Mittwoch, 4. März 2020

Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V.

Die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) war eine Organisation, die bundesweit rechtsextreme verurteilte Straftäter während und nach ihrer Haftzeit in Justizvollzugsanstalten betreute und unterstützte. 1979 wurde die HNG gegründet. Registriert wurde sie beim Amtsgericht Frankfurt am Main am 21. September 1979.

Sie hatte zuletzt etwa 600 Mitglieder und gehörte damit zu den mitgliederstärksten rechtsextremen Organisationen in Deutschland.

Mitglieder waren u.a. Siegried Borchardt, Norman Bordin, Friedhelm Busse, Günter Deckert, Thomas Gerlach, Lutz Giesen, Christian Hehl, Manfred Roeder, Bernd Tödter, Frank Schwerdt, Norbert Weidner, Hans-Christian Wendt , Nicole Schneiders, Beate ZschäpeUwe MundlosMandy Struck und Christian Worch. Auch Robin Sch. (Brieffreund von Beate Zschäpesoll der HNG angehört haben.

Nach eigenen Angaben betreute die HNG zwischen 50 und 100 Gefangene, die in einem monatlich erscheinenden Nachrichtenblatt mit dem Titel "Nachrichten der HNG" namentlich genannt wurden. Die Auflage betrug etwa 700 Exemplare. In den Publikationen sollte anhand von Berichten über "Repressionen" gegenüber "nationalen Gefangenen" im Justizvollzug die politische Verfolgung des "nationalen Widerstandes" in der Bundesrepublik Deutschland dokumentiert werden.

Der letzte Sitz war in Frankfurt am Main während die letzte Adresse in Mainz-Gonsenheim war. Die HNG wurde am 21. September 2011 durch einen Erlass von Hans-Peter Friedrich (CSU / Bundesinnenminister) verboten.
Von der HNG wurden die inhaftierten Gesinnungsgenossen als "politische Gefangene" bzw. "nationale Gefangene bezeichnet". Sie wurden mit Propagandamaterial versorgt. Man vermittelte "Brieffreundschaften" und Kontakte in die Szene. Auch für finanzielle Unterstützung wurde gesorgt. Diese Hilfsleistungen wurden auch bis dahin unorganisierten Neonazis und Gefangenen ohne politischen Hintergrund angeboten um sie für die Neonazi-Szene anzuwerben. Zudem vermittelte die HNG Anwälte für Gerichtsverhandlungen gegen Neonazis und betreute Angeklagte bei Prozessen. Ziel war die Erhaltung der "Kampfmoral" und die Vermeidung eines Ausstiegs aus der Neonaziszene.

1980er Jahre. Christa Görth aus Bielefeld ist Vorsitzende der HNG. Sie stammte aus dem Umfeld von Michael Kühnen und der Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA).

1991 bis Juli 2011. Ursula Müller ist Vorsitzende der HNG.

März 1996. In Bad Dürkheim (Rheinland Pfalz) findet ein Kongress / Jahreshauptversammlung der HNG statt. Solche Versammlungen wurden von der HNG jährlich organisiert. Bei diesen jährlichen Versammlungen waren regelmäßig 150 bis 400 Personen anwesend. Darunter auch zahlreiche prominente Vertreter der Neonazi-Szene und des extrem rechten Spektrums (z.B. Führungskader der Freien Kameradschaftsszene und der verbotenen Organisation Blood & Honour) aber auch Vertreter der NPD, DVU und Republikanern.

13. März 1999. In Schwarzach am Main (Unterfranken) findet  ein Kongress / Jahreshauptversammlung der HNG statt.

2000. Die Mitgliederzahl wird auf etwa 550 geschätzt.

Von 2000 bis März 2001 wurden laut "Nachrichten der HNG" Inhaftierte aus etwa 70 Justizvollzugsanstalten (JVA) in 13 Bundesländern aufgeführt. Dabei waren / sind mehrere wegen Mordes oder versuchten Mordes Verurteilte. Auch Kriegsverbrecher wie Erich Priebke, Josef Schwammberger und Terroristen wie Stefan Michael Bar, Gottfried Küssel, Peter Naumann und Streven Smyrek sowie Holocaustleugner Udo Walendy.

