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| Atomkraftwerk Hinkley Point |
Es hat zwei in Betrieb befindliche Reaktoren (Hinkley Point B1 und B2) und zwei bereits stillgelegte Reaktoren (Hinkley Point A1 und A2). Die beiden in Betrieb befindlichen Reaktoren haben eine elektrische Nettoleistung von zusammen 840 MWe und liefern Strom für über eine Million Haushalte. Im März 2013 wurde die Erweiterung von Hinkley Point um zwei weitere Reaktoren (Hinkley Point C1 und C2) mit zusammen 3260 MW genehmigt. Endgültig soll 2014 über den Bau entschieden werden.
Die Anlage steht auf einem 19,4 Hektar großen Gelände.
Geschichte
1. November 1957. Baubeginn der Blöcke Hinkley Point A1 und A2. Sie bekommen jeweils einen Atomreaktor vom Typ Magnox mit einer elektrischen Bruttoleistung von 267 MWe und einer elektrischen Nettoleistung von 235 MW.
1961. Ein Bauarbeiter pinkelt gegen eine der Rohrleitungen. Das hat zur Folge, dass die entsprechenden Leitungen, durch welche während der Betriebsphase die radioaktiven Abwässer flossen, zu rosten begannen und deswegen 1986 die Anlage für zehn Tage stillgelegt werden musste, um die Leitungen für umgerechnet damals rund 4,5 Millionen DM zu erneuern.
1965 bis 1989. Die Anlage Hinkley Point A gehört der Central Electricity Generating Board (CEGB).
16. Februar 1965. Reaktor A1 wird erstmals mit dem Stromnetz synchronisiert.
19. März 1965. Reaktor A2 wird erstmals mit dem Stromnetz synchronisiert.
30. März 1965. Reaktor A1 geht in den kommerziellen Leistungsbetrieb.
5. Mai 1965. Reaktor A2 geht in den kommerziellen Leistungsbetrieb.
1. September 1967. Baubeginn der Blöcke Hinkley Point B1 und B2. Sie bekommen jeweils einen Atomreaktor vom Typ AGR mit einer elektrischen Bruttoleistung von 655 MWe und einer elektrischen Nettoleistung von 410 MW (B1) bzw. 430 MW (B2). Die beiden Reaktoren benötigen 40 bis 45 Kubikmeter Wasser pro Stunde.
5. Februar 1976. Reaktor B2 wird erstmals mit dem Stromnetz synchronisiert.
27. September 1976. Reaktor B2 geht in den kommerziellen Leistungsbetrieb.
2. Oktober 1978. Reaktor B1 geht in den kommerziellen Leistungsbetrieb.
1989 bis 1994. Die Anlage Hinkley Point A ist im Besitz der Nuclear Electric plc.
1994 bis 1998. Die Anlage Hinkley Point A ist im Besitz der Magnox Electric plc.
1998 bis 2004. Die Anlage Hinkley Point A ist im Besitz der British Nuclear Fuels plc.
2003. In der Anlage Hinkley Point B fällt ein Arbeiter von 25 Meter hohen Gerüsten in der Turbinenhalle, sein Becken splittert. Er muss 20 Minuten warten, bis er nach Taunton ins Krankenhaus gebracht wird. Daraufhin treten 350 Arbeiter aus dem vorübergehend geschlossenen Reaktor in Streik, blockieren die Einfahrt zum Kraftwerk und fordern bessere Ambulanzdienste in der Anlage.
Oktober 2006. Die Reaktoren Hinkley Point B1 und B2 sowie die Reaktoren Hunterston B1 und B1 werden vorläufig heruntergefahren, um die Rissbildung innerhalb der Reaktoren zu überprüfen. Dadurch kann die bis dahin für 2011 vorgesehene Abschaltung auf 2017 verschoben werden.
