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| Hans Geiger |
Der deutsche Physiker Johannes „Hans“ Wilhelm Geiger wurde am 30. September 1882 in Neustadt an der Haardt (heute Neustadt an der Weinstraße) geboren († 24. September 1945 in Potsdam).
Bekannt wurde er durch den nach ihm benannten und von ihm zusammen mit seinem Doktoranden Walther Müller entwickelten Geigerzähler (auch Geiger-Müller-Zählrohr genannt).
Zu seinen Doktoranden zählt Otto Haxel, der auch Assistent bei ihm an der TH Berlin war.
Das Hans-Geiger-Gymnasium in Kiel-Ellerbek und ein Hörsaal des Physikzentrums der Christian Albrechts-Universität zu Kiel sind nach ihm benannt, ebenso eine Grundschule und eine Straße in seinem Geburtsort Neustadt; in weiteren Städten sind Neubaustraßen nach ihm benannt.
Geiger hat sich bis zu seinem Tod 1945 nie öffentlich für oder gegen die Nazis geäußert. Er war kein Freund der Deutschen Physik und wurde 1927 von Philipp Lenard als „Anglophiler“ als Nachfolger auf seinem Lehrstuhl abgelehnt. Wolff schreibt, dass Geiger gemeinsam mit Max Wien und Werner Heisenberg mit einem Memorandum, Zitat: „[…] der deutschen Physik entgegentrat […]“.
Es gibt auch Hinweise, dass Hans Geiger sich für Kollegen und Studierende, die wegen der Nürnberger Gesetze Probleme bekamen, einsetzte. Lieselotte Herforths, eine Studentin, die bei Hans Geiger die Diplomprüfung ablegte, merkt an: „… er nahm auch meine Studienfreundin, die als „Halbjüdin“ lediglich als Hörer eingetragen werden durfte (dies auch nur, weil ihr Vater Arzt im Ersten Weltkrieg war), als Diplomandin an. Und das 1939/40! Sie konnte als Externe 1940 mit mir zusammen die Diplomprüfung ablegen.“. Ernst Stuhlinger bemerkt: „Erst viel später wurde bekannt, daß Professor Geiger damals manchen seiner unglücklichen Kollegen, die sich zum Auswandern gezwungen sahen, durch seine nahen und sehr freundlichen Beziehungen zu Lord Rutherford und zu anderen einflussreichen Engländern zum Aufbau einer neuen Existenz im Ausland verholfen hat“. Nach Kriegsende beschlagnahmten sowjetische Soldaten Geigers Haus in Potsdam. Swinne merkt zu diesem Sachverhalt an: „Im Juni 1945 wurde Geigers Haus beschlagnahmt und abgeriegelt, da in der Nähe die Potsdamer Konferenz durchgeführt wurde.“
Geiger hat sich aber auch nicht immer für die Interessen von Kollegen eingesetzt. Hans Bethe, der aufgrund der Nürnberger Gesetze aus dem Staatsdienst entlassen wurde (seine Mutter war jüdisch) und der sich gerade für eine Lehrstuhlvertretung in theoretischer Physik in Tübingen aufhielt, bat Geiger um seine Hilfe, die dieser verweigerte. Bethe schrieb dazu an Arnold Sommerfeld „[…] jedenfalls bekam ich auf Anfrage, was geschehen würde, den inliegenden Brief von Geiger, dessen Kürze ich eigentlich als fast beleidigend empfinde und nach dessen Wortlaut ich nicht mehr glaube, dass ich in Tübingen noch viele Worte zu reden habe.“ Der genaue Inhalt des Briefes ist nicht bekannt. Auch in einem Oral History-Interview mit Charles Weiner 1967 äußert sich Bethe enttäuscht über Geigers Reaktion, ohne diesen aber namentlich zu erwähnen.
