Der "Thüringer Heimatschutz" THS wurde 1996 gegründet. Chef des THS war Tino Brandt bis er im Jahr 2001 als V-Mann des Verfassungsschutzes aufgeflogen ist.
Der THS ist ein aktiver Zusammenschluss von Freien Kameradschaften in Thüringen. Er definierte sich zunächst als Sammelbecken sogenannter nationaler Sozialisten aus Ostthüringen (Rudolstadt, Sallfeld, Jena, Kahla, Weimar, Gera ...). Es wurden lockere Verbindungen zu überregionalen rechtsextremen Gruppen gehalten.
Der THS verfolgt nach außen das Ziel, nichts mit rechtsradikalen und gewalttätigen Gruppen zu tun zu haben. Insbesondere der offiziell zugängliche Internetauftritt vertritt zwar nationalistische ansichten, distanziert sich aber von Gewalt. Dies ist jedoch nur eine Tarnung. In geschützten Bereichen des Internetauftritts werden eindeutige Aufrufe zur Gewalt und zu möglichen Zielen gemacht.
Später hat sich der THS als Dachverband aller Kameradschaften in Thüringen herausgebildet, die sich wiederum teilweise in größeren Sektionen formieren. Die ursprüngliche Ausrichtung des THS übernahm der "Kameradschaftsbund Ostthüringen". Auch das "Nationale und Soziale Aktionsbündnis Westthüringen" (NSAW) ist als Sektion Eisenach eingegliedert.
Der THS stellt das Bindeglied zwischen der militanten Neonaziszene, der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) und der Jungen Nationaldemokraten (JN) dar. Es gibt sehr enge personelle Verflechtungen mir der NPD Thüringen. Zeitweise hatte der THS 4 der 11 Kreisvorsitzenden inne. Im Landesverband hatte der THS bis zu 7 Sitze. Es bestehen zudem Verbindungen zu Burschenschaften aus Jena. Z.B. der "Jenensia" und der im Dezember daraus ausgegründeten "Normannia Jena" sowie zur "Jungen Landsmannschaft Ostpreußen" (JLO). Auf Veranstaltungen der genannten Burschenschaften traten Mitglieder des THS oft als Ordner oder Gäste auf.
Herbst 1994. In Thüringen formiert sich eine Anti-Antifa aus der 1996 der Thüringer Heimatschutz hervorgeht.
Februar 1995. Beate Zschäpe meldet eine Demo der "Interessengemeinschaft Thüringer Heimatschutz" an. Das Motto "Zur Bewahrung Thüringer Identität, gegen die Internationalisierung durch die EG" an. Diese wurde jedoch von der Stadt Jena untersagt.
1996. Der Thüringer Heimatschutz wird gegründet. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt waren stellvertretende Leiter der Sektion Jena. Neben Beate Zschäpe waren auch Andre Kapke, Ralf Wohlleben und Holger Gerlach mit dabei. Maßgeblich aufgebaut wurde der Thüringer Heimatschutz durch Tino Brandt, dem stellvertretenden Vorsitzenden des NPD-Landesverbandes Thüringen. Es werden Kameradschaftstreffen, Schießübungen auf alten Truppenübungsplätzen und Busreisen organisiert.
1997. Der Thüringer Heimatschutz (THS) ist auf 120 Mitglieder angewachsen.
1997/98. Das logistische Zentrum des THS ist eine angemietete Gaststätte in Heilsberg bei Saalfeld.
Oktober 1997. In der Gaststätte in Heilsberg wird bei einer polizeilichen Durchsuchung das bis dahin größte Waffenlager in Thüringen entdeckt.
1997 bis 2003. Der Thüringer Verfassungsschutz führt gemeinsam mit dem MAD die Geheimoperation "Rennsteig" durch. Im Zuge der Ermittlungen stand der THS in dem zeitweise zwischen 35 und 45 Agenten vom Militärischen Abschirmdienst (MAD), Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) aktiv gewesen sein sollen. In einer der Kameradschaften soll gar die Hälfte der Mitglieder als Spitzel geführt worden sein. Es sollen Informantengehälter in Höhe von 1,5 Mio. Euro in bar geflossen sein.
2. September 1997. Die NSU wird verdächtigt eine Bombe mit mehreren Gramm TNT, aber ohne Zündvorrichtung, in einem Koffer der mit einem Hakenkreuz bemalt war vor dem Theaterhaus Jena abgelegt zu haben. Es folgen zielgerichtete Ermittlingen gegen mehr als ein Dutzend Mitglieder des Thüringer Heimatschutzes. Auch Uwe Mundlos, Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt wurden vernommen aber nicht festgenommen.
1998. Der Thüringer Verfassungsschutz spricht sich gegen ein Verbot des THS aus.
17. Januar 1998. Frank Schwerdt (Stellvertretender Bundesvorsitzender der NPD und Thüringer Landeschef) ist bei einer Demo in Erfurt. Ein Bild welches der ARD vorliegt zeigt ihn zusammen mit Beate Zschäpe.
August 1999. André Kapke und Ralf Wohlleben werden wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung und Nötigung von 2 jungen Frauen zu hohen Geldstrafen verurteilt.
2000. In einer Pressemitteilung des THS wird erklärt dass weder André Kapke noch Ralf Wohlleben Mitglieder des THS gewesen sein sollen weil sie "strafrechtlich schon in Erscheinung getreten" sind.