Mai 2007. Die Reaktoren Hinkley Point B1 und B2 sowie die Reaktoren Hunterston B1 und B1 fahren wieder hoch. British Energy geht davon aus, für die Laufzeitverlängerung 90 Millionen Pfund ausgeben zu müssen. Es ist auch im Gespräch, die Laufzeit bis nach 2017 zu verlängern. Die ungeplanten Ausfälle in Hinkley Point B und Hunterston B führen zu einem Verlust von 9,4 Mrd. kWh und sind der Hauptgrund für eine niedrigere atomare Stromproduktion für das Geschäftsjahr 2006-2007.
23. Mai 2000. Die Blöcke A1 und A2 werden abgeschaltet. Während der Betriebszeit sind in der Anlage mehr als 103 TWh Strom produziert worden.
Seit 2004. Die Anlage Hinkley Point A gehört im Zuge der Stilllegung der Nuclear Decommissioning Authority. Die Reaktordruckbehälter waren die größten aller britischen Magnox-Reaktoren. Nach der Abschaltung mussten 71.828 Brennelemente nach Sellafield gebracht werden.
März 2013. Der Électricité de France (EdF) wird die Genehmigung für den Bau eines neuen Kraftwerks im Westen des Landes am Standort Hinkley Point bei Bridgwater in der Grafschaft Somerset erteilt. Geplant sind zwei "Europäische Druckwasserreaktoren" (EPR) mit jeweils 1,6 Gigawatt.
Das Land ist jedoch weder technisch noch wirtschaftlich in der Lage die Anlage selbst zu bauen. Der britische Atomkonzern Westinghouse wurde im Jahr 2005 verkauft. Träger des Projekts ist EDF und die Technologie stammt zum Großteil aus Frankreich.
Da der Bau aufgrund der hohen Investitionskosten von umgerechnet 19 Mrd. Euro wirtschaftlich nicht rentabel ist, hat EdF als Bedingung für einen Bau staatliche Subventionen in Form eines garantierten Stromabnahmepreises verlangt, über den bis Oktober 2013 mit der Regierung verhandelt wurde. Laut BBC würde ein garantierter Mindestpreis unterhalb von 90 Pfund/MWh dazu führen, dass das Atomkraftwerk Verluste schreibt.
Das möglicherweise erste Atomkraftwerk Europas seit Beginn der Katastrophe von Fukushima wird von der Atomindustrie schon wieder als Anfang einer atomaren Wiederbelebung gefeiert und man hat auch schon andere Bauvorhaben ins Gespräch gebracht.
Interessant ist die Entscheidung für französische Technologie "Europäische Druckwasserreaktoren" (EPR) auch vor dem Hintergrund dass bei den bisherigen zwei EPR-Bauversuchen von Areva am AKW Olkiluoto (Finnland) und im französischen Flamanville die Kosten explosiv in die Höhe gingen während die Bauzeit gegen unendlich tendiert.
21. Oktober 2013. Die konservativ-liberale Regierung unter David Cameron (Premierminister von Großbritannien) und EdF geben bekannt, ein französisch-chinesisches Konsortium habe mit der britischen Regierung in einer „accord de principe“ (etwa: Grundsatzvereinbarung) vertraglich vereinbart, für 16 Milliarden Pfund Sterling (GBP; zu dieser Zeit ca. 19 Milliarden Euro) zwei Druckwasserreaktoren mit einer gemeinsamen Bruttoleistung von 3260 MW (Nettoleistung 3200 MW) errichten zu lassen. Der letzte Atomreaktor in Großbritannien wurde 1995 in Betrieb genommen. Dem Konsortium gehören neben der französischen EdF mit 40-50% und dem Kraftwerksbauer Areva mit 10%, die chinesischen Unternehmen CGN (Guangdong Nuclear Power Corporation Holding) und CNNC (China National Nuclear Corporation) mit einem Anteil von zusammen 30% - 40% an, eine Beteiligung von Staatsfonds aus Kuwait bw. Katar wird diskutiert. Es wäre das erste europäische Atomkraftwerk an dem China beteiligt ist.