Er war mit Elisabeth Heffter, Tochter des Berliner Pharmakologen Arthur Heffter, verheiratet und hinterließ drei Söhne, Jürgen, Klaus und Roland.
Leben
30. September 1882. Johannes Wilhelm Geiger wird in Neustadt an der Haardt geboren. Er ist der Sohn des Gymnasial-Lehrers und späteren Professors für Indologie und Iranistik Wilhelm Geiger und der Bruder des Klimatologen Rudolf Geiger.
Ab 1902. Er studiert in Erlangen Physik und Mathematik. Dort ist er auch Mitglied der Burschenschaft der Bubenreuther und leistet in den ersten beiden Semestern nebenbei seinen einjährigen Militärdienst ab.
1904. Er verbringt ein Semester an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
1906. Er legt sein zweites Staatsexamen ab und wird promoviert in Erlangen bei Eilhard Wiedemann mit der Arbeit Strahlungs-, Temperatur- und Potentialmessungen in Entladungsröhren mit starken Strömen.
Danach wechselt er als Assistent zu Arthur Schuster nach Manchester und bleibt dies auch ab 1907 unter dessen Nachfolger Ernest Rutherford, dessen 1911 aufgestelltes Atommodell zum Teil auf Geigers Entdeckungen beruht (siehe Rutherfordstreuung). Daneben arbeitet er u.a. auch mit Ernest Marsden.
1912. Geiger kehrt nach Deutschland zurück. Er gilt nun als internationale Autorität für Messungen der Radioaktivität, was sich auch in einem Buch mit Wilhelm Makower niederschlägt.
An der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin-Charlottenburg baut er ein Labor für Radioaktivität auf und arbeitet mit James Chadwick zusammen, der ihm aus Manchester gefolgt ist und den er auch in der Zeit seiner Internierung während des Ersten Weltkriegs unterstützt, sowie mit dem "wissenschaftlichen Hilfsarbeiter" Walther Bothe.
1914 bis 1918. Während des Ersten Weltkriegs dient er als Artillerie-Offizier und arbeitet in Fritz Habers Gastruppe (dem Pionierregiment 35) für den Gaskrieg mit.
1920. Geiger ist mit Karl Scheel Gründungs-Herausgeber der Zeitschrift für Physik und bis 1945 einer der Herausgeber.
1920 bis 1925. Walther Bothe lernt von Hans Geiger, mit dem Phänomen der Radioaktivität experimentell umzugehen und entwickelt sich so zu einem theoretisch wie experimentell besonders gut ausgebildeten Atomphysiker.
1924. Er habilitiert sich in Berlin.
Ab 1924. Bothe und Hans Geiger beginnen mit Versuchen zur Untersuchung des Compton-Effekts (die Rückstoßelektronen von Stößen mit Röntgenstrahlen sieht Bothe schon einige Monate vor Entdeckung des Comptoneffekts in Wilson-Kammern) und sie entwickeln die Koinzidenzmethode.
Die Experimente von Hans Geiger und Walther Bothe sowie von Arthur Holly Compton und Alfred W. Simon zeigen sehr bald, dass die Erhaltungssätze auch den einzelnen Elementarprozess beherrschen. Damit bricht die Kopenhagener Begründung der verwendeten „dispersionstheoretischen Methode“, die Strahlentheorie von Niels Bohr, Kramers und John Slater und die darin geforderte nur statistische Erhaltung von Energie und Impuls in atomaren Prozessen, zusammen. Die Widerlegung der Theorie von Bohr, Kramers und Slater, bei der Geiger und Bothe die Koinzidenzmethode anwenden, verschafft beiden große Aufmerksamkeit.
1925. Er wechselt als Professor an die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
1924 bis 1925. Er führt mit Bothe die Methode der Koinzidenzmessung ein, die sie bei Untersuchung des Comptoneffekts benutzen. Für dieses Experiment erhält Bothe später – nach dem Tod von Geiger – den Nobelpreis. Unter anderem zeigen sie mit ihrem Experiment auch die Gültigkeit der Erhaltungssätze von Energie und Impuls auf atomarer Ebene, was zeitweise (unter anderem von Niels Bohr) bezweifelt wird.
