einem Treffen zwischen Steele und FBI-Beamten. Das FBI soll auch wegen Steele eine Untersuchung des Korruptionsskandals angeordnet haben, die zahlreiche Klagen und den Rücktritt von dem damaligen Präsidenten Sepp Blatter zufolge hat.

September 2015. Ein republikanischer Kontrahent Donald Trumps beauftragt eine Washingtoner Recherchefirma, Fusion GPS. Sie sollt belastendes Material über den Trump zusammentragen. Wer der Geldgeber ist, wird nicht bekannt. Glenn Simpson soll Fusion GPS führen, ein ehemaliger Reporter des "Wall Street Journal".

Frühjahr 2016. Donald Trump avanciert zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner. Daraufhin verliert seine Partei das Interesse an dem Material und die Demokraten springen ein. Unter anderer Schirmherrschaft wird weiter nach Belastendem geforscht. Der "Guardian" merkt an, dass es sich auch um einen einzelnen Geldgeber gehandelt haben könnte und der Auftrag damit nicht zwingend aus dem direkten Umfeld der Clinton-Kampagne stammen muss. Simpson beauftragt wiederum Steele mit dem Dossier.

Juni bis Dezember 2016. Steele, der über Russisch-sprechende Mitarbeiter seine Informanten kontaktierte, schreibt seine Erkenntnisse in Form von Memos auf und gibt sie an Fusion GPS weiter. Es handelt sich um schwere Vorwürfe gegen den künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Trump soll angeblich Prostituierte in Moskau für ungewöhnliche Dienste bezahlt haben. Die "Dienste" sollen vom russischen Geheimdienst FSB in einem Hotelzimmer des Moskauer „Ritz Carlton“ gefilmt worden sein. Sein Wahlkampfteam soll im Austausch mit Russland gestanden haben und er soll versucht haben, zwielichtige Geschäfte in Russland einzufädeln.

18. November 2016. Sir Andrew Wood, britischer Botschafter in Moskau von 1995 bis 2000, ist von einem 35-seitigen Dossier über Donald Trump, das durch Christopher Steele (Ex-MI6-Agent) zusammengestellt wurde, „derart beunruhigt“, dass er Senator John McCain während des Halifax International Security Forums in Kanada daraufhin anspricht.

Dieser schickt daraufhin einen Vertrauten nach London, der sich dort mit dem Verfasser treffen soll. Am Flughafen kommt es zu einer bizarren Szene wie aus einem Agenten-Thriller: Der Abgesandte McCains soll nach einem Mann Ausschau halten, der sich hinter einer Ausgabe der "Financial Times" verberge, berichtet der "Guardian". So finden sie sich, in Steeles Haus tauschen sie sich über das Papier aus. McCain gibt die Information an den FBI-Chef James Comey weiter, der zu dem Zeitpunkt schon lange von dem Papier weiß. Steele selbst gab es wohl an ihn weiter.

Wood soll den genauen Inhalt des Dossiers zwar nicht gekannt, sich aber in dem Gespräch für Steeles Professionalismus und Integrität verbürgt haben (he had not read the dossier, but vouched for Mr Steele’s professionalism and integrity). Gegenüber der Zeitung The Times erklärt Wood, das Dossier „habe Informationen bestätigt, die er anderswo gehört habe, und ihnen müsste nachgegangen werden, denn wenn sie stimmen, wäre der künftige US-Präsident erpressbar“. Über seinen ehemaligen Mitarbeiter Steele sagt Wood in einem Interview mit CBS News, dass dieser ein „rechtschaffender Fachmann“ (an honest professional) sei.

Januar 2017. Das Trump-Dossier wird durch die US-amerikanische Nachrichtenseite Buzzfeed veröffentlicht. Belege dafür gibt es bisher nicht. Das FBI ermittelt.
In dem Papier steht auch, dass Steeles Informant berichtet habe, Rosneft-Präsident Sechin hätte Trump bis zu 19 Prozent privatisierte Beteiligung vom Ölkonzern zugesagt für den Fall, wenn Trump als neuer US-Präsident die Sanktionen gegen Russland aufheben würde. Trump hat schon während des Wahlkampfes mehrfach seine Freundschaft zu Putin betont und eine neue Ära mit Russland angekündigt.
Steeles Kollege Burrows wird nicht mit dem aufsehenerregendem Trump-Dossier in Verbindung gebracht, seine Fachgebiete sind die Europäische Union und Indien.
Orbis Business Intelligence verfügt nach Angaben auf der Firmen-Internetseite über "umfassende Expertise in den Chefetagen von Regierung, multilateraler Diplomatie und internationaler Wirtschaft". Man sei einer ethischen Geschäftspraxis verpflichtet. Die Firma stelle sicher, dass sie sorgfältig vorgehe und sich an das britische, das US-amerikanische und das EU-Recht halte.
Steele taucht nach Bekanntwerden ab weil er um seine Sicherheit fürchtet.
Das Trump-Dossier zirkuliert schon monatelang unter Journalisten und Amtsträgern in Washington - aber erst jetzt, keine zehn Tage vor der Vereidigung des nächsten Präsidenten, kommt es an die Öffentlichkeit. Medien haben offenbar versucht, die Vorwürfe zu belegen und sind daran bislang gescheitert.

11. Januar 2017. Steele wird als Autor des Dossiers vom Wall Street Journal ermittelt.

12. Januar 2017. Donald Trump bezeichnet  Steele als „gescheiterten Agenten“ (failed spy)

13. Januar 2017. Von der britischen Premierministerin Theresa May kommt die Stellungnahme, dass Steele schon seit Jahren nicht mehr für die Regierung gearbeitet habe.

16. Januar 2017. Trump fordert, dass Großbritannien gegen Steele ermitteln soll. Der russische Außenminister Sergei Lawrow bezeichnet in einer Pressekonferenz Steele als „davongelaufenen Gauner“ (runaway crook).

Mitte Januar 2017. Die britischen Medien werden mit einer DSMA-Notice (Defence and Security Media Advisory Notice) der Regierung des Vereinigten Königreichs aufgefordert, den Namen Steeles nicht in den Medien zu nennen. Steeles Name findet sich bereits 1999 zusammen mit 114 weiteren in einer DSMA-Notice. Er war damals für MI6 in Moskau stationiert.

1. Februar 2017. Steele ist immer noch untergetaucht. Oleg Erovinkin (Ex-KBG-General und Mitarbeiter des Nachfolge-Geheimdienstes FSB) soll nach Angaben britischer und amerikanischer Medien derjenige sein, der Steele beim Zusammentragen kompromittierender Informationen über Trump geholfen hat. Er wurde jedoch vor kurzem tot in seinem Auto, einem schwarzen Lexus, in Moskau gefunden. Die genauen Todesumstände von Erovinkin liegen noch im Dunkeln. Die britische Zeitung „Telegraph“ mutmaßt, dass er möglicherweise vom Kreml ermordet wurde. Offiziell soll er an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben sein.
Erovinkin soll eng mit Igor Setschin zusammengearbeitet haben. Der Letztere wird mehrfach in dem Dossier genannt. Setschin ist Präsident der staatseigenen Öl-Gesellschaft Rosneft. Zudem soll Erovinkin eine Schlüsselposition zwischen Setschin und Putin eingenommen haben.

Bilder aus Wikimedia Commons
Hauptsitz des MI6 am Vauxhall Cross, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported, Urheber: Mark Ahsmann

Quellen