![]() |
| Forschungsreaktor Jülich 2 |
Der Forschungsreaktor Jülich 2 (FRJ-2, auch Forschungsreaktor DIDO genannt) wurde von 1962 bis 2006 auf dem Gelände des Forschungszentrums Jülich (früher Kernforschungsanlage Jülich) betrieben. Mit einer Nennleistung von 23 Megawatt (MW) war es der drittgrößte Forschungsreaktor, der je in Deutschland in Betrieb war. Er wurde als Neutronenquelle ausschließlich zu Forschungszwecken eingesetzt.
Der Forschungsreaktor FRJ-2 war ein Kernreaktor der DIDO-Klasse. Es handelte sich dabei um einen Reaktor vom Tank-Typ, der mit schwerem Wasser (D2O) moderiert und gekühlt wurde. Als Atombrennstoff wurde eine Uran-Aluminium-Legierung verwendet, bei der zu 80 bis 90 Prozent hochangereichertes Uran-235 zum Einsatz kam. Die Neutronen wurden durch Graphit-Reflektoren gebündelt und gelangten in 30 horizontalen Strahlrohren durch die Betonabschirmung in die angrenzende Versuchshalle. In das größte Strahlrohr war eine kalte Neutronenquelle eingebaut.
Der Forschungsreaktor DIDO war von der Abschaltung des Forschungsreaktors 2 im Jahr 1981 bis zur Inbetriebnahme des Forschungsreaktors München II im Jahr 2004 die stärkste Neutronenquelle in Deutschland. Sie diente hauptsächlich zur Durchführung von Streu- und Spektroskopie-Experimenten an kondensierter Materie. Zum Beispiel wurden Zusätze zur Verhinderung des Versulzens von Dieselkraftstoffen im Winter und Polymere als Zusatzstoffe zur Erhöhung der Waschkraft von Tensiden entwickelt. Diese Arbeiten wurden 2002 mit dem Erwin-Schrödinger-Preis des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft ausgezeichnet. Weiterhin wurde am Forschungsreaktor Technetium zum Aufspüren von Tumorzellen in medizinischen Anwendungen produziert.
In den letzten Betriebsjahren waren insgesamt zwölf Experimente mit kalten Neutronen und sechs Experimente mit thermischen Neutronen vorhanden. Als experimentelle Einrichtungen waren unter anderem mehrere Diffraktometer, Flugzeitspektrometer, Dreiachsenspektrometer und Rückstreuspektrometer, sowie zwei Kleinwinkelstreuanlagen, ein Neutronenspinechospektrometer und ein NMR-Spektrometer aufgebaut. Der maximale thermische Neutronenfluss lag bei 3 × 1014 n/cm2 s.
Geschichte
11. Juni 1958. Grundsteinlegung für den Forschungsreaktor MERLIN gemeinsam mit dem Forschungsreaktor DIDO, gut ein Jahr nach der Gründung des Forschungszentrums (damals noch Gesellschaft zur Förderung der kernphysikalischen Forschung) selbst.
14. November 1962. Der Reaktor wird erstmals kritisch. Seine thermische Leistung beträgt zunächst 10 MW.
Oktober 1967. Durch Ausschöpfung vorhandener Reserven kann die Leistung auf 15 MW erhöht werden.
1968. An das Reaktorgebäude wird ein externes Neutronenmesshaus angebaut.
März 1972. Nach Umbaumaßnahmen erfolgt eine weitere Leistungssteigerung auf 23 MW.
1986. Das Messhaus wird durch ein größeres Labor namens ELLA (Externes Elektronenleiter Labor), in dem verschiedene Neutronenstreu-Instrumente für Material- und Strukturforschung aufgebaut werden, ersetzt. Die gesamte Reaktoranlage wird laufend modernisiert und dem Stand von Wissenschaft und Technik angepasst.
Juni 2004. Das Forschungszentrum Jülich schließt einen Kooperationsvertrag mit der Technischen Universität München, dem Betreiber der neuen Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz. Demnach wird das Forschungszentrum Jülich eine Außenstation zur Nutzung des Münchner Forschungsreaktors in Garching einrichten. Sieben Messgeräte zur Neutronenforschung im Wert von insgesamt 45 Millionen Euro sollen nach Garching gebracht und dort eigenständig betrieben werden.
2. Mai 2006. Der Reaktor wird abgeschaltet. Zur Zeit befindet sich der Reaktor in der Nachbetriebsphase, die etwa zweieinhalb Jahre andauern soll.
27. April 2007. Der Antrag auf Stilllegung wird beim Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen eingereicht.
24. Juli 2008. Es erfolgt die Zustimmung der Europäischen Kommission zur Stillegung im Rahmen der Richtlinien des deutschen Atomgesetzes. Der Rückbau der Reaktoranlage bis zur „Grünen Wiese“ wird vom Forschungszentrum Jülich in Eigenregie durchgeführt.
Bilder aus Wikimedia Commons
Forschungsreaktor Jülich 2, Lizenz: Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“, Urheber: Maurice van Bruggen
Quellen