1926. Er ist Herausgeber des Handbuchs der Physik im Springer Verlag.
1928. Er entwickelt in Kiel zusammen mit seinem Doktoranden Walther Müller das Geiger-Müllersche-Zählrohr (landläufig als „Geigerzähler“ bekannt).
1929. Der "Geigerzähler" wird der Öffentlichkeit vorgestellt. Im selben Jahr wechselt Geiger an die Eberhard Karls Universität Tübingen und erhält die Hughes-Medaille der Royal Society.
Ab 1932. Er ist korrespondierendes Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften.
1934. Geiger bekommt den Arrhenius-Preis der Akademischen Verlagsgemeinschaft Leipzig.
1935. Er wird zum Mitglied der Leopoldina gewählt.
1936. Er wird Direktor des Physikalischen Instituts der Technischen Hochschule Berlin als Nachfolger des von den Nationalsozialisten aus dem Amt gedrängten Gustav Hertz. Dort befasst er sich insbesondere mit Kosmischer Strahlung.
Ab 1936. Er hat die Schriftleitung der Zeitschrift für Physik und ist Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Zudem ist er Beisitzer im Vorstand der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.
1937. Er bekommt Duddell-Medaille der London Physical Society.
29. April 1939. Unter Leitung von Abraham Esau (Leiter der Abteilung Physik im Reichsforschungsrat und ehemaliger Professoren-Kollege von Joos in Jena) wird eine Expertenkonferenz im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung in Berlin einberufen. Dabei sind neben Wilhelm Hanle und Georg Joos auch die Physiker Walther Bothe, Robert Döpel, Hans Geiger, Wolfgang Gentner und Gerhard Hoffman. Auf der Konferenz wird die Herstellung eines "Uranbrenners" (Uranmaschine, Atomreaktor) beschlossen. Dazu sollen alle Uran-Vorräte in Deutschland sichergestellt werden. Die führenden Atomphysiker möchte man zu einer "Arbeitsgemeinschaft für Atomphysik", die als erster "Uranverein" bekannt wird, zusammenführen. Die Forschungen sollen vor allem an der Physikalischen-Technischen Reichsanstalt in Berlin und an der Universität in Göttingen vorangetrieben werden.
September 1939. Bei der Gründungssitzung des Uranvereins hat sein Rat, die Forschungen zur Atomenergie zu intensivieren, hat mit ausschlaggebendes Gewicht.
1939 bis 1945. Hans Geiger veröffentlicht Publikationen in den Kernphysikalischen Forschungsberichten.
1939 bis 1945. Hans Geiger veröffentlicht Publikationen in den Kernphysikalischen Forschungsberichten.
1942. Auf der Sitzung des Reichsforschungsrats über die weitere Unterstützung der Atomenergieforschung spricht er sich gegen eine weitere Fortführung der Arbeiten aus.
Ab 1942. Er zieht sich aufgrund einer schweren rheumatischen Erkrankung aus seinen wissenschaftlichen Ämtern zurück
24. September 1945. Hans Geiger stirbt kurz nach der Räumung seines Hauses in Potsdam (es liegt im Sperrkreis der Konferenz der alliierten Siegermächte in Potsdam) in einem Krankenhaus.
Er wird auf dem Neuen Friedhof Potsdam beigesetzt. Sein Grab wird erhalten. Die nach West-Berlin übergesiedelte Familie lässt auf dem Friedhof Grunewald einen zweiten Grabstein aufstellen, der ebenfalls erhalten wird.
Bilder aus Wikimedia Commons
Hans Geiger, Lizenz: Creative-Commons „Namensnennung 3.0 nicht portiert“, Urheber: GFHund
Quellen