Mai 2000. Laut Helmut Roewer [September 2012] (Ex-Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes) schickt er an das Innenministerium von Thüringen den Entwurf für eine Verbotsverfügung des THS. Dazu liegen im Innenministerium offenbar jedoch keine Akten vor.
3. August 2000. Der Thüringer Innenminister ordnet die Gründung einer Sonderkommission "Rechte Gewalt" (ReGe) im LKA an. Der einzige Auftrag lautete "Beweise zusammentragen dass der THS eine kriminelle Vereinigung ist". In der SoKo sind bis zu 13 Personen beschäftigt. Es gab bis zu 16 Ermittlungsverfahren von denen von der Justiz 11 im Jahr 2001 wieder einstellte. Die Soko wird am 12. März 2002 wieder aufgelöst.
2001. Der Thüringer Heimatschutz ist auf 170 Mitglieder angewachsen. Er ist nun das mitgliedsstärkste militanteste und dichteste Neonazinetzwerk in Thüringen. Innerhalb weniger Stunden können in der Zwischnzeit durch wenige Anrufe mehr als 100 Mann aktiviert werden. Der Thüringer Verfassungsschutz spricht sich gegen ein Verbot des THS aus.
November 2001. Die Staatsanwaltschaft Gera kommt zu dem Schluss, dass den Mitgliedern des THS die Bildung einer kriminellen Vereinigung nicht nachgewiesen werden kann.
2002. Laut dem Verfassungsschutzbereicht Thüringen 2002 sind THS-Funktionäre zugleich NPD/JN-Mitglieder die einen nicht zu unterschätzenden Einfluss ausüben.
2004. Tino Brandt (Chef des Thüringer Heimatschutzes) kauft in Heilbronn ein Haus. Zur selben Zeit sind angeblich Mundlos und Böhnhardt im Raum Ludwigsburg und Stuttgart unterwegs. Von Beate Zschäpe gibt es ein Foto das irgendwann vor 2004 in Ludwigsburg aufgenommen wurde.
11. November 2011. Im Kölner Hauptsitz des Bundesamtes für Verfassungsschutz werden nachdem der NSU aufgeflogen ist [wie im Juni 2012 in einer Sitzung des Untersuchungsausschusses des Bundestags bekannt wird] die zuvor von der Bundesanwaltschaft angeforderten Akten zur Operation Rennsteig vernichtet. Der Referatsleiter datiert die Aktenvernichtung auf den Januar 2011 zurück. Bei der Operation Rennsteig handelt es sich um eine Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit der rechtsextremen Gruppe Thüringer Heimatschutz (THS) in den Jahren 1997 bis 2003. Aus dem THS wiederum soll die NSU hervorgegangen sein.
April 2012. Laut LKA Thüringen [Juli 2012] werden der Schäfer-Kommission Unterlangen zur Soko "ReGe" übergeben.
15. Mai 2012. Die Untersuchungskommission die Jörg Geibert (Innenminister von Thüringen) eingeleitet hatte und von Gerhard Schäfer (Ex-Bundesrichter) zur Aufklärung der misslungenen Festnahme von 1998 geleitet wurde stellt ihren Abschlussbericht vor. Den Thüringer Behörden werden darin "strukturelle Fehler" und "handwerkliche Defizite" vorgeworfen. Laut Geibert wurden von Verfassungsschutz, Polizei und Staatsanwaltschaft gravierende Fehler gemacht. Spekulationen dass die NSU staatlich gedeckt wurden oder als V-Leute gearbeitet haben schienen damit jedoch zunächst entkräftet zu sein. Später wurde jedoch bekannt dass der Schäfer-Kommission nicht alle Akten vorgelegt wurden.
25. Juli 2012. Es wird bekannt dass die Schäfer-Kommission von der Soko "ReGe" gewusst hat, diese Information jedoch in ihrem Bericht ignorierte.
26. Juli 2012. Die Akten der SoKo "Rechte Gewalt" beim LKA Thüringen sind verschwunden. Stephan Hövelmann (Sprecher des Innenministeriums Thüringen) behauptet dass die Akten der Soko nichts mit dem Auftrag der Schäfer-Kommission zu tun hatten.
04. September 2012. Im THS sollen 35 bis 45 Spitzel aktiv gewesen sein. Laut Katharina König (Die Linke / Abgeordnete im Thüringer Landtag) lässt sich "rückblickend feststellen, dass der Thüringer Verfassungsschutz in den 1990er Jahren die zuverlässigste Anlaufstelle für Schwarzarbeit suchende Neonazis war: Man bekam ohne Qualifikationen einen Haufen Geld, das man nicht versteuern musste, die Einkommensgrenze war noch oben hin offen, und man konnte irgendwas erzählen. Kontrolliert wurde nichts".
10. September 2012. Ob der Verfassungsschutz ein Verbot des THS plant konnte vom NSU-Untersuchungsausschuss heute nicht geklärt werden.
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Weitere Quellen
10.09.2012, Mitteldeutsche Zeitung, Extremismus, Verbotsantrag für "Thüringer Heimatschutz" in der Schwebe
04.09.2012, Spiegel, V-Leute im "Thüringer Heimatschutz", "Spitzel bespitzelt Spitzel"
26.07.2012, MDR, Schäfer-Bericht verschweigt Informationen, Unbekannte Sonderkommission arbeitete im LKA
16.05.2012, TLZ, Schäfer-Kommission, Chaotische Zustände beim LKA
Wikipedia, Nationales und Soziales Aktionsbündnis Mitteldeutschland, "Thüringer Heimatschutz" (THS)