Da das Risiko keine Firma tragen möchte bürgt der britische Steuerzahler für 65% der Investitionen. Angeblich soll das AKW Hinkley Point C 25.000 Arbeitsplätze bringen und trotzdem die Strompreise senken. EdF relativiert diese Fantasiezahlen schon und schreibt von 5000 Arbeitsplätzen während der Bauphase. Am bestehenden AKW-Standort Hinkley Point wurde im Übrigen gerade von EdF ein Fünftel von 750 Mitarbeitern entlassen.
Um das Projekt für das Konsortium rentabel zu machen, sagte die britische Regierung ihm für 35 Jahre ab Inbetriebnahme eine garantierte Einspeisevergütung in Höhe von 92,5 Pfund/MWh plus einem jährlichen Inflationsausgleich auf Preisbasis 2012 zu (derzeit 118 Euro/MWh).
Dies ist vor Indexierung das Doppelte des durchschnittlichen englischen Strompreises 2013 und liegt deutlich oberhalb der 2013 gültigen EEG-Einspeisevergütung für große Photovoltaik- oder Onshore-Windkraftanlagen in Deutschland, die jedoch nur 20 Jahre und ohne Inflationsausgleich gezahlt wird. Zusätzlich wird eine staatliche Kreditgarantie in Höhe von 10 Mrd. Pfund (11,8 Mrd. Euro) gewährt, um die Finanzierungskosten zu senken. Die Kernreaktoren sollen 2023 ans Netz gehen und voraussichtlich 60 Jahre laufen.
Sollten die Kraftwerke aufgrund der Marktumstände gedrosselt oder gar abgeschaltet werden müssen, werden die Betreiber für den entgangenen Ertragsausfall durch die Regierung finanziell entschädigt. Günther Oettinger (EU-Kommissar für Energie) bezeichnet die Vergütungszusagen als „sowjetisch“.
Der Bau ist unsicher, da die Regierung eine hohe Förderung in Form einer garantierten Einspeisevergütung von umgerechnet ca. 109 Euro/MWh plus Inflationsausgleich garantiert. Eine solche Subvention muss durch die Europäische Union genehmigt werden.
Im Moment fehlt noch die Zustimmung der EU-Kommission. Die Wettbewerbshüter in Brüssel müssen Entscheiden, ob der festgesetzte Einspeisetarif unerlaubte Staatshilfe darstellt. London betreibt dazu seit Monaten massiv Lobby für Atomenergie in Brüssel. Der Versuch Großbritanniens, Atomenergie auf EU-Ebene den Erneuerbaren Energien gleichzustellen damit derartige Subventionen gerechtfertigt sind ist in der Vergangenheit gescheitert. Die endgültige Entscheidung soll im Sommer 2014 fallen.
Dezember 2013. Die britische Zeitung The Guardian schreibt, dass EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia wegen der garantierten Einspeisevergütung eine Untersuchung einleiten wolle. Neben der generellen Überprüfung, ob es sich bei der ausgehandelten Förderung um eine unzulässige Subvention handelt, soll überprüft werden, ob die Förderungsbedingungen verhältnismäßig und alternativlos waren.
8. Oktober 2014. Es wird bekannt, dass die EU-Kommission plant, die von der britischen Regierung geplanten Vergütungszusagen für rechtens zu erklären. Dem waren Gespräche zwischen der britischen Regierung und Kommissar Almunia vorangegangen.
2016. Die Blöcke B1 und B2 werden vielleicht eventuell möglicherweise abgeschaltet.
2023. Die Blöcke B1 und B2 werden vielleicht eventuell möglicherweise stillgelegt.
Atomkraftwerke in Großbritannien
Berkeley, Bradwell, Calder Hall, Chapelcross, Dounreay, Dungeness, Hartlepool, Heysham, Hinkley Point, Hunterston, Oldbury, Sizewell, Torness, Trawsfynydd, Windscale AGR, Winfrith, Wylfa
Bilder aus Wikimedia Commons
Atomkraftwerk Hinkley Point, Lizenz: Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 generisch“ (US-amerikanisch), Urheber: Richard Baker
Quellen