18. März 2000. In Kalbach (Hessen) findet  ein Kongress / Jahreshauptversammlung der HNG statt.

2001. Die Bundesregierung stellt fest, dass "durch Inhalte in der Publikation "Nachrichten der HNG" ... der Eindruck vermittelt (werde), dass insbesondere Delikte wie das Verbreiten von Propagandamitteln für verfassungswidrige Organisationen, das Verwenden von deren Kennzeichen oder die Volksverhetzung mit rechtsextremistischem Hintergrund nicht strafwürdig seien. Entsprechende Verurteilungen seien vielmehr Ausdruch nicht zu rechtfertigender staatlicher Unterdrückung. So werde einem Unrechtsbewußtsein potentieller Straftäter entgegengewirkt. Dies könne durchaus im Einzelfall die Hemmschwelle für die Begehung rechtsextremistischer Straftaten mindern.

31. März 2001. In Spiekershausen (Niedersachsen) findet  ein Kongress / Jahreshauptversammlung der HNG statt.


23. März 2002. In Hessisch Lichtenau (Hessen) findet  ein Kongress / Jahreshauptversammlung der HNG statt.

15. März 2003.
 In Alzenau-Wasserlos (Unterfranken) findet  ein Kongress / Jahreshauptversammlung der HNG statt.

20. März 2004. In Gremsdorf (Mitelfranken) findet  ein Kongress / Jahreshauptversammlung der HNG statt.

9. März 2005. In Gremsdorf (Mitelfranken) findet erneut ein Kongress / Jahreshauptversammlung der HNG statt. Es referiert Olaf Rose, der auch den umstrittenen Film "Geheimakte Heß" über Rudolf Heß drehte. Thorsten Heise überbrachte ein Grußwort an die NPD-"Kameraden" und Ralph Tegethoff erinnerte als letzter Redner in seinem Vortrag "an die letzten Kriegstage des Großdeutschen Reiches und seine tapferen Töchte rund Söhne, die" laut einer Pressemitteilung der NPD "noch in den letzten Kriegstagen und darüber hinaus ihr Leben für die Heimat gaben".

November 2005. In einem Spiegel-TV-Bericht wird festgestellt, dass "in den Gefängnissen ... die Propaganda-Arbeit der HNG massiv die Resozialisierung der rechtsextremistischen Täter" behindern würde.

26. Juni 2002. Patrick Wieschke tritt eine Haft in der JSA Ichtershausen nach einer Verurteilung wegen einem Sprengstoffanschlag an. Er und sein Mittäter Danny Pfotenhauer werden von der HNG betreut.

6. September 2003. Martin Wiese wird in Nürnberg im Zusammenhang mit einem geplanten Sprengstoffanschlag auf die Grundsteinlegung des neuen Jüdischen Kulturzentrums am 9. November 2003 am Münchner St.-Jacobs-Platz verhaftet und schließlich zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Während der gesamten Haftzeit wird Martin Wiese von der HNG) betreut. Weil er auch während der Haft mehrere Hetzschriften verfasst wird eine vorzeitige Haftentlassung abgelehnt.

September 2010. Auf Veranlassung des Bundesinnenministeriums findet gegen die HNG eine bundesweite Razzia statt. In mehreren Bundesländern (u.a. Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg) wurden Räume der Gruppe von der Polizei durchsucht.

Juli 2011. Daniela Wegener übernimmt den Vorsitz der HNG.


21. September 2011. Der HNG wird durch einen Erlass von Hans-Peter Friedrich (CSU / Bundesinnenminister) durch einen Erlass verboten. Das Verbot wurde damit begründet, dass es "nicht länger hinnehmbar wäre, dass inhaftierte Rechtsextremisten durch die HNG in ihrer aggressiven Haltung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bestärkt werden." Aus "Ablehnung des demokratischen Rechtsstaates sowie der Verherrlichung es Nationalismus versuchte die HNG, rechtsextreme Straftäter in der Szene zu halten." Die Organisation habe zur "Radikalisierung der Neonaziszene beigetragen."

12. Dezember 2012. Vom Bundesverwaltungsgericht wird eine gegen das Verbot gerichtete Klage abgewiesen.

2013. Als Nachfolgeorganisation gilt die Aryan Defense Jail Crew, die im Jahr 2013 von den Behörden aufgedeckt wurde. Dieses Netzwerk wurde von Bernd Tödter im hessischen Hünfeld gegründet.

Quellen